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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
men nicht volstrecken kunte. Ja wann die Knechte merketen/ daß ich meinen Anteil nicht
verzehret hatte/ zwungen sie mich darzu/ und trieben jhr stetes Gespötte mit mir. Eins-
mahls erkühnete ich mich/ den Diener durch statliche Verheissung zubereden/ daß er mir
davon hülffe/ aber Ninisla stund mir unwissend hinter der Tühr/ und dräuete mir die aller-
schändlichste Unfläterey/ dafern ich mich noch einmahl unterstehen würde/ sein Gesinde zu-
verführen. Ich kunte nichts anders/ als ihm Gottes schwere Hand zur Straffe wünschen;
woran er sich durchaus nit kehrete/ sondern mich zutrösten pflag/ ich solte meine Frl. Toch-
ter gar bald zusehen bekommen/ und als dann außgelassen werden/ auch mit Augen anschau-
en/ wie geschikt sie solte gemacht werden/ einen Mann zulieben/ ungeachtet sie noch zur Zeit
lieber mit Geschoß und Pferden umginge. Nach Verlauff sechs Wochen/ hatte mich das
Unzieffer/ welches aus meinem Leibe wuchs/ fast durch und durch wund gefressen/ welches
ich einem Leibeigenen klagete/ der mich mit den Füssen zur Tühr hinaus legete (dann mit
dem Häupte durffte ich aus dem stokfinstern Loche nicht hervor kucken/ des Tages Licht zu-
sehen) zog mir die Kleider abe/ und schmierete mich an allen Gliedmassen mit einer stin-
kenden Salbe/ wovon ich nicht allein geheilet ward/ sondern es weich auch alles Unzieffer
hinweg von mir/ daß ich nach der Zeit keines mehr spürete/ welches mir ja noch eine Linde-
rung de[r] stetswehrenden Pein gab. Wie offt erboht ich mich/ mein Königreich und alle
meiner Bekanten und Freunde Landschafften zuverschwören/ und an die abgelegenste ör-
ter der Welt mich zubegeben/ daß kein Mensch ichtwas von mir erfahren solte/ dafern er
mich nur aus Barmherzigkeit loß lassen würde; aber alles wahr vergebens/ und bekam ich
stets diese Antwort: Ob ich annoch im Leben vermeinete zu seyn/ und weite Reisen über
mich zunehmen? hätte man mich doch zu Prag schon Königlich beg[r]aben/ daher müste ich
an keine Freyheit mehr gedenken/ sondern in dieser Hölle mich fein gedulden/ weil in der
Gnadenzeit ich nicht hätte glükselig leben wollen. Wann ich dann fragete/ aus was Ursa-
chen er mich doch so lange peinigte/ und nicht alsbald tödtete/ da ich ihn die ganze Zeit mei-
nes Lebens nie beleidiget hätte; sagete er; ich müste zuvor meine Tochter in Mannes Ar-
men sehen und wie zie[r]lich er sich mit ihr begehen könte. Ich erboht mich/ ihm oder seinem
Sohn meine Tochter gerne zugeben; aber er wendete ein/ es währe nun zu lange gehar-
ret/ und aus meinen Händen; am ersten Abend/ am ersten Abend/ sagte er/ währe es Zeit
gewesen/ nun aber ist das Spiel verschen/ und muß das liebe Häsichen zum Wildbrät auf
andere Weise gefangen werden. Als ich diesen seinen endlichen Willen vernam fing ich an/
ihn zu schänden und schmähen/ in Meinung/ ihn zureitzen/ daß er mich erschlagen solte/ aber
er hatte nur seine Lust und Kurzweile dran/ nit anders/ ob hätte ich ihn vor einen Ehrwir-
digen Herrn außgeruffen; wiewol ich dieses zu Lohn bekam/ daß man mir das grobe Brod
mit abscheulicher Unfläterey beschmierete/ welches ich gezwungen verschlingen und auf-
fressen muste; dann wann ich michs zuessen wegerte/ dräueten sie mir eine solche unmensch-
liche Schande/ welche zumeiden/ ich in allem gerne gehorchete. Zeitwehrender solcher Er-
zählung/ lieffen dem ganzen Frauenzimmer die häuffigen Trähnen aus den Augen/ biß dz
Herz das Mitleiden nicht länger unterdrücken kunte/ daher sie auff diese des Königes lezt-
geredete Worte ein so hefftiges weinen anfingen/ daß es unten im Platze gehöret ward/ und
betennete Valiska/ daß ihre ehmalige eigene Noht ihr nicht so sehr zu Herzen gangen/ noch

mit

Achtes Buch.
men nicht volſtrecken kunte. Ja wann die Knechte merketen/ daß ich meinen Anteil nicht
verzehret hatte/ zwungen ſie mich darzu/ und trieben jhr ſtetes Geſpoͤtte mit mir. Eins-
mahls erkuͤhnete ich mich/ den Diener durch ſtatliche Verheiſſung zubereden/ daß er mir
davon huͤlffe/ aber Niniſla ſtund mir unwiſſend hinter der Tuͤhr/ und draͤuete mir die aller-
ſchaͤndlichſte Unflaͤterey/ dafern ich mich noch einmahl unterſtehen wuͤrde/ ſein Geſinde zu-
verfuͤhren. Ich kunte nichts anders/ als ihm Gottes ſchwere Hand zur Straffe wuͤnſchen;
woran er ſich durchaus nit kehrete/ ſondern mich zutroͤſten pflag/ ich ſolte meine Frl. Toch-
ter gar bald zuſehen bekom̃en/ und als dann außgelaſſen werden/ auch mit Augen anſchau-
en/ wie geſchikt ſie ſolte gemacht werden/ einen Mann zulieben/ ungeachtet ſie noch zur Zeit
lieber mit Geſchoß und Pferden umginge. Nach Verlauff ſechs Wochen/ hatte mich das
Unzieffer/ welches aus meinem Leibe wuchs/ faſt durch und durch wund gefreſſen/ welches
ich einem Leibeigenen klagete/ der mich mit den Fuͤſſen zur Tuͤhr hinaus legete (dann mit
dem Haͤupte durffte ich aus dem ſtokfinſtern Loche nicht hervor kucken/ des Tages Licht zu-
ſehen) zog mir die Kleider abe/ und ſchmierete mich an allen Gliedmaſſen mit einer ſtin-
kenden Salbe/ wovon ich nicht allein geheilet ward/ ſondern es weich auch alles Unzieffer
hinweg von mir/ daß ich nach der Zeit keines mehr ſpuͤrete/ welches mir ja noch eine Linde-
rung de[r] ſtetswehrenden Pein gab. Wie offt erboht ich mich/ mein Koͤnigreich und alle
meiner Bekanten und Freunde Landſchafften zuverſchwoͤren/ und an die abgelegenſte oͤr-
ter der Welt mich zubegeben/ daß kein Menſch ichtwas von mir erfahren ſolte/ dafern er
mich nur aus Barmherzigkeit loß laſſen wuͤrde; aber alles wahr vergebens/ und bekam ich
ſtets dieſe Antwort: Ob ich annoch im Leben vermeinete zu ſeyn/ und weite Reiſen uͤber
mich zunehmen? haͤtte man mich doch zu Prag ſchon Koͤniglich beg[r]aben/ daher müſte ich
an keine Freyheit mehr gedenken/ ſondern in dieſer Hoͤlle mich fein gedulden/ weil in der
Gnadenzeit ich nicht haͤtte gluͤkſelig leben wollen. Wann ich dann fragete/ aus was Urſa-
chen er mich doch ſo lange peinigte/ und nicht alsbald toͤdtete/ da ich ihn die ganze Zeit mei-
nes Lebens nie beleidiget haͤtte; ſagete er; ich muͤſte zuvor meine Tochter in Mannes Ar-
men ſehen und wie zie[r]lich er ſich mit ihr begehen koͤnte. Ich erboht mich/ ihm oder ſeinem
Sohn meine Tochter gerne zugeben; aber er wendete ein/ es waͤhre nun zu lange gehar-
ret/ und aus meinen Haͤnden; am erſten Abend/ am erſten Abend/ ſagte er/ waͤhre es Zeit
geweſen/ nun aber iſt das Spiel verſchen/ und muß das liebe Haͤſichen zum Wildbraͤt auf
andere Weiſe gefangen werden. Als ich dieſen ſeinen endlichen Willen vernam fing ich an/
ihn zu ſchaͤnden und ſchmaͤhen/ in Meinung/ ihn zuꝛeitzen/ daß er mich erſchlagen ſolte/ abeꝛ
er hatte nur ſeine Luſt und Kurzweile dran/ nit anders/ ob haͤtte ich ihn vor einen Ehrwir-
digen Herrn außgeruffen; wiewol ich dieſes zu Lohn bekam/ daß man mir das grobe Brod
mit abſcheulicher Unflaͤterey beſchmierete/ welches ich gezwungen verſchlingen und auf-
freſſen muſte; dann wañ ich michs zueſſen wegerte/ draͤueten ſie mir eine ſolche unmenſch-
liche Schande/ welche zumeiden/ ich in allem gerne gehorchete. Zeitwehrender ſolcher Er-
zaͤhlung/ lieffen dem ganzen Frauenzimmer die haͤuffigen Traͤhnen aus den Augen/ biß dz
Herz das Mitleiden nicht laͤnger unterdruͤcken kunte/ daher ſie auff dieſe des Koͤniges lezt-
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[898/0904] Achtes Buch. men nicht volſtrecken kunte. Ja wann die Knechte merketen/ daß ich meinen Anteil nicht verzehret hatte/ zwungen ſie mich darzu/ und trieben jhr ſtetes Geſpoͤtte mit mir. Eins- mahls erkuͤhnete ich mich/ den Diener durch ſtatliche Verheiſſung zubereden/ daß er mir davon huͤlffe/ aber Niniſla ſtund mir unwiſſend hinter der Tuͤhr/ und draͤuete mir die aller- ſchaͤndlichſte Unflaͤterey/ dafern ich mich noch einmahl unterſtehen wuͤrde/ ſein Geſinde zu- verfuͤhren. Ich kunte nichts anders/ als ihm Gottes ſchwere Hand zur Straffe wuͤnſchen; woran er ſich durchaus nit kehrete/ ſondern mich zutroͤſten pflag/ ich ſolte meine Frl. Toch- ter gar bald zuſehen bekom̃en/ und als dann außgelaſſen werden/ auch mit Augen anſchau- en/ wie geſchikt ſie ſolte gemacht werden/ einen Mann zulieben/ ungeachtet ſie noch zur Zeit lieber mit Geſchoß und Pferden umginge. Nach Verlauff ſechs Wochen/ hatte mich das Unzieffer/ welches aus meinem Leibe wuchs/ faſt durch und durch wund gefreſſen/ welches ich einem Leibeigenen klagete/ der mich mit den Fuͤſſen zur Tuͤhr hinaus legete (dann mit dem Haͤupte durffte ich aus dem ſtokfinſtern Loche nicht hervor kucken/ des Tages Licht zu- ſehen) zog mir die Kleider abe/ und ſchmierete mich an allen Gliedmaſſen mit einer ſtin- kenden Salbe/ wovon ich nicht allein geheilet ward/ ſondern es weich auch alles Unzieffer hinweg von mir/ daß ich nach der Zeit keines mehr ſpuͤrete/ welches mir ja noch eine Linde- rung der ſtetswehrenden Pein gab. Wie offt erboht ich mich/ mein Koͤnigreich und alle meiner Bekanten und Freunde Landſchafften zuverſchwoͤren/ und an die abgelegenſte oͤr- ter der Welt mich zubegeben/ daß kein Menſch ichtwas von mir erfahren ſolte/ dafern er mich nur aus Barmherzigkeit loß laſſen wuͤrde; aber alles wahr vergebens/ und bekam ich ſtets dieſe Antwort: Ob ich annoch im Leben vermeinete zu ſeyn/ und weite Reiſen uͤber mich zunehmen? haͤtte man mich doch zu Prag ſchon Koͤniglich begraben/ daher müſte ich an keine Freyheit mehr gedenken/ ſondern in dieſer Hoͤlle mich fein gedulden/ weil in der Gnadenzeit ich nicht haͤtte gluͤkſelig leben wollen. Wann ich dann fragete/ aus was Urſa- chen er mich doch ſo lange peinigte/ und nicht alsbald toͤdtete/ da ich ihn die ganze Zeit mei- nes Lebens nie beleidiget haͤtte; ſagete er; ich muͤſte zuvor meine Tochter in Mannes Ar- men ſehen und wie zierlich er ſich mit ihr begehen koͤnte. Ich erboht mich/ ihm oder ſeinem Sohn meine Tochter gerne zugeben; aber er wendete ein/ es waͤhre nun zu lange gehar- ret/ und aus meinen Haͤnden; am erſten Abend/ am erſten Abend/ ſagte er/ waͤhre es Zeit geweſen/ nun aber iſt das Spiel verſchen/ und muß das liebe Haͤſichen zum Wildbraͤt auf andere Weiſe gefangen werden. Als ich dieſen ſeinen endlichen Willen vernam fing ich an/ ihn zu ſchaͤnden und ſchmaͤhen/ in Meinung/ ihn zuꝛeitzen/ daß er mich erſchlagen ſolte/ abeꝛ er hatte nur ſeine Luſt und Kurzweile dran/ nit anders/ ob haͤtte ich ihn vor einen Ehrwir- digen Herrn außgeruffen; wiewol ich dieſes zu Lohn bekam/ daß man mir das grobe Brod mit abſcheulicher Unflaͤterey beſchmierete/ welches ich gezwungen verſchlingen und auf- freſſen muſte; dann wañ ich michs zueſſen wegerte/ draͤueten ſie mir eine ſolche unmenſch- liche Schande/ welche zumeiden/ ich in allem gerne gehorchete. Zeitwehrender ſolcher Er- zaͤhlung/ lieffen dem ganzen Frauenzimmer die haͤuffigen Traͤhnen aus den Augen/ biß dz Herz das Mitleiden nicht laͤnger unterdruͤcken kunte/ daher ſie auff dieſe des Koͤniges lezt- geredete Worte ein ſo hefftiges weinen anfingen/ daß es unten im Platze gehoͤret ward/ uñ beteñete Valiſka/ daß ihre ehmalige eigene Noht ihr nicht ſo ſehr zu Herzen gangen/ noch mit

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 898. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/904>, abgerufen am 18.05.2024.