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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
nicht unterlassen/ den beyden verliebeten Fräulein ihre Buhler noch immerzu angeneh-
mer zumachen/ welche/ weil sie ihr Herz schon allerdinge darzu geneiget hatten/ so viel
desto leichter konten eingenommen werden/ und dauchte ihnen der vorige Tag sehr lang
und unlustig/ weil ihrer Augen bester gegenwurf sich nicht wolte finden lassen/ daß auch
Frl. Lukrezie sich nicht einhalten kunte/ zu Frl. Sibyllen/ wiewol als im Scherze zu sagen:
Herzen Schwesterchen/ mich deucht du fingest heut früh eine Fröligkeit an/ die da scheinet/
sich bald geendet zu haben/ und wann ich meinem fragenden Herzen solte eigentliche Ant-
wort geben/ würde ich gestehen müssen/ daß ich gleiches anliegen habe welches/ wann ichs
recht täuffen sol/ halte ichs vor ein Fieber/ weil mir bald heiß bald kalt ist; nun habe ich sol-
ches gleichwol nicht über Meer mit mir gebracht/ dessen mir mein Gewissen und meine
ganze Geselschaft Zeugnis gibt/ und ich demnach nicht anders schliessen kan/ ich muß die
erste Nacht/ da ich bey dir geschlaffen/ es von dir geerbet haben. Frl. Sibylla lachete der Re-
de/ und gab ihr zur Antwort: Gewißlich mein Schwesterchen/ du beichtest fein heraus mit
deinem Liebes-Fieber/ aber die wahre Ursach dessen triefstu gar nicht. Ey sagte jene/ bistu
dann eine von denen/ welche der Dinge Ursachen zuerkennen wissen/ und daher die glükse-
lige genennet werden/ so laß mich doch deine Gedanken vernehmen/ aber trifstu nicht recht/
werde ich dich über laut außzischen. Ists dann wahr/ antwortete diese/ daß du ein solches
vor so ein grosses Geheimnis hältest? so frage nur in dieser ganzen Geselschaft/ welchen du
wilt/ auch allerdinge die geringesten Auffwarter/ es wird keiner seyn/ der dieses Ziel nicht
leicht treffensolte. Bin ich dann allein so but und unwissend/ sagte jene/ daß ich den Ursprung
meines Fiebers nicht finden kan/ so benim mir doch solchen Unverstand. Was man liebet/
antwortete ihre Freundin/ ob mans gleich nicht sihet/ höret man doch gerne davon reden/
daher werde ich dir kein mißfallen erzeigen/ wann ich vorbringe/ was du selbst besser weissest
als ich; erinnere dich/ wer es wahr/ dem du des Abends deiner Ankunft bey der Mahlzeit
so nahe rücketest/ derselbe hatte das Fieber/ wie es seine veränderung außwieß/ und ist also
gar kein Wunder/ daß du von demselben damit angestecket bist; O Schwester Schwester
sagte Frl. Lukrezie/ wie übel und unschwesterlich hastu dann bey mir gehandelt/ daß du mich
nicht bey zeiten gewarnet hast; dann bey meiner träue/ hätte ich wissen sollen/ daß ich bey ei-
nem Fieberkranken sässe/ würde ich mich balde von ihm hinweg gemacht haben; aber diese
Reue und Klage dürffte nun schier zu späte seyn/ deßwegen biß gebehten/ und gib mir guten
Raht und heilsame Arzney zu dieser Krankheit vertreibung/ weil deiner Meynung nach/
du deren Ursach so wol und eigen erkennest. Verwägen gnug vor ein junges Mädchen/
antwortete die andere; wisse aber/ daß ich keine Liebes-Arztin bin/ habe gleichwol heut früh
ohngefehr aus unserer Frr. Schwesteren Gespräch verstanden/ das dein Fieber deren Art
sey/ welche durch eben dasselbe müssen vertrieben werden/ durch welches sie entstanden sind.
O du Erzverschlagene/ sagte jene/ ich merke schon/ daß deine Arztin dir vor dein Fieber was
geordnet hat/ und wilt mir solches nicht offenbahren; doch wann ich sehen werde/ daß du
diese Arzney einnimst/ wil ichs auch wagen/ aber ohn einen Vorgänger tuhe ichs nicht/ weil
die Arzney gar zu gefährlich ist. Du soltest dich vom Galgen loßschwätzen/ antwortete die-
se; aber daß du wissest/ wie weit du fehlest/ so bezeuge ich dir/ daß ich von keinem Fieber/ noch
von einiger anderen Krankheit getroffen bin. O Schwester/ wiederantwortete jene/ daß

sind

Sechſtes Buch.
nicht unterlaſſen/ den beyden verliebeten Fraͤulein ihre Buhler noch immerzu angeneh-
mer zumachen/ welche/ weil ſie ihr Herz ſchon allerdinge darzu geneiget hatten/ ſo viel
deſto leichter konten eingenommen werden/ und dauchte ihnen der vorige Tag ſehr lang
und unluſtig/ weil ihrer Augen beſter gegenwurf ſich nicht wolte finden laſſen/ daß auch
Frl. Lukrezie ſich nicht einhalten kunte/ zu Frl. Sibyllen/ wiewol als im Scherze zu ſagen:
Herzen Schweſterchen/ mich deucht du fingeſt heut fruͤh eine Froͤligkeit an/ die da ſcheinet/
ſich bald geendet zu haben/ und wann ich meinem fragenden Herzen ſolte eigentliche Ant-
wort geben/ würde ich geſtehen muͤſſen/ daß ich gleiches anliegen habe welches/ wann ichs
recht taͤuffen ſol/ halte ichs vor ein Fieber/ weil mir bald heiß bald kalt iſt; nun habe ich ſol-
ches gleichwol nicht uͤber Meer mit mir gebracht/ deſſen mir mein Gewiſſen und meine
ganze Geſelſchaft Zeugnis gibt/ und ich demnach nicht anders ſchlieſſen kan/ ich muß die
erſte Nacht/ da ich bey dir geſchlaffen/ es von dir geerbet haben. Frl. Sibylla lachete der Re-
de/ und gab ihr zur Antwort: Gewißlich mein Schweſterchen/ du beichteſt fein heraus mit
deinem Liebes-Fieber/ aber die wahre Urſach deſſen triefſtu gar nicht. Ey ſagte jene/ biſtu
dann eine von denen/ welche der Dinge Urſachen zuerkennen wiſſen/ und daher die gluͤkſe-
lige genennet werden/ ſo laß mich doch deine Gedanken vernehmen/ aber trifſtu nicht recht/
werde ich dich uͤber laut außziſchen. Iſts dann wahr/ antwortete dieſe/ daß du ein ſolches
vor ſo ein groſſes Geheimnis haͤlteſt? ſo frage nur in dieſer ganzen Geſelſchaft/ welchen du
wilt/ auch allerdinge die geringeſten Auffwarter/ es wird keiner ſeyn/ der dieſes Ziel nicht
leicht treffenſolte. Bin ich dañ allein ſo but uñ unwiſſend/ ſagte jene/ daß ich den Urſprung
meines Fiebers nicht finden kan/ ſo benim mir doch ſolchen Unverſtand. Was man liebet/
antwortete ihre Freundin/ ob mans gleich nicht ſihet/ hoͤret man doch gerne davon reden/
daher werde ich dir kein mißfallen erzeigen/ wann ich vorbringe/ was du ſelbſt beſſer weiſſeſt
als ich; erinnere dich/ wer es wahr/ dem du des Abends deiner Ankunft bey der Mahlzeit
ſo nahe ruͤcketeſt/ derſelbe hatte das Fieber/ wie es ſeine veraͤnderung außwieß/ und iſt alſo
gar kein Wunder/ daß du von demſelben damit angeſtecket biſt; O Schweſter Schweſter
ſagte Frl. Lukrezie/ wie uͤbel und unſchweſterlich haſtu dann bey miꝛ gehandelt/ daß du mich
nicht bey zeiten gewarnet haſt; dann bey meiner traͤue/ haͤtte ich wiſſen ſollen/ daß ich bey ei-
nem Fieberkranken ſaͤſſe/ wuͤrde ich mich balde von ihm hinweg gemacht haben; aber dieſe
Reue und Klage duͤrffte nun ſchier zu ſpaͤte ſeyn/ deßwegen biß gebehten/ und gib mir guten
Raht und heilſame Arzney zu dieſer Krankheit vertreibung/ weil deiner Meynung nach/
du deren Urſach ſo wol und eigen erkenneſt. Verwaͤgen gnug vor ein junges Maͤdchen/
antwortete die andere; wiſſe aber/ daß ich keine Liebes-Arztin bin/ habe gleichwol heut fruͤh
ohngefehr aus unſerer Frr. Schweſteren Geſpraͤch verſtanden/ das dein Fieber deren Art
ſey/ welche durch eben daſſelbe müſſen vertrieben werden/ durch welches ſie entſtandẽ ſind.
O du Erzverſchlagene/ ſagte jene/ ich merke ſchon/ daß deine Arztin dir vor dein Fieber was
geordnet hat/ und wilt mir ſolches nicht offenbahren; doch wann ich ſehen werde/ daß du
dieſe Arzney einnimſt/ wil ichs auch wagen/ aber ohn einen Vorgaͤnger tuhe ichs nicht/ weil
die Arzney gar zu gefaͤhrlich iſt. Du ſolteſt dich vom Galgen loßſchwaͤtzen/ antwortete die-
ſe; aber daß du wiſſeſt/ wie weit du fehleſt/ ſo bezeuge ich diꝛ/ daß ich von keinem Fieber/ noch
von einiger anderen Krankheit getroffen bin. O Schweſter/ wiederantwortete jene/ daß

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[343/0349] Sechſtes Buch. nicht unterlaſſen/ den beyden verliebeten Fraͤulein ihre Buhler noch immerzu angeneh- mer zumachen/ welche/ weil ſie ihr Herz ſchon allerdinge darzu geneiget hatten/ ſo viel deſto leichter konten eingenommen werden/ und dauchte ihnen der vorige Tag ſehr lang und unluſtig/ weil ihrer Augen beſter gegenwurf ſich nicht wolte finden laſſen/ daß auch Frl. Lukrezie ſich nicht einhalten kunte/ zu Frl. Sibyllen/ wiewol als im Scherze zu ſagen: Herzen Schweſterchen/ mich deucht du fingeſt heut fruͤh eine Froͤligkeit an/ die da ſcheinet/ ſich bald geendet zu haben/ und wann ich meinem fragenden Herzen ſolte eigentliche Ant- wort geben/ würde ich geſtehen muͤſſen/ daß ich gleiches anliegen habe welches/ wann ichs recht taͤuffen ſol/ halte ichs vor ein Fieber/ weil mir bald heiß bald kalt iſt; nun habe ich ſol- ches gleichwol nicht uͤber Meer mit mir gebracht/ deſſen mir mein Gewiſſen und meine ganze Geſelſchaft Zeugnis gibt/ und ich demnach nicht anders ſchlieſſen kan/ ich muß die erſte Nacht/ da ich bey dir geſchlaffen/ es von dir geerbet haben. Frl. Sibylla lachete der Re- de/ und gab ihr zur Antwort: Gewißlich mein Schweſterchen/ du beichteſt fein heraus mit deinem Liebes-Fieber/ aber die wahre Urſach deſſen triefſtu gar nicht. Ey ſagte jene/ biſtu dann eine von denen/ welche der Dinge Urſachen zuerkennen wiſſen/ und daher die gluͤkſe- lige genennet werden/ ſo laß mich doch deine Gedanken vernehmen/ aber trifſtu nicht recht/ werde ich dich uͤber laut außziſchen. Iſts dann wahr/ antwortete dieſe/ daß du ein ſolches vor ſo ein groſſes Geheimnis haͤlteſt? ſo frage nur in dieſer ganzen Geſelſchaft/ welchen du wilt/ auch allerdinge die geringeſten Auffwarter/ es wird keiner ſeyn/ der dieſes Ziel nicht leicht treffenſolte. Bin ich dañ allein ſo but uñ unwiſſend/ ſagte jene/ daß ich den Urſprung meines Fiebers nicht finden kan/ ſo benim mir doch ſolchen Unverſtand. Was man liebet/ antwortete ihre Freundin/ ob mans gleich nicht ſihet/ hoͤret man doch gerne davon reden/ daher werde ich dir kein mißfallen erzeigen/ wann ich vorbringe/ was du ſelbſt beſſer weiſſeſt als ich; erinnere dich/ wer es wahr/ dem du des Abends deiner Ankunft bey der Mahlzeit ſo nahe ruͤcketeſt/ derſelbe hatte das Fieber/ wie es ſeine veraͤnderung außwieß/ und iſt alſo gar kein Wunder/ daß du von demſelben damit angeſtecket biſt; O Schweſter Schweſter ſagte Frl. Lukrezie/ wie uͤbel und unſchweſterlich haſtu dann bey miꝛ gehandelt/ daß du mich nicht bey zeiten gewarnet haſt; dann bey meiner traͤue/ haͤtte ich wiſſen ſollen/ daß ich bey ei- nem Fieberkranken ſaͤſſe/ wuͤrde ich mich balde von ihm hinweg gemacht haben; aber dieſe Reue und Klage duͤrffte nun ſchier zu ſpaͤte ſeyn/ deßwegen biß gebehten/ und gib mir guten Raht und heilſame Arzney zu dieſer Krankheit vertreibung/ weil deiner Meynung nach/ du deren Urſach ſo wol und eigen erkenneſt. Verwaͤgen gnug vor ein junges Maͤdchen/ antwortete die andere; wiſſe aber/ daß ich keine Liebes-Arztin bin/ habe gleichwol heut fruͤh ohngefehr aus unſerer Frr. Schweſteren Geſpraͤch verſtanden/ das dein Fieber deren Art ſey/ welche durch eben daſſelbe müſſen vertrieben werden/ durch welches ſie entſtandẽ ſind. O du Erzverſchlagene/ ſagte jene/ ich merke ſchon/ daß deine Arztin dir vor dein Fieber was geordnet hat/ und wilt mir ſolches nicht offenbahren; doch wann ich ſehen werde/ daß du dieſe Arzney einnimſt/ wil ichs auch wagen/ aber ohn einen Vorgaͤnger tuhe ichs nicht/ weil die Arzney gar zu gefaͤhrlich iſt. Du ſolteſt dich vom Galgen loßſchwaͤtzen/ antwortete die- ſe; aber daß du wiſſeſt/ wie weit du fehleſt/ ſo bezeuge ich diꝛ/ daß ich von keinem Fieber/ noch von einiger anderen Krankheit getroffen bin. O Schweſter/ wiederantwortete jene/ daß ſind

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/349>, abgerufen am 12.05.2024.