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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
einer ansehnlichen Gesandschafft an ihrer Durchl. Großfürstliche Eltern abgefertiget
bin/ da ich die schelmische Entführung erfahren/ und ihren Herr Bruder Fürst Baldrich
zu gutem Glük in Prag angetroffen habe; Ja zum unfehlbaren Warzeichen liefere Ihrer
Durchl. ich dieses Schreiben gehorsamst ein/ von höchstgedachter Großfürstin an diesel-
be selbst geschrieben/ deren Hand und schön-gezogene Buchstaben derselben nicht werden
unbekant seyn. Sie nam diesen Brief ganz begierig an/ erkennete alsbald die Hand/ und
nach abgelegtem Zweifel sagete sie: O du allerliebstes Brieflein/ wie grosse Angst und Kum-
mer vertreibestu aus meinem Herzen! Aber mein Herr und Freund/ wie sol ichs immer-
mehr erkennen/ daß er über das noch meine Wolfahrt und Rettung ihm so hoch lässet an-
gelegen seyn? stekete hiemit nach des Pitschaffts Besichtigung das Brieflein in ihren
Busem/ und sagete: Nun nun mein Herr und Freund/ ich wil ihm und seinen Worten
gerne trauen/ auch hiemit versprechen/ dafern er mich ungeschimpffet in Gewarsam brin-
gen wird/ sollen ihm solche Freundschafftdienste nach äusserstem Vermögen vergolten
werden. Jedoch wolle mein Herr und Freund mir zuvor sagen/ wer er ist/ damit ich wissen
möge/ mich der gebühr gegen ihn zuverhalten. Durchl. Fräulein/ antwortete er/ ich bin der
Durchl. Großfürstin Fr. Valisken ganz ergebener Knecht/ und werde über meine Wir-
digkeit von ihr geschätzet/ bin sonst ein naher Anverwanter des Medischen Großfürsten
Herrn Phraortes/ dessen einiger Sohn und Erbe/ Fürst Arbianes mit mir aufferzogen
ist/ welcher inwendig Viertel Jahrs mit höchstgedachter Großfürstin/ dieser Länder an-
kommen wird. Als das Fräulein solches hörete/ stund sie auff/ neigete sich gar ehrerbietig
gegen ihn/ hub ihn auch in die Höhe/ weil er noch auff den Knien saß/ und baht sehr/ seine
Liebe ihr durch so demütiges niderknien nicht gar zu grossen Schimpff erweisen möchte/
angesehen er ohn zweifel Großfürstliches Standes seyn müste/ nach dem er eines so mäch-
tigen Großfürsten Anverwanter währe. Und weil nun Eure Liebe/ sagete sie ferner/ mir
Fürstlich versprochen/ meiner Jungfräulichen Zucht und Ehren Schützer zuseyn/ so wil
ich mit gutem Willen mit ihm fort reiten/ unter dem Versprechen/ daß meine liebe Eltern
diese seine hohe Dienste werden zuerkennen wissen. Arbianes verhieß ihr nochmahls äid-
lich/ sie lebendig nicht zuverlassen/ noch einigerley weise ihr ungebühr anzufügen; küssete
ihr den Rockes Saum wider ihren Willen/ stieg auffs Pferd/ und setzete sie vor sich/ weil
ihr eigenes davon gelauffen wahr/ hoffete auch in weniger Zeit sie in gute Sicherheit zu
bringen/ welches ihn doch fehlete/ wie wir vernehmen werden. Im fortreiten erzählete er
ihr/ wie zeit seines anwesens es in der Schlacht ergangen währe/ und daß der Feind schon
die Wankseite genommen/ da er nach dem Dorffe geeilet/ endlich auch/ daß er den jungen
Wendischen Fürsten mit eigener Hand nidergehauen/ und seinen schnöden Leichnam durch
seine Reuter schon fortgeschicket hätte; Worauff sie zur Antwort gab: Es hätte dieser
Fürst zwar viel gutes bey ihr getahn/ und seines leiblichen gottlosen Vaters Gewalt/ doch
mehr aus gefasseter Hoffnung ihrer Heyraht/ als rechtschaffenem Mitleiden von ihr ab-
gewendet; weil er dann mit diesen ihr gar widrigen Gedanken umgangen währe/ sie nach
Dännemark zuführen/ und sie daselbst zu ehlichen; währe ihr lieb/ daß sie forthin seinetwe-
gen unangefochten seyn würde/ ob sie ihm gleich einen solchen Tod nicht gönnete. Sie rit-
ten in diesem Gespräche fort/ und wurden gewahr/ daß seine Reuter von ferne ihnen stark

winke-

Siebendes Buch.
einer anſehnlichen Geſandſchafft an ihrer Durchl. Großfuͤrſtliche Eltern abgefertiget
bin/ da ich die ſchelmiſche Entfuͤhrung erfahren/ und ihren Herr Bruder Fuͤrſt Baldrich
zu gutem Gluͤk in Prag angetroffen habe; Ja zum unfehlbaren Warzeichen liefere Ihrer
Durchl. ich dieſes Schreiben gehorſamſt ein/ von hoͤchſtgedachter Großfuͤrſtin an dieſel-
be ſelbſt geſchrieben/ deren Hand und ſchoͤn-gezogene Buchſtaben derſelben nicht werden
unbekant ſeyn. Sie nam dieſen Brief ganz begierig an/ erkennete alsbald die Hand/ und
nach abgelegtem Zweifel ſagete ſie: O du allerliebſtes Brieflein/ wie groſſe Angſt uñ Kum-
mer vertreibeſtu aus meinem Herzen! Aber mein Herr und Freund/ wie ſol ichs immer-
mehr erkennen/ daß er uͤber das noch meine Wolfahrt und Rettung ihm ſo hoch laͤſſet an-
gelegen ſeyn? ſtekete hiemit nach des Pitſchaffts Beſichtigung das Brieflein in ihren
Buſem/ und ſagete: Nun nun mein Herr und Freund/ ich wil ihm und ſeinen Worten
gerne trauen/ auch hiemit verſprechen/ dafern er mich ungeſchimpffet in Gewarſam brin-
gen wird/ ſollen ihm ſolche Freundſchafftdienſte nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen vergolten
werden. Jedoch wolle mein Herr und Freund mir zuvor ſagen/ wer er iſt/ damit ich wiſſen
moͤge/ mich der gebuͤhr gegen ihn zuverhalten. Durchl. Fraͤulein/ antwortete er/ ich bin der
Durchl. Großfuͤrſtin Fr. Valiſken ganz ergebener Knecht/ und werde uͤber meine Wir-
digkeit von ihr geſchaͤtzet/ bin ſonſt ein naher Anverwanter des Mediſchen Großfuͤrſten
Herrn Phraortes/ deſſen einiger Sohn und Erbe/ Fuͤrſt Arbianes mit mir aufferzogen
iſt/ welcher inwendig Viertel Jahrs mit hoͤchſtgedachter Großfuͤrſtin/ dieſer Laͤnder an-
kommen wird. Als das Fraͤulein ſolches hoͤrete/ ſtund ſie auff/ neigete ſich gar ehrerbietig
gegen ihn/ hub ihn auch in die Hoͤhe/ weil er noch auff den Knien ſaß/ und baht ſehr/ ſeine
Liebe ihr durch ſo demuͤtiges niderknien nicht gar zu groſſen Schimpff erweiſen moͤchte/
angeſehen er ohn zweifel Großfuͤrſtliches Standes ſeyn muͤſte/ nach dem er eines ſo maͤch-
tigen Großfuͤrſten Anverwanter waͤhre. Und weil nun Eure Liebe/ ſagete ſie ferner/ mir
Fuͤrſtlich verſprochen/ meiner Jungfraͤulichen Zucht und Ehren Schuͤtzer zuſeyn/ ſo wil
ich mit gutem Willen mit ihm fort reiten/ unter dem Verſprechen/ daß meine liebe Eltern
dieſe ſeine hohe Dienſte werden zuerkennen wiſſen. Arbianes verhieß ihr nochmahls aͤid-
lich/ ſie lebendig nicht zuverlaſſen/ noch einigerley weiſe ihr ungebühr anzufuͤgen; kuͤſſete
ihr den Rockes Saum wider ihren Willen/ ſtieg auffs Pferd/ und ſetzete ſie vor ſich/ weil
ihr eigenes davon gelauffen wahr/ hoffete auch in weniger Zeit ſie in gute Sicherheit zu
bringen/ welches ihn doch fehlete/ wie wir vernehmen werden. Im fortreiten erzaͤhlete er
ihr/ wie zeit ſeines anweſens es in der Schlacht ergangen waͤhre/ und daß der Feind ſchon
die Wankſeite genommen/ da er nach dem Dorffe geeilet/ endlich auch/ daß er den jungen
Wendiſchen Fuͤrſten mit eigener Hand nidergehauen/ uñ ſeinen ſchnoͤden Leichnam durch
ſeine Reuter ſchon fortgeſchicket haͤtte; Worauff ſie zur Antwort gab: Es haͤtte dieſer
Fuͤrſt zwar viel gutes bey ihr getahn/ und ſeines leiblichen gottloſen Vaters Gewalt/ doch
mehr aus gefaſſeter Hoffnung ihrer Heyraht/ als rechtſchaffenem Mitleiden von ihr ab-
gewendet; weil er dann mit dieſen ihr gar widrigen Gedanken umgangen waͤhre/ ſie nach
Daͤnnemark zufuͤhren/ und ſie daſelbſt zu ehlichen; waͤhre ihr lieb/ daß ſie forthin ſeinetwe-
gen unangefochten ſeyn wuͤrde/ ob ſie ihm gleich einen ſolchen Tod nicht goͤnnete. Sie rit-
ten in dieſem Geſpraͤche fort/ und wurden gewahr/ daß ſeine Reuter von ferne ihnen ſtark

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[502/0508] Siebendes Buch. einer anſehnlichen Geſandſchafft an ihrer Durchl. Großfuͤrſtliche Eltern abgefertiget bin/ da ich die ſchelmiſche Entfuͤhrung erfahren/ und ihren Herr Bruder Fuͤrſt Baldrich zu gutem Gluͤk in Prag angetroffen habe; Ja zum unfehlbaren Warzeichen liefere Ihrer Durchl. ich dieſes Schreiben gehorſamſt ein/ von hoͤchſtgedachter Großfuͤrſtin an dieſel- be ſelbſt geſchrieben/ deren Hand und ſchoͤn-gezogene Buchſtaben derſelben nicht werden unbekant ſeyn. Sie nam dieſen Brief ganz begierig an/ erkennete alsbald die Hand/ und nach abgelegtem Zweifel ſagete ſie: O du allerliebſtes Brieflein/ wie groſſe Angſt uñ Kum- mer vertreibeſtu aus meinem Herzen! Aber mein Herr und Freund/ wie ſol ichs immer- mehr erkennen/ daß er uͤber das noch meine Wolfahrt und Rettung ihm ſo hoch laͤſſet an- gelegen ſeyn? ſtekete hiemit nach des Pitſchaffts Beſichtigung das Brieflein in ihren Buſem/ und ſagete: Nun nun mein Herr und Freund/ ich wil ihm und ſeinen Worten gerne trauen/ auch hiemit verſprechen/ dafern er mich ungeſchimpffet in Gewarſam brin- gen wird/ ſollen ihm ſolche Freundſchafftdienſte nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen vergolten werden. Jedoch wolle mein Herr und Freund mir zuvor ſagen/ wer er iſt/ damit ich wiſſen moͤge/ mich der gebuͤhr gegen ihn zuverhalten. Durchl. Fraͤulein/ antwortete er/ ich bin der Durchl. Großfuͤrſtin Fr. Valiſken ganz ergebener Knecht/ und werde uͤber meine Wir- digkeit von ihr geſchaͤtzet/ bin ſonſt ein naher Anverwanter des Mediſchen Großfuͤrſten Herrn Phraortes/ deſſen einiger Sohn und Erbe/ Fuͤrſt Arbianes mit mir aufferzogen iſt/ welcher inwendig Viertel Jahrs mit hoͤchſtgedachter Großfuͤrſtin/ dieſer Laͤnder an- kommen wird. Als das Fraͤulein ſolches hoͤrete/ ſtund ſie auff/ neigete ſich gar ehrerbietig gegen ihn/ hub ihn auch in die Hoͤhe/ weil er noch auff den Knien ſaß/ und baht ſehr/ ſeine Liebe ihr durch ſo demuͤtiges niderknien nicht gar zu groſſen Schimpff erweiſen moͤchte/ angeſehen er ohn zweifel Großfuͤrſtliches Standes ſeyn muͤſte/ nach dem er eines ſo maͤch- tigen Großfuͤrſten Anverwanter waͤhre. Und weil nun Eure Liebe/ ſagete ſie ferner/ mir Fuͤrſtlich verſprochen/ meiner Jungfraͤulichen Zucht und Ehren Schuͤtzer zuſeyn/ ſo wil ich mit gutem Willen mit ihm fort reiten/ unter dem Verſprechen/ daß meine liebe Eltern dieſe ſeine hohe Dienſte werden zuerkennen wiſſen. Arbianes verhieß ihr nochmahls aͤid- lich/ ſie lebendig nicht zuverlaſſen/ noch einigerley weiſe ihr ungebühr anzufuͤgen; kuͤſſete ihr den Rockes Saum wider ihren Willen/ ſtieg auffs Pferd/ und ſetzete ſie vor ſich/ weil ihr eigenes davon gelauffen wahr/ hoffete auch in weniger Zeit ſie in gute Sicherheit zu bringen/ welches ihn doch fehlete/ wie wir vernehmen werden. Im fortreiten erzaͤhlete er ihr/ wie zeit ſeines anweſens es in der Schlacht ergangen waͤhre/ und daß der Feind ſchon die Wankſeite genommen/ da er nach dem Dorffe geeilet/ endlich auch/ daß er den jungen Wendiſchen Fuͤrſten mit eigener Hand nidergehauen/ uñ ſeinen ſchnoͤden Leichnam durch ſeine Reuter ſchon fortgeſchicket haͤtte; Worauff ſie zur Antwort gab: Es haͤtte dieſer Fuͤrſt zwar viel gutes bey ihr getahn/ und ſeines leiblichen gottloſen Vaters Gewalt/ doch mehr aus gefaſſeter Hoffnung ihrer Heyraht/ als rechtſchaffenem Mitleiden von ihr ab- gewendet; weil er dann mit dieſen ihr gar widrigen Gedanken umgangen waͤhre/ ſie nach Daͤnnemark zufuͤhren/ und ſie daſelbſt zu ehlichen; waͤhre ihr lieb/ daß ſie forthin ſeinetwe- gen unangefochten ſeyn wuͤrde/ ob ſie ihm gleich einen ſolchen Tod nicht goͤnnete. Sie rit- ten in dieſem Geſpraͤche fort/ und wurden gewahr/ daß ſeine Reuter von ferne ihnen ſtark winke-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/508>, abgerufen am 26.06.2024.