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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
Wollen sich demnach meine Frll. Schwestere ohn verweilen kleiden/ weil es schon hoher
Tag ist/ und wir den heutigen im Garten zubringen/ morgen aber nach der Mördergrube
fahren/ und sie verstören wollen. Die Groß Fürstin kam darzu gangen/ hatte von den Für-
sten alle Begebniß eingenommen/ und wünschete den Fräulein Glük und Segen/ dabey
andeutend/ sie hätte Schneider bestellet/ die von den besten gülden und silbern Stücken ih-
rem Gemahl/ Bruder und beyden Oheimben eine zimliche Anzahl Kleider machen solten/
und wolten sie (das gesamte ihnen zubehörige hohe Frauenzimmer) auf gleiche art mit je-
nen gekleidet seyn/ damit Zeit des Beylagers ihre Brüder- und Schwesterliche Einigkeit
etlicher massen daher gespüret würde. So bald die Fräulein angelegt wahren/ gingen sie
mit einander in den Garten/ da die Fürsten und andere ihrer warteten/ nahmen allerhand
kurzweilige Spiele und Ergezligkeit vor/ wobey die Fräulein von Frau Sophien manni-
chen Stich ihrer Verliebung bekahmen/ und der Stathalter daher an ihrer Verlobung
nicht mehr zweifelte/ welches ihm von herzen angenehm wahr/ auch die Gleichheit der
Kleidung/ die vorgestern und heut sich an ihnen sehen ließ/ zum unfehlbaren Zeichen nam/
und zu den Fräulein sagete: Herzliebe Kinder/ billich seyd ihr bedacht/ diese treffliche
Fürsten gebührlich zuehren/ massen dieselben in Rettung der einen/ sich um alle beyde gnug
verdienet gemacht haben/ und gefället mir insonderheit wol/ daß meine Töchtere ihnen sich
in der Kleidung so ähnlich halten/ daher ich ihrer Gemühter Einigkeit fast urteilen dürff-
te/ wie sie dann billich mit ihren Woltähtern einig sind. Frl. Lukrezie gab zur Antwort:
Gn. Herr Vater/ ich bekenne/ diesen beyden Fürsten/ wegen rettung meiner Wasen mich
mehr verschuldet seyn/ als mit alle meinem vermögen ich nicht werde bezahlen können; bin
deswegen neben ihnen billich darauff bedacht/ wie hierzu ich meine Gutwilligkeit erzeige.
Die gleicheit aber unser Kleidung träget entweder sich ohngefehr zu/ oder meine Frau
Schwester Fr. Sophia wird davor stehen/ welche uns beyden diese Röcke nach ihrem ge-
fallen hat zustellen lassen. Diese wolte alhie eine Kurzweil machen/ und sagete: Je mein Frl.
Schwester/ wer hatte ihnen dann vorgestern die blauen Röcke angelegt? mus ich dann al-
lemahl die Schuld tragen/ wann etwas gutes geschiehet? gewislich dünket mich/ meine
Frll. Schwestere haben mit den beyden Fürsten eine gewisse Kleiderordnung gemacht.
Die schamhafte Sibylla erröhtete hierüber dergestalt/ dz jederman ihrer lachen muste; aber
Lukrezie achtete dessen wenig/ und fing also an: Gewislich Fr. Schwester/ wer sich/ wie un-
sere Schwester Frl. Sibylla/ leicht schrecken liesse/ müste mit ihr kein Gespräch oder Kurz-
weil antreten; weil ich aber ihrer lustigen Schwänke wol gewohnet bin/ und allen Anwe-
senden solche bekand sind/ fürchte ich mich vor keinem Verdacht; jedoch/ wann wir diesen
Fürsten zugefallen etwas tähten/ daß wir einem andern nicht tuhn würden/ unsere Ehr und
Zucht gleichwol verwahret/ solte ein solches uns schimpflich in dieser Geselschaft/ und der
Durchl. Fürsten gegenwart auffgerücket werden/ und zwar von ihr selbst/ als deren es mit
zugefallen geschehen würde? Ey daß wird sich schwer verantworten lassen; und ihr Durch-
leuchtigster Groß Fürst/ sagte sie zu Herkules/ Eure Liebe wähle ich zum Richter/ ob nicht
unsere Fr. Schwester wieder gebühr und Freundschaft gehandelt/ und deswegen mit ei-
ner harten Busse zubelegen sey? So recht so recht/ sagte der Stathalter zu seiner Tochter/
da hastu dereins deinen Meister bekommen/ dann meine liebe Tochter Sibylla ist dir zu

from;

Sechſtes Buch.
Wollen ſich demnach meine Frll. Schweſtere ohn verweilen kleiden/ weil es ſchon hoher
Tag iſt/ und wir den heutigen im Garten zubringen/ morgen aber nach der Moͤrdergrube
fahren/ und ſie verſtoͤren wollen. Die Groß Fuͤrſtin kam darzu gangen/ hatte von den Fuͤr-
ſten alle Begebniß eingenommen/ und wuͤnſchete den Fraͤulein Gluͤk und Segen/ dabey
andeutend/ ſie haͤtte Schneider beſtellet/ die von den beſten guͤlden und ſilbern Stuͤcken ih-
rem Gemahl/ Bruder und beyden Oheimben eine zimliche Anzahl Kleider machen ſoltẽ/
und wolten ſie (das geſamte ihnen zubehoͤrige hohe Frauenzimmer) auf gleiche art mit je-
nen gekleidet ſeyn/ damit Zeit des Beylagers ihre Bruͤder- und Schweſterliche Einigkeit
etlicher maſſen daher geſpuͤret würde. So bald die Fraͤulein angelegt wahren/ gingen ſie
mit einander in den Garten/ da die Fuͤrſten und andere ihrer warteten/ nahmen allerhand
kurzweilige Spiele und Ergezligkeit vor/ wobey die Fraͤulein von Frau Sophien manni-
chen Stich ihrer Verliebung bekahmen/ und der Stathalter daher an ihrer Verlobung
nicht mehr zweifelte/ welches ihm von herzen angenehm wahr/ auch die Gleichheit der
Kleidung/ die vorgeſtern und heut ſich an ihnen ſehen ließ/ zum unfehlbaren Zeichen nam/
und zu den Fraͤulein ſagete: Herzliebe Kinder/ billich ſeyd ihr bedacht/ dieſe treffliche
Fuͤrſten gebuͤhrlich zuehren/ maſſen dieſelben in Rettung der einen/ ſich um alle beyde gnug
verdienet gemacht haben/ und gefaͤllet mir inſonderheit wol/ daß meine Toͤchtere ihnẽ ſich
in der Kleidung ſo aͤhnlich halten/ daher ich ihrer Gemuͤhter Einigkeit faſt urteilen duͤrff-
te/ wie ſie dann billich mit ihren Woltaͤhtern einig ſind. Frl. Lukrezie gab zur Antwort:
Gn. Herr Vater/ ich bekenne/ dieſen beyden Fuͤrſten/ wegen rettung meiner Waſen mich
mehr verſchuldet ſeyn/ als mit alle meinem vermoͤgen ich nicht werde bezahlen koͤnnen; bin
deswegen neben ihnen billich darauff bedacht/ wie hierzu ich meine Gutwilligkeit erzeige.
Die gleicheit aber unſer Kleidung traͤget entweder ſich ohngefehr zu/ oder meine Frau
Schweſter Fr. Sophia wird davor ſtehen/ welche uns beyden dieſe Roͤcke nach ihrem ge-
fallen hat zuſtellen laſſen. Dieſe wolte alhie eine Kurzweil machen/ und ſagete: Je mein Frl.
Schweſter/ wer hatte ihnen dann vorgeſtern die blauen Roͤcke angelegt? mus ich dann al-
lemahl die Schuld tragen/ wann etwas gutes geſchiehet? gewislich duͤnket mich/ meine
Frll. Schweſtere haben mit den beyden Fürſten eine gewiſſe Kleiderordnung gemacht.
Die ſchamhafte Sibylla erroͤhtete hieruͤber dergeſtalt/ dz jederman ihrer lachen muſte; aber
Lukrezie achtete deſſen wenig/ und fing alſo an: Gewislich Fr. Schweſter/ wer ſich/ wie un-
ſere Schweſter Frl. Sibylla/ leicht ſchrecken lieſſe/ muͤſte mit ihr kein Geſpraͤch oder Kurz-
weil antreten; weil ich aber ihrer luſtigen Schwaͤnke wol gewohnet bin/ und allen Anwe-
ſenden ſolche bekand ſind/ fuͤrchte ich mich vor keinem Verdacht; jedoch/ wann wir dieſen
Fürſten zugefallen etwas taͤhten/ daß wir einem andern nicht tuhn würden/ unſere Ehr uñ
Zucht gleichwol verwahret/ ſolte ein ſolches uns ſchimpflich in dieſer Geſelſchaft/ und der
Durchl. Fuͤrſten gegenwart auffgeruͤcket werden/ und zwar von ihr ſelbſt/ als deren es mit
zugefallen geſchehen wuͤrde? Ey daß wird ſich ſchwer verantworten laſſen; uñ ihr Durch-
leuchtigſter Groß Fuͤrſt/ ſagte ſie zu Herkules/ Eure Liebe waͤhle ich zum Richter/ ob nicht
unſere Fr. Schweſter wieder gebuͤhr und Freundſchaft gehandelt/ und deswegen mit ei-
ner harten Buſſe zubelegen ſey? So recht ſo recht/ ſagte der Stathalter zu ſeiner Tochter/
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[350/0356] Sechſtes Buch. Wollen ſich demnach meine Frll. Schweſtere ohn verweilen kleiden/ weil es ſchon hoher Tag iſt/ und wir den heutigen im Garten zubringen/ morgen aber nach der Moͤrdergrube fahren/ und ſie verſtoͤren wollen. Die Groß Fuͤrſtin kam darzu gangen/ hatte von den Fuͤr- ſten alle Begebniß eingenommen/ und wuͤnſchete den Fraͤulein Gluͤk und Segen/ dabey andeutend/ ſie haͤtte Schneider beſtellet/ die von den beſten guͤlden und ſilbern Stuͤcken ih- rem Gemahl/ Bruder und beyden Oheimben eine zimliche Anzahl Kleider machen ſoltẽ/ und wolten ſie (das geſamte ihnen zubehoͤrige hohe Frauenzimmer) auf gleiche art mit je- nen gekleidet ſeyn/ damit Zeit des Beylagers ihre Bruͤder- und Schweſterliche Einigkeit etlicher maſſen daher geſpuͤret würde. So bald die Fraͤulein angelegt wahren/ gingen ſie mit einander in den Garten/ da die Fuͤrſten und andere ihrer warteten/ nahmen allerhand kurzweilige Spiele und Ergezligkeit vor/ wobey die Fraͤulein von Frau Sophien manni- chen Stich ihrer Verliebung bekahmen/ und der Stathalter daher an ihrer Verlobung nicht mehr zweifelte/ welches ihm von herzen angenehm wahr/ auch die Gleichheit der Kleidung/ die vorgeſtern und heut ſich an ihnen ſehen ließ/ zum unfehlbaren Zeichen nam/ und zu den Fraͤulein ſagete: Herzliebe Kinder/ billich ſeyd ihr bedacht/ dieſe treffliche Fuͤrſten gebuͤhrlich zuehren/ maſſen dieſelben in Rettung der einen/ ſich um alle beyde gnug verdienet gemacht haben/ und gefaͤllet mir inſonderheit wol/ daß meine Toͤchtere ihnẽ ſich in der Kleidung ſo aͤhnlich halten/ daher ich ihrer Gemuͤhter Einigkeit faſt urteilen duͤrff- te/ wie ſie dann billich mit ihren Woltaͤhtern einig ſind. Frl. Lukrezie gab zur Antwort: Gn. Herr Vater/ ich bekenne/ dieſen beyden Fuͤrſten/ wegen rettung meiner Waſen mich mehr verſchuldet ſeyn/ als mit alle meinem vermoͤgen ich nicht werde bezahlen koͤnnen; bin deswegen neben ihnen billich darauff bedacht/ wie hierzu ich meine Gutwilligkeit erzeige. Die gleicheit aber unſer Kleidung traͤget entweder ſich ohngefehr zu/ oder meine Frau Schweſter Fr. Sophia wird davor ſtehen/ welche uns beyden dieſe Roͤcke nach ihrem ge- fallen hat zuſtellen laſſen. Dieſe wolte alhie eine Kurzweil machen/ und ſagete: Je mein Frl. Schweſter/ wer hatte ihnen dann vorgeſtern die blauen Roͤcke angelegt? mus ich dann al- lemahl die Schuld tragen/ wann etwas gutes geſchiehet? gewislich duͤnket mich/ meine Frll. Schweſtere haben mit den beyden Fürſten eine gewiſſe Kleiderordnung gemacht. Die ſchamhafte Sibylla erroͤhtete hieruͤber dergeſtalt/ dz jederman ihrer lachen muſte; aber Lukrezie achtete deſſen wenig/ und fing alſo an: Gewislich Fr. Schweſter/ wer ſich/ wie un- ſere Schweſter Frl. Sibylla/ leicht ſchrecken lieſſe/ muͤſte mit ihr kein Geſpraͤch oder Kurz- weil antreten; weil ich aber ihrer luſtigen Schwaͤnke wol gewohnet bin/ und allen Anwe- ſenden ſolche bekand ſind/ fuͤrchte ich mich vor keinem Verdacht; jedoch/ wann wir dieſen Fürſten zugefallen etwas taͤhten/ daß wir einem andern nicht tuhn würden/ unſere Ehr uñ Zucht gleichwol verwahret/ ſolte ein ſolches uns ſchimpflich in dieſer Geſelſchaft/ und der Durchl. Fuͤrſten gegenwart auffgeruͤcket werden/ und zwar von ihr ſelbſt/ als deren es mit zugefallen geſchehen wuͤrde? Ey daß wird ſich ſchwer verantworten laſſen; uñ ihr Durch- leuchtigſter Groß Fuͤrſt/ ſagte ſie zu Herkules/ Eure Liebe waͤhle ich zum Richter/ ob nicht unſere Fr. Schweſter wieder gebuͤhr und Freundſchaft gehandelt/ und deswegen mit ei- ner harten Buſſe zubelegen ſey? So recht ſo recht/ ſagte der Stathalter zu ſeiner Tochter/ da haſtu dereins deinen Meiſter bekommen/ dann meine liebe Tochter Sibylla iſt dir zu from;

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/356>, abgerufen am 22.11.2024.