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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
wie verhasset ihn die Teuffelspfaffen bey seinen Anverwanten gemacht hatten. Zwischen
Ladisla und Siegward ging es etwas schärffer zu/ dann weil sie sich weiter ins Feld gezo-
gen hatten/ kunten sie nicht so bald von Fr. Sophien gescheiden werden/ wiewol sie schleu-
nig hinzu lieff/ auch diesen Streit auffzuheben/ so daß sie nicht acht gehabt/ daß Herkules
verhanden wahr. Ladisla sahe ohngefehr daß jene beyden sich mit entblösseten Häuptern
so freundlich umbfingen/ daher sagte er zu Siegward; Ritter/ was mag jenes bedeuten/
daß euer und mein Geselle dort so grosse freundschaft machen/ und die Helme samt den
Schwertern hinweg getahn haben? Siegward rante eilig dahin/ biß er Herkules Ange-
sicht erkennete und doch etwas zweiffelte/ kehrete wieder umb nach Ladisla und sagete: Mein
Herr/ ist jener nicht mein Oheim der unvergleichliche Held Groß Fürst Herkules? ja/ ant-
wortete er/ Herkules ist sein Nahme/ und ist er euer Oheim/ so müsset ihr mir seinem Ladis-
la ohn zweifel auch verwand seyn. Als Siegward solches hörete/ sprang er vom Pferde/
und sagte: Durchleuchtigster Oheim/ verzeihet/ bitte ich/ eurem Diener dem Schwedi-
schen Siegward/ seinen unbesonnenen Frevel/ dessen die Unwissenheit einzige Ursach ist;
Herzlieber Bruder/ gab er zur Antwort/ empfahen wir einander so unwürsch in der Frem-
de/ würde solches unser so fest beschwornen Freund/ und Brüderschaft sehr nachteilig seyn/
wann es vorsetzlich geschähe/ weil aber der blosse Irtuhm hieran schuld träget/ sind wir
beyderseits wol entschuldiget. Aber Omein herzgeliebtes Gemahl komt ja dorther gelauf-
fen! Hiemit warfer den Helm hinweg/ und rante ihr eilends entgegen. Sie erkennete sein
Angesicht alsbald/ und kunte vor freuden keinen Schrit weiter tuhn/ dann die Ohmacht
wahr ihr sehr nahe; welches er merkend vom Pferde sprang/ und zu rechter Zeit bey ihr
anlangete/ gleich da sie nidersinken wolte/ umbfing sie inbrünstig und sagte: Wie mein al-
lerliebster Schaz/ wollet ihr euren Ladisla nicht freundlicher als mit sterbenden Augen em-
pfangen/ welcher sider seinem abscheide niemahls von herzen frölich gewesen ist? Sie in
ihres Liebsten Armen sich befindend/ erhohlete sich bald/ schlug die Augelein auff/ und mit
einem lieblichen Anschauen sagte sie zu ihm: O ihr meiner Seelen Lust und einige Freude
in dieser Welt; welches hohe Glük erfüllet heut meinen Wunsch/ und lässet mich meinen
Gemahl und König wieder sehen und umbfahen? wie so gar unvermuhtlich und doch ü-
berreichlich ersetzet Gott meine zweitägige außgestandene Unglükseligkeit durch die An-
kunst meines herzgeliebten Gemahls. Mit diesen Worten umbfing sie ihn aus inbrünsti-
ger Liebe/ und hing als eine Klette an ihm/ daß sie ihrer selbst drüber vergaß; biß Ladisla sie
fragete/ ob sie seinen Herkules und ihren Bruder Fabius nicht gesprochen hätte; Ach nein/
sagte sie/ wo sind sie dann? Ihr habt ja/ antwortete er/ den Streit zwischen Herkules und
Baldrich auffgehoben. Ich habe seine Erkäntnis nicht abwarten können/ sagte sie/ damit
ich auch euer Gefechte beylegen möchte/ als ich sahe/ daß jener Feindschaft so bald geendi-
get wahr. Aber O mein Schaz/ ist dann unsere Frl. Schwester Frl. Valiska auch erlöset?
Ja Gott lob/ sagte er/ sie wird mit ihrem Söhnlein Herkuliskus und Frl. Lukrezien Pom-
peien schon zu Padua angelanget seyn. Hievor sey dem almächtigen Gott lob und preiß
gesaget/ antwortete sie; aber versichert euch mein Schaz/ dafern diese beyde trefliche Für-
sten uns nicht durch sonderliche wunder-schickung Gottes zu hülffe kommen währen/ wür-
det ihr mich lebendig nicht wieder gesehen haben/ dann nach verlust meiner ehren (die mir

niemahls/

Sechſtes Buch.
wie verhaſſet ihn die Teuffelspfaffen bey ſeinen Anverwanten gemacht hatten. Zwiſchen
Ladiſla und Siegward ging es etwas ſchaͤrffer zu/ dann weil ſie ſich weiter ins Feld gezo-
gen hatten/ kunten ſie nicht ſo bald von Fr. Sophien geſcheiden werden/ wiewol ſie ſchleu-
nig hinzu lieff/ auch dieſen Streit auffzuheben/ ſo daß ſie nicht acht gehabt/ daß Herkules
verhanden wahr. Ladiſla ſahe ohngefehr daß jene beyden ſich mit entbloͤſſeten Haͤuptern
ſo freundlich umbfingen/ daher ſagte er zu Siegward; Ritter/ was mag jenes bedeuten/
daß euer und mein Geſelle dort ſo groſſe freundſchaft machen/ und die Helme ſamt den
Schwertern hinweg getahn haben? Siegward rante eilig dahin/ biß er Herkules Ange-
ſicht erkennete und doch etwas zweiffelte/ kehrete wieder umb nach Ladiſla uñ ſagete: Mein
Herr/ iſt jener nicht mein Oheim der unvergleichliche Held Groß Fuͤrſt Herkules? ja/ ant-
wortete er/ Herkules iſt ſein Nahme/ und iſt er euer Oheim/ ſo muͤſſet ihr mir ſeinem Ladiſ-
la ohn zweifel auch verwand ſeyn. Als Siegward ſolches hoͤrete/ ſprang er vom Pferde/
und ſagte: Durchleuchtigſter Oheim/ verzeihet/ bitte ich/ eurem Diener dem Schwedi-
ſchen Siegward/ ſeinen unbeſonnenen Frevel/ deſſen die Unwiſſenheit einzige Urſach iſt;
Herzlieber Bruder/ gab er zur Antwort/ empfahen wir einander ſo unwürſch in der Frem-
de/ wuͤrde ſolches unſer ſo feſt beſchwornen Freund/ uñ Bruͤderſchaft ſehr nachteilig ſeyn/
wann es vorſetzlich geſchaͤhe/ weil aber der bloſſe Irtuhm hieran ſchuld traͤget/ ſind wir
beyderſeits wol entſchuldiget. Aber Omein herzgeliebtes Gemahl komt ja dorther gelauf-
fen! Hiemit warfer den Helm hinweg/ und rante ihr eilends entgegen. Sie erkennete ſein
Angeſicht alsbald/ und kunte vor freuden keinen Schrit weiter tuhn/ dann die Ohmacht
wahr ihr ſehr nahe; welches er merkend vom Pferde ſprang/ und zu rechter Zeit bey ihr
anlangete/ gleich da ſie niderſinken wolte/ umbfing ſie inbruͤnſtig und ſagte: Wie mein al-
lerliebſter Schaz/ wollet ihr euren Ladiſla nicht freundlicher als mit ſterbenden Augen em-
pfangen/ welcher ſider ſeinem abſcheide niemahls von herzen froͤlich geweſen iſt? Sie in
ihres Liebſten Armen ſich befindend/ erhohlete ſich bald/ ſchlug die Augelein auff/ und mit
einem lieblichen Anſchauen ſagte ſie zu ihm: O ihr meiner Seelen Luſt und einige Freude
in dieſer Welt; welches hohe Gluͤk erfuͤllet heut meinen Wunſch/ und laͤſſet mich meinen
Gemahl und Koͤnig wieder ſehen und umbfahen? wie ſo gar unvermuhtlich und doch uͤ-
berreichlich erſetzet Gott meine zweitaͤgige außgeſtandene Ungluͤkſeligkeit durch die An-
kunſt meines herzgeliebten Gemahls. Mit dieſen Worten umbfing ſie ihn aus inbruͤnſti-
ger Liebe/ und hing als eine Klette an ihm/ daß ſie ihrer ſelbſt drüber vergaß; biß Ladiſla ſie
fragete/ ob ſie ſeinen Herkules uñ ihren Bruder Fabius nicht geſprochen haͤtte; Ach nein/
ſagte ſie/ wo ſind ſie dann? Ihr habt ja/ antwortete er/ den Streit zwiſchen Herkules und
Baldrich auffgehoben. Ich habe ſeine Erkaͤntnis nicht abwarten koͤnnen/ ſagte ſie/ damit
ich auch euer Gefechte beylegen moͤchte/ als ich ſahe/ daß jener Feindſchaft ſo bald geendi-
get wahr. Aber O mein Schaz/ iſt dann unſere Frl. Schweſter Frl. Valiſka auch erloͤſet?
Ja Gott lob/ ſagte er/ ſie wird mit ihrem Soͤhnlein Herkuliſkus und Frl. Lukrezien Pom-
peien ſchon zu Padua angelanget ſeyn. Hievor ſey dem almaͤchtigen Gott lob und preiß
geſaget/ antwortete ſie; aber verſichert euch mein Schaz/ dafern dieſe beyde trefliche Fuͤr-
ſten uns nicht durch ſonderliche wunder-ſchickung Gottes zu huͤlffe kommen waͤhren/ wuͤr-
det ihr mich lebendig nicht wieder geſehen haben/ dann nach verluſt meiner ehren (die mir

niemahls/
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[280/0286] Sechſtes Buch. wie verhaſſet ihn die Teuffelspfaffen bey ſeinen Anverwanten gemacht hatten. Zwiſchen Ladiſla und Siegward ging es etwas ſchaͤrffer zu/ dann weil ſie ſich weiter ins Feld gezo- gen hatten/ kunten ſie nicht ſo bald von Fr. Sophien geſcheiden werden/ wiewol ſie ſchleu- nig hinzu lieff/ auch dieſen Streit auffzuheben/ ſo daß ſie nicht acht gehabt/ daß Herkules verhanden wahr. Ladiſla ſahe ohngefehr daß jene beyden ſich mit entbloͤſſeten Haͤuptern ſo freundlich umbfingen/ daher ſagte er zu Siegward; Ritter/ was mag jenes bedeuten/ daß euer und mein Geſelle dort ſo groſſe freundſchaft machen/ und die Helme ſamt den Schwertern hinweg getahn haben? Siegward rante eilig dahin/ biß er Herkules Ange- ſicht erkennete und doch etwas zweiffelte/ kehrete wieder umb nach Ladiſla uñ ſagete: Mein Herr/ iſt jener nicht mein Oheim der unvergleichliche Held Groß Fuͤrſt Herkules? ja/ ant- wortete er/ Herkules iſt ſein Nahme/ und iſt er euer Oheim/ ſo muͤſſet ihr mir ſeinem Ladiſ- la ohn zweifel auch verwand ſeyn. Als Siegward ſolches hoͤrete/ ſprang er vom Pferde/ und ſagte: Durchleuchtigſter Oheim/ verzeihet/ bitte ich/ eurem Diener dem Schwedi- ſchen Siegward/ ſeinen unbeſonnenen Frevel/ deſſen die Unwiſſenheit einzige Urſach iſt; Herzlieber Bruder/ gab er zur Antwort/ empfahen wir einander ſo unwürſch in der Frem- de/ wuͤrde ſolches unſer ſo feſt beſchwornen Freund/ uñ Bruͤderſchaft ſehr nachteilig ſeyn/ wann es vorſetzlich geſchaͤhe/ weil aber der bloſſe Irtuhm hieran ſchuld traͤget/ ſind wir beyderſeits wol entſchuldiget. Aber Omein herzgeliebtes Gemahl komt ja dorther gelauf- fen! Hiemit warfer den Helm hinweg/ und rante ihr eilends entgegen. Sie erkennete ſein Angeſicht alsbald/ und kunte vor freuden keinen Schrit weiter tuhn/ dann die Ohmacht wahr ihr ſehr nahe; welches er merkend vom Pferde ſprang/ und zu rechter Zeit bey ihr anlangete/ gleich da ſie niderſinken wolte/ umbfing ſie inbruͤnſtig und ſagte: Wie mein al- lerliebſter Schaz/ wollet ihr euren Ladiſla nicht freundlicher als mit ſterbenden Augen em- pfangen/ welcher ſider ſeinem abſcheide niemahls von herzen froͤlich geweſen iſt? Sie in ihres Liebſten Armen ſich befindend/ erhohlete ſich bald/ ſchlug die Augelein auff/ und mit einem lieblichen Anſchauen ſagte ſie zu ihm: O ihr meiner Seelen Luſt und einige Freude in dieſer Welt; welches hohe Gluͤk erfuͤllet heut meinen Wunſch/ und laͤſſet mich meinen Gemahl und Koͤnig wieder ſehen und umbfahen? wie ſo gar unvermuhtlich und doch uͤ- berreichlich erſetzet Gott meine zweitaͤgige außgeſtandene Ungluͤkſeligkeit durch die An- kunſt meines herzgeliebten Gemahls. Mit dieſen Worten umbfing ſie ihn aus inbruͤnſti- ger Liebe/ und hing als eine Klette an ihm/ daß ſie ihrer ſelbſt drüber vergaß; biß Ladiſla ſie fragete/ ob ſie ſeinen Herkules uñ ihren Bruder Fabius nicht geſprochen haͤtte; Ach nein/ ſagte ſie/ wo ſind ſie dann? Ihr habt ja/ antwortete er/ den Streit zwiſchen Herkules und Baldrich auffgehoben. Ich habe ſeine Erkaͤntnis nicht abwarten koͤnnen/ ſagte ſie/ damit ich auch euer Gefechte beylegen moͤchte/ als ich ſahe/ daß jener Feindſchaft ſo bald geendi- get wahr. Aber O mein Schaz/ iſt dann unſere Frl. Schweſter Frl. Valiſka auch erloͤſet? Ja Gott lob/ ſagte er/ ſie wird mit ihrem Soͤhnlein Herkuliſkus und Frl. Lukrezien Pom- peien ſchon zu Padua angelanget ſeyn. Hievor ſey dem almaͤchtigen Gott lob und preiß geſaget/ antwortete ſie; aber verſichert euch mein Schaz/ dafern dieſe beyde trefliche Fuͤr- ſten uns nicht durch ſonderliche wunder-ſchickung Gottes zu huͤlffe kommen waͤhren/ wuͤr- det ihr mich lebendig nicht wieder geſehen haben/ dann nach verluſt meiner ehren (die mir niemahls/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/286>, abgerufen am 22.11.2024.