von Nachrichten zur Quelle des Erwerbs zu machen. Im XVI. Jahrhundert finden wir auf dem Rialto zu Venedig zwischen den Buden der Wechsler und Goldschmiede ein eignes kaufmännisches Nachrichtenbureau, welches ein Ge- schäft daraus machte, politische und Handelsnachrichten, Nachweisungen über ein- und ausgelaufene Schiffe, über Warenpreise, über die Sicherheit der Straßen, auch über politische Ereignisse einzuziehen und sie an Interessenten in Abschriften zu verkaufen 1). Ja es bildete sich eine ganze Zunft von scrittori d'avvisi, und bald finden wir die gleichen Leute auch in Rom, wo sie den Namen novellanti oder gazettanti führen. Hier scheint ihre Thätigkeit der Curie bald unbequem geworden zu sein, sei es, daß sie unangenehme Thatsachen verbreiteten, sei es, daß sie die- selben mit eigenen Urteilen begleitet hatten. Im Jahre 1572 wurden nicht weniger als zwei päpstliche Bullen gegen sie erlassen (Pius V. und Gregor XIII.); das Avisenschreiben wurde ihnen streng verboten und die Fortsetzung desselben mit Brandmarkung und Galeerenstrafe bedroht. Trotzdem finden wir auch noch weiterhin zahlreiche Spuren eines von Rom ausgehenden Nachrichtendienstes nach den ober- italienischen Städten und nach Deutschland.
Auch in Deutschland war inzwischen das Zeitungs- schreiben ein Gewerbe geworden, welches eine eigne für die damaligen Verkehrsverhältnisse wunderbar zu nennende Or- ganisation angenommen hatte. Dieselbe hängt einerseits
1) Nach Prutz, Gesch. des Journalismus I, S. 212.
von Nachrichten zur Quelle des Erwerbs zu machen. Im XVI. Jahrhundert finden wir auf dem Rialto zu Venedig zwiſchen den Buden der Wechsler und Goldſchmiede ein eignes kaufmänniſches Nachrichtenbureau, welches ein Ge- ſchäft daraus machte, politiſche und Handelsnachrichten, Nachweiſungen über ein- und ausgelaufene Schiffe, über Warenpreiſe, über die Sicherheit der Straßen, auch über politiſche Ereigniſſe einzuziehen und ſie an Intereſſenten in Abſchriften zu verkaufen 1). Ja es bildete ſich eine ganze Zunft von scrittori d’avvisi, und bald finden wir die gleichen Leute auch in Rom, wo ſie den Namen novellanti oder gazettanti führen. Hier ſcheint ihre Thätigkeit der Curie bald unbequem geworden zu ſein, ſei es, daß ſie unangenehme Thatſachen verbreiteten, ſei es, daß ſie die- ſelben mit eigenen Urteilen begleitet hatten. Im Jahre 1572 wurden nicht weniger als zwei päpſtliche Bullen gegen ſie erlaſſen (Pius V. und Gregor XIII.); das Aviſenſchreiben wurde ihnen ſtreng verboten und die Fortſetzung desſelben mit Brandmarkung und Galeerenſtrafe bedroht. Trotzdem finden wir auch noch weiterhin zahlreiche Spuren eines von Rom ausgehenden Nachrichtendienſtes nach den ober- italieniſchen Städten und nach Deutſchland.
Auch in Deutſchland war inzwiſchen das Zeitungs- ſchreiben ein Gewerbe geworden, welches eine eigne für die damaligen Verkehrsverhältniſſe wunderbar zu nennende Or- ganiſation angenommen hatte. Dieſelbe hängt einerſeits
1) Nach Prutz, Geſch. des Journalismus I, S. 212.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0209"n="187"/>
von Nachrichten zur Quelle des Erwerbs zu machen. Im<lb/><hirendition="#aq">XVI.</hi> Jahrhundert finden wir auf dem Rialto zu Venedig<lb/>
zwiſchen den Buden der Wechsler und Goldſchmiede ein<lb/>
eignes kaufmänniſches Nachrichtenbureau, welches ein Ge-<lb/>ſchäft daraus machte, politiſche und Handelsnachrichten,<lb/>
Nachweiſungen über ein- und ausgelaufene Schiffe, über<lb/>
Warenpreiſe, über die Sicherheit der Straßen, auch über<lb/>
politiſche Ereigniſſe einzuziehen und ſie an Intereſſenten<lb/>
in Abſchriften zu verkaufen <noteplace="foot"n="1)">Nach <hirendition="#g">Prutz</hi>, Geſch. des Journalismus <hirendition="#aq">I,</hi> S. 212.</note>. Ja es bildete ſich eine ganze<lb/>
Zunft von <hirendition="#aq">scrittori d’avvisi,</hi> und bald finden wir die<lb/>
gleichen Leute auch in Rom, wo ſie den Namen <hirendition="#aq">novellanti</hi><lb/>
oder <hirendition="#aq">gazettanti</hi> führen. Hier ſcheint ihre Thätigkeit der<lb/>
Curie bald unbequem geworden zu ſein, ſei es, daß ſie<lb/>
unangenehme Thatſachen verbreiteten, ſei es, daß ſie die-<lb/>ſelben mit eigenen Urteilen begleitet hatten. Im Jahre<lb/>
1572 wurden nicht weniger als zwei päpſtliche Bullen gegen<lb/>ſie erlaſſen (Pius <hirendition="#aq">V.</hi> und Gregor <hirendition="#aq">XIII.</hi>); das Aviſenſchreiben<lb/>
wurde ihnen ſtreng verboten und die Fortſetzung desſelben<lb/>
mit Brandmarkung und Galeerenſtrafe bedroht. Trotzdem<lb/>
finden wir auch noch weiterhin zahlreiche Spuren eines<lb/>
von Rom ausgehenden Nachrichtendienſtes nach den ober-<lb/>
italieniſchen Städten und nach Deutſchland.</p><lb/><p>Auch in Deutſchland war inzwiſchen das Zeitungs-<lb/>ſchreiben ein Gewerbe geworden, welches eine eigne für die<lb/>
damaligen Verkehrsverhältniſſe wunderbar zu nennende Or-<lb/>
ganiſation angenommen hatte. Dieſelbe hängt einerſeits<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[187/0209]
von Nachrichten zur Quelle des Erwerbs zu machen. Im
XVI. Jahrhundert finden wir auf dem Rialto zu Venedig
zwiſchen den Buden der Wechsler und Goldſchmiede ein
eignes kaufmänniſches Nachrichtenbureau, welches ein Ge-
ſchäft daraus machte, politiſche und Handelsnachrichten,
Nachweiſungen über ein- und ausgelaufene Schiffe, über
Warenpreiſe, über die Sicherheit der Straßen, auch über
politiſche Ereigniſſe einzuziehen und ſie an Intereſſenten
in Abſchriften zu verkaufen 1). Ja es bildete ſich eine ganze
Zunft von scrittori d’avvisi, und bald finden wir die
gleichen Leute auch in Rom, wo ſie den Namen novellanti
oder gazettanti führen. Hier ſcheint ihre Thätigkeit der
Curie bald unbequem geworden zu ſein, ſei es, daß ſie
unangenehme Thatſachen verbreiteten, ſei es, daß ſie die-
ſelben mit eigenen Urteilen begleitet hatten. Im Jahre
1572 wurden nicht weniger als zwei päpſtliche Bullen gegen
ſie erlaſſen (Pius V. und Gregor XIII.); das Aviſenſchreiben
wurde ihnen ſtreng verboten und die Fortſetzung desſelben
mit Brandmarkung und Galeerenſtrafe bedroht. Trotzdem
finden wir auch noch weiterhin zahlreiche Spuren eines
von Rom ausgehenden Nachrichtendienſtes nach den ober-
italieniſchen Städten und nach Deutſchland.
Auch in Deutſchland war inzwiſchen das Zeitungs-
ſchreiben ein Gewerbe geworden, welches eine eigne für die
damaligen Verkehrsverhältniſſe wunderbar zu nennende Or-
ganiſation angenommen hatte. Dieſelbe hängt einerſeits
1) Nach Prutz, Geſch. des Journalismus I, S. 212.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/209>, abgerufen am 02.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.