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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
sen/ und ihm zu folgen/ wann nicht meine Wase gleich zu mir kommen währe/ und mir an-
gedeutet/ was gestalt er sie mit listigen Worten von meines Seel. Vaters Schlosse geloc-
ket/ mit Gewalt zu seinem Willen genöhtiget/ und mir zu trotze sie geheirahtet hätte. Ist
daß nicht träulosigkeit genug? weis er noch die Ursach nicht meines billichen Zorns? und
habe noch wol eine wichtigere als eben dieses. Und wie solte ich ihm hievor nicht alles ü-
bels gönnen? wünschet er ihm doch aller Götter Zorn und übergehung der Schande an
den Halß/ wozu er vielleicht nicht meynet reiffe gnug zu seyn/ biß er etwa mich zum andern-
mahle möchte betrogen haben. Hier ließ nun Tarinea ihre Trähnen häuffig schiessen/ und
gab mit Seufzen und Weinen zur Antwort: Nun nun mein herzlieber Bruder/ ich be-
klage nicht so sehr deinen Tod/ der bald folgen wird/ als daß du in deiner reinen Unschuld
als ein tausendschuldiger sterben must. Aber Fr. Atossa/ ihr unbarmherzige/ ihr grausame;
belüstiget euch nur nicht zu hoch über sein Verderben; ich hoffe den Tag noch zuerleben/
daß ihr eure Grausamkeit/ hätte schier gesagt/ Boßheit noch beweinen werdet; dann wie
kan ichs anders nennen/ weil ihr seine beteurungen vor ertichtete Lügen/ und seine wahre
lautere Beichte/ damit er vor der Götter Stuel zutreten sich erbeut/ vor eine gehirns Ver-
rückung schelten und verlachen dürffet. Und was vor Ursachen habt ihr doch/ ihm so viel
unwarheiten anzutichten? als habe er eure Wase vom Schlosse gelocket/ und/ weiß nicht/
was vor Gewaltsamkeit angelegt. Da ich doch wol weiß/ daß mein Bruder eurer Wasen
keinen Bohten geschicket/ sondern als er nach gemachtem Schlusse euer Liebe Gegenwart
vermuhten wahr/ hat die verstorbene Anutis sich eingestellet/ und ihm dieses vorgetragen.
Frl. Atossa ihre Wase/ währe durch Elterlichen Zwang vor sechs Tagen schon/ mit Hn.
Artobarzanes beygelegt/ wolte hinfuro Surinas Schwester seyn und leben/ mit der Be-
dingung/ daß er weder ihr schriebe/ noch zu Ekbatana sich sehen liesse; sie wolte schon Ge-
legenheit finden/ ihn zubesuchen; inzwischen wünschete sie/ daß sie eine Schwester oder An-
verwantin hätte/ welche sie ihm zufreien könte. Dieses alles hat sie mit dem Wahrzeichen
bekräfftiget/ daß sie meinem Bruder ein Bündlein von zwölff Brieffen/ die er ehmahls eu-
rer Liebe zugeschrieben/ eingehändiget/ mit Bitte sie zu sich zunehmen/ weil sie dieselben nit
länger vor andern zuverbergen wüste; und dafern dieses anders ist/ Fr. Atossa/ so wolle
der Himmel mir alles das Unglük von dieser Stunde an auffbürden/ welches mein Bru-
der/ auff dem Fall seines verbrechens ihm selbst in diesem Schreiben wünschet. Aber was
hilfft mir diese beteurung? vielleicht werde ich auch hören müssen/ das Gehirn sey mir ver-
rükt/ und ich schäme mich keiner Lügen. Atossa stund als eine Gedankenvöllige/ und wuste
nicht/ was sie antworten solte. Surinas ehemahlige Schreiben hatte sie nach ihres Va-
ters Tode von ihrer Mutter etlichemahl gefodert/ aber keine Nachricht davon erlangen
mögen. Anutis Verschlagenheit und List wahr ihr nicht unbekand/ und je mehr sie sinnete/
je zweiffelhaftiger sie ward; endlich sagete sie: Geliebtes Fräulein; wo sichs nach eurer er-
zählung verhält/ ist man mit eurem Bruder und mir sehr träuloß umbgangen; wiewol
meine Eltern dessen zubeschuldigen mir nit gebühren wil; kan aber euer Bruder mir die
jeztgemeldete Schreiben aufflegen/ werde ich mich weiter zuerklären/ und gegen eure Liebe
mich sehr zuentschuldigen haben. Diese Schreiben? sagte Tarinea; ich wil mich ihr zur
Leibeigenen geben/ wann er sie nicht alle in verwahrung hält/ als einen köstlichen Schaz/

weil
s ij

Fuͤnftes Buch.
ſen/ und ihm zu folgen/ wann nicht meine Waſe gleich zu mir kommen waͤhre/ und mir an-
gedeutet/ was geſtalt er ſie mit liſtigen Worten von meines Seel. Vaters Schloſſe geloc-
ket/ mit Gewalt zu ſeinem Willen genoͤhtiget/ und mir zu trotze ſie geheirahtet haͤtte. Iſt
daß nicht traͤuloſigkeit genug? weis er noch die Urſach nicht meines billichen Zorns? und
habe noch wol eine wichtigere als eben dieſes. Und wie ſolte ich ihm hievor nicht alles uͤ-
bels goͤnnen? wuͤnſchet er ihm doch aller Goͤtter Zorn und uͤbergehung der Schande an
den Halß/ wozu er vielleicht nicht meynet reiffe gnug zu ſeyn/ biß er etwa mich zum andeꝛn-
mahle moͤchte betrogen haben. Hier ließ nun Tarinea ihre Traͤhnen haͤuffig ſchieſſen/ uñ
gab mit Seufzen und Weinen zur Antwort: Nun nun mein herzlieber Bruder/ ich be-
klage nicht ſo ſehr deinen Tod/ der bald folgen wird/ als daß du in deiner reinen Unſchuld
als ein tauſendſchuldiger ſterben muſt. Aber Fr. Atoſſa/ ihr unbarmherzige/ ihr grauſame;
beluͤſtiget euch nur nicht zu hoch uͤber ſein Verderben; ich hoffe den Tag noch zuerleben/
daß ihr eure Grauſamkeit/ haͤtte ſchier geſagt/ Boßheit noch beweinen werdet; dann wie
kan ichs anders nennen/ weil ihr ſeine beteurungen vor ertichtete Luͤgen/ und ſeine wahre
lautere Beichte/ damit er vor der Goͤtter Stuel zutreten ſich erbeut/ vor eine gehirns Ver-
ruͤckung ſchelten und verlachen duͤrffet. Und was vor Urſachen habt ihr doch/ ihm ſo viel
unwarheiten anzutichten? als habe er eure Waſe vom Schloſſe gelocket/ und/ weiß nicht/
was vor Gewaltſamkeit angelegt. Da ich doch wol weiß/ daß mein Bruder eurer Waſen
keinen Bohten geſchicket/ ſondern als er nach gemachtem Schluſſe euer Liebe Gegenwart
vermuhten wahr/ hat die verſtorbene Anutis ſich eingeſtellet/ und ihm dieſes vorgetragen.
Frl. Atoſſa ihre Waſe/ waͤhre durch Elterlichen Zwang vor ſechs Tagen ſchon/ mit Hn.
Artobarzanes beygelegt/ wolte hinfuro Surinas Schweſter ſeyn und leben/ mit der Be-
dingung/ daß er weder ihr ſchriebe/ noch zu Ekbatana ſich ſehen lieſſe; ſie wolte ſchon Ge-
legenheit finden/ ihn zubeſuchen; inzwiſchen wuͤnſchete ſie/ daß ſie eine Schweſter oder An-
verwantin haͤtte/ welche ſie ihm zufreien koͤnte. Dieſes alles hat ſie mit dem Wahrzeichen
bekraͤfftiget/ daß ſie meinem Bruder ein Buͤndlein von zwoͤlff Brieffen/ die er ehmahls eu-
rer Liebe zugeſchrieben/ eingehaͤndiget/ mit Bitte ſie zu ſich zunehmen/ weil ſie dieſelben nit
laͤnger vor andern zuverbergen wuͤſte; und dafern dieſes anders iſt/ Fr. Atoſſa/ ſo wolle
der Himmel mir alles das Ungluͤk von dieſer Stunde an auffbürden/ welches mein Bru-
der/ auff dem Fall ſeines verbrechens ihm ſelbſt in dieſem Schreiben wuͤnſchet. Aber was
hilfft mir dieſe beteurung? vielleicht werde ich auch hoͤren muͤſſen/ das Gehirn ſey mir veꝛ-
ruͤkt/ und ich ſchaͤme mich keiner Luͤgen. Atoſſa ſtund als eine Gedankenvoͤllige/ und wuſte
nicht/ was ſie antworten ſolte. Surinas ehemahlige Schreiben hatte ſie nach ihres Va-
ters Tode von ihrer Mutter etlichemahl gefodert/ aber keine Nachricht davon erlangen
moͤgen. Anutis Verſchlagenheit und Liſt wahr ihr nicht unbekand/ und je mehr ſie ſinnete/
je zweiffelhaftiger ſie ward; endlich ſagete ſie: Geliebtes Fraͤulein; wo ſichs nach eurer er-
zaͤhlung verhaͤlt/ iſt man mit eurem Bruder und mir ſehr traͤuloß umbgangen; wiewol
meine Eltern deſſen zubeſchuldigen mir nit gebühren wil; kan aber euer Bruder mir die
jeztgemeldete Schreiben aufflegen/ werde ich mich weiter zuerklaͤren/ und gegen eure Liebe
mich ſehr zuentſchuldigen haben. Dieſe Schreiben? ſagte Tarinea; ich wil mich ihr zur
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[139/0145] Fuͤnftes Buch. ſen/ und ihm zu folgen/ wann nicht meine Waſe gleich zu mir kommen waͤhre/ und mir an- gedeutet/ was geſtalt er ſie mit liſtigen Worten von meines Seel. Vaters Schloſſe geloc- ket/ mit Gewalt zu ſeinem Willen genoͤhtiget/ und mir zu trotze ſie geheirahtet haͤtte. Iſt daß nicht traͤuloſigkeit genug? weis er noch die Urſach nicht meines billichen Zorns? und habe noch wol eine wichtigere als eben dieſes. Und wie ſolte ich ihm hievor nicht alles uͤ- bels goͤnnen? wuͤnſchet er ihm doch aller Goͤtter Zorn und uͤbergehung der Schande an den Halß/ wozu er vielleicht nicht meynet reiffe gnug zu ſeyn/ biß er etwa mich zum andeꝛn- mahle moͤchte betrogen haben. Hier ließ nun Tarinea ihre Traͤhnen haͤuffig ſchieſſen/ uñ gab mit Seufzen und Weinen zur Antwort: Nun nun mein herzlieber Bruder/ ich be- klage nicht ſo ſehr deinen Tod/ der bald folgen wird/ als daß du in deiner reinen Unſchuld als ein tauſendſchuldiger ſterben muſt. Aber Fr. Atoſſa/ ihr unbarmherzige/ ihr grauſame; beluͤſtiget euch nur nicht zu hoch uͤber ſein Verderben; ich hoffe den Tag noch zuerleben/ daß ihr eure Grauſamkeit/ haͤtte ſchier geſagt/ Boßheit noch beweinen werdet; dann wie kan ichs anders nennen/ weil ihr ſeine beteurungen vor ertichtete Luͤgen/ und ſeine wahre lautere Beichte/ damit er vor der Goͤtter Stuel zutreten ſich erbeut/ vor eine gehirns Ver- ruͤckung ſchelten und verlachen duͤrffet. Und was vor Urſachen habt ihr doch/ ihm ſo viel unwarheiten anzutichten? als habe er eure Waſe vom Schloſſe gelocket/ und/ weiß nicht/ was vor Gewaltſamkeit angelegt. Da ich doch wol weiß/ daß mein Bruder eurer Waſen keinen Bohten geſchicket/ ſondern als er nach gemachtem Schluſſe euer Liebe Gegenwart vermuhten wahr/ hat die verſtorbene Anutis ſich eingeſtellet/ und ihm dieſes vorgetragen. Frl. Atoſſa ihre Waſe/ waͤhre durch Elterlichen Zwang vor ſechs Tagen ſchon/ mit Hn. Artobarzanes beygelegt/ wolte hinfuro Surinas Schweſter ſeyn und leben/ mit der Be- dingung/ daß er weder ihr ſchriebe/ noch zu Ekbatana ſich ſehen lieſſe; ſie wolte ſchon Ge- legenheit finden/ ihn zubeſuchen; inzwiſchen wuͤnſchete ſie/ daß ſie eine Schweſter oder An- verwantin haͤtte/ welche ſie ihm zufreien koͤnte. Dieſes alles hat ſie mit dem Wahrzeichen bekraͤfftiget/ daß ſie meinem Bruder ein Buͤndlein von zwoͤlff Brieffen/ die er ehmahls eu- rer Liebe zugeſchrieben/ eingehaͤndiget/ mit Bitte ſie zu ſich zunehmen/ weil ſie dieſelben nit laͤnger vor andern zuverbergen wuͤſte; und dafern dieſes anders iſt/ Fr. Atoſſa/ ſo wolle der Himmel mir alles das Ungluͤk von dieſer Stunde an auffbürden/ welches mein Bru- der/ auff dem Fall ſeines verbrechens ihm ſelbſt in dieſem Schreiben wuͤnſchet. Aber was hilfft mir dieſe beteurung? vielleicht werde ich auch hoͤren muͤſſen/ das Gehirn ſey mir veꝛ- ruͤkt/ und ich ſchaͤme mich keiner Luͤgen. Atoſſa ſtund als eine Gedankenvoͤllige/ und wuſte nicht/ was ſie antworten ſolte. Surinas ehemahlige Schreiben hatte ſie nach ihres Va- ters Tode von ihrer Mutter etlichemahl gefodert/ aber keine Nachricht davon erlangen moͤgen. Anutis Verſchlagenheit und Liſt wahr ihr nicht unbekand/ und je mehr ſie ſinnete/ je zweiffelhaftiger ſie ward; endlich ſagete ſie: Geliebtes Fraͤulein; wo ſichs nach eurer er- zaͤhlung verhaͤlt/ iſt man mit eurem Bruder und mir ſehr traͤuloß umbgangen; wiewol meine Eltern deſſen zubeſchuldigen mir nit gebühren wil; kan aber euer Bruder mir die jeztgemeldete Schreiben aufflegen/ werde ich mich weiter zuerklaͤren/ und gegen eure Liebe mich ſehr zuentſchuldigen haben. Dieſe Schreiben? ſagte Tarinea; ich wil mich ihr zur Leibeigenen geben/ wann er ſie nicht alle in verwahrung haͤlt/ als einen koͤſtlichen Schaz/ weil ſ ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/145>, abgerufen am 27.04.2024.