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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
Südwerz genommen/ worauff sie ihn bald aus dem Gesichte verlohren/ weil sie selbst umb
gefahr willen den Strom auffwarz gehen müssen/ und den gar zu häuffig herzu dringenden
flüchtigen Feinden sich entzihen. Worauff Valiska die Anwesende tröstete/ und zu ihnen
sagete: So wollen wir uns zufrieden geben/ dann Arbianes ist ein so verständiger Fürst/
welcher mit Gottes hülffe schon Mittel und Wege finden wird/ entweder durch zukommen/
oder sie auff eine kurze Zeit in gute gewahrsam zubringen. Die alte Groß Fürstin ward
hiedurch in etwas getröstet/ daß sie bey ihren Schwieger Töchtern sich frölicher erzeigete/
weder vorhin/ zwischen welche sie sich gesezt hatte/ und es nicht wenig beklagete/ daß sie mit
Fr. Lukrezien nicht Unterredung halten kunte/ weil sie kein Teutsch verstund/ wiewol Va-
liska sich als eine Dolmetscherin bey ihnen vielfältig gebrauchen ließ. Es meldete sich a-
bermahl ein Teutscher Kriegs Knecht an/ vorgebend/ man hätte mit dem gefangenen Wen-
dischen Obersten Niklot viel Mühe/ welcher nicht allein seine verbundene Wunden auff-
risse/ sondern alle Gelegenheit suchete/ sich selbst zuentleiben; würde demnach das beste seyn/
daß er fest gebunden würde. Der alte Groß Fürst antwortete: Dieser wird ohn zweifel der
verrähterische Bube seyn/ welcher mich nicht allein mit List von meinem Schlosse geloc-
ket/ sondern hand an mich gelegt/ und gleich einem gemeinen Bauren mich gebunden fort-
geschleppet/ massen ich mich erinnere/ daß derselbe von seinen Leuten Herr Niklot genennet
ward. Also ward ernstlich befohlen/ man solte ihn fest an einen Pfal oder Leiter binden/ den
Wunden auffs beste Raht schaffen/ und ihm allerhand Labung beybringen/ dann es mü-
ste ihm seine Boßheit andern zum abscheuhlichen Beyspiel vergolten werden. Da wusten
nun die Kriegsknechte ihm schon recht zutuhn/ daß er gezwungen/ Speise und Trank neh-
men/ und ihres willens geleben muste. Den unsern wolte die Zeit ohn Gespräch zu lange
wehren/ weil sie willens wahren/ der Fräulein Ankunfft biß an die Mitternacht zuerwarten;
Weil dann die alte Groß Fürstin gerne gewust hätte/ durch was gelegenheit ihr lieber Her-
kules zu dem neuen Glauben kommen währe/ welchen er so hoch und über alles schätzete/
und sich gleichwol erinnerte/ wie lieb ihm ehemahls ihr landüblicher Gottesdienst gewe-
sen/ bey dem er so manniches andächtiges Opffer vor sich hätte verrichten lassen/ begehre-
te sie an ihn/ ihr die ursach und gelegenheit solcher seiner Glaubensverenderung anzuzei-
gen. Herkules hörete ihr begehren mit sonderlicher Freude an/ und taht einen inniglichen
Seuffzer zu Gott/ er möchte seinem Donner durch seine unverständige Zunge Krafft und
Nachdruk verleihen/ und die Herzen seiner lieben Eltern rühren/ daß sie zur Erkäntniß der
Warheit gebracht würden. Wie er in diesem andächtigen Wunsche stilleschweigend saß/
gedachte sein Gemahl/ er trüge dessen etwa bedenken/ daher sie ihn in Persischer Sprache
erinnerte/ diese gute gelegenheit zu seiner Eltern Bekehrung nicht vorbey zulassen/ sondern
vielmehr mit beyden Händen zuergreiffen; vielleicht schickete es Gott also/ daß seine Fr.
Mutter selbst anlaß darzu geben müste; fuhr nachmahls fort/ und sagete auff Teutsch zu
ihm: Mein allerwerdester Schaz/ lieber wegert euch nicht/ unser Fr. Mutter begehren zu
erfüllen/ dann ich selbst habe vorlängst gerne wissen wollen/ wie sichs mit euer Bekehrung
zu dem seligmachenden Glauben begeben hat. Herkules gab durch ein freundliches Lachen
seinen guten Willen zuverstehen/ und fing also an: Gnädigste herzallerliebste Fr. Mutter;
euer mütterliches Herz ruffet mir eine solche unaussprechliche Freude in mein Gedächt-

niß/

Siebendes Buch.
Suͤdwerz genommen/ worauff ſie ihn bald aus dem Geſichte verlohren/ weil ſie ſelbſt umb
gefahr willen den Strom auffwarz gehen muͤſſen/ und den gar zu haͤuffig herzu dringendẽ
fluͤchtigen Feinden ſich entzihen. Worauff Valiſka die Anweſende troͤſtete/ und zu ihnen
ſagete: So wollen wir uns zufrieden geben/ dann Arbianes iſt ein ſo verſtaͤndiger Fuͤrſt/
welcher mit Gottes huͤlffe ſchon Mittel und Wege finden wird/ entweder durch zukom̃en/
oder ſie auff eine kurze Zeit in gute gewahrſam zubringen. Die alte Groß Fuͤrſtin ward
hiedurch in etwas getroͤſtet/ daß ſie bey ihren Schwieger Toͤchtern ſich froͤlicher erzeigete/
weder vorhin/ zwiſchen welche ſie ſich geſezt hatte/ und es nicht wenig beklagete/ daß ſie mit
Fr. Lukrezien nicht Unterredung halten kunte/ weil ſie kein Teutſch verſtund/ wiewol Va-
liſka ſich als eine Dolmetſcherin bey ihnen vielfaͤltig gebrauchen ließ. Es meldete ſich a-
bermahl ein Teutſcher Kriegs Knecht an/ vorgebend/ man haͤtte mit dem gefangenẽ Wen-
diſchen Oberſten Niklot viel Muͤhe/ welcher nicht allein ſeine verbundene Wunden auff-
riſſe/ ſondern alle Gelegenheit ſuchete/ ſich ſelbſt zuentleibẽ; wuͤrde demnach das beſte ſeyn/
daß er feſt gebunden wuͤrde. Der alte Groß Fürſt antwortete: Dieſer wird ohn zweifel der
verraͤhteriſche Bube ſeyn/ welcher mich nicht allein mit Liſt von meinem Schloſſe geloc-
ket/ ſondern hand an mich gelegt/ und gleich einem gemeinẽ Bauren mich gebunden fort-
geſchleppet/ maſſen ich mich erinnere/ daß derſelbe von ſeinen Leuten Herr Niklot geneñet
ward. Alſo ward ernſtlich befohlen/ man ſolte ihn feſt an einen Pfal oder Leiter binden/ den
Wunden auffs beſte Raht ſchaffen/ und ihm allerhand Labung beybringen/ dann es muͤ-
ſte ihm ſeine Boßheit andern zum abſcheuhlichen Beyſpiel vergolten werden. Da wuſten
nun die Kriegsknechte ihm ſchon recht zutuhn/ daß er gezwungen/ Speiſe und Trank neh-
men/ und ihres willens geleben muſte. Den unſern wolte die Zeit ohn Geſpraͤch zu lange
wehren/ weil ſie willens wahren/ der Fraͤulein Ankunfft biß an die Mitternacht zuerwartẽ;
Weil dann die alte Groß Fuͤrſtin gerne gewuſt haͤtte/ durch was gelegenheit ihr lieber Her-
kules zu dem neuen Glauben kommen waͤhre/ welchen er ſo hoch und uͤber alles ſchaͤtzete/
und ſich gleichwol erinnerte/ wie lieb ihm ehemahls ihr landuͤblicher Gottesdienſt gewe-
ſen/ bey dem er ſo manniches andaͤchtiges Opffer vor ſich haͤtte verrichten laſſen/ begehre-
te ſie an ihn/ ihr die urſach und gelegenheit ſolcher ſeiner Glaubensverenderung anzuzei-
gen. Herkules hoͤrete ihr begehren mit ſonderlicher Freude an/ und taht einen inniglichen
Seuffzer zu Gott/ er moͤchte ſeinem Donner durch ſeine unverſtaͤndige Zunge Krafft uñ
Nachdruk verleihen/ und die Herzen ſeiner lieben Eltern ruͤhren/ daß ſie zur Erkaͤntniß der
Warheit gebracht wuͤrden. Wie er in dieſem andaͤchtigen Wunſche ſtilleſchweigend ſaß/
gedachte ſein Gemahl/ er truͤge deſſen etwa bedenken/ daher ſie ihn in Perſiſcher Sprache
erinnerte/ dieſe gute gelegenheit zu ſeiner Eltern Bekehrung nicht vorbey zulaſſen/ ſondern
vielmehr mit beyden Haͤnden zuergreiffen; vielleicht ſchickete es Gott alſo/ daß ſeine Fr.
Mutter ſelbſt anlaß darzu geben muͤſte; fuhr nachmahls fort/ und ſagete auff Teutſch zu
ihm: Mein allerwerdeſter Schaz/ lieber wegert euch nicht/ unſer Fr. Mutter begehren zu
erfuͤllen/ dann ich ſelbſt habe vorlaͤngſt gerne wiſſen wollen/ wie ſichs mit euer Bekehrung
zu dem ſeligmachenden Glauben begeben hat. Herkules gab durch ein freundliches Lachen
ſeinen guten Willen zuverſtehen/ und fing alſo an: Gnaͤdigſte herzallerliebſte Fr. Mutter;
euer muͤtterliches Herz ruffet mir eine ſolche unausſprechliche Freude in mein Gedaͤcht-

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[530/0536] Siebendes Buch. Suͤdwerz genommen/ worauff ſie ihn bald aus dem Geſichte verlohren/ weil ſie ſelbſt umb gefahr willen den Strom auffwarz gehen muͤſſen/ und den gar zu haͤuffig herzu dringendẽ fluͤchtigen Feinden ſich entzihen. Worauff Valiſka die Anweſende troͤſtete/ und zu ihnen ſagete: So wollen wir uns zufrieden geben/ dann Arbianes iſt ein ſo verſtaͤndiger Fuͤrſt/ welcher mit Gottes huͤlffe ſchon Mittel und Wege finden wird/ entweder durch zukom̃en/ oder ſie auff eine kurze Zeit in gute gewahrſam zubringen. Die alte Groß Fuͤrſtin ward hiedurch in etwas getroͤſtet/ daß ſie bey ihren Schwieger Toͤchtern ſich froͤlicher erzeigete/ weder vorhin/ zwiſchen welche ſie ſich geſezt hatte/ und es nicht wenig beklagete/ daß ſie mit Fr. Lukrezien nicht Unterredung halten kunte/ weil ſie kein Teutſch verſtund/ wiewol Va- liſka ſich als eine Dolmetſcherin bey ihnen vielfaͤltig gebrauchen ließ. Es meldete ſich a- bermahl ein Teutſcher Kriegs Knecht an/ vorgebend/ man haͤtte mit dem gefangenẽ Wen- diſchen Oberſten Niklot viel Muͤhe/ welcher nicht allein ſeine verbundene Wunden auff- riſſe/ ſondern alle Gelegenheit ſuchete/ ſich ſelbſt zuentleibẽ; wuͤrde demnach das beſte ſeyn/ daß er feſt gebunden wuͤrde. Der alte Groß Fürſt antwortete: Dieſer wird ohn zweifel der verraͤhteriſche Bube ſeyn/ welcher mich nicht allein mit Liſt von meinem Schloſſe geloc- ket/ ſondern hand an mich gelegt/ und gleich einem gemeinẽ Bauren mich gebunden fort- geſchleppet/ maſſen ich mich erinnere/ daß derſelbe von ſeinen Leuten Herr Niklot geneñet ward. Alſo ward ernſtlich befohlen/ man ſolte ihn feſt an einen Pfal oder Leiter binden/ den Wunden auffs beſte Raht ſchaffen/ und ihm allerhand Labung beybringen/ dann es muͤ- ſte ihm ſeine Boßheit andern zum abſcheuhlichen Beyſpiel vergolten werden. Da wuſten nun die Kriegsknechte ihm ſchon recht zutuhn/ daß er gezwungen/ Speiſe und Trank neh- men/ und ihres willens geleben muſte. Den unſern wolte die Zeit ohn Geſpraͤch zu lange wehren/ weil ſie willens wahren/ der Fraͤulein Ankunfft biß an die Mitternacht zuerwartẽ; Weil dann die alte Groß Fuͤrſtin gerne gewuſt haͤtte/ durch was gelegenheit ihr lieber Her- kules zu dem neuen Glauben kommen waͤhre/ welchen er ſo hoch und uͤber alles ſchaͤtzete/ und ſich gleichwol erinnerte/ wie lieb ihm ehemahls ihr landuͤblicher Gottesdienſt gewe- ſen/ bey dem er ſo manniches andaͤchtiges Opffer vor ſich haͤtte verrichten laſſen/ begehre- te ſie an ihn/ ihr die urſach und gelegenheit ſolcher ſeiner Glaubensverenderung anzuzei- gen. Herkules hoͤrete ihr begehren mit ſonderlicher Freude an/ und taht einen inniglichen Seuffzer zu Gott/ er moͤchte ſeinem Donner durch ſeine unverſtaͤndige Zunge Krafft uñ Nachdruk verleihen/ und die Herzen ſeiner lieben Eltern ruͤhren/ daß ſie zur Erkaͤntniß der Warheit gebracht wuͤrden. Wie er in dieſem andaͤchtigen Wunſche ſtilleſchweigend ſaß/ gedachte ſein Gemahl/ er truͤge deſſen etwa bedenken/ daher ſie ihn in Perſiſcher Sprache erinnerte/ dieſe gute gelegenheit zu ſeiner Eltern Bekehrung nicht vorbey zulaſſen/ ſondern vielmehr mit beyden Haͤnden zuergreiffen; vielleicht ſchickete es Gott alſo/ daß ſeine Fr. Mutter ſelbſt anlaß darzu geben muͤſte; fuhr nachmahls fort/ und ſagete auff Teutſch zu ihm: Mein allerwerdeſter Schaz/ lieber wegert euch nicht/ unſer Fr. Mutter begehren zu erfuͤllen/ dann ich ſelbſt habe vorlaͤngſt gerne wiſſen wollen/ wie ſichs mit euer Bekehrung zu dem ſeligmachenden Glauben begeben hat. Herkules gab durch ein freundliches Lachen ſeinen guten Willen zuverſtehen/ und fing alſo an: Gnaͤdigſte herzallerliebſte Fr. Mutter; euer muͤtterliches Herz ruffet mir eine ſolche unausſprechliche Freude in mein Gedaͤcht- niß/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/536>, abgerufen am 22.11.2024.