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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
widrige Gedanken schöpfen/ der nichts mehr wünschet und begehret/ als vor dero Ehr und
Leben sein Blut und Herz auffzuopfern; nur bitte ich untertähnigst umb gnädigste Verzei-
hung/ daß durch mein unbesonnenes vornehmen ich derselben zu solchem Argwohn ursach
gegeben habe; Ich nach meinem wenigen Vermögen und unwankelbaren Willen bin und
verbleibe ihrer Durchl. ergebenster Knecht K. Fabius von Padua. O mein barmherzi-
ger Gott/ sagte sie mit einem lieblichen lachen; hastu mir den so lang gewünscheten Freund
und hochwerten Schwager und Bruder in meinen höchsten Nöhten und unaussprechli-
chem Elende zuführen wollen/ daß er seinen allerbesten Freunden Ladisla und Herkules ih-
re Schwester und Wase erretten müssen? O mein Herr und Bruder/ sagte sie weiter/ gön-
net mir/ daß ich zum Zeichen der Dankbarkeit und Freude über euer Liebe Gesundheit/ die-
selbe Schwesterlich umfahen möge; wickelte hiemit den Reit Rok umb ihren Leib/ und um-
fing ihm den Halß mit beyden Armen/ da sie ihm zugleich einen züchtigen Kuß boht. Er
hingegen meynete/ ihm könte grössere Herligkeit nicht zustehen/ als daß er eine solche Taht
verrichten helffen/ die seinen Freunden Ladisla und Herkules könte annehmlich seyn/ demü-
tigte sich sehr gegen sie/ und sagete: Nachdem er das Glük gehabt/ Ihrer Durchl. einige
Dienste zubezeigen/ wolte er sein bißher erlittenes Unglük gerne vergessen; beklagete dane-
ben/ dz er nicht straks angesichts/ ehe er die Sänffte geöffnet/ sein Kleid ihr übergeworffen
hätte/ welches er nicht unterlassen wollen/ dafern er ihrer Durchl. gegenwart einigen wink
gehabt/ und stellete endlich ihrem Willen anheim/ mit was Straffe der gefangene Erz Räu-
ber Gobares solte beleget werden. Sie erröhtete über der Gedächtniß ihres Leibes Blösse/
mit anzeige/ wie eine grosse Pein es ihrer Seele währe/ daß der unverschämte Bube sie in
solcher Gestalt hätte fahen/ binden und fortschleppen lassen/ an dem sie sich zurächen gänz-
lich entschlossen währe/ nach dem sie hörete/ daß er gefangen wäre. Leches und Klodius fun-
den die andere drey Sänfften auch mit dreyen der Landes art nach schönen Weibsbildern
in gleicher blösse/ beladen/ und wahren/ Kleofis/ Andia und Amestris/ griffen alsbald zu ihren
Brod Messern/ und schnitten ihnen die Knebel aus dem Munde/ auch Hände und Füsse
loß/ daß sie sich zusammen zihen/ und in etwas verhüllen kunten. Endlich ward Leches ge-
wahr/ daß ein Mann und Weib in der Gutsche sassen/ und sehr bluteten/ dann jedes hatte ein
Messer in der Brust stecken; dessen er erschrak/ und sie gutes muhts seyn hieß; das Weib
ihm aber antwortete; Wann wir gutes muhts seyn solten/ müstet ihr nicht kommen seyn;
Worauff er sagete: Harret/ seyd ihr da zubrochen/ muß man euer um so viel fleissiger war-
ten; zohe ihnen die Messer/ welche sie aus Verzweifelung selbst/ und doch nicht tief genug
hinein gestossen/ aus den Wunden/ und band sie mit den Riemen feste/ die er von der Gutsche
lösete. Als solches geschehen/ rief ihnen Fabius/ und sagte: Kommet her meine Freunde/ und
grüsset das vortrefflichste Fräulein der Welt in ihrer äussersten Beschimpffung/ die nim-
mermehr kan gebüsset werden. Mein Herr Bruder/ antwortete das Fräulein/ wolle mit
solchen unverdieneten Ehren-Nahmen mich doch nicht weiter schamroht machen/ nach-
dem ich schon vorhin die Augen nit kühnlich auffschlagen darff. Leches trat hinzu/ gedach-
te alsbald/ ob nicht das Königl. Fräulein zugegen seyn würde/ welches ihm die Vernunfft
und Augen blendete/ daß er sie nicht erkennen kunte; sie aber ihn erblickend/ alsbald zu ihm
sagete: So so mein geträuer Leches/ jezt habt ihr euer dienstwilliges Herz mir so klärlich zu
erkennen gegeben/ dz ich zeit nachzudenken sodern muß/ wie ichs gebührlich ersetze. Er kun-

te aber
E e e e e e ij

Vierdes Buch.
widrige Gedanken ſchoͤpfen/ der nichts mehr wuͤnſchet und begehret/ als vor dero Ehr und
Leben ſein Blut und Herz auffzuopfern; nur bitte ich untertaͤhnigſt umb gnaͤdigſte Verzei-
hung/ daß durch mein unbeſonnenes vornehmen ich derſelben zu ſolchem Argwohn urſach
gegeben habe; Ich nach meinem wenigen Vermoͤgen und unwankelbaren Willen bin uñ
verbleibe ihrer Durchl. ergebenſter Knecht K. Fabius von Padua. O mein barmherzi-
ger Gott/ ſagte ſie mit einem lieblichen lachen; haſtu mir den ſo lang gewuͤnſcheten Freund
und hochwerten Schwager und Bruder in meinen hoͤchſten Noͤhten und unausſprechli-
chem Elende zufuͤhren wollen/ daß er ſeinen allerbeſten Freunden Ladiſla und Herkules ih-
re Schweſter und Waſe erretten muͤſſen? O mein Herr und Bruder/ ſagte ſie weiter/ goͤn-
net mir/ daß ich zum Zeichen der Dankbarkeit und Freude uͤber euer Liebe Geſundheit/ die-
ſelbe Schweſterlich umfahen moͤge; wickelte hiemit den Reit Rok umb ihren Leib/ und um-
fing ihm den Halß mit beyden Armen/ da ſie ihm zugleich einen zuͤchtigen Kuß boht. Er
hingegen meynete/ ihm koͤnte groͤſſere Herligkeit nicht zuſtehen/ als daß er eine ſolche Taht
verrichten helffen/ die ſeinen Freunden Ladiſla und Herkules koͤnte annehmlich ſeyn/ demuͤ-
tigte ſich ſehr gegen ſie/ und ſagete: Nachdem er das Glük gehabt/ Ihrer Durchl. einige
Dienſte zubezeigen/ wolte er ſein bißher erlittenes Ungluͤk gerne vergeſſen; beklagete dane-
ben/ dz er nicht ſtraks angeſichts/ ehe er die Saͤnffte geoͤffnet/ ſein Kleid ihr uͤbergeworffen
haͤtte/ welches er nicht unterlaſſen wollen/ dafern er ihrer Durchl. gegenwart einigen wink
gehabt/ und ſtellete endlich ihrem Willen anheim/ mit was Straffe der gefangene Erz Raͤu-
ber Gobares ſolte beleget werden. Sie erroͤhtete uͤber der Gedaͤchtniß ihres Leibes Bloͤſſe/
mit anzeige/ wie eine groſſe Pein es ihrer Seele waͤhre/ daß der unverſchaͤmte Bube ſie in
ſolcher Geſtalt haͤtte fahen/ binden und fortſchleppen laſſen/ an dem ſie ſich zuraͤchen gaͤnz-
lich entſchloſſen waͤhre/ nach dem ſie hoͤrete/ daß er gefangen waͤre. Leches und Klodius fun-
den die andere drey Saͤnfften auch mit dreyen der Landes art nach ſchoͤnen Weibsbildern
in gleicher bloͤſſe/ beladen/ und wahren/ Kleofis/ Andia und Ameſtris/ griffen alsbald zu ihrẽ
Brod Meſſern/ und ſchnitten ihnen die Knebel aus dem Munde/ auch Haͤnde und Füſſe
loß/ daß ſie ſich zuſammen zihen/ und in etwas verhuͤllen kunten. Endlich ward Leches ge-
wahr/ daß ein Mann und Weib in der Gutſche ſaſſen/ und ſehr bluteten/ dañ jedes hatte ein
Meſſer in der Bruſt ſtecken; deſſen er erſchrak/ und ſie gutes muhts ſeyn hieß; das Weib
ihm aber antwortete; Wann wir gutes muhts ſeyn ſolten/ muͤſtet ihr nicht kommen ſeyn;
Worauff er ſagete: Harret/ ſeyd ihr da zubrochen/ muß man euer um ſo viel fleiſſiger war-
ten; zohe ihnen die Meſſer/ welche ſie aus Verzweifelung ſelbſt/ und doch nicht tief genug
hinein geſtoſſen/ aus den Wunden/ uñ band ſie mit den Riemen feſte/ die er von der Gutſche
loͤſete. Als ſolches geſchehen/ rief ihnen Fabius/ und ſagte: Kom̃et her meine Freunde/ und
gruͤſſet das vortrefflichſte Fraͤulein der Welt in ihrer aͤuſſerſten Beſchimpffung/ die nim-
mermehr kan gebuͤſſet werden. Mein Herr Bruder/ antwortete das Fraͤulein/ wolle mit
ſolchen unverdieneten Ehren-Nahmen mich doch nicht weiter ſchamroht machen/ nach-
dem ich ſchon vorhin die Augen nit kühnlich auffſchlagen darff. Leches trat hinzu/ gedach-
te alsbald/ ob nicht das Koͤnigl. Fraͤulein zugegen ſeyn wuͤrde/ welches ihm die Vernunfft
und Augen blendete/ daß er ſie nicht erkennen kunte; ſie aber ihn erblickend/ alsbald zu ihm
ſagete: So ſo mein getraͤuer Leches/ jezt habt ihr euer dienſtwilliges Herz mir ſo klaͤrlich zu
erkennen gegeben/ dz ich zeit nachzudenken ſodern muß/ wie ichs gebuͤhrlich erſetze. Er kun-

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[955/0993] Vierdes Buch. widrige Gedanken ſchoͤpfen/ der nichts mehr wuͤnſchet und begehret/ als vor dero Ehr und Leben ſein Blut und Herz auffzuopfern; nur bitte ich untertaͤhnigſt umb gnaͤdigſte Verzei- hung/ daß durch mein unbeſonnenes vornehmen ich derſelben zu ſolchem Argwohn urſach gegeben habe; Ich nach meinem wenigen Vermoͤgen und unwankelbaren Willen bin uñ verbleibe ihrer Durchl. ergebenſter Knecht K. Fabius von Padua. O mein barmherzi- ger Gott/ ſagte ſie mit einem lieblichen lachen; haſtu mir den ſo lang gewuͤnſcheten Freund und hochwerten Schwager und Bruder in meinen hoͤchſten Noͤhten und unausſprechli- chem Elende zufuͤhren wollen/ daß er ſeinen allerbeſten Freunden Ladiſla und Herkules ih- re Schweſter und Waſe erretten muͤſſen? O mein Herr und Bruder/ ſagte ſie weiter/ goͤn- net mir/ daß ich zum Zeichen der Dankbarkeit und Freude uͤber euer Liebe Geſundheit/ die- ſelbe Schweſterlich umfahen moͤge; wickelte hiemit den Reit Rok umb ihren Leib/ und um- fing ihm den Halß mit beyden Armen/ da ſie ihm zugleich einen zuͤchtigen Kuß boht. Er hingegen meynete/ ihm koͤnte groͤſſere Herligkeit nicht zuſtehen/ als daß er eine ſolche Taht verrichten helffen/ die ſeinen Freunden Ladiſla und Herkules koͤnte annehmlich ſeyn/ demuͤ- tigte ſich ſehr gegen ſie/ und ſagete: Nachdem er das Glük gehabt/ Ihrer Durchl. einige Dienſte zubezeigen/ wolte er ſein bißher erlittenes Ungluͤk gerne vergeſſen; beklagete dane- ben/ dz er nicht ſtraks angeſichts/ ehe er die Saͤnffte geoͤffnet/ ſein Kleid ihr uͤbergeworffen haͤtte/ welches er nicht unterlaſſen wollen/ dafern er ihrer Durchl. gegenwart einigen wink gehabt/ und ſtellete endlich ihrem Willen anheim/ mit was Straffe der gefangene Erz Raͤu- ber Gobares ſolte beleget werden. Sie erroͤhtete uͤber der Gedaͤchtniß ihres Leibes Bloͤſſe/ mit anzeige/ wie eine groſſe Pein es ihrer Seele waͤhre/ daß der unverſchaͤmte Bube ſie in ſolcher Geſtalt haͤtte fahen/ binden und fortſchleppen laſſen/ an dem ſie ſich zuraͤchen gaͤnz- lich entſchloſſen waͤhre/ nach dem ſie hoͤrete/ daß er gefangen waͤre. Leches und Klodius fun- den die andere drey Saͤnfften auch mit dreyen der Landes art nach ſchoͤnen Weibsbildern in gleicher bloͤſſe/ beladen/ und wahren/ Kleofis/ Andia und Ameſtris/ griffen alsbald zu ihrẽ Brod Meſſern/ und ſchnitten ihnen die Knebel aus dem Munde/ auch Haͤnde und Füſſe loß/ daß ſie ſich zuſammen zihen/ und in etwas verhuͤllen kunten. Endlich ward Leches ge- wahr/ daß ein Mann und Weib in der Gutſche ſaſſen/ und ſehr bluteten/ dañ jedes hatte ein Meſſer in der Bruſt ſtecken; deſſen er erſchrak/ und ſie gutes muhts ſeyn hieß; das Weib ihm aber antwortete; Wann wir gutes muhts ſeyn ſolten/ muͤſtet ihr nicht kommen ſeyn; Worauff er ſagete: Harret/ ſeyd ihr da zubrochen/ muß man euer um ſo viel fleiſſiger war- ten; zohe ihnen die Meſſer/ welche ſie aus Verzweifelung ſelbſt/ und doch nicht tief genug hinein geſtoſſen/ aus den Wunden/ uñ band ſie mit den Riemen feſte/ die er von der Gutſche loͤſete. Als ſolches geſchehen/ rief ihnen Fabius/ und ſagte: Kom̃et her meine Freunde/ und gruͤſſet das vortrefflichſte Fraͤulein der Welt in ihrer aͤuſſerſten Beſchimpffung/ die nim- mermehr kan gebuͤſſet werden. Mein Herr Bruder/ antwortete das Fraͤulein/ wolle mit ſolchen unverdieneten Ehren-Nahmen mich doch nicht weiter ſchamroht machen/ nach- dem ich ſchon vorhin die Augen nit kühnlich auffſchlagen darff. Leches trat hinzu/ gedach- te alsbald/ ob nicht das Koͤnigl. Fraͤulein zugegen ſeyn wuͤrde/ welches ihm die Vernunfft und Augen blendete/ daß er ſie nicht erkennen kunte; ſie aber ihn erblickend/ alsbald zu ihm ſagete: So ſo mein getraͤuer Leches/ jezt habt ihr euer dienſtwilliges Herz mir ſo klaͤrlich zu erkennen gegeben/ dz ich zeit nachzudenken ſodern muß/ wie ichs gebuͤhrlich erſetze. Er kun- te aber E e e e e e ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 955. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/993>, abgerufen am 22.12.2024.