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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
Wie eilet ihr so/ wollet ihr als blindlinges davon springen? besehet doch diese Krämerin
recht/ nach dem ihr höret/ daß ihr bekanten seid/ und wann ihr die Warheit erkennet/ so bit-
tet wegen eures heutigen trotzes umb vergebung. Libussa meinete vor freuden zu bersten/ so
bewägete sich das Herz in ihr/ fiel der Krämer in umb den Hals/ und sagete: Ach gnädiges
Fräulein; ich zweifele nicht/ sie sey es selbst in angestrichener Farbe. Ja Gott Lob/ antwor-
tete sie; aber meldet mich nicht/ sondern schaffet/ daß ich meine Fr. Schwester Königin
Valiska allein möge sprechen. Leches erinnerte sie abermahl/ daß sie um verzeihung anhiel-
te; aber sie sagte; es bedürfte solches nicht/ sie hätte nicht mit dem Königlichen Fräulein/
sondern mit einer Krämerin sich gezanket/ und weil dieselbe schon verschwunden währe/
hätte sie sich weiters nicht darumb zubekunmmern; lieff darauff hin/ und traff Euphrosynen
vor dem Gemache an/ welche sie baht/ daß sie Königin Valisken vermöchte heraus zukom-
men/ weil die Krämerin eine heimliche Werbung an sie abzulegen hätte. Die Königin gab
zur Antwort: Was mag meiner Libussen hinte geträumet haben/ daß sie mich mit dieser
Krämerin so äffet/ welche sie ohnzweifel selbst ausgerüstet hat/ dann wie hätte sie sich sonst
so leicht mit ihr wieder vergliechen/ als wodurch sie an den Tag leget/ daß ihr Zank nur er-
tichtet gewesen; doch ging sie hin/ dräuete auch Libussen mit einem heimlichen Wink/ und
fragete die Krämerin/ was sie begehrete; welche darauff anfing: Gnädigste Königin/ ich
habe neun Meile hinter Kölln einer ädelfrauen etliche Waaren verkauft/ dieselbe hatte eine
Nähterin/ welche da sie vernam/ daß ich nach Magdeburg reisen wolte/ baht sie mich mit
heissen Trähnen/ auf den fall der Teutsche Groß Fürst daselbst nicht seyn würde/ ich möchte
vollends nach Prag mich erheben/ und Gelegenheit suchen/ der jungen Teutschen Groß-
Fürstin Valiska nur dieses wenige (dessen ich gut Trinkgeld bekommen würde) anzumel-
den/ daß ihre geträue Dienerin Klara annoch lebete/ nur daß sie durch Unfal und betrug
währe zur Magd einer boshaften Frauen worden/ und von derselben manniche Ohrfeige
einschlucken müste. Valiska sprang vor freuden auff/ und sagte: Ey dem allerhöchsten Gott
sey lob und dank/ daß sie noch lebet/ die Magdschaft sol ihr bald benommen werden/ und ihr gu-
te Krämer in müsset ohn ein reiches Trinkgeld nicht scheiden/ daß ihr dieses so träulich habt
werben/ und solchen weiten Weg über euch nehmen wollen. Lieff damit wieder nach der
Geselschaft/ und wuste nicht/ wie sie vor fröligkeit sich geberden solte. Herkules sahe solches
an ihr/ und sagte: Mein Schaz/ was vor eine heimliche Verehrung hat euch die Kräme-
rin getahn/ damit sie euch so erfreuen können? Eine über köstliche Verehrung/ antwortete
sie; wolte ihm aber nichts mehr sagen/ sondern trat hin zu Herkules Fr. Mutter und sage-
te über laut; Gn. Fr. Mutter/ der allerhöchste Gott wil uns nach der Traurigkeit wieder
erfreuen. O herzliebe Fr. Tochter/ fiel ihr diese in die Rede; ist etwa mein liebes Kind wie-
der zu Lande geschlagen? Zwar noch nicht zu Lande geschlagen/ antwortete sie/ aber gnug
ist es uns vor erst/ daß wir nunmehr gewiß wissen/ daß sie noch lebet und gesund ist/ wiewol
in fremden Landen/ und daselbst vor eine Nähe-Magd dienet/ davon wir sie mit Gottes hülf-
fe bald befreien wollen. Dir sey dank HErr Gott/ sagte die liebreiche Mutter/ aber an was
Ort hält sie sich auff? Neun Meile hinter Köllen/ sagte sie/ in der Römer gebiet/ woselbst
die fremde Krämerin sie selbst gesprochen hat. Die ganze Geselschaft wolte die Zeitungs-
bringerin selbst fragen/ aber Libussa zeigete an/ wie sie mit ihrem Manne hinweg gangen

währe/

Siebendes Buch.
Wie eilet ihr ſo/ wollet ihr als blindlinges davon ſpringen? beſehet doch dieſe Kraͤmerin
recht/ nach dem ihr hoͤret/ daß ihr bekanten ſeid/ und wann ihr die Warheit erkennet/ ſo bit-
tet wegen eures heutigen trotzes umb vergebung. Libuſſa meinete vor freuden zu berſten/ ſo
bewaͤgete ſich das Herz in ihr/ fiel der Kraͤmer in umb den Hals/ und ſagete: Ach gnaͤdiges
Fraͤulein; ich zweifele nicht/ ſie ſey es ſelbſt in angeſtrichener Farbe. Ja Gott Lob/ antwor-
tete ſie; aber meldet mich nicht/ ſondern ſchaffet/ daß ich meine Fr. Schweſter Koͤnigin
Valiſka allein moͤge ſprechen. Leches erinnerte ſie abermahl/ daß ſie um verzeihung anhiel-
te; aber ſie ſagte; es beduͤrfte ſolches nicht/ ſie haͤtte nicht mit dem Koͤniglichen Fraͤulein/
ſondern mit einer Kraͤmerin ſich gezanket/ und weil dieſelbe ſchon verſchwunden waͤhre/
haͤtte ſie ſich weiters nicht darumb zubekũmmern; lieff darauff hin/ und traff Euphroſynen
vor dem Gemache an/ welche ſie baht/ daß ſie Koͤnigin Valiſken vermoͤchte heraus zukom-
men/ weil die Kraͤmerin eine heimliche Werbung an ſie abzulegen haͤtte. Die Koͤnigin gab
zur Antwort: Was mag meineꝛ Libuſſen hinte getraͤumet haben/ daß ſie mich mit dieſer
Kraͤmerin ſo aͤffet/ welche ſie ohnzweifel ſelbſt ausgeruͤſtet hat/ dann wie haͤtte ſie ſich ſonſt
ſo leicht mit ihr wieder vergliechen/ als wodurch ſie an den Tag leget/ daß ihr Zank nur er-
tichtet geweſen; doch ging ſie hin/ draͤuete auch Libuſſen mit einem heimlichen Wink/ uñ
fragete die Kraͤmerin/ was ſie begehrete; welche darauff anfing: Gnaͤdigſte Koͤnigin/ ich
habe neun Meile hinter Koͤlln einer aͤdelfrauen etliche Waaren verkauft/ dieſelbe hatte eine
Naͤhterin/ welche da ſie vernam/ daß ich nach Magdeburg reiſen wolte/ baht ſie mich mit
heiſſen Traͤhnen/ auf den fall der Teutſche Groß Fürſt daſelbſt nicht ſeyn wuͤrde/ ich moͤchte
vollends nach Prag mich erheben/ und Gelegenheit ſuchen/ der jungen Teutſchen Groß-
Fuͤrſtin Valiſka nur dieſes wenige (deſſen ich gut Trinkgeld bekommen wuͤrde) anzumel-
den/ daß ihre getraͤue Dienerin Klara annoch lebete/ nur daß ſie durch Unfal und betrug
waͤhre zur Magd einer boshaften Frauen worden/ und von derſelben manniche Ohrfeige
einſchlucken muͤſte. Valiſka ſprang vor freuden auff/ uñ ſagte: Ey dem allerhoͤchſten Gott
ſey lob und dank/ daß ſie noch lebet/ die Magdſchaft ſol ihr bald benom̃en werdẽ/ und ihr gu-
te Kraͤmer in muͤſſet ohn ein reiches Trinkgeld nicht ſcheiden/ daß ihr dieſes ſo traͤulich habt
werben/ und ſolchen weiten Weg uͤber euch nehmen wollen. Lieff damit wieder nach der
Geſelſchaft/ und wuſte nicht/ wie ſie vor froͤligkeit ſich geberden ſolte. Herkules ſahe ſolches
an ihr/ und ſagte: Mein Schaz/ was vor eine heimliche Verehrung hat euch die Kraͤme-
rin getahn/ damit ſie euch ſo erfreuen koͤnnen? Eine über koͤſtliche Verehrung/ antwortete
ſie; wolte ihm aber nichts mehr ſagen/ ſondern trat hin zu Herkules Fr. Mutter und ſage-
te uͤber laut; Gn. Fr. Mutter/ der allerhoͤchſte Gott wil uns nach der Traurigkeit wieder
erfreuen. O heꝛzliebe Fr. Tochter/ fiel ihr dieſe in die Rede; iſt etwa mein liebes Kind wie-
der zu Lande geſchlagen? Zwar noch nicht zu Lande geſchlagen/ antwortete ſie/ aber gnug
iſt es uns vor erſt/ daß wir nunmehr gewiß wiſſen/ daß ſie noch lebet und geſund iſt/ wiewol
in fremden Landen/ uñ daſelbſt vor eine Naͤhe-Magd dienet/ davon wir ſie mit Gottes huͤlf-
fe bald befreien wollen. Dir ſey dank HErr Gott/ ſagte die liebreiche Mutter/ aber an was
Ort haͤlt ſie ſich auff? Neun Meile hinter Koͤllen/ ſagte ſie/ in der Roͤmer gebiet/ woſelbſt
die fremde Kraͤmerin ſie ſelbſt geſprochen hat. Die ganze Geſelſchaft wolte die Zeitungs-
bringerin ſelbſt fragen/ aber Libuſſa zeigete an/ wie ſie mit ihrem Manne hinweg gangen

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[695/0701] Siebendes Buch. Wie eilet ihr ſo/ wollet ihr als blindlinges davon ſpringen? beſehet doch dieſe Kraͤmerin recht/ nach dem ihr hoͤret/ daß ihr bekanten ſeid/ und wann ihr die Warheit erkennet/ ſo bit- tet wegen eures heutigen trotzes umb vergebung. Libuſſa meinete vor freuden zu berſten/ ſo bewaͤgete ſich das Herz in ihr/ fiel der Kraͤmer in umb den Hals/ und ſagete: Ach gnaͤdiges Fraͤulein; ich zweifele nicht/ ſie ſey es ſelbſt in angeſtrichener Farbe. Ja Gott Lob/ antwor- tete ſie; aber meldet mich nicht/ ſondern ſchaffet/ daß ich meine Fr. Schweſter Koͤnigin Valiſka allein moͤge ſprechen. Leches erinnerte ſie abermahl/ daß ſie um verzeihung anhiel- te; aber ſie ſagte; es beduͤrfte ſolches nicht/ ſie haͤtte nicht mit dem Koͤniglichen Fraͤulein/ ſondern mit einer Kraͤmerin ſich gezanket/ und weil dieſelbe ſchon verſchwunden waͤhre/ haͤtte ſie ſich weiters nicht darumb zubekũmmern; lieff darauff hin/ und traff Euphroſynen vor dem Gemache an/ welche ſie baht/ daß ſie Koͤnigin Valiſken vermoͤchte heraus zukom- men/ weil die Kraͤmerin eine heimliche Werbung an ſie abzulegen haͤtte. Die Koͤnigin gab zur Antwort: Was mag meineꝛ Libuſſen hinte getraͤumet haben/ daß ſie mich mit dieſer Kraͤmerin ſo aͤffet/ welche ſie ohnzweifel ſelbſt ausgeruͤſtet hat/ dann wie haͤtte ſie ſich ſonſt ſo leicht mit ihr wieder vergliechen/ als wodurch ſie an den Tag leget/ daß ihr Zank nur er- tichtet geweſen; doch ging ſie hin/ draͤuete auch Libuſſen mit einem heimlichen Wink/ uñ fragete die Kraͤmerin/ was ſie begehrete; welche darauff anfing: Gnaͤdigſte Koͤnigin/ ich habe neun Meile hinter Koͤlln einer aͤdelfrauen etliche Waaren verkauft/ dieſelbe hatte eine Naͤhterin/ welche da ſie vernam/ daß ich nach Magdeburg reiſen wolte/ baht ſie mich mit heiſſen Traͤhnen/ auf den fall der Teutſche Groß Fürſt daſelbſt nicht ſeyn wuͤrde/ ich moͤchte vollends nach Prag mich erheben/ und Gelegenheit ſuchen/ der jungen Teutſchen Groß- Fuͤrſtin Valiſka nur dieſes wenige (deſſen ich gut Trinkgeld bekommen wuͤrde) anzumel- den/ daß ihre getraͤue Dienerin Klara annoch lebete/ nur daß ſie durch Unfal und betrug waͤhre zur Magd einer boshaften Frauen worden/ und von derſelben manniche Ohrfeige einſchlucken muͤſte. Valiſka ſprang vor freuden auff/ uñ ſagte: Ey dem allerhoͤchſten Gott ſey lob und dank/ daß ſie noch lebet/ die Magdſchaft ſol ihr bald benom̃en werdẽ/ und ihr gu- te Kraͤmer in muͤſſet ohn ein reiches Trinkgeld nicht ſcheiden/ daß ihr dieſes ſo traͤulich habt werben/ und ſolchen weiten Weg uͤber euch nehmen wollen. Lieff damit wieder nach der Geſelſchaft/ und wuſte nicht/ wie ſie vor froͤligkeit ſich geberden ſolte. Herkules ſahe ſolches an ihr/ und ſagte: Mein Schaz/ was vor eine heimliche Verehrung hat euch die Kraͤme- rin getahn/ damit ſie euch ſo erfreuen koͤnnen? Eine über koͤſtliche Verehrung/ antwortete ſie; wolte ihm aber nichts mehr ſagen/ ſondern trat hin zu Herkules Fr. Mutter und ſage- te uͤber laut; Gn. Fr. Mutter/ der allerhoͤchſte Gott wil uns nach der Traurigkeit wieder erfreuen. O heꝛzliebe Fr. Tochter/ fiel ihr dieſe in die Rede; iſt etwa mein liebes Kind wie- der zu Lande geſchlagen? Zwar noch nicht zu Lande geſchlagen/ antwortete ſie/ aber gnug iſt es uns vor erſt/ daß wir nunmehr gewiß wiſſen/ daß ſie noch lebet und geſund iſt/ wiewol in fremden Landen/ uñ daſelbſt vor eine Naͤhe-Magd dienet/ davon wir ſie mit Gottes huͤlf- fe bald befreien wollen. Dir ſey dank HErr Gott/ ſagte die liebreiche Mutter/ aber an was Ort haͤlt ſie ſich auff? Neun Meile hinter Koͤllen/ ſagte ſie/ in der Roͤmer gebiet/ woſelbſt die fremde Kraͤmerin ſie ſelbſt geſprochen hat. Die ganze Geſelſchaft wolte die Zeitungs- bringerin ſelbſt fragen/ aber Libuſſa zeigete an/ wie ſie mit ihrem Manne hinweg gangen waͤhre/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/701>, abgerufen am 23.11.2024.