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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
from; und dafern meine Tochter Lukrezie mich nicht vorbey gangen währe/ solte sie eine
genehme Urtel angehöret haben/ die Groß Fürst Herkules vielleicht so scharff nicht sprechen
wird. Durchaus nicht/ Herr Vater/ sagte Lukrezie/ daß ich denselben solte vorbey gangen
seyn/ sondern weil ich mich befahre/ noch eines Ober Richters zubedürffen/ habe ich mir den-
selben vorbehalten/ und ihm mit meiner Klage nicht verdrieslich seyn wollen/ dafern der
wichtige Streit durch Groß Fürst Herkules könte beygelegt werden. Herr Fabius ver-
wunderte sich ihrer leichtbesinlichen schlauheit/ und sagte zu ihr: Bey glauben/ geliebete
Tochter/ es ist immer schade/ daß sie zum Fräulein/ und nicht zum Sohn gedien ist. Wie
so mein Herr Vater? antwortete sie/ darff ich auch in dieser Sache einen Richter wählen?
Und als er nun seine bewilligung gab/ sagte sie zu Baldrich: Durchl. Fürst/ ich bitte eure
Liebe freundlich/ hierin zu urteilen/ ob ich besser ein Fräulein oder junger Herr bin. Nein
meine Tochter/ antwortete der Stathalter mit einem Gelächter/ ich erwarte dieser Urtel
nicht/ und wil lieber gewonnen geben/ dann dieser Durchl. Fürst dürfte den Ausspruch aus
einem andern Grunde hervor suchen/ daß ichs mit ihm wol müste einig seyn; aber wie we-
nig sich die Warheit bergen lässet/ ist hiedurch schon erwiesen/ und zweiffelt unser keinem/
währe diese Sache dem Durchl. Fürsten nicht in etwas bekant/ oder zum wenigsten der-
selben ungewogen/ meine Tochter würde dessen Liebe nicht so kühnlich zum Richter erkieset
haben. Das gute Fräulein hatte fich verhauen/ wolte sich doch so offentlich nicht schuldig
geben/ sondern antwortete also: Daß diesen Durchl. Fürsten ich zum Richter erwählet/
ist die Ursach/ daß dessen auffrichtiges Herz meine Fr. Schwester Sophia mir diese Tage
so treflich gerühmet hat; und weil ich meiner guten Sache traue/ welche auff diesem grun-
de beruhet/ daß ich weder blosse Schwerter/ noch vergossenes Menschen- Blut sehen mag/
dessen dieser Durchl. Fürst bey der Räuber abstraffung inne worden/ habe dessen Liebe ich
vor andern zum Richteramt ersuchet/ und solches umb so viel mehr/ weil er als ein mir un-
bekanter nicht kan in verdacht gezogen werden/ ob würde er wegen Kund- oder verwand-
schaft/ oder aber aus Unwissenheit eine ungerechte Urtel sprechen. Es sey aber diesem/ wie
ihm wolle/ so habe nicht ich/ sondern dieser unschuldige Fürst sich dessen zubeschweren/ daß
man ihn ohn alle Urfach in Verdacht zihet. Der Stathalter wuste nicht/ was er ihr vor
eine Antwort geben wolte/ trat hin zu ihr/ und nach einem väterlichen Kusse sagete er: Herz-
geliebte Tochter/ der Himmel gebe eurem guten verstande ein gleichmässiges Glük/ dann
werdet ihr über Unfal euch nicht zubeschweren haben. Ach mein hochwerter Herr Vater/
antwortete sie/ ich bitte demühtig/ meine gar zu bäurische Kühnheit mir zuverzeihen/ dem-
nach ich meine fehler willig erkenne/ und damit mein Herr Vater seiner ergebenen Toch-
ter gehorsames Herz desto eigentlicher erfahre/ wolle er mit mir auff ein kurzes absonder-
liches Gespräch einen geringen Abtrit nehmen. Dieses redete sie mit sanfter Stimme/ daß
kein Anwesender es verstehen kunte. Er aber wahr ihr gerne zu willen/ und da sie allein von
den andern abgesondert stunden/ redete sie ihn also an: Mein Herr Vater/ ich gestehe ge-
gen ihn nunmehr gerne/ daß der Durchl. junge Fürst aus Teutschland/ bey mir umb ehe-
liche Liebe sehr inständig angehalten/ und weil die Groß Fürstin es daneben treibet/ die von
meinen lieben Eltern ungemässene Volmacht hat/ mich wirdig zuverheirahten/ weil sie
doch nicht willens sind/ mich einem andern als Christen zuvermählen. Wie? verwundert

sich

Sechſtes Buch.
from; und dafern meine Tochter Lukrezie mich nicht vorbey gangen waͤhre/ ſolte ſie eine
genehme Urtel angehoͤret haben/ die Groß Fürſt Herkules vielleicht ſo ſcharff nicht ſprechẽ
wird. Durchaus nicht/ Herr Vater/ ſagte Lukrezie/ daß ich denſelben ſolte vorbey gangen
ſeyn/ ſondern weil ich mich befahre/ noch eines Ober Richters zubeduͤrffen/ habe ich miꝛ den-
ſelben vorbehalten/ und ihm mit meiner Klage nicht verdrieslich ſeyn wollen/ dafern der
wichtige Streit durch Groß Fuͤrſt Herkules koͤnte beygelegt werden. Herr Fabius ver-
wunderte ſich ihrer leichtbeſinlichen ſchlauheit/ und ſagte zu ihr: Bey glauben/ geliebete
Tochter/ es iſt immer ſchade/ daß ſie zum Fraͤulein/ und nicht zum Sohn gedien iſt. Wie
ſo mein Herr Vater? antwortete ſie/ darff ich auch in dieſer Sache einen Richter waͤhlen?
Und als er nun ſeine bewilligung gab/ ſagte ſie zu Baldrich: Durchl. Fuͤrſt/ ich bitte eure
Liebe freundlich/ hierin zu urteilen/ ob ich beſſer ein Fraͤulein oder junger Herr bin. Nein
meine Tochter/ antwortete der Stathalter mit einem Gelaͤchter/ ich erwarte dieſer Urtel
nicht/ und wil lieber gewonnen geben/ dann dieſer Durchl. Fuͤrſt duͤrfte den Ausſpruch aus
einem andern Grunde hervor ſuchen/ daß ichs mit ihm wol muͤſte einig ſeyn; aber wie we-
nig ſich die Warheit bergen laͤſſet/ iſt hiedurch ſchon erwieſen/ und zweiffelt unſer keinem/
waͤhre dieſe Sache dem Durchl. Fürſten nicht in etwas bekant/ oder zum wenigſten der-
ſelben ungewogen/ meine Tochter wuͤrde deſſen Liebe nicht ſo kühnlich zum Richter erkieſet
haben. Das gute Fraͤulein hatte fich verhauen/ wolte ſich doch ſo offentlich nicht ſchuldig
geben/ ſondern antwortete alſo: Daß dieſen Durchl. Fuͤrſten ich zum Richter erwaͤhlet/
iſt die Urſach/ daß deſſen auffrichtiges Herz meine Fr. Schweſter Sophia mir dieſe Tage
ſo treflich geruͤhmet hat; und weil ich meiner guten Sache traue/ welche auff dieſem grun-
de beruhet/ daß ich weder bloſſe Schwerter/ noch vergoſſenes Menſchen- Blut ſehen mag/
deſſen dieſer Durchl. Fuͤrſt bey der Raͤuber abſtraffung inne worden/ habe deſſen Liebe ich
vor andern zum Richteramt erſuchet/ und ſolches umb ſo viel mehr/ weil er als ein mir un-
bekanter nicht kan in verdacht gezogen werden/ ob würde er wegen Kund- oder verwand-
ſchaft/ oder aber aus Unwiſſenheit eine ungerechte Urtel ſprechen. Es ſey aber dieſem/ wie
ihm wolle/ ſo habe nicht ich/ ſondern dieſer unſchuldige Fuͤrſt ſich deſſen zubeſchweren/ daß
man ihn ohn alle Urfach in Verdacht zihet. Der Stathalter wuſte nicht/ was er ihr vor
eine Antwort geben wolte/ trat hin zu ihr/ und nach einem vaͤterlichen Kuſſe ſagete er: Herz-
geliebte Tochter/ der Himmel gebe eurem guten verſtande ein gleichmaͤſſiges Gluͤk/ dann
werdet ihr uͤber Unfal euch nicht zubeſchweren haben. Ach mein hochwerter Herr Vater/
antwortete ſie/ ich bitte demuͤhtig/ meine gar zu baͤuriſche Kuͤhnheit mir zuverzeihen/ dem-
nach ich meine fehler willig erkenne/ und damit mein Herr Vater ſeiner ergebenen Toch-
ter gehorſames Herz deſto eigentlicher erfahre/ wolle er mit mir auff ein kurzes abſonder-
liches Geſpraͤch einen geringen Abtrit nehmen. Dieſes redete ſie mit ſanfter Stimme/ daß
kein Anweſender es verſtehen kunte. Er aber wahr ihr gerne zu willen/ und da ſie allein von
den andern abgeſondert ſtunden/ redete ſie ihn alſo an: Mein Herr Vater/ ich geſtehe ge-
gen ihn nunmehr gerne/ daß der Durchl. junge Fuͤrſt aus Teutſchland/ bey mir umb ehe-
liche Liebe ſehr inſtaͤndig angehalten/ und weil die Groß Fuͤrſtin es daneben treibet/ die von
meinen lieben Eltern ungemaͤſſene Volmacht hat/ mich wirdig zuverheirahten/ weil ſie
doch nicht willens ſind/ mich einem andern als Chriſten zuvermaͤhlen. Wie? verwundert

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[351/0357] Sechſtes Buch. from; und dafern meine Tochter Lukrezie mich nicht vorbey gangen waͤhre/ ſolte ſie eine genehme Urtel angehoͤret haben/ die Groß Fürſt Herkules vielleicht ſo ſcharff nicht ſprechẽ wird. Durchaus nicht/ Herr Vater/ ſagte Lukrezie/ daß ich denſelben ſolte vorbey gangen ſeyn/ ſondern weil ich mich befahre/ noch eines Ober Richters zubeduͤrffen/ habe ich miꝛ den- ſelben vorbehalten/ und ihm mit meiner Klage nicht verdrieslich ſeyn wollen/ dafern der wichtige Streit durch Groß Fuͤrſt Herkules koͤnte beygelegt werden. Herr Fabius ver- wunderte ſich ihrer leichtbeſinlichen ſchlauheit/ und ſagte zu ihr: Bey glauben/ geliebete Tochter/ es iſt immer ſchade/ daß ſie zum Fraͤulein/ und nicht zum Sohn gedien iſt. Wie ſo mein Herr Vater? antwortete ſie/ darff ich auch in dieſer Sache einen Richter waͤhlen? Und als er nun ſeine bewilligung gab/ ſagte ſie zu Baldrich: Durchl. Fuͤrſt/ ich bitte eure Liebe freundlich/ hierin zu urteilen/ ob ich beſſer ein Fraͤulein oder junger Herr bin. Nein meine Tochter/ antwortete der Stathalter mit einem Gelaͤchter/ ich erwarte dieſer Urtel nicht/ und wil lieber gewonnen geben/ dann dieſer Durchl. Fuͤrſt duͤrfte den Ausſpruch aus einem andern Grunde hervor ſuchen/ daß ichs mit ihm wol muͤſte einig ſeyn; aber wie we- nig ſich die Warheit bergen laͤſſet/ iſt hiedurch ſchon erwieſen/ und zweiffelt unſer keinem/ waͤhre dieſe Sache dem Durchl. Fürſten nicht in etwas bekant/ oder zum wenigſten der- ſelben ungewogen/ meine Tochter wuͤrde deſſen Liebe nicht ſo kühnlich zum Richter erkieſet haben. Das gute Fraͤulein hatte fich verhauen/ wolte ſich doch ſo offentlich nicht ſchuldig geben/ ſondern antwortete alſo: Daß dieſen Durchl. Fuͤrſten ich zum Richter erwaͤhlet/ iſt die Urſach/ daß deſſen auffrichtiges Herz meine Fr. Schweſter Sophia mir dieſe Tage ſo treflich geruͤhmet hat; und weil ich meiner guten Sache traue/ welche auff dieſem grun- de beruhet/ daß ich weder bloſſe Schwerter/ noch vergoſſenes Menſchen- Blut ſehen mag/ deſſen dieſer Durchl. Fuͤrſt bey der Raͤuber abſtraffung inne worden/ habe deſſen Liebe ich vor andern zum Richteramt erſuchet/ und ſolches umb ſo viel mehr/ weil er als ein mir un- bekanter nicht kan in verdacht gezogen werden/ ob würde er wegen Kund- oder verwand- ſchaft/ oder aber aus Unwiſſenheit eine ungerechte Urtel ſprechen. Es ſey aber dieſem/ wie ihm wolle/ ſo habe nicht ich/ ſondern dieſer unſchuldige Fuͤrſt ſich deſſen zubeſchweren/ daß man ihn ohn alle Urfach in Verdacht zihet. Der Stathalter wuſte nicht/ was er ihr vor eine Antwort geben wolte/ trat hin zu ihr/ und nach einem vaͤterlichen Kuſſe ſagete er: Herz- geliebte Tochter/ der Himmel gebe eurem guten verſtande ein gleichmaͤſſiges Gluͤk/ dann werdet ihr uͤber Unfal euch nicht zubeſchweren haben. Ach mein hochwerter Herr Vater/ antwortete ſie/ ich bitte demuͤhtig/ meine gar zu baͤuriſche Kuͤhnheit mir zuverzeihen/ dem- nach ich meine fehler willig erkenne/ und damit mein Herr Vater ſeiner ergebenen Toch- ter gehorſames Herz deſto eigentlicher erfahre/ wolle er mit mir auff ein kurzes abſonder- liches Geſpraͤch einen geringen Abtrit nehmen. Dieſes redete ſie mit ſanfter Stimme/ daß kein Anweſender es verſtehen kunte. Er aber wahr ihr gerne zu willen/ und da ſie allein von den andern abgeſondert ſtunden/ redete ſie ihn alſo an: Mein Herr Vater/ ich geſtehe ge- gen ihn nunmehr gerne/ daß der Durchl. junge Fuͤrſt aus Teutſchland/ bey mir umb ehe- liche Liebe ſehr inſtaͤndig angehalten/ und weil die Groß Fuͤrſtin es daneben treibet/ die von meinen lieben Eltern ungemaͤſſene Volmacht hat/ mich wirdig zuverheirahten/ weil ſie doch nicht willens ſind/ mich einem andern als Chriſten zuvermaͤhlen. Wie? verwundert ſich

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/357>, abgerufen am 15.05.2024.