Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Erstes Buch. so beredete sie auch ihre angebohrne Keuscheit und Zucht/ dz weil er sie ganz nacket antroffenund gesehen/ sie sich dessen zeit ihres lebens schämen müste/ wann sie nit sein Ehegemahl wür- de. So bald die ersten speisen aufgesetzt wurden/ ging dz nöhtigen wegen des obersitzes an/ biß der Stathalter bey seinen Gästen/ alles nach gefallen zuordnen/ Freyheit erhielt; worauf er Frl. Ursulen hinter am Tische die Oberstelle nehmen hieß; welches sie vor einen scherz auf- nam/ bald aber/ den ernst sehend/ gerne gehorsamete. Den andern Plaz muste Herkules; den dritten Frl. Helena; den vierden Ladisla bekleiden/ der schon in der angst stund/ sein Frl. wür- de ihm entfernet werden; als er aber von ihrem Vater den befehl hörete/ sich zu ihm nider- zulassen/ hielt ers vor ein zeichen eines glüklichen außganges seiner Liebe. Diese Bank wahr nun mit den fünffen besetzet/ und wolte der Stathalter gleichwol seinen Sohn von dieser lieben Geselschaft nit abtrennen/ daher er zu ihm sagete: weil dich das gute Glük zu ihnen hin in den Wald geführet hat/ magstu ihres nähern Beysitzens auch allhier geniessen: weisete ihn hin vor den Tisch auf einen Stuel sich niderzusetzen/ da er seiner vertraueten Frl. an die seite kam. Dieser junge Fabius war sonst ein wolgestalter ansehnlicher Ritter seines alters von XXIV Jahren/ in adelichen Sitten und ritterlichen übungen von jugend auff wol unterwiesen/ worauf sein Vater desto mehr fleiß wendete/ weil ihm von einen Geburtskündiger geweis- saget wahr/ er würde in seinem ersten mannlichen Alter überauß grosse Mühe und Gefahr über sich zu nehmen haben; Es wahr auch an ihm nichts zu tadeln/ ohn daß er seinen Zorn nicht wol meistern kunte. Der Stathalter sahe diese junge Leute hinter dem Tische an/ und sagte zu den andern Anwesenden: Verzeihet mir/ geliebte Freunde/ daß vor dißmahl ich unsere Kinder so hoch ehre/ und sie über uns Eltern zu diesen fremden Herren setze; dann ich habe billich seyn erachtet/ daß welche heut in der Gefahr so nahe bey einander gewesen/ jezt in der Sicherheit nicht so schleunig getrennet werden/ weil alle schnelle verenderung/ wie man saget/ gefährlich seyn sol. Ladisla gedachte/ diß währe schon das andere Zeichen seines gehofften guten Fortganges. Aber Herr Kornelius antwortete dem Stathalter; es währe solches von jhm sehr wol geordnet; welcher dann auf begehren sich zu dem jungen Fa- bius setzete/ und sein Gemahl Frau Fausta/ des Stathalters Mutter-Schwester Tochter/ der Skipionen Geschlechts/ neben jhn/ gegen ihre Tochter Frl. Ursulen über. Herr Emi- lius folgete ihr/ und sein Gemahl Fr. Julia/ eine Pollionin/ der Stathalterin Halbschwe- ster von der Mutter her/ welche neben ihr die Stelle nam/ so daß der Stathalter zu unterst vor dem Tische alleine saß/ und an der rechten Hand seine Tochter hatte/ welche wegen sei- ner nahen Gegenwart mit ihrem Ladisla nicht reden durffte. Der junge Fabius verrichte- te das Vorschneider-Amt/ und nöhtigte die anwesenden höflich/ so mangelte es zeit weh- render Mahlzeit am guten Seitenspiele nicht/ welches Herkules und Ladisla/ als die darin wol geübet/ sehr liebeten. Bey dem Essen fiel mannicherley Gespräch/ biß nach aufgehobe- nen Speisen die Stathalterin an ihren Gemahl begehrete/ ihr ein Viertelstündichen ih- ren Willen zu gönnen; wolte hoffen/ den Anwesenden ingesamt würde es nicht zuwider seyn. Der Stathalter ließ es gerne geschehen/ der ihr Vorhaben schon merkete; Worauf sie die drey Fräulein anredete/ und ihnen eins zu werden befahl/ welche unter ihnen gleich jezt öffentlich erzählen solte/ auff was weise sie geraubet/ und von diesen Herren wieder er- rettet währen; würden sie aber sich dessen wegern/ dann solten sie diesen Tag auff keinen Tanz hoffen. Frl. Ursula/ als die älteste antwortete: sie wüste niemand/ die solchem Befehl besser
Erſtes Buch. ſo beredete ſie auch ihre angebohrne Keuſcheit uñ Zucht/ dz weil er ſie ganz nacket antꝛoffenuñ geſehen/ ſie ſich deſſen zeit ihres lebens ſchaͤmen muͤſte/ wañ ſie nit ſein Ehegemahl wuͤr- de. So bald die erſten ſpeiſen aufgeſetzt wurdẽ/ ging dz noͤhtigen wegẽ des oberſitzes an/ biß der Stathalter bey ſeinen Gaͤſten/ alles nach gefallen zuordnen/ Freyheit erhielt; worauf er Frl. Urſulen hinter am Tiſche die Oberſtelle nehmen hieß; welches ſie vor einen ſcherz auf- nam/ bald aber/ den ernſt ſehend/ gerne gehorſamete. Den andern Plaz muſte Herkules; dẽ dritten Frl. Helena; den vierden Ladiſla bekleidẽ/ der ſchon in der angſt ſtund/ ſein Frl. wuͤꝛ- de ihm entfernet werden; als er aber von ihrem Vater den befehl hoͤrete/ ſich zu ihm nider- zulaſſen/ hielt ers vor ein zeichen eines gluͤklichen außganges ſeiner Liebe. Dieſe Bank wahr nun mit den fuͤnffen beſetzet/ uñ wolte deꝛ Stathalter gleichwol ſeinẽ Sohn von dieſer liebẽ Geſelſchaft nit abtreñen/ daher er zu ihm ſagete: weil dich das gute Gluͤk zu ihnen hin in dẽ Wald gefuͤhret hat/ magſtu ihres naͤhern Beyſitzens auch allhier genieſſen: weiſete ihn hin vor den Tiſch auf einen Stuel ſich nideꝛzuſetzẽ/ da er ſeiner vertrauetẽ Frl. an die ſeite kam. Dieſer junge Fabius war ſonſt ein wolgeſtalter anſehnlicher Ritter ſeines alters von XXIV Jahren/ in adelichen Sitten und ritterlichen uͤbungen von jugend auff wol unterwieſen/ worauf ſein Vater deſto mehr fleiß wendete/ weil ihm von einẽ Geburtskuͤndiger geweiſ- ſaget wahr/ er wuͤrde in ſeinem erſten mannlichen Alter uͤberauß groſſe Muͤhe und Gefahr uͤber ſich zu nehmen haben; Es wahr auch an ihm nichts zu tadeln/ ohn daß er ſeinen Zorn nicht wol meiſtern kunte. Der Stathalter ſahe dieſe junge Leute hinter dem Tiſche an/ uñ ſagte zu den andern Anweſenden: Verzeihet mir/ geliebte Freunde/ daß vor dißmahl ich unſere Kinder ſo hoch ehre/ und ſie uͤber uns Eltern zu dieſen fremden Herren ſetze; dann ich habe billich ſeyn erachtet/ daß welche heut in der Gefahr ſo nahe bey einander geweſen/ jezt in der Sicherheit nicht ſo ſchleunig getrennet werden/ weil alle ſchnelle verenderung/ wie man ſaget/ gefaͤhrlich ſeyn ſol. Ladiſla gedachte/ diß waͤhre ſchon das andere Zeichen ſeines gehofften gutẽ Fortganges. Aber Herꝛ Kornelius antwortete dem Stathalter; es waͤhre ſolches von jhm ſehr wol geordnet; welcher dañ auf begehrẽ ſich zu dem jungen Fa- bius ſetzete/ und ſein Gemahl Frau Fauſta/ des Stathalters Mutter-Schweſter Tochter/ der Skipionen Geſchlechts/ neben jhn/ gegen ihre Tochter Frl. Urſulen uͤber. Herr Emi- lius folgete ihr/ und ſein Gemahl Fr. Julia/ eine Pollionin/ der Stathalterin Halbſchwe- ſter von der Mutter her/ welche neben ihr die Stelle nam/ ſo daß der Stathalter zu unterſt vor dem Tiſche alleine ſaß/ und an der rechten Hand ſeine Tochter hatte/ welche wegen ſei- ner nahen Gegenwart mit ihrem Ladiſla nicht reden durffte. Der junge Fabius verrichte- te das Vorſchneider-Amt/ und noͤhtigte die anweſenden hoͤflich/ ſo mangelte es zeit weh- render Mahlzeit am guten Seitenſpiele nicht/ welches Herkules und Ladiſla/ als die darin wol geuͤbet/ ſehr liebeten. Bey dem Eſſen fiel mannicherley Geſpraͤch/ biß nach aufgehobe- nen Speiſen die Stathalterin an ihren Gemahl begehrete/ ihr ein Viertelſtuͤndichen ih- ren Willen zu goͤnnen; wolte hoffen/ den Anweſenden ingeſamt wuͤrde es nicht zuwider ſeyn. Der Stathalter ließ es gerne geſchehen/ der ihr Vorhaben ſchon merkete; Worauf ſie die drey Fraͤulein anredete/ und ihnen eins zu werden befahl/ welche unter ihnen gleich jezt oͤffentlich erzaͤhlen ſolte/ auff was weiſe ſie geraubet/ und von dieſen Herren wieder er- rettet waͤhren; wuͤrden ſie aber ſich deſſen wegern/ dann ſolten ſie dieſen Tag auff keinen Tanz hoffen. Frl. Urſula/ als die aͤlteſte antwortete: ſie wuͤſte niemand/ die ſolchem Befehl beſſer
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Erſtes Buch.
ſo beredete ſie auch ihre angebohrne Keuſcheit uñ Zucht/ dz weil er ſie ganz nacket antꝛoffen
uñ geſehen/ ſie ſich deſſen zeit ihres lebens ſchaͤmen muͤſte/ wañ ſie nit ſein Ehegemahl wuͤr-
de. So bald die erſten ſpeiſen aufgeſetzt wurdẽ/ ging dz noͤhtigen wegẽ des oberſitzes an/ biß
der Stathalter bey ſeinen Gaͤſten/ alles nach gefallen zuordnen/ Freyheit erhielt; worauf er
Frl. Urſulen hinter am Tiſche die Oberſtelle nehmen hieß; welches ſie vor einen ſcherz auf-
nam/ bald aber/ den ernſt ſehend/ gerne gehorſamete. Den andern Plaz muſte Herkules; dẽ
dritten Frl. Helena; den vierden Ladiſla bekleidẽ/ der ſchon in der angſt ſtund/ ſein Frl. wuͤꝛ-
de ihm entfernet werden; als er aber von ihrem Vater den befehl hoͤrete/ ſich zu ihm nider-
zulaſſen/ hielt ers vor ein zeichen eines gluͤklichen außganges ſeiner Liebe. Dieſe Bank wahr
nun mit den fuͤnffen beſetzet/ uñ wolte deꝛ Stathalter gleichwol ſeinẽ Sohn von dieſer liebẽ
Geſelſchaft nit abtreñen/ daher er zu ihm ſagete: weil dich das gute Gluͤk zu ihnen hin in dẽ
Wald gefuͤhret hat/ magſtu ihres naͤhern Beyſitzens auch allhier genieſſen: weiſete ihn hin
vor den Tiſch auf einen Stuel ſich nideꝛzuſetzẽ/ da er ſeiner vertrauetẽ Frl. an die ſeite kam.
Dieſer junge Fabius war ſonſt ein wolgeſtalter anſehnlicher Ritter ſeines alters von XXIV
Jahren/ in adelichen Sitten und ritterlichen uͤbungen von jugend auff wol unterwieſen/
worauf ſein Vater deſto mehr fleiß wendete/ weil ihm von einẽ Geburtskuͤndiger geweiſ-
ſaget wahr/ er wuͤrde in ſeinem erſten mannlichen Alter uͤberauß groſſe Muͤhe und Gefahr
uͤber ſich zu nehmen haben; Es wahr auch an ihm nichts zu tadeln/ ohn daß er ſeinen Zorn
nicht wol meiſtern kunte. Der Stathalter ſahe dieſe junge Leute hinter dem Tiſche an/ uñ
ſagte zu den andern Anweſenden: Verzeihet mir/ geliebte Freunde/ daß vor dißmahl ich
unſere Kinder ſo hoch ehre/ und ſie uͤber uns Eltern zu dieſen fremden Herren ſetze; dann
ich habe billich ſeyn erachtet/ daß welche heut in der Gefahr ſo nahe bey einander geweſen/
jezt in der Sicherheit nicht ſo ſchleunig getrennet werden/ weil alle ſchnelle verenderung/
wie man ſaget/ gefaͤhrlich ſeyn ſol. Ladiſla gedachte/ diß waͤhre ſchon das andere Zeichen
ſeines gehofften gutẽ Fortganges. Aber Herꝛ Kornelius antwortete dem Stathalter; es
waͤhre ſolches von jhm ſehr wol geordnet; welcher dañ auf begehrẽ ſich zu dem jungen Fa-
bius ſetzete/ und ſein Gemahl Frau Fauſta/ des Stathalters Mutter-Schweſter Tochter/
der Skipionen Geſchlechts/ neben jhn/ gegen ihre Tochter Frl. Urſulen uͤber. Herr Emi-
lius folgete ihr/ und ſein Gemahl Fr. Julia/ eine Pollionin/ der Stathalterin Halbſchwe-
ſter von der Mutter her/ welche neben ihr die Stelle nam/ ſo daß der Stathalter zu unterſt
vor dem Tiſche alleine ſaß/ und an der rechten Hand ſeine Tochter hatte/ welche wegen ſei-
ner nahen Gegenwart mit ihrem Ladiſla nicht reden durffte. Der junge Fabius verrichte-
te das Vorſchneider-Amt/ und noͤhtigte die anweſenden hoͤflich/ ſo mangelte es zeit weh-
render Mahlzeit am guten Seitenſpiele nicht/ welches Herkules und Ladiſla/ als die darin
wol geuͤbet/ ſehr liebeten. Bey dem Eſſen fiel mannicherley Geſpraͤch/ biß nach aufgehobe-
nen Speiſen die Stathalterin an ihren Gemahl begehrete/ ihr ein Viertelſtuͤndichen ih-
ren Willen zu goͤnnen; wolte hoffen/ den Anweſenden ingeſamt wuͤrde es nicht zuwider
ſeyn. Der Stathalter ließ es gerne geſchehen/ der ihr Vorhaben ſchon merkete; Worauf
ſie die drey Fraͤulein anredete/ und ihnen eins zu werden befahl/ welche unter ihnen gleich
jezt oͤffentlich erzaͤhlen ſolte/ auff was weiſe ſie geraubet/ und von dieſen Herren wieder er-
rettet waͤhren; wuͤrden ſie aber ſich deſſen wegern/ dann ſolten ſie dieſen Tag auff keinen
Tanz hoffen. Frl. Urſula/ als die aͤlteſte antwortete: ſie wuͤſte niemand/ die ſolchem Befehl
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/90>, abgerufen am 27.07.2024. |