Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Sechstes Buch. Geliebete Fr. Schwester/ sagte Lukrezia zu dieser; du kanst anmuhtigere und zierlichere Wolgebohrnes Fräulein/ herzgeliebete und einig-vertrauete. Euer Liebe angenehmes Brief- Der Herr hat seine Sache nicht allein durch sein selbsteigenes Schreiben sehr wol Mich wundert sehr/ mein Fräulein/ daß meine Geister mir ihre grosse Liebe gegen mich/ nicht Nach verlesung fürchtete sich Prokulus/ man würde ihn nicht zu Worten kommen den
Sechſtes Buch. Geliebete Fr. Schweſter/ ſagte Lukrezia zu dieſer; du kanſt anmuhtigere uñ zierlichere Wolgebohrnes Fraͤulein/ herzgeliebete und einig-vertrauete. Euer Liebe angenehmes Brief- Der Herr hat ſeine Sache nicht allein durch ſein ſelbſteigenes Schreiben ſehr wol Mich wundert ſehr/ mein Fraͤulein/ daß meine Geiſter mir ihre groſſe Liebe gegen mich/ nicht Nach verleſung fürchtete ſich Prokulus/ man würde ihn nicht zu Worten kommen den
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Sechſtes Buch.
Geliebete Fr. Schweſter/ ſagte Lukrezia zu dieſer; du kanſt anmuhtigere uñ zierlichere
Liebes Briefe tichten/ als ich/ welches ſie mit einem groſſen Gelaͤchter vorbrachte; dieſe
aber begunte Ernſt daraus zumachen/ und gab zur antwort: Herzen Fr. Schweſter/ du
und ich muͤſſen zuvoꝛ des ſchaͤndlichen verdachts allerdinge enthoben ſein/ ehe du ſchimpfen
wilt. Mein Gewiſſen/ ſagte jene/ hat mich ſchon loßgeſprochen/ und muͤſte mir leid ſein/ daß
meinen Allergnaͤdigſten Kaͤyſer und andere gegenwaͤrtige Fuͤrſten und Herren ich ſo
ſtumpf ſchaͤtzen ſolte/ daß ſie dieſe Auftreiberey und kurtzweiligen Aufzug/ wer ihn auch muß
angelegt haben nicht merken und erkennen ſolten. Niemand antwortete daꝛauf/ wiewol ſie
alle gnug ſehen lieſſen/ daß ſie ihrer meinung waͤhren. Der Kaͤyſer aber fragete Prokulus
ſchon mit gelindern worten/ was die Briefe in ſeiner andern Hand bedeuteten/ und ob ſie
zum weitern Beweißtuhm dienetẽ koͤnte er ſich deren gebrauchen. Ja allergnaͤdigſter Kaͤy-
ſer/ ſagte er/ dieſe Briefe/ ungeachtet dieſe junge Frauen ſich mit gnug hoͤniſchen worten
ſuchen auszuwickeln/ werden der Sache den endlichen außſchlag geben. Das wird nie-
mand lieber ſein/ als eben mir und meiner Fr. Schweſter/ ſagte Lukrezie/ drum ſo laſſet hoͤrẽ/
was ihr noch weiters vor aufgeſchriebene Getichte zur Ergaͤntzung dieſes Affenſpiels mit
euch gebracht habet/ hernach wollen wir mit einem Handklopfen und Freuden Geſchrey
Anzeige tuhn/ wie uns dieſe Handlung gefallen habe. Es wahren aber zwey Antwort-
Schreiben/ welche er auf der beyden Fraͤulein empfangene Briefe hatte auffgeſezt und
vermeintlich uͤbergeſchicket/ deren der erſte nach Jeruſalem alſo lautete:
Wolgebohrnes Fraͤulein/ herzgeliebete und einig-vertrauete. Euer Liebe angenehmes Brief-
lein iſt mir wol eingeliefert/ zweifele nicht/ ſie werde in der gefaſſeten Liebes Gunſt beſtandigſt ver-
harren/ und den alten Teuge-nicht-mehr in den bodemloſen Korb ſetzen/ dem ich/ da ich ihn kennen ſol-
te/ mit wenigem zuſchreiben wolte/ er moͤchte ſich mit weichem Brey ſpeiſen/ weil die Milchzaͤhne ihm
ausgefallen ſeyn. Euren Herr Vat er noch weiters mit Schreiben zuerſuchen/ achte ich vor einen uͤ-
berfluß/ werde inwendig Viertel Jahres Gelegenheit ſuchen/ mich ſelbſt zuſtellen/ und wann Briefe o-
der muͤndliche Anſuchung unſern Vorſaz nicht heben kan/ ihren getahnen Vorſchlag ins werk zurich-
ten beherzt gnug ſeyn. Inzwiſchen lebet wol mein Herz/ und verſichert euch aller Traͤue von eurem
ergebenen S. M. Prokulus/ dem Roͤmer.
Der Herr hat ſeine Sache nicht allein durch ſein ſelbſteigenes Schreiben ſehr wol
behauptet/ ſagte Lukrezie lachend/ ſondern über das ſich ſehr wol verantwortet. Aber was
vor Zaͤhne/ meynet er wol/ ihm mein alter Greiſer und Leiſer nunmehr zuſchreiben werde?
Wind Zaͤhne/ ſagte Sibylla. Es gab ein gemeines Gelaͤchter/ aber der Diener laſe den
andern Brief an Fr. Sibyllen/ wie folget:
Mich wundert ſehr/ mein Fraͤulein/ daß meine Geiſter mir ihre groſſe Liebe gegen mich/ nicht
vor ihrem Antwort Schreiben geoffenbahret haben; verſichere ſie hinwiederumb/ daß die Luſt/ Freude
und Herligkeit/ welche ſie noch zur Zeit nur in der Hoffnung hat/ gar bald in der Taht erfolgen ſolle;
und weil mir an der Nieſſung eurer vortreflichen Schoͤnheit ſonſten nichts/ als der elende Lelianus
hinderlich iſt/ wird ſeine Seele ſchier auf der Spitze meines Rauffdegens tanzẽ muͤſſen; werde gleich-
wol auff Gelegenheit bedacht ſeyn/ ihren Herrn Vater noch einmahl zubegruͤſſen/ und nachdem die
Antwort fallen wird/ mich weiters wiſſen zuverhalten/ deſſen ſie verſichert Ihrer Liebe ganz ergedeneꝛ
und beſtaͤndiger Liebhaber S. M. Prokulus.
Nach verleſung fürchtete ſich Prokulus/ man würde ihn nicht zu Worten kommen
laſſen/ daher er alsbald alſo anfing: Weil ich dann nun/ allergnaͤdigſter Kaͤyſer dieſer bey-
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/420>, abgerufen am 16.07.2024. |