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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
Ruhmerwerben/ und du woltest uns beyde in diesen Jahren schon sterben machen? Ach
du mein allerliebstes Seelichen/ antwortete ich/ warumb klagestu mich solcher Grausam-
keit an/ da ich ja nichts mehr suchen wolte/ als vor dich zusterben/ weil mir ein süsser und
angenehmer Tod nicht begegnen möchte. Unsere Müttere höreten diesen Reden zu/ und
weineten so überlaut/ daß der Groß Fürst herzu lief/ und nicht anders wähnete/ ich würde
schon verschieden seyn; als sie ihm aber unser beyder beginnen zeigeten (dann bald küsseten/
bald trösteten/ bald drücketen wir uns) wendete er sich mit halbnassen Augen umb/ und
kunte vor Mitleiden nicht mehr zusehen. Endlich sagete die Groß Fürstin zu mir: Herz-
lieber Sohn Ladisla/ biß du unbetrübet/ du solt forthin bey deinem Herkules bleiben/ das
verspreche ich dir ohn alle Falscheit. Auff welche Rede mich nicht anders gedauchte/
als krauete mir die Haut auff dem Häupte/ und zöge sichs über meinen ganzen Leib/
als ein naßfröstiges Tuch/ welches mir zwischen Haut und Fleisch ein angenehmes kitzein-
des schauren verursachete/ daher mir eine Kühlung in allen meinen Gliedern und Blut-
Adern erwecket ward/ und antwortete ich der Groß Fürstin; Gn. Fr. Mutter/ wolte Gott/
mein H. Vater möchte in ihr gnädiges Erbieten einwilligen/ als dann würde ich ohn zwei-
fel bald genesen. Liebes Kind/ sagte meine Fr. Mutter; davor wil ich dir Bürge werden/
und hast hieran im geringsten nicht zuzweiffeln. Herkules hatte bißdaher mein er Fr. Mut-
ter nicht wahr genommen/ auch sie zuvor niemahls gekennet/ setzete sich deßwegen alsbald
vor ihr nider auff die Knie/ küssete ihr die Hände/ und wolte seine Entschuldigung tuhn;
aber meine Fr. Mutter hub ihn auff/ und küssete ihn wol zehnmahl aneinander; Ach mein
allerliebstes Engelchen/ sagte sie/ deucht mich doch nicht anders/ ich sehe meiner kleinen Va-
lisken Ebenbild vor mir; mein trauten Schaz/ ich wundere mich nicht groß/ daß mein La-
disla sich dermassen in dich verliebet hat/ angesehen/ mirs fast nicht viel anders gehen dürf-
te. Großmächtigste Fr. Königin und Mutter/ autwortete er; ich bitte demühtigst umb
verzeihung der von mir begangenen Grobheit/ daß ihrer Hocheit ich nicht bald anfangs
die Hände geküsset/ wovon mich nichts/ als vor erst die Unwissenheit/ dann auch meines
herzlieben Bruders Ladisla Schwacheit abgehalten hat. Mein allerliebstes Söhnichen/
sagte sie/ nicht bitte dessen einige Verzeihung/ nur laß dir angelegen seyn/ daß dein Bruder
Ladisla bald wieder gesund werden möge/ damit wir ihn nicht gar verlieren. Sie ging auch
mit ihm an meine Sänfte/ und fragete/ wie ich mich befünde; ich sagete/ sehr wol/ wann
ich nur ein wenig schlaffen möchte. Gleich kam ein Teutscher Pfaffe darzu/ welcher des
Groß Fürsten Leib Arzt wahr/ und meine Schlag Adern begrieff/ auch nach meinen gefüh-
reten bezeigungen fragete; sagte hernach zu dem Groß Fürsten; Gn. Herr/ hier bedarffs
meiner Kunst gar nicht/ unser junges Herrlein ist bey diesem Kranken der allerbewehrteste
Arzt/ und werden wir in wenig Tagen besserung sehen/ dann es hat sich die Krankheit schon
gebrochen/ und bestehet in heilsamer Wandelung; riet auch daß mir Ruhe gegönnet wür-
de/ daher ward ich auff ein schlaff Gemach gebracht/ weil es ohndaß schon Abend wahr/
und ich die ganze Nacht sehr wol ruhete/ bekam folgends guten Lust zur Speise/ und nam
an Kräften schleunig zu/ daß am sechsten Tage nach meiner Ankunft ich mich in die Klei-
der machete/ wiewol mir die Schwacheit wol vier Wochen anlag/ und ich in solcher Zeit
in die Luft nicht gehen/ noch meinen Leib stark bewägen durfte. Drey Tage vor meiner An-

kunfft

Vierdes Buch.
Ruhmerwerben/ und du wolteſt uns beyde in dieſen Jahren ſchon ſterben machen? Ach
du mein allerliebſtes Seelichen/ antwortete ich/ warumb klageſtu mich ſolcher Grauſam-
keit an/ da ich ja nichts mehr ſuchen wolte/ als vor dich zuſterben/ weil mir ein ſuͤſſer und
angenehmer Tod nicht begegnen moͤchte. Unſere Muͤttere hoͤreten dieſen Reden zu/ und
weineten ſo uͤberlaut/ daß der Groß Fuͤrſt herzu lief/ und nicht anders waͤhnete/ ich wuͤrde
ſchon verſchieden ſeyn; als ſie ihm aber unſer beyder beginnen zeigeten (dann bald kuͤſſetẽ/
bald troͤſteten/ bald drücketen wir uns) wendete er ſich mit halbnaſſen Augen umb/ und
kunte vor Mitleiden nicht mehr zuſehen. Endlich ſagete die Groß Fuͤrſtin zu mir: Herz-
lieber Sohn Ladiſla/ biß du unbetruͤbet/ du ſolt forthin bey deinem Herkules bleiben/ das
verſpreche ich dir ohn alle Falſcheit. Auff welche Rede mich nicht anders gedauchte/
als krauete mir die Haut auff dem Haͤupte/ und zoͤge ſichs über meinen ganzen Leib/
als ein naßfroͤſtiges Tuch/ welches mir zwiſchen Haut und Fleiſch ein angenehmes kitzein-
des ſchauren verurſachete/ daher mir eine Kühlung in allen meinen Gliedern und Blut-
Adern erwecket ward/ und antwortete ich der Groß Fuͤrſtin; Gn. Fr. Mutter/ wolte Gott/
mein H. Vater moͤchte in ihr gnaͤdiges Erbieten einwilligen/ als dann wuͤrde ich ohn zwei-
fel bald geneſen. Liebes Kind/ ſagte meine Fr. Mutter; davor wil ich dir Buͤrge werden/
und haſt hieran im geringſten nicht zuzweiffeln. Herkules hatte bißdaher mein er Fr. Mut-
ter nicht wahr genommen/ auch ſie zuvor niemahls gekennet/ ſetzete ſich deßwegen alsbald
vor ihr nider auff die Knie/ kuͤſſete ihr die Haͤnde/ und wolte ſeine Entſchuldigung tuhn;
aber meine Fr. Mutter hub ihn auff/ und kuͤſſete ihn wol zehnmahl aneinander; Ach mein
allerliebſtes Engelchen/ ſagte ſie/ deucht mich doch nicht anders/ ich ſehe meiner kleinẽ Va-
liſken Ebenbild vor mir; mein trauten Schaz/ ich wundere mich nicht groß/ daß mein La-
diſla ſich dermaſſen in dich verliebet hat/ angeſehen/ mirs faſt nicht viel anders gehen duͤrf-
te. Großmaͤchtigſte Fr. Koͤnigin und Mutter/ autwortete er; ich bitte demuͤhtigſt umb
verzeihung der von mir begangenen Grobheit/ daß ihrer Hocheit ich nicht bald anfangs
die Haͤnde gekuͤſſet/ wovon mich nichts/ als vor erſt die Unwiſſenheit/ dann auch meines
herzlieben Bruders Ladiſla Schwacheit abgehalten hat. Mein allerliebſtes Soͤhnichen/
ſagte ſie/ nicht bitte deſſen einige Verzeihung/ nur laß dir angelegen ſeyn/ daß dein Bruder
Ladiſla bald wieder geſund werden moͤge/ damit wir ihn nicht gar verlierẽ. Sie ging auch
mit ihm an meine Saͤnfte/ und fragete/ wie ich mich befuͤnde; ich ſagete/ ſehr wol/ wann
ich nur ein wenig ſchlaffen moͤchte. Gleich kam ein Teutſcher Pfaffe darzu/ welcher des
Groß Fürſten Leib Arzt wahr/ und meine Schlag Adern begrieff/ auch nach meinen gefuͤh-
reten bezeigungen fragete; ſagte hernach zu dem Groß Fuͤrſten; Gn. Herr/ hier bedarffs
meiner Kunſt gar nicht/ unſer junges Herrlein iſt bey dieſem Kranken der allerbewehrteſte
Arzt/ und werden wir in wenig Tagen beſſerung ſehen/ dañ es hat ſich die Krankheit ſchon
gebrochen/ und beſtehet in heilſamer Wandelung; riet auch daß mir Ruhe gegoͤnnet wuͤr-
de/ daher ward ich auff ein ſchlaff Gemach gebracht/ weil es ohndaß ſchon Abend wahr/
und ich die ganze Nacht ſehr wol ruhete/ bekam folgends guten Luſt zur Speiſe/ und nam
an Kraͤften ſchleunig zu/ daß am ſechſten Tage nach meiner Ankunft ich mich in die Klei-
der machete/ wiewol mir die Schwacheit wol vier Wochen anlag/ und ich in ſolcher Zeit
in die Luft nicht gehen/ noch meinen Leib ſtark bewaͤgen durfte. Drey Tage vor meiner An-

kunfft
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[918/0956] Vierdes Buch. Ruhmerwerben/ und du wolteſt uns beyde in dieſen Jahren ſchon ſterben machen? Ach du mein allerliebſtes Seelichen/ antwortete ich/ warumb klageſtu mich ſolcher Grauſam- keit an/ da ich ja nichts mehr ſuchen wolte/ als vor dich zuſterben/ weil mir ein ſuͤſſer und angenehmer Tod nicht begegnen moͤchte. Unſere Muͤttere hoͤreten dieſen Reden zu/ und weineten ſo uͤberlaut/ daß der Groß Fuͤrſt herzu lief/ und nicht anders waͤhnete/ ich wuͤrde ſchon verſchieden ſeyn; als ſie ihm aber unſer beyder beginnen zeigeten (dann bald kuͤſſetẽ/ bald troͤſteten/ bald drücketen wir uns) wendete er ſich mit halbnaſſen Augen umb/ und kunte vor Mitleiden nicht mehr zuſehen. Endlich ſagete die Groß Fuͤrſtin zu mir: Herz- lieber Sohn Ladiſla/ biß du unbetruͤbet/ du ſolt forthin bey deinem Herkules bleiben/ das verſpreche ich dir ohn alle Falſcheit. Auff welche Rede mich nicht anders gedauchte/ als krauete mir die Haut auff dem Haͤupte/ und zoͤge ſichs über meinen ganzen Leib/ als ein naßfroͤſtiges Tuch/ welches mir zwiſchen Haut und Fleiſch ein angenehmes kitzein- des ſchauren verurſachete/ daher mir eine Kühlung in allen meinen Gliedern und Blut- Adern erwecket ward/ und antwortete ich der Groß Fuͤrſtin; Gn. Fr. Mutter/ wolte Gott/ mein H. Vater moͤchte in ihr gnaͤdiges Erbieten einwilligen/ als dann wuͤrde ich ohn zwei- fel bald geneſen. Liebes Kind/ ſagte meine Fr. Mutter; davor wil ich dir Buͤrge werden/ und haſt hieran im geringſten nicht zuzweiffeln. Herkules hatte bißdaher mein er Fr. Mut- ter nicht wahr genommen/ auch ſie zuvor niemahls gekennet/ ſetzete ſich deßwegen alsbald vor ihr nider auff die Knie/ kuͤſſete ihr die Haͤnde/ und wolte ſeine Entſchuldigung tuhn; aber meine Fr. Mutter hub ihn auff/ und kuͤſſete ihn wol zehnmahl aneinander; Ach mein allerliebſtes Engelchen/ ſagte ſie/ deucht mich doch nicht anders/ ich ſehe meiner kleinẽ Va- liſken Ebenbild vor mir; mein trauten Schaz/ ich wundere mich nicht groß/ daß mein La- diſla ſich dermaſſen in dich verliebet hat/ angeſehen/ mirs faſt nicht viel anders gehen duͤrf- te. Großmaͤchtigſte Fr. Koͤnigin und Mutter/ autwortete er; ich bitte demuͤhtigſt umb verzeihung der von mir begangenen Grobheit/ daß ihrer Hocheit ich nicht bald anfangs die Haͤnde gekuͤſſet/ wovon mich nichts/ als vor erſt die Unwiſſenheit/ dann auch meines herzlieben Bruders Ladiſla Schwacheit abgehalten hat. Mein allerliebſtes Soͤhnichen/ ſagte ſie/ nicht bitte deſſen einige Verzeihung/ nur laß dir angelegen ſeyn/ daß dein Bruder Ladiſla bald wieder geſund werden moͤge/ damit wir ihn nicht gar verlierẽ. Sie ging auch mit ihm an meine Saͤnfte/ und fragete/ wie ich mich befuͤnde; ich ſagete/ ſehr wol/ wann ich nur ein wenig ſchlaffen moͤchte. Gleich kam ein Teutſcher Pfaffe darzu/ welcher des Groß Fürſten Leib Arzt wahr/ und meine Schlag Adern begrieff/ auch nach meinen gefuͤh- reten bezeigungen fragete; ſagte hernach zu dem Groß Fuͤrſten; Gn. Herr/ hier bedarffs meiner Kunſt gar nicht/ unſer junges Herrlein iſt bey dieſem Kranken der allerbewehrteſte Arzt/ und werden wir in wenig Tagen beſſerung ſehen/ dañ es hat ſich die Krankheit ſchon gebrochen/ und beſtehet in heilſamer Wandelung; riet auch daß mir Ruhe gegoͤnnet wuͤr- de/ daher ward ich auff ein ſchlaff Gemach gebracht/ weil es ohndaß ſchon Abend wahr/ und ich die ganze Nacht ſehr wol ruhete/ bekam folgends guten Luſt zur Speiſe/ und nam an Kraͤften ſchleunig zu/ daß am ſechſten Tage nach meiner Ankunft ich mich in die Klei- der machete/ wiewol mir die Schwacheit wol vier Wochen anlag/ und ich in ſolcher Zeit in die Luft nicht gehen/ noch meinen Leib ſtark bewaͤgen durfte. Drey Tage vor meiner An- kunfft

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 918. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/956>, abgerufen am 22.12.2024.