welche zuerst das Gesandtschaftswesen im modernen Sinne und den politischen Nachrichtendienst organisiert hat, bildete die alte Lagunenstadt von selbst einen Sammelpunkt, an welchem wichtige Nachrichten von allen Ländern der be- kannten Welt zusammenflossen. Schon früh im XV. Jahr- hundert hatte der Rat von Venedig, wie die Forschungen Valentinellis, des Konservators der Markus-Bibliothek ge- zeigt haben, Zusammenstellungen von Nachrichten über Vor- gänge, die sich entweder in der Republik ereignet hatten oder von Gesandten, Konsuln und Beamten, von Schiffs- kapitänen, Kaufleuten und dergl. berichtet worden waren, anfertigen und in Zirkulardepeschen an seine auswärtigen Gesandten schicken lassen, um sie über den Gang der inter- nationalen Angelegenheiten auf dem Laufenden zu erhalten. Man nannte diese Nachrichtensammlungen fogli d'avvisi. Später wurden von diesen offiziellen Zusammenstellungen Abschriften genommen, aber offenbar nicht zur Verbreitung unter das große Publikum, sondern bloß für die angesehenen Venetianer, welche bei ihren Handelsoperationen davon Nutzen ziehen mochten, auch wohl sie ihren Geschäftsfreunden in anderen Ländern brieflich mitteilten.
Dieses Anhängen politischer Nachrichten an die Ge- schäftskorrespondenz oder das Beilegen derselben auf be- sonderen Blättern finden wir bald ebenso auch bei den großen Handelsherren von Augsburg, Nürnberg und den übrigen deutschen Städten. Mit der Zeit verfielen einzelne Personen darauf, das Sammeln und briefliche Zusenden
welche zuerſt das Geſandtſchaftsweſen im modernen Sinne und den politiſchen Nachrichtendienſt organiſiert hat, bildete die alte Lagunenſtadt von ſelbſt einen Sammelpunkt, an welchem wichtige Nachrichten von allen Ländern der be- kannten Welt zuſammenfloſſen. Schon früh im XV. Jahr- hundert hatte der Rat von Venedig, wie die Forſchungen Valentinellis, des Konſervators der Markus-Bibliothek ge- zeigt haben, Zuſammenſtellungen von Nachrichten über Vor- gänge, die ſich entweder in der Republik ereignet hatten oder von Geſandten, Konſuln und Beamten, von Schiffs- kapitänen, Kaufleuten und dergl. berichtet worden waren, anfertigen und in Zirkulardepeſchen an ſeine auswärtigen Geſandten ſchicken laſſen, um ſie über den Gang der inter- nationalen Angelegenheiten auf dem Laufenden zu erhalten. Man nannte dieſe Nachrichtenſammlungen fogli d’avvisi. Später wurden von dieſen offiziellen Zuſammenſtellungen Abſchriften genommen, aber offenbar nicht zur Verbreitung unter das große Publikum, ſondern bloß für die angeſehenen Venetianer, welche bei ihren Handelsoperationen davon Nutzen ziehen mochten, auch wohl ſie ihren Geſchäftsfreunden in anderen Ländern brieflich mitteilten.
Dieſes Anhängen politiſcher Nachrichten an die Ge- ſchäftskorreſpondenz oder das Beilegen derſelben auf be- ſonderen Blättern finden wir bald ebenſo auch bei den großen Handelsherren von Augsburg, Nürnberg und den übrigen deutſchen Städten. Mit der Zeit verfielen einzelne Perſonen darauf, das Sammeln und briefliche Zuſenden
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welche zuerſt das Geſandtſchaftsweſen im modernen Sinne
und den politiſchen Nachrichtendienſt organiſiert hat, bildete
die alte Lagunenſtadt von ſelbſt einen Sammelpunkt, an
welchem wichtige Nachrichten von allen Ländern der be-
kannten Welt zuſammenfloſſen. Schon früh im XV. Jahr-
hundert hatte der Rat von Venedig, wie die Forſchungen
Valentinellis, des Konſervators der Markus-Bibliothek ge-
zeigt haben, Zuſammenſtellungen von Nachrichten über Vor-
gänge, die ſich entweder in der Republik ereignet hatten
oder von Geſandten, Konſuln und Beamten, von Schiffs-
kapitänen, Kaufleuten und dergl. berichtet worden waren,
anfertigen und in Zirkulardepeſchen an ſeine auswärtigen
Geſandten ſchicken laſſen, um ſie über den Gang der inter-
nationalen Angelegenheiten auf dem Laufenden zu erhalten.
Man nannte dieſe Nachrichtenſammlungen fogli d’avvisi.
Später wurden von dieſen offiziellen Zuſammenſtellungen
Abſchriften genommen, aber offenbar nicht zur Verbreitung
unter das große Publikum, ſondern bloß für die angeſehenen
Venetianer, welche bei ihren Handelsoperationen davon
Nutzen ziehen mochten, auch wohl ſie ihren Geſchäftsfreunden
in anderen Ländern brieflich mitteilten.
Dieſes Anhängen politiſcher Nachrichten an die Ge-
ſchäftskorreſpondenz oder das Beilegen derſelben auf be-
ſonderen Blättern finden wir bald ebenſo auch bei den
großen Handelsherren von Augsburg, Nürnberg und den
übrigen deutſchen Städten. Mit der Zeit verfielen einzelne
Perſonen darauf, das Sammeln und briefliche Zuſenden
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/208>, abgerufen am 24.11.2024.
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