sich erst nach und nach und sehr langsam in Folge der Beziehungen, welche nun durch die erwachenden Sinne zwischen dem Jndividuum und der Außenwelt gesetzt werden. Wohl ist es möglich, sogar wahrscheinlich, daß schon im Mutterleibe die körperliche Organisation des neuen Jndividuums gewisse Anlagen, Prädispositionen bedinge, welche sich später, sobald die Eindrücke von Außen hinzukommen, zu geistigen Qualitäten, Eigen- thümlichkeiten u. s. w. entwickeln; niemals aber kann eine geistige Vorstellung, Jdee, oder irgend ein geistiges Wissen an sich angeboren sein. Die weitere Entwick- lung des kindlichen Geistes nun auf sensualistischem Wege und nach Maßgabe von Lehre, Erziehung, Bei- spiel etc., immer unter nothwendigem Bedingtsein durch körperliche Organisation und Anlagen, spricht zu deut- lich und unabweisbar für die objective Entstehungsweise der Seele, als daß daran irgendwie durch theoretische Bedenken gemäkelt werden könnte. Jndem die Sinne an Stärke und Uebung gewinnen, indem sich die äußeren Eindrücke häufen und wiederholen, gestaltet sich langsam nach und nach ein innerliches Bild der äußeren Welt auf dem materiellen Grunde des der Denkfunction vor- stehenden Organs, gestalten sich Vorstellungen und Be- griffe. Ein langer und schwieriger Zeitraum muß ver- gehen, bis der Mensch zum vollen Selbstbewußtsein erwacht ist. Dieses Allmählige und Sprunglose, zum
Büchner, Kraft und Stoff. 11
ſich erſt nach und nach und ſehr langſam in Folge der Beziehungen, welche nun durch die erwachenden Sinne zwiſchen dem Jndividuum und der Außenwelt geſetzt werden. Wohl iſt es möglich, ſogar wahrſcheinlich, daß ſchon im Mutterleibe die körperliche Organiſation des neuen Jndividuums gewiſſe Anlagen, Prädispoſitionen bedinge, welche ſich ſpäter, ſobald die Eindrücke von Außen hinzukommen, zu geiſtigen Qualitäten, Eigen- thümlichkeiten u. ſ. w. entwickeln; niemals aber kann eine geiſtige Vorſtellung, Jdee, oder irgend ein geiſtiges Wiſſen an ſich angeboren ſein. Die weitere Entwick- lung des kindlichen Geiſtes nun auf ſenſualiſtiſchem Wege und nach Maßgabe von Lehre, Erziehung, Bei- ſpiel ꝛc., immer unter nothwendigem Bedingtſein durch körperliche Organiſation und Anlagen, ſpricht zu deut- lich und unabweisbar für die objective Entſtehungsweiſe der Seele, als daß daran irgendwie durch theoretiſche Bedenken gemäkelt werden könnte. Jndem die Sinne an Stärke und Uebung gewinnen, indem ſich die äußeren Eindrücke häufen und wiederholen, geſtaltet ſich langſam nach und nach ein innerliches Bild der äußeren Welt auf dem materiellen Grunde des der Denkfunction vor- ſtehenden Organs, geſtalten ſich Vorſtellungen und Be- griffe. Ein langer und ſchwieriger Zeitraum muß ver- gehen, bis der Menſch zum vollen Selbſtbewußtſein erwacht iſt. Dieſes Allmählige und Sprungloſe, zum
Büchner, Kraft und Stoff. 11
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ſich erſt nach und nach und ſehr langſam in Folge der
Beziehungen, welche nun durch die erwachenden Sinne
zwiſchen dem Jndividuum und der Außenwelt geſetzt
werden. Wohl iſt es möglich, ſogar wahrſcheinlich, daß
ſchon im Mutterleibe die körperliche Organiſation des
neuen Jndividuums gewiſſe Anlagen, Prädispoſitionen
bedinge, welche ſich ſpäter, ſobald die Eindrücke von
Außen hinzukommen, zu geiſtigen Qualitäten, Eigen-
thümlichkeiten u. ſ. w. entwickeln; niemals aber kann
eine geiſtige Vorſtellung, Jdee, oder irgend ein geiſtiges
Wiſſen an ſich angeboren ſein. Die weitere Entwick-
lung des kindlichen Geiſtes nun auf ſenſualiſtiſchem
Wege und nach Maßgabe von Lehre, Erziehung, Bei-
ſpiel ꝛc., immer unter nothwendigem Bedingtſein durch
körperliche Organiſation und Anlagen, ſpricht zu deut-
lich und unabweisbar für die objective Entſtehungsweiſe
der Seele, als daß daran irgendwie durch theoretiſche
Bedenken gemäkelt werden könnte. Jndem die Sinne an
Stärke und Uebung gewinnen, indem ſich die äußeren
Eindrücke häufen und wiederholen, geſtaltet ſich langſam
nach und nach ein innerliches Bild der äußeren Welt
auf dem materiellen Grunde des der Denkfunction vor-
ſtehenden Organs, geſtalten ſich Vorſtellungen und Be-
griffe. Ein langer und ſchwieriger Zeitraum muß ver-
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/181>, abgerufen am 22.11.2024.
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