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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
muß mein Sohn Ladisla wieder mit mir zihen/ wann wir aber wieder kommen/ wollen wir
ein ganzes Jahr hieselbst verharren. Ja wie bald geschihet solches/ aller gnädigster König?
antwortet er; so ist mir auch das ganze Jahr zu verdächtig/ nachdem Ihre Hocheit diß mal
so schleunig hinweg eilet/ noch ehe mit meinem herzlieben Bruder Ladisla ich rechte Kund-
schafft treffen mögen. Aber da halff alles nichts; ich muste auff die Gutsche mich setzen/ so
bald ich einen kurzen Abscheid von Herkules mit so verwirretem Gemüht genommen hat-
te/ daß ich vergaß ihn zuumfangen; wie dann nicht geringere Verenderung ich an ihm
gleichfals spürete. Auff der Reise taht ich nichts als seuffzen/ ungeachtet mein Herr Vater
mich hart straffete/ so kunte er mich doch darzu nicht bewagen/ daß ich ihm gehorchet/ und
einen freyen Sinn angenommen hätte; ja weder essen noch trinken wolte mir schmäcken/
schlieff auch des Nachtes sehr wenig/ da ich im Schlaffe nur stets meinen Herkules rief/
daher ich/ wie wir zu Prag anlangeten/ schon so schwach und bleich wahr/ daß meine Frau
Mutter sich darüber entsetzete/ und nach meinem Gebrechen fragete/ welches aber so wenig
ich/ als mein Herr Vater ihr sagen wolte. Nun hatte ich mir gänzlich vorgenommen zu
sterben/ weil mir unmöglich wahr/ mein hefftiges Verlangen nach Herkules zuertragen/
ward auch in wenig Tagen so matt/ daß ich nicht gehen kunte/ sondern stets zu Bette ligen
muste. Meine Wärterin hatte/ wann ich eingeschlummert wahr/ gehorchet/ daß ich unter
den seuffzen den Nahmen Herkules offt genennet/ zeigete es meiner Fr. Mutter an/ und sa-
gete: Dafern mir nicht beyzeiten Raht geschaffet würde/ könte ichs nicht lange treiben.
Also ward der Arzt zu mir geführet/ dessen Gegenwart mir nicht angenehm wahr/ inson-
derheit/ da er nach Begreiffung der Schlag Adern und Herzklopffens auch mein Wasser
besahe/ mich fast eine Stunde lang betrachtete/ und endlich zu meiner Fr. Mutter sagete;
es währe keine Krankheit/ die durch Kräuter oder andere leibliche Arzney könte vertrieben
werden/ sintemahl alles übel des zarten Leibes einig und allein von der Unruhe des Gemü-
tes verursachet würde; müste demnach ohn zweisel in kurzer Zeit vergehen/ dafern mir nit
Hoffnung zur Erlangung meines inniglichen begehrens gemacht würde. Darauff kam
gegen Abend mein Herr Vater zu mir/ fragend/ ob ich nicht schier wieder gesund werden
wolte/ inwendig neun Tagen müste er nohtwendiger Geschäffte halber nach dem Groß-
Fürsten reisen/ wohin er mich mitnehmen wolte. Dieses wahr meine rechte Arzney; ich fo-
derte Speise und Trank/ und ging des vierden Tages/ als fehlete mir nichts/ ohn daß die
Mattigkeit mir in den Knochen lag. Als der neunde Tag herbey kam/ und ich keine Zube-
reitung zur Reise sahe/ erkundigte ich mich bey den Trabanten und Gutscher/ wie bald mein
Herr Vater nach Teutschland würde; bekam aber zur Antwort: man währe kaum wie-
der zu Hause angelanget; ob ich meynete/ dz man alle Wochen um einander nach Teutsch-
land reisen würde? dessen bey meiner Frau Mutter ich mich beschwerete/ vorwendend/ die
Knechte und Diener hielten mich so geringe/ daß sie mich keiner warhafften Antwort wir-
digten/ welches ihnen zu seiner Zeitsolte eingebracht werden; Worauff sie zur Antwort
gab: den Dienern währe solches unbewust/ und überdas die Reise wegen anderer Geschäf-
te auffgeschoben/ müste demnach mich gedulden/ biß es meinem Herr Vater würde gelegen
seyn. Je warumb nicht? antwortete ich; und warumb solte mein Herr Vater meinet we-
gen früher oder später reisen? Aber damit ging die erste abgelegte Traurigkeit von neuen

wieder

Vierdes Buch.
muß mein Sohn Ladiſla wieder mit mir zihen/ wann wir aber wieder kommen/ wollen wir
ein ganzes Jahr hieſelbſt verharren. Ja wie bald geſchihet ſolches/ aller gnaͤdigſter Koͤnig?
antwortet er; ſo iſt mir auch das ganze Jahr zu verdaͤchtig/ nachdem Ihre Hocheit diß mal
ſo ſchleunig hinweg eilet/ noch ehe mit meinem herzlieben Bruder Ladiſla ich rechte Kund-
ſchafft treffen moͤgen. Aber da halff alles nichts; ich muſte auff die Gutſche mich ſetzen/ ſo
bald ich einen kurzen Abſcheid von Herkules mit ſo verwirretem Gemüht genommen hat-
te/ daß ich vergaß ihn zuumfangen; wie dann nicht geringere Verenderung ich an ihm
gleichfals ſpürete. Auff der Reiſe taht ich nichts als ſeuffzen/ ungeachtet mein Herr Vater
mich hart ſtraffete/ ſo kunte er mich doch darzu nicht bewågen/ daß ich ihm gehorchet/ und
einen freyen Sinn angenommen haͤtte; ja weder eſſen noch trinken wolte mir ſchmaͤcken/
ſchlieff auch des Nachtes ſehr wenig/ da ich im Schlaffe nur ſtets meinen Herkules rief/
daher ich/ wie wir zu Prag anlangeten/ ſchon ſo ſchwach und bleich wahr/ daß meine Frau
Mutter ſich daruͤber entſetzete/ und nach meinem Gebrechen fragete/ welches aber ſo wenig
ich/ als mein Herr Vater ihr ſagen wolte. Nun hatte ich mir gaͤnzlich vorgenommen zu
ſterben/ weil mir unmoͤglich wahr/ mein hefftiges Verlangen nach Herkules zuertragen/
ward auch in wenig Tagen ſo matt/ daß ich nicht gehen kunte/ ſondern ſtets zu Bette ligen
muſte. Meine Waͤrterin hatte/ wann ich eingeſchlummert wahr/ gehorchet/ daß ich unter
den ſeuffzen den Nahmen Herkules offt genennet/ zeigete es meiner Fr. Mutter an/ und ſa-
gete: Dafern mir nicht beyzeiten Raht geſchaffet wuͤrde/ koͤnte ichs nicht lange treiben.
Alſo ward der Arzt zu mir gefuͤhret/ deſſen Gegenwart mir nicht angenehm wahr/ inſon-
derheit/ da er nach Begreiffung der Schlag Adern und Herzklopffens auch mein Waſſer
beſahe/ mich faſt eine Stunde lang betrachtete/ und endlich zu meiner Fr. Mutter ſagete;
es waͤhre keine Krankheit/ die durch Kraͤuter oder andere leibliche Arzney koͤnte vertrieben
werden/ ſintemahl alles uͤbel des zarten Leibes einig und allein von der Unruhe des Gemuͤ-
tes verurſachet wuͤrde; muͤſte demnach ohn zweiſel in kurzer Zeit vergehen/ dafern mir nit
Hoffnung zur Erlangung meines inniglichen begehrens gemacht wuͤrde. Darauff kam
gegen Abend mein Herr Vater zu mir/ fragend/ ob ich nicht ſchier wieder geſund werden
wolte/ inwendig neun Tagen muͤſte er nohtwendiger Geſchaͤffte halber nach dem Groß-
Fuͤrſten reiſen/ wohin er mich mitnehmen wolte. Dieſes wahr meine rechte Arzney; ich fo-
derte Speiſe und Trank/ und ging des vierden Tages/ als fehlete mir nichts/ ohn daß die
Mattigkeit mir in den Knochen lag. Als der neunde Tag herbey kam/ und ich keine Zube-
reitung zur Reiſe ſahe/ erkundigte ich mich bey den Trabanten uñ Gutſcher/ wie bald mein
Herr Vater nach Teutſchland wuͤrde; bekam aber zur Antwort: man waͤhre kaum wie-
der zu Hauſe angelanget; ob ich meynete/ dz man alle Wochen um einander nach Teutſch-
land reiſen wuͤrde? deſſen bey meiner Frau Mutter ich mich beſchwerete/ vorwendend/ die
Knechte und Diener hielten mich ſo geringe/ daß ſie mich keiner warhafften Antwort wir-
digten/ welches ihnen zu ſeiner Zeitſolte eingebracht werden; Worauff ſie zur Antwort
gab: den Dienern waͤhre ſolches unbewuſt/ und uͤbeꝛdas die Reiſe wegen anderer Geſchaͤf-
te auffgeſchoben/ muͤſte demnach mich gedulden/ biß es meinem Herꝛ Vater wuͤrde gelegen
ſeyn. Je warumb nicht? antwortete ich; und warumb ſolte mein Herr Vater meinet we-
gen früher oder ſpaͤter reiſen? Aber damit ging die erſte abgelegte Traurigkeit von neuen

wieder
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[916/0954] Vierdes Buch. muß mein Sohn Ladiſla wieder mit mir zihen/ wann wir aber wieder kommen/ wollen wir ein ganzes Jahr hieſelbſt verharren. Ja wie bald geſchihet ſolches/ aller gnaͤdigſter Koͤnig? antwortet er; ſo iſt mir auch das ganze Jahr zu verdaͤchtig/ nachdem Ihre Hocheit diß mal ſo ſchleunig hinweg eilet/ noch ehe mit meinem herzlieben Bruder Ladiſla ich rechte Kund- ſchafft treffen moͤgen. Aber da halff alles nichts; ich muſte auff die Gutſche mich ſetzen/ ſo bald ich einen kurzen Abſcheid von Herkules mit ſo verwirretem Gemüht genommen hat- te/ daß ich vergaß ihn zuumfangen; wie dann nicht geringere Verenderung ich an ihm gleichfals ſpürete. Auff der Reiſe taht ich nichts als ſeuffzen/ ungeachtet mein Herr Vater mich hart ſtraffete/ ſo kunte er mich doch darzu nicht bewågen/ daß ich ihm gehorchet/ und einen freyen Sinn angenommen haͤtte; ja weder eſſen noch trinken wolte mir ſchmaͤcken/ ſchlieff auch des Nachtes ſehr wenig/ da ich im Schlaffe nur ſtets meinen Herkules rief/ daher ich/ wie wir zu Prag anlangeten/ ſchon ſo ſchwach und bleich wahr/ daß meine Frau Mutter ſich daruͤber entſetzete/ und nach meinem Gebrechen fragete/ welches aber ſo wenig ich/ als mein Herr Vater ihr ſagen wolte. Nun hatte ich mir gaͤnzlich vorgenommen zu ſterben/ weil mir unmoͤglich wahr/ mein hefftiges Verlangen nach Herkules zuertragen/ ward auch in wenig Tagen ſo matt/ daß ich nicht gehen kunte/ ſondern ſtets zu Bette ligen muſte. Meine Waͤrterin hatte/ wann ich eingeſchlummert wahr/ gehorchet/ daß ich unter den ſeuffzen den Nahmen Herkules offt genennet/ zeigete es meiner Fr. Mutter an/ und ſa- gete: Dafern mir nicht beyzeiten Raht geſchaffet wuͤrde/ koͤnte ichs nicht lange treiben. Alſo ward der Arzt zu mir gefuͤhret/ deſſen Gegenwart mir nicht angenehm wahr/ inſon- derheit/ da er nach Begreiffung der Schlag Adern und Herzklopffens auch mein Waſſer beſahe/ mich faſt eine Stunde lang betrachtete/ und endlich zu meiner Fr. Mutter ſagete; es waͤhre keine Krankheit/ die durch Kraͤuter oder andere leibliche Arzney koͤnte vertrieben werden/ ſintemahl alles uͤbel des zarten Leibes einig und allein von der Unruhe des Gemuͤ- tes verurſachet wuͤrde; muͤſte demnach ohn zweiſel in kurzer Zeit vergehen/ dafern mir nit Hoffnung zur Erlangung meines inniglichen begehrens gemacht wuͤrde. Darauff kam gegen Abend mein Herr Vater zu mir/ fragend/ ob ich nicht ſchier wieder geſund werden wolte/ inwendig neun Tagen muͤſte er nohtwendiger Geſchaͤffte halber nach dem Groß- Fuͤrſten reiſen/ wohin er mich mitnehmen wolte. Dieſes wahr meine rechte Arzney; ich fo- derte Speiſe und Trank/ und ging des vierden Tages/ als fehlete mir nichts/ ohn daß die Mattigkeit mir in den Knochen lag. Als der neunde Tag herbey kam/ und ich keine Zube- reitung zur Reiſe ſahe/ erkundigte ich mich bey den Trabanten uñ Gutſcher/ wie bald mein Herr Vater nach Teutſchland wuͤrde; bekam aber zur Antwort: man waͤhre kaum wie- der zu Hauſe angelanget; ob ich meynete/ dz man alle Wochen um einander nach Teutſch- land reiſen wuͤrde? deſſen bey meiner Frau Mutter ich mich beſchwerete/ vorwendend/ die Knechte und Diener hielten mich ſo geringe/ daß ſie mich keiner warhafften Antwort wir- digten/ welches ihnen zu ſeiner Zeitſolte eingebracht werden; Worauff ſie zur Antwort gab: den Dienern waͤhre ſolches unbewuſt/ und uͤbeꝛdas die Reiſe wegen anderer Geſchaͤf- te auffgeſchoben/ muͤſte demnach mich gedulden/ biß es meinem Herꝛ Vater wuͤrde gelegen ſeyn. Je warumb nicht? antwortete ich; und warumb ſolte mein Herr Vater meinet we- gen früher oder ſpaͤter reiſen? Aber damit ging die erſte abgelegte Traurigkeit von neuen wieder

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 916. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/954>, abgerufen am 22.12.2024.