Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch.
Obrigkeit ihre Kinder hinweg zuführen/ da doch in dieser Landschafft Leute wohneten/ wel-
che dem Römischen Reiche als eigene Glieder einverleibet währen. Daß vor diesem
im Judischen Lande die Räuberhöhlen dergestalt zugenommen/ daß fast das ganze Land
hin und wieder währe untergraben/ und vol unzähliger Räuberhöhlen gewesen/ währe so
hoch nicht zuverwundern/ weil die Juden/ der Römer grösseste Feinde/ solches also getrie-
ben hätten/ denen gleichwol nunmehr ziemlich gesteuret währe; aber in Italien solchen
Muhtwillen zudulden/ dürffte fast ein Zeichen seyn/ daß die Obrigkeit ihr Amt nachlässig
verwaltete. Ich weiß selbst nicht/ sagte die Groß Fürstin/ wohin ichs deuten sol/ halte wol
davor/ wann den Räubern etwas eiferiger nachgetrachtet/ und ihre Schlupflöcher fleissig
gesucht würden/ solte man ihnen das Handwerk bald legen; Aber es finden sich unter den
Inwohnern in Dörffern und Flecken offt so gottlose Leute/ die solche Räuber hausen und
hägen/ ja ihnen wol Anleitung geben/ weil sie Nahrung von ihnen haben/ und der Beute
offt am meisten genissen. Da währe nun hochnöhtig/ daß wann solche ertappet würden/
man sie gleich so hart als die Räuber selbst bestraffete/ was gilts/ wo nicht hundert sich an
einem spiegeln solten/ und sich scheuhen/ mit solchen Buben Gemeinschafft zuhaben. Das
ist meines Herrn Vaters Gebrauch/ antwortete das Fräulein; der pfleget allemahl nach
diesem Spruche zuurteilen/ daß weil Hehler und Stehler gleiche gut seyn/ müssen sie nicht
allein in einer Geselschafft geniessen/ sondern auch leiden/ und hats in kurzer Zeit dahin ge-
bracht/ daß mehr Räuber von des Landes Inwohnern angegeben/ als durch scharffe Nach-
forschung betroffen werden. Als die Groß Fürstin dieses so bald nicht beantwortete/ baht
Fr. Euphrosyne umb gn. Vergebung/ und sagte: Wolte dann Gott/ gnädiges Fräulein/
daß Euer Gn. Herr Vater nur ein Jahr Römischer Stathalter in Griechenland seyn/
und solchen Ernst wider die Räuber und Mörder gebrauchen möchte/ dann solte dem un-
menschlichen Wesen/ welches leider daselbst eingerissen ist/ endlich noch abgeholffen werden.
Ich habe etwas davon gehöret/ sagte die Groß Fürstin/ und daß der freye Adel viel Unbil-
ligkeit begehen sol. Ja gnädigste Groß Fürstin/ anrwortete sie/ weil Griechenland von den
Römern ihre eigene Herschafft und uhralten Freyheiten und Gebräuche erhalten/ wil der
Adel/ welcher im Lande fast alles allein ist/ ihre Freyheit auch wider die Gesetze der Ver-
nunfft ungestöret wissen; daher/ wann einer ihres Mittels durch übermässiges Wolleben
das seine vertahn hat/ klopffet er auff den Pusch/ und fuchet durch Beraubung der Kauff-
leute sich wieder zubereichen; Ob auch von ihnen eine und andere Mordtaht begangen wird/
solches wollen sie durchaus nicht am Leben gestrafft haben/ sondern erlegen ein geringes
Geld/ damit sol das unschuldige Blut bezahlet seyn. Die Groß Fürstin antwortete: Sol-
che Aedelleute solte man umb ihrer Untaht willen wieder in den niedrigsten Stand herun-
ter stossen/ gleich wie ihre Vorältern umb ihrer Tugend willen in den Adelstand erhoben
sind; dann solte es erst dahin kommen/ daß ein ädelman ihm grössere freiheit/ böses zutuhn/
nehmen wolte/ als ein Unädler/ dürffte in kurzem das gemeine Wesen noht leiden. Von
adelichen Eltern gebohren seyn/ ist ein grosses Glük/ aber es machet solches niemand weiter
ädel/ als nur nach dem Nahmen; die Tugend aber/ die er hernach selber hinzu tuht/ giebt
ihm die wahre adeliche Hocheit/ ohn welche das blosse Herkommen in meinen Augen kein
Härlein mehr gilt/ als ein Esel/ den man in eine Pferdehaut nähet. Libussa sahe stets nach

der

Sechſtes Buch.
Obrigkeit ihre Kinder hinweg zufuͤhren/ da doch in dieſer Landſchafft Leute wohneten/ wel-
che dem Roͤmiſchen Reiche als eigene Glieder einverleibet waͤhren. Daß vor dieſem
im Judiſchen Lande die Raͤuberhoͤhlen dergeſtalt zugenommen/ daß faſt das ganze Land
hin und wieder waͤhre untergraben/ und vol unzaͤhliger Raͤuberhoͤhlen geweſen/ waͤhre ſo
hoch nicht zuverwundern/ weil die Juden/ der Roͤmer groͤſſeſte Feinde/ ſolches alſo getrie-
ben haͤtten/ denen gleichwol nunmehr ziemlich geſteuret waͤhre; aber in Italien ſolchen
Muhtwillen zudulden/ duͤrffte faſt ein Zeichen ſeyn/ daß die Obrigkeit ihr Amt nachlaͤſſig
verwaltete. Ich weiß ſelbſt nicht/ ſagte die Groß Fuͤrſtin/ wohin ichs deuten ſol/ halte wol
davor/ wann den Raͤubern etwas eiferiger nachgetrachtet/ und ihre Schlupfloͤcher fleiſſig
geſucht wuͤrden/ ſolte man ihnen das Handwerk bald legen; Aber es finden ſich unter den
Inwohnern in Doͤrffern und Flecken offt ſo gottloſe Leute/ die ſolche Raͤuber hauſen und
haͤgen/ ja ihnen wol Anleitung geben/ weil ſie Nahrung von ihnen haben/ und der Beute
offt am meiſten geniſſen. Da waͤhre nun hochnoͤhtig/ daß wann ſolche ertappet wuͤrden/
man ſie gleich ſo hart als die Raͤuber ſelbſt beſtraffete/ was gilts/ wo nicht hundert ſich an
einem ſpiegeln ſolten/ und ſich ſcheuhen/ mit ſolchen Buben Gemeinſchafft zuhaben. Das
iſt meines Herrn Vaters Gebrauch/ antwortete das Fraͤulein; der pfleget allemahl nach
dieſem Spruche zuurteilen/ daß weil Hehler und Stehler gleiche gut ſeyn/ muͤſſen ſie nicht
allein in einer Geſelſchafft genieſſen/ ſondern auch leiden/ und hats in kurzer Zeit dahin ge-
bracht/ daß mehr Raͤuber von des Landes Inwohnern angegeben/ als durch ſchaꝛffe Nach-
forſchung betroffen werden. Als die Groß Fuͤrſtin dieſes ſo bald nicht beantwortete/ baht
Fr. Euphroſyne umb gn. Vergebung/ und ſagte: Wolte dann Gott/ gnaͤdiges Fraͤulein/
daß Euer Gn. Herr Vater nur ein Jahr Roͤmiſcher Stathalter in Griechenland ſeyn/
und ſolchen Ernſt wider die Raͤuber und Moͤrder gebrauchen moͤchte/ dann ſolte dem un-
menſchlichen Weſen/ welches leider daſelbſt eingeriſſen iſt/ endlich noch abgeholffen werdẽ.
Ich habe etwas davon gehoͤret/ ſagte die Groß Fuͤrſtin/ und daß der freye Adel viel Unbil-
ligkeit begehen ſol. Ja gnaͤdigſte Groß Fuͤrſtin/ anrwortete ſie/ weil Griechenland von den
Roͤmern ihre eigene Herſchafft und uhralten Freyheiten und Gebraͤuche erhalten/ wil deꝛ
Adel/ welcher im Lande faſt alles allein iſt/ ihre Freyheit auch wider die Geſetze der Ver-
nunfft ungeſtoͤret wiſſen; daher/ wann einer ihres Mittels durch uͤbermaͤſſiges Wolleben
das ſeine vertahn hat/ klopffet er auff den Puſch/ und fuchet durch Beraubung der Kauff-
leute ſich wieder zubereichẽ; Ob auch von ihnen eine und andere Mordtaht begangẽ wird/
ſolches wollen ſie durchaus nicht am Leben geſtrafft haben/ ſondern erlegen ein geringes
Geld/ damit ſol das unſchuldige Blut bezahlet ſeyn. Die Groß Fuͤrſtin antwortete: Sol-
che Aedelleute ſolte man umb ihrer Untaht willen wieder in den niedrigſten Stand herun-
ter ſtoſſen/ gleich wie ihre Voꝛaͤltern umb ihrer Tugend willen in den Adelſtand erhoben
ſind; dann ſolte es erſt dahin kommen/ daß ein aͤdelman ihm groͤſſere freiheit/ boͤſes zutuhn/
nehmen wolte/ als ein Unaͤdler/ duͤrffte in kurzem das gemeine Weſen noht leiden. Von
adelichen Eltern gebohren ſeyn/ iſt ein groſſes Gluͤk/ aber es machet ſolches niemand weiter
aͤdel/ als nur nach dem Nahmen; die Tugend aber/ die er hernach ſelber hinzu tuht/ giebt
ihm die wahre adeliche Hocheit/ ohn welche das bloſſe Herkommen in meinen Augen kein
Haͤrlein mehr gilt/ als ein Eſel/ den man in eine Pferdehaut naͤhet. Libuſſa ſahe ſtets nach

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0290" n="284"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
Obrigkeit ihre Kinder hinweg zufu&#x0364;hren/ da doch in die&#x017F;er Land&#x017F;chafft Leute wohneten/ wel-<lb/>
che dem Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Reiche als eigene Glieder einverleibet wa&#x0364;hren. Daß vor die&#x017F;em<lb/>
im Judi&#x017F;chen Lande die Ra&#x0364;uberho&#x0364;hlen derge&#x017F;talt zugenommen/ daß fa&#x017F;t das ganze Land<lb/>
hin und wieder wa&#x0364;hre untergraben/ und vol unza&#x0364;hliger Ra&#x0364;uberho&#x0364;hlen gewe&#x017F;en/ wa&#x0364;hre &#x017F;o<lb/>
hoch nicht zuverwundern/ weil die Juden/ der Ro&#x0364;mer gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te Feinde/ &#x017F;olches al&#x017F;o getrie-<lb/>
ben ha&#x0364;tten/ denen gleichwol nunmehr ziemlich ge&#x017F;teuret wa&#x0364;hre; aber in Italien &#x017F;olchen<lb/>
Muhtwillen zudulden/ du&#x0364;rffte fa&#x017F;t ein Zeichen &#x017F;eyn/ daß die Obrigkeit ihr Amt nachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
verwaltete. Ich weiß &#x017F;elb&#x017F;t nicht/ &#x017F;agte die Groß Fu&#x0364;r&#x017F;tin/ wohin ichs deuten &#x017F;ol/ halte wol<lb/>
davor/ wann den Ra&#x0364;ubern etwas eiferiger nachgetrachtet/ und ihre Schlupflo&#x0364;cher flei&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
ge&#x017F;ucht wu&#x0364;rden/ &#x017F;olte man ihnen das Handwerk bald legen; Aber es finden &#x017F;ich unter den<lb/>
Inwohnern in Do&#x0364;rffern und Flecken offt &#x017F;o gottlo&#x017F;e Leute/ die &#x017F;olche Ra&#x0364;uber hau&#x017F;en und<lb/>
ha&#x0364;gen/ ja ihnen wol Anleitung geben/ weil &#x017F;ie Nahrung von ihnen haben/ und der Beute<lb/>
offt am mei&#x017F;ten geni&#x017F;&#x017F;en. Da wa&#x0364;hre nun hochno&#x0364;htig/ daß wann &#x017F;olche ertappet wu&#x0364;rden/<lb/>
man &#x017F;ie gleich &#x017F;o hart als die Ra&#x0364;uber &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;traffete/ was gilts/ wo nicht hundert &#x017F;ich an<lb/>
einem &#x017F;piegeln &#x017F;olten/ und &#x017F;ich &#x017F;cheuhen/ mit &#x017F;olchen Buben Gemein&#x017F;chafft zuhaben. Das<lb/>
i&#x017F;t meines Herrn Vaters Gebrauch/ antwortete das Fra&#x0364;ulein; der pfleget allemahl nach<lb/>
die&#x017F;em Spruche zuurteilen/ daß weil Hehler und Stehler gleiche gut &#x017F;eyn/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie nicht<lb/>
allein in einer Ge&#x017F;el&#x017F;chafft genie&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern auch leiden/ und hats in kurzer Zeit dahin ge-<lb/>
bracht/ daß mehr Ra&#x0364;uber von des Landes Inwohnern angegeben/ als durch &#x017F;cha&#xA75B;ffe Nach-<lb/>
for&#x017F;chung betroffen werden. Als die Groß Fu&#x0364;r&#x017F;tin die&#x017F;es &#x017F;o bald nicht beantwortete/ baht<lb/>
Fr. Euphro&#x017F;yne umb gn. Vergebung/ und &#x017F;agte: Wolte dann Gott/ gna&#x0364;diges Fra&#x0364;ulein/<lb/>
daß Euer Gn. Herr Vater nur ein Jahr Ro&#x0364;mi&#x017F;cher Stathalter in Griechenland &#x017F;eyn/<lb/>
und &#x017F;olchen Ern&#x017F;t wider die Ra&#x0364;uber und Mo&#x0364;rder gebrauchen mo&#x0364;chte/ dann &#x017F;olte dem un-<lb/>
men&#x017F;chlichen We&#x017F;en/ welches leider da&#x017F;elb&#x017F;t eingeri&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t/ endlich noch abgeholffen werde&#x0303;.<lb/>
Ich habe etwas davon geho&#x0364;ret/ &#x017F;agte die Groß Fu&#x0364;r&#x017F;tin/ und daß der freye Adel viel Unbil-<lb/>
ligkeit begehen &#x017F;ol. Ja gna&#x0364;dig&#x017F;te Groß Fu&#x0364;r&#x017F;tin/ anrwortete &#x017F;ie/ weil Griechenland von den<lb/>
Ro&#x0364;mern ihre eigene Her&#x017F;chafft und uhralten Freyheiten und Gebra&#x0364;uche erhalten/ wil de&#xA75B;<lb/>
Adel/ welcher im Lande fa&#x017F;t alles allein i&#x017F;t/ ihre Freyheit auch wider die Ge&#x017F;etze der Ver-<lb/>
nunfft unge&#x017F;to&#x0364;ret wi&#x017F;&#x017F;en; daher/ wann einer ihres Mittels durch u&#x0364;berma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges Wolleben<lb/>
das &#x017F;eine vertahn hat/ klopffet er auff den Pu&#x017F;ch/ und fuchet durch Beraubung der Kauff-<lb/>
leute &#x017F;ich wieder zubereiche&#x0303;; Ob auch von ihnen eine und andere Mordtaht begange&#x0303; wird/<lb/>
&#x017F;olches wollen &#x017F;ie durchaus nicht am Leben ge&#x017F;trafft haben/ &#x017F;ondern erlegen ein geringes<lb/>
Geld/ damit &#x017F;ol das un&#x017F;chuldige Blut bezahlet &#x017F;eyn. Die Groß Fu&#x0364;r&#x017F;tin antwortete: Sol-<lb/>
che Aedelleute &#x017F;olte man umb ihrer Untaht willen wieder in den niedrig&#x017F;ten Stand herun-<lb/>
ter &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ gleich wie ihre Vo&#xA75B;a&#x0364;ltern umb ihrer Tugend willen in den Adel&#x017F;tand erhoben<lb/>
&#x017F;ind; dann &#x017F;olte es er&#x017F;t dahin kommen/ daß ein a&#x0364;delman ihm gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere freiheit/ bo&#x0364;&#x017F;es zutuhn/<lb/>
nehmen wolte/ als ein Una&#x0364;dler/ du&#x0364;rffte in kurzem das gemeine We&#x017F;en noht leiden. Von<lb/>
adelichen Eltern gebohren &#x017F;eyn/ i&#x017F;t ein gro&#x017F;&#x017F;es Glu&#x0364;k/ aber es machet &#x017F;olches niemand weiter<lb/>
a&#x0364;del/ als nur nach dem Nahmen; die Tugend aber/ die er hernach &#x017F;elber hinzu tuht/ giebt<lb/>
ihm die wahre adeliche Hocheit/ ohn welche das blo&#x017F;&#x017F;e Herkommen in meinen Augen kein<lb/>
Ha&#x0364;rlein mehr gilt/ als ein E&#x017F;el/ den man in eine Pferdehaut na&#x0364;het. Libu&#x017F;&#x017F;a &#x017F;ahe &#x017F;tets nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0290] Sechſtes Buch. Obrigkeit ihre Kinder hinweg zufuͤhren/ da doch in dieſer Landſchafft Leute wohneten/ wel- che dem Roͤmiſchen Reiche als eigene Glieder einverleibet waͤhren. Daß vor dieſem im Judiſchen Lande die Raͤuberhoͤhlen dergeſtalt zugenommen/ daß faſt das ganze Land hin und wieder waͤhre untergraben/ und vol unzaͤhliger Raͤuberhoͤhlen geweſen/ waͤhre ſo hoch nicht zuverwundern/ weil die Juden/ der Roͤmer groͤſſeſte Feinde/ ſolches alſo getrie- ben haͤtten/ denen gleichwol nunmehr ziemlich geſteuret waͤhre; aber in Italien ſolchen Muhtwillen zudulden/ duͤrffte faſt ein Zeichen ſeyn/ daß die Obrigkeit ihr Amt nachlaͤſſig verwaltete. Ich weiß ſelbſt nicht/ ſagte die Groß Fuͤrſtin/ wohin ichs deuten ſol/ halte wol davor/ wann den Raͤubern etwas eiferiger nachgetrachtet/ und ihre Schlupfloͤcher fleiſſig geſucht wuͤrden/ ſolte man ihnen das Handwerk bald legen; Aber es finden ſich unter den Inwohnern in Doͤrffern und Flecken offt ſo gottloſe Leute/ die ſolche Raͤuber hauſen und haͤgen/ ja ihnen wol Anleitung geben/ weil ſie Nahrung von ihnen haben/ und der Beute offt am meiſten geniſſen. Da waͤhre nun hochnoͤhtig/ daß wann ſolche ertappet wuͤrden/ man ſie gleich ſo hart als die Raͤuber ſelbſt beſtraffete/ was gilts/ wo nicht hundert ſich an einem ſpiegeln ſolten/ und ſich ſcheuhen/ mit ſolchen Buben Gemeinſchafft zuhaben. Das iſt meines Herrn Vaters Gebrauch/ antwortete das Fraͤulein; der pfleget allemahl nach dieſem Spruche zuurteilen/ daß weil Hehler und Stehler gleiche gut ſeyn/ muͤſſen ſie nicht allein in einer Geſelſchafft genieſſen/ ſondern auch leiden/ und hats in kurzer Zeit dahin ge- bracht/ daß mehr Raͤuber von des Landes Inwohnern angegeben/ als durch ſchaꝛffe Nach- forſchung betroffen werden. Als die Groß Fuͤrſtin dieſes ſo bald nicht beantwortete/ baht Fr. Euphroſyne umb gn. Vergebung/ und ſagte: Wolte dann Gott/ gnaͤdiges Fraͤulein/ daß Euer Gn. Herr Vater nur ein Jahr Roͤmiſcher Stathalter in Griechenland ſeyn/ und ſolchen Ernſt wider die Raͤuber und Moͤrder gebrauchen moͤchte/ dann ſolte dem un- menſchlichen Weſen/ welches leider daſelbſt eingeriſſen iſt/ endlich noch abgeholffen werdẽ. Ich habe etwas davon gehoͤret/ ſagte die Groß Fuͤrſtin/ und daß der freye Adel viel Unbil- ligkeit begehen ſol. Ja gnaͤdigſte Groß Fuͤrſtin/ anrwortete ſie/ weil Griechenland von den Roͤmern ihre eigene Herſchafft und uhralten Freyheiten und Gebraͤuche erhalten/ wil deꝛ Adel/ welcher im Lande faſt alles allein iſt/ ihre Freyheit auch wider die Geſetze der Ver- nunfft ungeſtoͤret wiſſen; daher/ wann einer ihres Mittels durch uͤbermaͤſſiges Wolleben das ſeine vertahn hat/ klopffet er auff den Puſch/ und fuchet durch Beraubung der Kauff- leute ſich wieder zubereichẽ; Ob auch von ihnen eine und andere Mordtaht begangẽ wird/ ſolches wollen ſie durchaus nicht am Leben geſtrafft haben/ ſondern erlegen ein geringes Geld/ damit ſol das unſchuldige Blut bezahlet ſeyn. Die Groß Fuͤrſtin antwortete: Sol- che Aedelleute ſolte man umb ihrer Untaht willen wieder in den niedrigſten Stand herun- ter ſtoſſen/ gleich wie ihre Voꝛaͤltern umb ihrer Tugend willen in den Adelſtand erhoben ſind; dann ſolte es erſt dahin kommen/ daß ein aͤdelman ihm groͤſſere freiheit/ boͤſes zutuhn/ nehmen wolte/ als ein Unaͤdler/ duͤrffte in kurzem das gemeine Weſen noht leiden. Von adelichen Eltern gebohren ſeyn/ iſt ein groſſes Gluͤk/ aber es machet ſolches niemand weiter aͤdel/ als nur nach dem Nahmen; die Tugend aber/ die er hernach ſelber hinzu tuht/ giebt ihm die wahre adeliche Hocheit/ ohn welche das bloſſe Herkommen in meinen Augen kein Haͤrlein mehr gilt/ als ein Eſel/ den man in eine Pferdehaut naͤhet. Libuſſa ſahe ſtets nach der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/290
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/290>, abgerufen am 25.11.2024.