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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
früh getahnen Verheissung gnädig eingedenke seyn/ und ihm seinen Wunsch erhalten wol-
te/ würde sie ihn sich dergestalt verbunden machen/ daß zeit seines Lebens er sich vor ihren
verschuldeten halten und erkennen müste; dafern aber diese seine Bitte nicht stat haben kön-
te/ würde die Unerträgligkeit ihm die lezte Urtel bald sprechen/ deren zuunterwerffen er sich
schon gefasset hielte. Wie meynet Eure Liebe/ antwortete Fr. Sophia/ daß meine Fräulein
Schwester zu solcher Undankbarkeit angewiesen ist/ daß sie dessen Verderben suchen solte/
der ihre Ehr und Leben von dem schändlichen Verderben/ mit Darstreckung seines Kö-
niglichen Blutes errettet hat? Eure Liebe wollen sie des Verdachts freundwillig erlassen/
und von mir die Versicherung nehmen/ daß ihre Vernunfft dessen viel anders unterwie-
sen ist. Zwar ihre Zucht und Scham ist mir wol bekant/ und muß sie billich in dieser Sa-
che bedachtsam fahren/ damit Eure Liebe nicht schier heut oder morgen selbst daher Ursach
nehme/ ihre gebührliche Zucht in Argwohn zuzihen. Wolle demnach dieselbe sich ein wenig
gedulden/ biß ich Gelegenheit habe/ meiner Frl. Schwester Eltern es zuhinterbringen/
welches keinen Tag sol auffgezogen werden/ da dann Eure Liebe an billicher Dankbarkeit
nicht zweifeln sol. Siegward ging hierauf in sich/ und befand/ daß seine Anwerbung viel
zu hefftig getrieben wahr/ bedankete sich anfangs gegen Fr. Sophien/ und sagete nachge-
hends zu dem Fräulein: Verzeihet mir/ Hochgebohrnes Fräulein/ daß meine Kühnheit
durch gar zu hefftige Liebesregungen sich hat aufftreiben lassen/ die lohbrennenden Flam-
men meiner Begierden ohn Zumengung einiger Höfligkeit heraus zustossen; ich bekenne
meinen gar zu groben Fehler/ und wil mich äusserst bemühen/ denfelben zuersetzen/ dafern
nur bey euer Vortrefligkeit ich des ergangenen Vergebung erhalten kan. Sie antwortete
ihm mit holdseliger Stimme: Durchl. Fürst/ ich vernehme ganz gerne/ daß Eure Liebe sich
in ihrer Ansträngung mässigen wollen/ denen zubegegnen ich mich unbestand befinde/ wil
demnach hernähst mit Euer Liebe desto kühner reden/ und stets nachfinnen/ wie vor besche-
hene Rettung mit deren guten Vergnügung ich mich dankbarlich einstellen könne. Aber/
sagte sie zu Fr. Sophien/ warumb bleibet sie nicht bey ihrem liebsten Gemahl/ und lässet
denselben allein schlaffen? Ich danke Gott von herzen/ gab sie zur Antwort/ daß ich ihn wie-
der habe/ werde mich auch nach Trennung diefer Geselschaft bald hey ihm finden; wie dann
solches nicht lange anstund/ weil der Stathalter aufbrach/ und die Gäste alle folgeten/ die
beyden Fürsten auch auff ein schönes Schlaf Gemach geführet wurden/ und die beyden
Fräulein allernäheft bey Herkules Zimmer ihre Kammer hatten. Die beyden Fürsten/ so
bald sie allein wahren/ offenbahreten einander ihre Liebe/ und trösteten sich/ daß vermittels
Frr. Valisken und Sophien sie ihren Zweg noch wol erreichen könten. Es hatte aber Frl.
Lukrezie Siegwarden gute Zuneigung zu Frl. Sibyllen fleissig angemerket/ kunte daher
nicht unterlassen/ sie nach ihrer Entkleidung damit zustechen/ und fing an: Herzgeliebtes
Schwesterchen/ was schenkete mir Fürst Siegward drumb/ wann ich ihm hinte meine
Schlaffstelle überliesse? Sibylla bezahlete sie baar mit dieser Antwort: Hierzu würde
dich/ geliebte Schwester/ nichts bewägen/ als daß du mit ihm einen angenehmen Tausch
halten möchtest; aber gib dich zufrieden/ ich wil Fürst Baldrichen deine gute Gunst und
Gewogenheit mit ehestem zuerkennen geben/ und deinen schrifftlichen Aufzug mit Silvan
zuvergelten wissen/ welcher mir zwar überaus grossen Schrecken verursachete/ aber gegen

den

Sechſtes Buch.
fruͤh getahnen Verheiſſung gnaͤdig eingedenke ſeyn/ und ihm ſeinen Wunſch erhalten wol-
te/ wuͤrde ſie ihn ſich dergeſtalt verbunden machen/ daß zeit ſeines Lebens er ſich vor ihren
verſchuldeten halten und erkennen muͤſte; dafern aber dieſe ſeine Bitte nicht ſtat haben koͤn-
te/ würde die Unertraͤgligkeit ihm die lezte Urtel bald ſprechen/ deren zuunterwerffen er ſich
ſchon gefaſſet hielte. Wie meynet Eure Liebe/ antwortete Fr. Sophia/ daß meine Fraͤulein
Schweſter zu ſolcher Undankbarkeit angewieſen iſt/ daß ſie deſſen Verderben ſuchen ſolte/
der ihre Ehr und Leben von dem ſchaͤndlichen Verderben/ mit Darſtreckung ſeines Koͤ-
niglichen Blutes errettet hat? Eure Liebe wollen ſie des Verdachts freundwillig erlaſſen/
und von mir die Verſicherung nehmen/ daß ihre Vernunfft deſſen viel anders unterwie-
ſen iſt. Zwar ihre Zucht und Scham iſt mir wol bekant/ und muß ſie billich in dieſer Sa-
che bedachtſam fahren/ damit Eure Liebe nicht ſchier heut oder morgen ſelbſt daher Urſach
nehme/ ihre gebuͤhrliche Zucht in Argwohn zuzihen. Wolle demnach dieſelbe ſich ein wenig
gedulden/ biß ich Gelegenheit habe/ meiner Frl. Schweſter Eltern es zuhinterbringen/
welches keinen Tag ſol auffgezogen werden/ da dann Eure Liebe an billicher Dankbarkeit
nicht zweifeln ſol. Siegward ging hierauf in ſich/ und befand/ daß ſeine Anwerbung viel
zu hefftig getrieben wahr/ bedankete ſich anfangs gegen Fr. Sophien/ und ſagete nachge-
hends zu dem Fraͤulein: Verzeihet mir/ Hochgebohrnes Fraͤulein/ daß meine Kuͤhnheit
durch gar zu hefftige Liebesregungen ſich hat aufftreiben laſſen/ die lohbrennenden Flam-
men meiner Begierden ohn Zumengung einiger Hoͤfligkeit heraus zuſtoſſen; ich bekenne
meinen gar zu groben Fehler/ und wil mich aͤuſſerſt bemuͤhen/ denfelben zuerſetzen/ dafern
nur bey euer Vortrefligkeit ich des ergangenen Vergebung erhalten kan. Sie antwortete
ihm mit holdſeliger Stimme: Durchl. Fürſt/ ich vernehme ganz gerne/ daß Eure Liebe ſich
in ihrer Anſtraͤngung maͤſſigen wollen/ denen zubegegnen ich mich unbeſtand befinde/ wil
demnach hernaͤhſt mit Euer Liebe deſto kuͤhner reden/ und ſtets nachfinnen/ wie vor beſche-
hene Rettung mit deren guten Vergnuͤgung ich mich dankbarlich einſtellen koͤnne. Aber/
ſagte ſie zu Fr. Sophien/ warumb bleibet ſie nicht bey ihrem liebſten Gemahl/ und laͤſſet
denſelben allein ſchlaffen? Ich danke Gott von herzen/ gab ſie zuꝛ Antwort/ daß ich ihn wie-
der habe/ werde mich auch nach Trennung diefer Geſelſchaft bald hey ihm finden; wie dañ
ſolches nicht lange anſtund/ weil der Stathalter aufbrach/ und die Gaͤſte alle folgeten/ die
beyden Fuͤrſten auch auff ein ſchoͤnes Schlaf Gemach gefuͤhret wurden/ und die beyden
Fraͤulein allernaͤheft bey Herkules Zimmer ihre Kammer hatten. Die beyden Fuͤrſten/ ſo
bald ſie allein wahren/ offenbahreten einander ihre Liebe/ und troͤſteten ſich/ daß vermittels
Frr. Valiſken und Sophien ſie ihren Zweg noch wol erreichen koͤnten. Es hatte aber Frl.
Lukrezie Siegwarden gute Zuneigung zu Frl. Sibyllen fleiſſig angemerket/ kunte daher
nicht unterlaſſen/ ſie nach ihrer Entkleidung damit zuſtechen/ und fing an: Herzgeliebtes
Schweſterchen/ was ſchenkete mir Fuͤrſt Siegward drumb/ wann ich ihm hinte meine
Schlaffſtelle uͤberlieſſe? Sibylla bezahlete ſie baar mit dieſer Antwort: Hierzu wuͤrde
dich/ geliebte Schweſter/ nichts bewaͤgen/ als daß du mit ihm einen angenehmen Tauſch
halten moͤchteſt; aber gib dich zufrieden/ ich wil Fuͤrſt Baldrichen deine gute Gunſt und
Gewogenheit mit eheſtem zuerkennen geben/ und deinen ſchrifftlichen Aufzug mit Silvan
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[292/0298] Sechſtes Buch. fruͤh getahnen Verheiſſung gnaͤdig eingedenke ſeyn/ und ihm ſeinen Wunſch erhalten wol- te/ wuͤrde ſie ihn ſich dergeſtalt verbunden machen/ daß zeit ſeines Lebens er ſich vor ihren verſchuldeten halten und erkennen muͤſte; dafern aber dieſe ſeine Bitte nicht ſtat haben koͤn- te/ würde die Unertraͤgligkeit ihm die lezte Urtel bald ſprechen/ deren zuunterwerffen er ſich ſchon gefaſſet hielte. Wie meynet Eure Liebe/ antwortete Fr. Sophia/ daß meine Fraͤulein Schweſter zu ſolcher Undankbarkeit angewieſen iſt/ daß ſie deſſen Verderben ſuchen ſolte/ der ihre Ehr und Leben von dem ſchaͤndlichen Verderben/ mit Darſtreckung ſeines Koͤ- niglichen Blutes errettet hat? Eure Liebe wollen ſie des Verdachts freundwillig erlaſſen/ und von mir die Verſicherung nehmen/ daß ihre Vernunfft deſſen viel anders unterwie- ſen iſt. Zwar ihre Zucht und Scham iſt mir wol bekant/ und muß ſie billich in dieſer Sa- che bedachtſam fahren/ damit Eure Liebe nicht ſchier heut oder morgen ſelbſt daher Urſach nehme/ ihre gebuͤhrliche Zucht in Argwohn zuzihen. Wolle demnach dieſelbe ſich ein wenig gedulden/ biß ich Gelegenheit habe/ meiner Frl. Schweſter Eltern es zuhinterbringen/ welches keinen Tag ſol auffgezogen werden/ da dann Eure Liebe an billicher Dankbarkeit nicht zweifeln ſol. Siegward ging hierauf in ſich/ und befand/ daß ſeine Anwerbung viel zu hefftig getrieben wahr/ bedankete ſich anfangs gegen Fr. Sophien/ und ſagete nachge- hends zu dem Fraͤulein: Verzeihet mir/ Hochgebohrnes Fraͤulein/ daß meine Kuͤhnheit durch gar zu hefftige Liebesregungen ſich hat aufftreiben laſſen/ die lohbrennenden Flam- men meiner Begierden ohn Zumengung einiger Hoͤfligkeit heraus zuſtoſſen; ich bekenne meinen gar zu groben Fehler/ und wil mich aͤuſſerſt bemuͤhen/ denfelben zuerſetzen/ dafern nur bey euer Vortrefligkeit ich des ergangenen Vergebung erhalten kan. Sie antwortete ihm mit holdſeliger Stimme: Durchl. Fürſt/ ich vernehme ganz gerne/ daß Eure Liebe ſich in ihrer Anſtraͤngung maͤſſigen wollen/ denen zubegegnen ich mich unbeſtand befinde/ wil demnach hernaͤhſt mit Euer Liebe deſto kuͤhner reden/ und ſtets nachfinnen/ wie vor beſche- hene Rettung mit deren guten Vergnuͤgung ich mich dankbarlich einſtellen koͤnne. Aber/ ſagte ſie zu Fr. Sophien/ warumb bleibet ſie nicht bey ihrem liebſten Gemahl/ und laͤſſet denſelben allein ſchlaffen? Ich danke Gott von herzen/ gab ſie zuꝛ Antwort/ daß ich ihn wie- der habe/ werde mich auch nach Trennung diefer Geſelſchaft bald hey ihm finden; wie dañ ſolches nicht lange anſtund/ weil der Stathalter aufbrach/ und die Gaͤſte alle folgeten/ die beyden Fuͤrſten auch auff ein ſchoͤnes Schlaf Gemach gefuͤhret wurden/ und die beyden Fraͤulein allernaͤheft bey Herkules Zimmer ihre Kammer hatten. Die beyden Fuͤrſten/ ſo bald ſie allein wahren/ offenbahreten einander ihre Liebe/ und troͤſteten ſich/ daß vermittels Frr. Valiſken und Sophien ſie ihren Zweg noch wol erreichen koͤnten. Es hatte aber Frl. Lukrezie Siegwarden gute Zuneigung zu Frl. Sibyllen fleiſſig angemerket/ kunte daher nicht unterlaſſen/ ſie nach ihrer Entkleidung damit zuſtechen/ und fing an: Herzgeliebtes Schweſterchen/ was ſchenkete mir Fuͤrſt Siegward drumb/ wann ich ihm hinte meine Schlaffſtelle uͤberlieſſe? Sibylla bezahlete ſie baar mit dieſer Antwort: Hierzu wuͤrde dich/ geliebte Schweſter/ nichts bewaͤgen/ als daß du mit ihm einen angenehmen Tauſch halten moͤchteſt; aber gib dich zufrieden/ ich wil Fuͤrſt Baldrichen deine gute Gunſt und Gewogenheit mit eheſtem zuerkennen geben/ und deinen ſchrifftlichen Aufzug mit Silvan zuvergelten wiſſen/ welcher mir zwar uͤberaus groſſen Schrecken verurſachete/ aber gegen den

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/298>, abgerufen am 22.11.2024.