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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
gen gehalten würde/ und da sie ihm nicht gehorsamete/ wolte ers dem Fürsten klagen/ und
ihn zu Hülffe zihen. Die Frau wahr in ihrem Gewissen überzeuget/ durffte demnach ihre
gewöhnliche Keiferey nicht vor die Hand nehmen/ sondern kehrete sich zum Weinen und
bezeugete mit vielen Trähnen ihre Unschuld; endlich fiel sie ihm umb den Halß/ und mit
heftigen ungewöhnlichen küssen baht sie/ er möchte den falschen Verdacht aus dem Sinne
schlagen/ sie hätte ihren Kleon sider das leztemahl nicht gesehen/ welches zu bejahen sie alle
Flüche ausließ; weil er aber auff seiner Meinung fest stehen blieb/ fing sie endlich an: Nun
so höre mich betrübetes Weib/ o du ädle Kleons-Seele/ an was Ende du auch bist/ und
räche deine und meine Unschuld an diesem Hartnäckigten/ der weder durch Bitte noch
Trähnen noch Flüche zu bewägen ist. Ging hiemit von ihm/ und ließ sich etlicher Dräu-
ungen vernehmen/ daß er weiter anzuhalten abgeschrecket ward. Es fiel ihr aber schwer/
ihrem Kleon Speise und Trank unvermerket zuzubringen/ welches erst umb Nachmittage
geschahe/ da Nabarzanes seine Ruhestunden hielt/ und legte sie mit ihm an/ wessen er sich
umb Mitternacht verhalten solte. Bey dem Abendmahl taht sie ihrem Gemahl sehr güt-
lich/ erzeigete sich traurig/ und ging zeitig mit ihm an die Ruhe. Umb Mitternacht gingen
alle Wachskerzen/ welche im Gemache zu brennen pflegeten/ von sich selber aus/ dann sie
wahren durchboret und mit Wasser angefüllet; Worauff Kleon in einem weissen Kittel
gar leise in die Kammer trat/ und darinnen auff und nider ging/ welches die Frau ersehend/
sich furchtsam erzeigete/ und ihren Gemahl auffweckete/ vorgebend/ ihr kähme ein erschrek-
liches Grausen an/ sahe damit auff/ und ward Kleons gewahr/ deßwegen sie ein dümpfi-
ges Geschrey ergehen ließ/ und endlich fragete/ wer in der Kammer umbginge; sie bekam
von einer traurigen Stimme diese Antwort; Geliebte Frau/ es ist Kleons/ eures geträuen
Dieners schwebender Geist/ und kan nicht zur Ruhe kommen/ als lange meine Knochen
unverscharret bleiben; seid demnach gebehten/ und helffet mir; mein Gerippe wird man
im Pusche am Wege zur rechten Hand finden/ woselbst die durchfliessende Bach einen dop-
pelten Lauff hält. So bald sie dieses hörete/ sprang sie aus dem Bette/ und lieff hin/ ihn zu
umbfahen; aber er weich ihr immer aus/ vorgebend/ verstorbene Seelen könten von den
lebendigen nicht begriffen noch geküsset werden. So bald er nun durch der Frauen Nach-
dringen biß ans Bette kam/ kehrete er sich umb und sagete zu Nabarzanes; du Gottloser
Mensch/ der du deines frommes Gemahls unwirdig bist; wodurch habe ich dich jemahls
beleidiget/ daß du mich diesen Tag so verunruhet/ und aus meinem Gemache durch alle
Zimmer getrieben hast/ in welchem ich bißher mich in allerstille auffgehalten/ und daselbst
nach meinem Tode von deinem Gemahl täglich beklaget bin? Der erschrockene Tropff
hatte den Kopff unter dem Bette verhüllet/ und lieff ihm der Angstschweiß bey den Ohren
herunter/ ja alle seine Glieder zitterten ihm/ daß er kein Wort reden kunte; gab doch end-
lich seinem Gemahl zuverstehen/ sie möchte eine Bitte vor ihn einlegen/ damit die Seele
ihn nicht beleidigte; weil aber solches der Abrede nicht gemäß wahr/ achtete dessen Kleon
nicht/ sondern zog ihm das Bette vom Leibe/ und mit einem Ochsenstecken zerschmirete er
ihm Arm und Beine/ ja sein ganzes Gerippe dermassen/ daß er wie ein Wurm sich krüm-
mete; endlich fassete er ihn bey der Kehle und sagte: Du Gottloser Schelm/ jezt wil ich
dich erwürgen/ nachdem du mich heut in meiner Ruhe gestöret/ und so unbarmherzig umb-

her

Vierdes Buch.
gen gehalten wuͤrde/ und da ſie ihm nicht gehorſamete/ wolte ers dem Fuͤrſten klagen/ und
ihn zu Huͤlffe zihen. Die Frau wahr in ihrem Gewiſſen uͤberzeuget/ durffte demnach ihre
gewoͤhnliche Keiferey nicht vor die Hand nehmen/ ſondern kehrete ſich zum Weinen und
bezeugete mit vielen Traͤhnen ihre Unſchuld; endlich fiel ſie ihm umb den Halß/ und mit
heftigen ungewoͤhnlichen kuͤſſen baht ſie/ er moͤchte den falſchen Verdacht aus dem Sinne
ſchlagen/ ſie haͤtte ihren Kleon ſider das leztemahl nicht geſehen/ welches zu bejahen ſie alle
Fluͤche ausließ; weil er aber auff ſeiner Meinung feſt ſtehen blieb/ fing ſie endlich an: Nun
ſo hoͤre mich betruͤbetes Weib/ o du aͤdle Kleons-Seele/ an was Ende du auch biſt/ und
raͤche deine und meine Unſchuld an dieſem Hartnaͤckigten/ der weder durch Bitte noch
Traͤhnen noch Fluͤche zu bewaͤgen iſt. Ging hiemit von ihm/ und ließ ſich etlicher Draͤu-
ungen vernehmen/ daß er weiter anzuhalten abgeſchrecket ward. Es fiel ihr aber ſchwer/
ihrem Kleon Speiſe und Trank unvermerket zuzubringen/ welches erſt umb Nachmittage
geſchahe/ da Nabarzanes ſeine Ruheſtunden hielt/ und legte ſie mit ihm an/ weſſen er ſich
umb Mitternacht verhalten ſolte. Bey dem Abendmahl taht ſie ihrem Gemahl ſehr guͤt-
lich/ erzeigete ſich traurig/ und ging zeitig mit ihm an die Ruhe. Umb Mitternacht gingen
alle Wachskerzen/ welche im Gemache zu brennen pflegeten/ von ſich ſelber aus/ dann ſie
wahren durchboret und mit Waſſer angefuͤllet; Worauff Kleon in einem weiſſen Kittel
gar leiſe in die Kammer trat/ und dariñen auff und nider ging/ welches die Frau erſehend/
ſich furchtſam erzeigete/ uñ ihren Gemahl auffweckete/ vorgebend/ ihr kaͤhme ein erſchrek-
liches Grauſen an/ ſahe damit auff/ und ward Kleons gewahr/ deßwegen ſie ein duͤmpfi-
ges Geſchrey ergehen ließ/ und endlich fragete/ wer in der Kammer umbginge; ſie bekam
von einer traurigen Stimme dieſe Antwort; Geliebte Frau/ es iſt Kleons/ eures getraͤuen
Dieners ſchwebender Geiſt/ und kan nicht zur Ruhe kommen/ als lange meine Knochen
unverſcharret bleiben; ſeid demnach gebehten/ und helffet mir; mein Gerippe wird man
im Puſche am Wege zur rechten Hand finden/ woſelbſt die durchflieſſende Bach einen dop-
pelten Lauff haͤlt. So bald ſie dieſes hoͤrete/ ſprang ſie aus dem Bette/ und lieff hin/ ihn zu
umbfahen; aber er weich ihr immer aus/ vorgebend/ verſtorbene Seelen koͤnten von den
lebendigen nicht begriffen noch gekuͤſſet werden. So bald er nun durch der Frauen Nach-
dringen biß ans Bette kam/ kehrete er ſich umb und ſagete zu Nabarzanes; du Gottloſer
Menſch/ der du deines frommes Gemahls unwirdig biſt; wodurch habe ich dich jemahls
beleidiget/ daß du mich dieſen Tag ſo verunruhet/ und aus meinem Gemache durch alle
Zimmer getrieben haſt/ in welchem ich bißher mich in allerſtille auffgehalten/ und daſelbſt
nach meinem Tode von deinem Gemahl taͤglich beklaget bin? Der erſchrockene Tropff
hatte den Kopff unter dem Bette verhuͤllet/ und lieff ihm der Angſtſchweiß bey den Ohren
herunter/ ja alle ſeine Glieder zitterten ihm/ daß er kein Wort reden kunte; gab doch end-
lich ſeinem Gemahl zuverſtehen/ ſie moͤchte eine Bitte vor ihn einlegen/ damit die Seele
ihn nicht beleidigte; weil aber ſolches der Abrede nicht gemaͤß wahr/ achtete deſſen Kleon
nicht/ ſondern zog ihm das Bette vom Leibe/ und mit einem Ochſenſtecken zerſchmirete er
ihm Arm und Beine/ ja ſein ganzes Gerippe dermaſſen/ daß er wie ein Wurm ſich kruͤm-
mete; endlich faſſete er ihn bey der Kehle und ſagte: Du Gottloſer Schelm/ jezt wil ich
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 808. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/846>, abgerufen am 09.11.2024.