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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
chen/ sondern gab zur Antwort: Eure Liebe und Freundschafft mein Herr/ ist mir aller-
dinge unwissend; unter dessen aber halte ich meine Urtel den Rechten noch gemäß. O
mein Fräulein/ sagte er/ viel zu stränge viel zu stränge[!] warumb aber zu stränge? fragte
sie; ich meine/ der Himmel selbst werde meinen Schluß billichen/ als welcher nichts so sehr/
als die Undankbarkeit hasset; möchte doch gerne von ihm hören/ wie ich die Urtel anders
fassen solte. Meine Meynung währe/ antwortete er/ es solte diese Jungfer vor erst gehal-
ten seyn/ den unschuldigen frommen Ritter aus dem Loche zu ziehen/ und ihm eine bessere
Dankbarkeit zu erweisen; würde hernach der Ritter zugeben können/ welches ich doch nit
gläube/ daß sie in vorige Gefängniß gelegt würde/ stünde davon zu rahtschlagen/ wie/ wel-
cher gestalt/ und wie lange; ja würde der Ritter nicht klagen/ so bedürffte es keines weitern
Spruchs. Bey meiner Träue/ sagte sie/ es währe eine wolbedachte/ aber gar gelinde Ur-
tel an der Jungfern Seite/ und geschähe über das dem Ritter kein Genügen. Meiner
Fräulein Spruch aber/ sagte er/ würde gar zu scharff seyn/ nicht minder wider den Ritter/
als die Jungfer selbst/ ungeachtet der Ritter ihr zuvor kein Leid angetahn. Gegen den Rit-
ter zu scharff; Dann es möchte seyn/ daß nach seiner Erledigung er seine Liebe zu jhr/ nicht
ablegen könte/ und wol lieber sterben/ als sie unter den Würmen verderben lassen wolte.
Also würde die gesprochene Urtel den unschuldigen mit dem schuldigen treffen. Gegen
die Jungfer zu scharff; dann es möchte ihr das übel nachgehends leid werden; hätte über
das/ weil der Ritter ja erlediget währe/ den Tod nicht verdienet/ sondern stünde vielleicht
in dessen ferner Wilkühr/ mit jhr zu handeln. Mein Herr/ sagte sie hierauff/ ich bin viel zu
schlecht und unverständig/ diesen wichtigen Einwurff zu lösen; erlerne auch daher/ wie ein
schweres Werck das Richter Amt sey/ welchem Unerfahrne keines weges sollen vorgesezt
werden; Daher auch mein Herr übel getahn/ daß er mich vor eine Richterin auffgeworf-
fen hat. Wann mir aber keine Frage verarget würde/ möchte ich wol wissen/ ob auch jez-
gedachter Ritter so wol Standes als Tugend halber wirdig gewesen/ von dieser Jungfer
nicht allein loßgelassen/ sondern auch geliebet zu werden. Ladisla merkete ihre Verschla-
genheit/ daß sie seinen Vorsaz errahten hatte/ und zugleich sich seines Standes erkündigen
wolte/ und gab zur Antwort: So viel mir bewust/ hat dieser Ritter stets nach Ehr und Tu-
gend gestrebet/ sich aber äusserlich und vor den Leuten aus höchstwichtigen Ursachen schlecht
und geringe gehalten/ ungeachtet er von hohem/ ja von dem höchsten Stande seines Vater-
landes wahr. Vielleicht hat dann die Jungfer/ sagte sie/ seines Herkommens keine Wissen-
schafft gehabt/ sonst würde sie ohn zweifel sich so unfreundlich gegen ihn nicht verhalten
haben; und dafern dem also/ hätte der Ritter/ meiner Einfalt nach/ sehr wol getahn/ wann
er bald anfangs sich ihr hätte zu erkennen gegeden. Es stund wegen eines schweren Gelüb-
des in seiner Macht nicht/ antwortete er/ sonst hätte er vielleicht der Jungfer ohn einiges
Bedenken sein ganzes Herz vertrauet; Und was meinem hochwerten Fräulein ich anjezt
vorgetragen/ kan ich anders nicht rechnen/ als ein lebendiges Vorbilde meines jetzigen un-
sals. Sie hörete den Fuchs wol schleichen/ weil er ohn das nicht so gar leise niedertrat/ ließ
sichs doch nicht merken/ sondern fragete als mit Verwunderung; Wie mein Herr? ist ihm
dann ehmahls deßgleichen auch begegnet/ so erfreue ich mich seiner errettung von ganzem
Herzen/ weil ohn dieselbe ich nicht würde errettet seyn; Und hat er daher sich wol vorzu-

sehen/

Erſtes Buch.
chen/ ſondern gab zur Antwort: Eure Liebe und Freundſchafft mein Herr/ iſt mir aller-
dinge unwiſſend; unter deſſen aber halte ich meine Urtel den Rechten noch gemaͤß. O
mein Fraͤulein/ ſagte er/ viel zu ſtraͤnge viel zu ſtraͤnge[!] warumb aber zu ſtraͤnge? fragte
ſie; ich meine/ der Himmel ſelbſt werde meinen Schluß billichen/ als welcher nichts ſo ſehꝛ/
als die Undankbarkeit haſſet; moͤchte doch gerne von ihm hoͤren/ wie ich die Urtel anders
faſſen ſolte. Meine Meynung waͤhre/ antwortete er/ es ſolte dieſe Jungfer vor erſt gehal-
ten ſeyn/ den unſchuldigen frommen Ritter aus dem Loche zu ziehen/ und ihm eine beſſere
Dankbarkeit zu erweiſen; wuͤrde hernach der Ritter zugeben koͤnnen/ welches ich doch nit
glaͤube/ daß ſie in vorige Gefaͤngniß gelegt wuͤrde/ ſtuͤnde davon zu rahtſchlagen/ wie/ wel-
cher geſtalt/ und wie lange; ja wuͤrde der Ritter nicht klagen/ ſo beduͤrffte es keines weitern
Spruchs. Bey meiner Traͤue/ ſagte ſie/ es waͤhre eine wolbedachte/ aber gar gelinde Ur-
tel an der Jungfern Seite/ und geſchaͤhe uͤber das dem Ritter kein Genuͤgen. Meiner
Fraͤulein Spruch aber/ ſagte er/ wuͤrde gar zu ſcharff ſeyn/ nicht minder wider den Ritter/
als die Jungfer ſelbſt/ ungeachtet der Ritter ihr zuvor kein Leid angetahn. Gegen den Rit-
ter zu ſcharff; Dann es moͤchte ſeyn/ daß nach ſeiner Erledigung er ſeine Liebe zu jhr/ nicht
ablegen koͤnte/ und wol lieber ſterben/ als ſie unter den Wuͤrmen verderben laſſen wolte.
Alſo wuͤrde die geſprochene Urtel den unſchuldigen mit dem ſchuldigen treffen. Gegen
die Jungfer zu ſcharff; dann es moͤchte ihr das uͤbel nachgehends leid werden; haͤtte uͤber
das/ weil der Ritter ja erlediget waͤhre/ den Tod nicht verdienet/ ſondern ſtuͤnde vielleicht
in deſſen ferner Wilkuͤhr/ mit jhr zu handeln. Mein Herr/ ſagte ſie hierauff/ ich bin viel zu
ſchlecht und unverſtaͤndig/ dieſen wichtigen Einwurff zu loͤſen; erlerne auch daher/ wie ein
ſchweres Werck das Richter Amt ſey/ welchem Unerfahrne keines weges ſollen vorgeſezt
werden; Daher auch mein Herr uͤbel getahn/ daß er mich vor eine Richterin auffgeworf-
fen hat. Wann mir aber keine Frage verarget wuͤrde/ moͤchte ich wol wiſſen/ ob auch jez-
gedachter Ritter ſo wol Standes als Tugend halber wirdig geweſen/ von dieſer Jungfer
nicht allein loßgelaſſen/ ſondern auch geliebet zu werden. Ladiſla merkete ihre Verſchla-
genheit/ daß ſie ſeinen Vorſaz errahten hatte/ und zugleich ſich ſeines Standes erkuͤndigẽ
wolte/ und gab zur Antwort: So viel mir bewuſt/ hat dieſer Ritter ſtets nach Ehr und Tu-
gend geſtrebet/ ſich aber aͤuſſerlich uñ vor den Leuten aus hoͤchſtwichtigẽ Urſachen ſchlecht
und geringe gehalten/ ungeachtet er von hohem/ ja von dem hoͤchſten Stande ſeines Vater-
landes wahr. Vielleicht hat dann die Jungfer/ ſagte ſie/ ſeines Herkom̃ens keine Wiſſen-
ſchafft gehabt/ ſonſt wuͤrde ſie ohn zweifel ſich ſo unfreundlich gegen ihn nicht verhalten
haben; und dafern dem alſo/ haͤtte der Ritter/ meiner Einfalt nach/ ſehr wol getahn/ wann
er bald anfangs ſich ihr haͤtte zu erkennen gegeden. Es ſtund wegen eines ſchweren Geluͤb-
des in ſeiner Macht nicht/ antwortete er/ ſonſt haͤtte er vielleicht der Jungfer ohn einiges
Bedenken ſein ganzes Herz vertrauet; Und was meinem hochwerten Fraͤulein ich anjezt
voꝛgetragen/ kan ich anders nicht rechnen/ als ein lebendiges Vorbilde meines jetzigen un-
ſals. Sie hoͤrete den Fuchs wol ſchleichen/ weil er ohn das nicht ſo gar leiſe niedertrat/ ließ
ſichs doch nicht merken/ ſondern fragete als mit Verwunderung; Wie mein Herr? iſt ihm
dann ehmahls deßgleichen auch begegnet/ ſo erfreue ich mich ſeiner erꝛettung von ganzem
Herzen/ weil ohn dieſelbe ich nicht wuͤrde errettet ſeyn; Und hat er daher ſich wol vorzu-

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[42/0080] Erſtes Buch. chen/ ſondern gab zur Antwort: Eure Liebe und Freundſchafft mein Herr/ iſt mir aller- dinge unwiſſend; unter deſſen aber halte ich meine Urtel den Rechten noch gemaͤß. O mein Fraͤulein/ ſagte er/ viel zu ſtraͤnge viel zu ſtraͤnge! warumb aber zu ſtraͤnge? fragte ſie; ich meine/ der Himmel ſelbſt werde meinen Schluß billichen/ als welcher nichts ſo ſehꝛ/ als die Undankbarkeit haſſet; moͤchte doch gerne von ihm hoͤren/ wie ich die Urtel anders faſſen ſolte. Meine Meynung waͤhre/ antwortete er/ es ſolte dieſe Jungfer vor erſt gehal- ten ſeyn/ den unſchuldigen frommen Ritter aus dem Loche zu ziehen/ und ihm eine beſſere Dankbarkeit zu erweiſen; wuͤrde hernach der Ritter zugeben koͤnnen/ welches ich doch nit glaͤube/ daß ſie in vorige Gefaͤngniß gelegt wuͤrde/ ſtuͤnde davon zu rahtſchlagen/ wie/ wel- cher geſtalt/ und wie lange; ja wuͤrde der Ritter nicht klagen/ ſo beduͤrffte es keines weitern Spruchs. Bey meiner Traͤue/ ſagte ſie/ es waͤhre eine wolbedachte/ aber gar gelinde Ur- tel an der Jungfern Seite/ und geſchaͤhe uͤber das dem Ritter kein Genuͤgen. Meiner Fraͤulein Spruch aber/ ſagte er/ wuͤrde gar zu ſcharff ſeyn/ nicht minder wider den Ritter/ als die Jungfer ſelbſt/ ungeachtet der Ritter ihr zuvor kein Leid angetahn. Gegen den Rit- ter zu ſcharff; Dann es moͤchte ſeyn/ daß nach ſeiner Erledigung er ſeine Liebe zu jhr/ nicht ablegen koͤnte/ und wol lieber ſterben/ als ſie unter den Wuͤrmen verderben laſſen wolte. Alſo wuͤrde die geſprochene Urtel den unſchuldigen mit dem ſchuldigen treffen. Gegen die Jungfer zu ſcharff; dann es moͤchte ihr das uͤbel nachgehends leid werden; haͤtte uͤber das/ weil der Ritter ja erlediget waͤhre/ den Tod nicht verdienet/ ſondern ſtuͤnde vielleicht in deſſen ferner Wilkuͤhr/ mit jhr zu handeln. Mein Herr/ ſagte ſie hierauff/ ich bin viel zu ſchlecht und unverſtaͤndig/ dieſen wichtigen Einwurff zu loͤſen; erlerne auch daher/ wie ein ſchweres Werck das Richter Amt ſey/ welchem Unerfahrne keines weges ſollen vorgeſezt werden; Daher auch mein Herr uͤbel getahn/ daß er mich vor eine Richterin auffgeworf- fen hat. Wann mir aber keine Frage verarget wuͤrde/ moͤchte ich wol wiſſen/ ob auch jez- gedachter Ritter ſo wol Standes als Tugend halber wirdig geweſen/ von dieſer Jungfer nicht allein loßgelaſſen/ ſondern auch geliebet zu werden. Ladiſla merkete ihre Verſchla- genheit/ daß ſie ſeinen Vorſaz errahten hatte/ und zugleich ſich ſeines Standes erkuͤndigẽ wolte/ und gab zur Antwort: So viel mir bewuſt/ hat dieſer Ritter ſtets nach Ehr und Tu- gend geſtrebet/ ſich aber aͤuſſerlich uñ vor den Leuten aus hoͤchſtwichtigẽ Urſachen ſchlecht und geringe gehalten/ ungeachtet er von hohem/ ja von dem hoͤchſten Stande ſeines Vater- landes wahr. Vielleicht hat dann die Jungfer/ ſagte ſie/ ſeines Herkom̃ens keine Wiſſen- ſchafft gehabt/ ſonſt wuͤrde ſie ohn zweifel ſich ſo unfreundlich gegen ihn nicht verhalten haben; und dafern dem alſo/ haͤtte der Ritter/ meiner Einfalt nach/ ſehr wol getahn/ wann er bald anfangs ſich ihr haͤtte zu erkennen gegeden. Es ſtund wegen eines ſchweren Geluͤb- des in ſeiner Macht nicht/ antwortete er/ ſonſt haͤtte er vielleicht der Jungfer ohn einiges Bedenken ſein ganzes Herz vertrauet; Und was meinem hochwerten Fraͤulein ich anjezt voꝛgetragen/ kan ich anders nicht rechnen/ als ein lebendiges Vorbilde meines jetzigen un- ſals. Sie hoͤrete den Fuchs wol ſchleichen/ weil er ohn das nicht ſo gar leiſe niedertrat/ ließ ſichs doch nicht merken/ ſondern fragete als mit Verwunderung; Wie mein Herr? iſt ihm dann ehmahls deßgleichen auch begegnet/ ſo erfreue ich mich ſeiner erꝛettung von ganzem Herzen/ weil ohn dieſelbe ich nicht wuͤrde errettet ſeyn; Und hat er daher ſich wol vorzu- ſehen/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/80>, abgerufen am 19.05.2024.