Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierdes Buch.
vernehme/ daß eure Reden von herzen gehen/ und ihr aus übermachter Liebe mich so hoch
schätzet/ ich selbst verlangen darnach trage/ daß ihr in euren ehrliebenden Begierden bald be-
friediget werdet/ wünsche auch/ daß ihr das eingebildete an mir finden/ und ein völliges ge-
nügen an mir haben möget. Unvergleichliches Kleinot/ sagte er hierauff/ warum muß dann
euer herrlicher Verstand allenthalben durchdringen/ und nur in Erkäntniß eurer Seelen-
und Leibes-Vollkommenheit blind und unwissend seyn? Verringert euch nicht/ mein Fräu-
lein/ und lästert nicht/ was die allgemeine Mutter euch vor andern allen mitgeteilet hat.
Und O wie vergnüget werde ich seyn/ wann ich (Gott gebe/ daß es bald geschehe) dessen ge-
niessen sol/ worauff Artabanus in rasender Wuht hoffet; dann wie schon gesagt/ ehe werde
ich weder Ruhe noch sichern Trost bey mir empfinden. Er redete dieses mit so traurigen
Geberden/ daß sie grosses mitleiden mit ihm trug/ und von herzen wünschete/ ihn vergnügen
zu können; fiel ihm auch umb den Hals mit etlichen Küssen/ und sagte zu ihm: Tröstet euch
mein Schatz/ mit der Hoffnung/ vielleicht schickets Gott/ daß ich bald euer Ehe Gemahl
werde. Gleich dazumahl ward sie ihres Ringes an seinem Finger gewahr/ an welchem sie
inwendig ihrer beyder Nahmen mit durcheinander gesetzeten Buchstaben hatte eingraben
lassen/ besahe ihn eigentlich/ und nach gegebenem Handkusse fragete sie/ durch was Glückes-
fall ihm dieser währe zuhanden kommen/ dann sie erinnerte sich der unglüklichen Herber-
ge/ in welcher sie ihn neben ihren Haaren und lezt empfangenem Brieflein/ auch andern
Ringen mehr unter die Betstat verstecket hätte; und da sie vernam/ daß ers alles von Ne-
klam empfangen/ sahe auch/ daß er seinen Anteil von ihren Haaren hervor zohe/ nam sie ein
kleines Scherichen/ und schnitte einen Strang seiner Locken von seinem Häupte/ baht ihn/
die angestrichene Farbe davon zumachen/ und erklärete sich/ sie wolte ein Armband davon
zurichten/ und es zu seinem Gedächtniß tragen. Er aber zeigete ihr an/ daß er diesen Ring
nit anders schätzete/ als hätte er denselben von ihr selbst bey der Traue empfangen/ sich auch
daher mehr vor ihren Gemahl als Bräutigam gehalten. Sie sahe wol/ daß er aus innig-
ster Gewogenheit die Beschleunigung ihrer Ehe suchete/ daher sie sich erkühnete/ zu ihm zu
sagen: Damit sie nicht geringere Liebe gegen ihn/ als er gegen sie spüren liesse/ wolte sie bey
seiner ersten Wiederkunfft ihn vor ihren Herrn und Gemahl halten/ und nur noch dißmal
vor ihren Bräutigam/ welches mit küssen und umfahen bestätiget ward. Weil sie aber bey-
derseits merketen/ daß hohe Zeit seyn würde/ was nöhtigers vorzunehmen/ wolte sie sich set-
zen/ ihre Briefe nach Padua und Prag zuverfertigen/ aber Herkules verhinderte solches/
einwendend/ sie müste nicht zu sehr eilen/ noch die gelegenheit/ wieder zu ihr zukommen/ ihm
benehmen/ welches sie mit einem schamrohten lächeln beantwortete/ und sich endlich erklä-
rete/ wanns ihn also gut däuchte/ wolte sie nach seinem Abscheide die Feder gebrauchen/
spracheten noch ein Stündichen zusammen/ und als Phraortes sie der Zeit erinnerte/ das
Fräulein auch sehr zweifelte/ daß das Glük vor seinem Abzuge sie wieder zusammen fügen
würde/ und deswegen einen gänzlichen Abscheid mit Trähnen von ihm nam/ stellete er sich
gleich auch also/ und sagte zu ihr: Mein allerwerdester Schatz in dieser Welt; ich befehle
euch der Obhuet und Wache des allmächtigen Gottes/ biß auff meine glükliche Wieder-
kunfft/ derselbe wolle euren Glauben stärken und mehren/ und in aller Widerwärtigkeit be-
ständige Geduld verleihen; inzwischen wil in abwesenheit meiner Gemahl (dann davor

halte
A a a a a ij

Vierdes Buch.
vernehme/ daß eure Reden von herzen gehen/ und ihr aus uͤbermachter Liebe mich ſo hoch
ſchaͤtzet/ ich ſelbſt veꝛlangen darnach trage/ daß ihr in euren ehrliebenden Begierden bald be-
friediget werdet/ wuͤnſche auch/ daß ihr das eingebildete an mir finden/ und ein voͤlliges ge-
nuͤgen an mir haben moͤget. Unvergleichliches Kleinot/ ſagte er hierauff/ warum muß dañ
euer herrlicher Verſtand allenthalben durchdringen/ und nur in Erkaͤntniß eurer Seelen-
und Leibes-Vollkommenheit blind und unwiſſend ſeyn? Verringert euch nicht/ mein Fraͤu-
lein/ und laͤſtert nicht/ was die allgemeine Mutter euch vor andern allen mitgeteilet hat.
Und O wie vergnuͤget werde ich ſeyn/ wann ich (Gott gebe/ daß es bald geſchehe) deſſen ge-
nieſſen ſol/ worauff Artabanus in raſender Wuht hoffet; dann wie ſchon geſagt/ ehe werde
ich weder Ruhe noch ſichern Troſt bey mir empfinden. Er redete dieſes mit ſo traurigen
Geberden/ daß ſie gꝛoſſes mitleiden mit ihm trug/ und von herzen wuͤnſchete/ ihn vergnuͤgen
zu koͤnnen; fiel ihm auch umb den Hals mit etlichen Kuͤſſen/ und ſagte zu ihm: Troͤſtet euch
mein Schatz/ mit der Hoffnung/ vielleicht ſchickets Gott/ daß ich bald euer Ehe Gemahl
werde. Gleich dazumahl ward ſie ihres Ringes an ſeinem Finger gewahr/ an welchem ſie
inwendig ihrer beyder Nahmen mit durcheinander geſetzeten Buchſtaben hatte eingraben
laſſen/ beſahe ihn eigentlich/ und nach gegebenem Handkuſſe fragete ſie/ durch was Gluͤckes-
fall ihm dieſer waͤhre zuhanden kommen/ dann ſie erinnerte ſich der ungluͤklichen Herber-
ge/ in welcher ſie ihn neben ihren Haaren und lezt empfangenem Brieflein/ auch andern
Ringen mehr unter die Betſtat verſtecket haͤtte; und da ſie vernam/ daß ers alles von Ne-
klam empfangen/ ſahe auch/ daß er ſeinen Anteil von ihren Haaren hervor zohe/ nam ſie ein
kleines Scherichen/ und ſchnitte einen Strang ſeiner Locken von ſeinem Haͤupte/ baht ihn/
die angeſtrichene Farbe davon zumachen/ und erklaͤrete ſich/ ſie wolte ein Armband davon
zurichten/ und es zu ſeinem Gedaͤchtniß tragen. Er aber zeigete ihr an/ daß er dieſen Ring
nit anders ſchaͤtzete/ als haͤtte er denſelben von ihr ſelbſt bey der Traue empfangen/ ſich auch
daher mehr vor ihren Gemahl als Braͤutigam gehalten. Sie ſahe wol/ daß er aus innig-
ſter Gewogenheit die Beſchleunigung ihrer Ehe ſuchete/ daher ſie ſich erkuͤhnete/ zu ihm zu
ſagen: Damit ſie nicht geringere Liebe gegen ihn/ als er gegen ſie ſpuͤren lieſſe/ wolte ſie bey
ſeiner erſten Wiederkunfft ihn vor ihren Herrn und Gemahl halten/ und nur noch dißmal
vor ihren Braͤutigam/ welches mit kuͤſſen und umfahen beſtaͤtiget waꝛd. Weil ſie aber bey-
derſeits merketen/ daß hohe Zeit ſeyn wuͤrde/ was noͤhtigers vorzunehmen/ wolte ſie ſich ſet-
zen/ ihre Briefe nach Padua und Prag zuverfertigen/ aber Herkules verhinderte ſolches/
einwendend/ ſie muͤſte nicht zu ſehr eilen/ noch die gelegenheit/ wieder zu ihr zukommen/ ihm
benehmen/ welches ſie mit einem ſchamrohten laͤcheln beantwortete/ und ſich endlich erklaͤ-
rete/ wanns ihn alſo gut daͤuchte/ wolte ſie nach ſeinem Abſcheide die Feder gebrauchen/
ſpracheten noch ein Stuͤndichen zuſammen/ und als Phraortes ſie der Zeit erinnerte/ das
Fraͤulein auch ſehr zweifelte/ daß das Gluͤk vor ſeinem Abzuge ſie wieder zuſammen fuͤgen
wuͤrde/ und deswegen einen gaͤnzlichen Abſcheid mit Traͤhnen von ihm nam/ ſtellete er ſich
gleich auch alſo/ und ſagte zu ihr: Mein allerwerdeſter Schatz in dieſer Welt; ich befehle
euch der Obhuet und Wache des allmaͤchtigen Gottes/ biß auff meine gluͤkliche Wieder-
kunfft/ derſelbe wolle euren Glauben ſtaͤrken und mehren/ und in aller Widerwaͤrtigkeit be-
ſtaͤndige Geduld verleihen; inzwiſchen wil in abweſenheit meiner Gemahl (dann davor

halte
A a a a a ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0777" n="739"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierdes Buch.</hi></fw><lb/>
vernehme/ daß eure Reden von herzen gehen/ und ihr aus u&#x0364;bermachter Liebe mich &#x017F;o hoch<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzet/ ich &#x017F;elb&#x017F;t ve&#xA75B;langen darnach trage/ daß ihr in euren ehrliebenden Begierden bald be-<lb/>
friediget werdet/ wu&#x0364;n&#x017F;che auch/ daß ihr das eingebildete an mir finden/ und ein vo&#x0364;lliges ge-<lb/>
nu&#x0364;gen an mir haben mo&#x0364;get. Unvergleichliches Kleinot/ &#x017F;agte er hierauff/ warum muß dan&#x0303;<lb/>
euer herrlicher Ver&#x017F;tand allenthalben durchdringen/ und nur in Erka&#x0364;ntniß eurer Seelen-<lb/>
und Leibes-Vollkommenheit blind und unwi&#x017F;&#x017F;end &#x017F;eyn? Verringert euch nicht/ mein Fra&#x0364;u-<lb/>
lein/ und la&#x0364;&#x017F;tert nicht/ was die allgemeine Mutter euch vor andern allen mitgeteilet hat.<lb/>
Und O wie vergnu&#x0364;get werde ich &#x017F;eyn/ wann ich (Gott gebe/ daß es bald ge&#x017F;chehe) de&#x017F;&#x017F;en ge-<lb/>
nie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ol/ worauff Artabanus in ra&#x017F;ender Wuht hoffet; dann wie &#x017F;chon ge&#x017F;agt/ ehe werde<lb/>
ich weder Ruhe noch &#x017F;ichern Tro&#x017F;t bey mir empfinden. Er redete die&#x017F;es mit &#x017F;o traurigen<lb/>
Geberden/ daß &#x017F;ie g&#xA75B;o&#x017F;&#x017F;es mitleiden mit ihm trug/ und von herzen wu&#x0364;n&#x017F;chete/ ihn vergnu&#x0364;gen<lb/>
zu ko&#x0364;nnen; fiel ihm auch umb den Hals mit etlichen Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und &#x017F;agte zu ihm: Tro&#x0364;&#x017F;tet euch<lb/>
mein Schatz/ mit der Hoffnung/ vielleicht &#x017F;chickets Gott/ daß ich bald euer Ehe Gemahl<lb/>
werde. Gleich dazumahl ward &#x017F;ie ihres Ringes an &#x017F;einem Finger gewahr/ an welchem &#x017F;ie<lb/>
inwendig ihrer beyder Nahmen mit durcheinander ge&#x017F;etzeten Buch&#x017F;taben hatte eingraben<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ be&#x017F;ahe ihn eigentlich/ und nach gegebenem Handku&#x017F;&#x017F;e fragete &#x017F;ie/ durch was Glu&#x0364;ckes-<lb/>
fall ihm die&#x017F;er wa&#x0364;hre zuhanden kommen/ dann &#x017F;ie erinnerte &#x017F;ich der unglu&#x0364;klichen Herber-<lb/>
ge/ in welcher &#x017F;ie ihn neben ihren Haaren und lezt empfangenem Brieflein/ auch andern<lb/>
Ringen mehr unter die Bet&#x017F;tat ver&#x017F;tecket ha&#x0364;tte; und da &#x017F;ie vernam/ daß ers alles von Ne-<lb/>
klam empfangen/ &#x017F;ahe auch/ daß er &#x017F;einen Anteil von ihren Haaren hervor zohe/ nam &#x017F;ie ein<lb/>
kleines Scherichen/ und &#x017F;chnitte einen Strang &#x017F;einer Locken von &#x017F;einem Ha&#x0364;upte/ baht ihn/<lb/>
die ange&#x017F;trichene Farbe davon zumachen/ und erkla&#x0364;rete &#x017F;ich/ &#x017F;ie wolte ein Armband davon<lb/>
zurichten/ und es zu &#x017F;einem Geda&#x0364;chtniß tragen. Er aber zeigete ihr an/ daß er die&#x017F;en Ring<lb/>
nit anders &#x017F;cha&#x0364;tzete/ als ha&#x0364;tte er den&#x017F;elben von ihr &#x017F;elb&#x017F;t bey der Traue empfangen/ &#x017F;ich auch<lb/>
daher mehr vor ihren Gemahl als Bra&#x0364;utigam gehalten. Sie &#x017F;ahe wol/ daß er aus innig-<lb/>
&#x017F;ter Gewogenheit die Be&#x017F;chleunigung ihrer Ehe &#x017F;uchete/ daher &#x017F;ie &#x017F;ich erku&#x0364;hnete/ zu ihm zu<lb/>
&#x017F;agen: Damit &#x017F;ie nicht geringere Liebe gegen ihn/ als er gegen &#x017F;ie &#x017F;pu&#x0364;ren lie&#x017F;&#x017F;e/ wolte &#x017F;ie bey<lb/>
&#x017F;einer er&#x017F;ten Wiederkunfft ihn vor ihren Herrn und Gemahl halten/ und nur noch dißmal<lb/>
vor ihren Bra&#x0364;utigam/ welches mit ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und umfahen be&#x017F;ta&#x0364;tiget wa&#xA75B;d. Weil &#x017F;ie aber bey-<lb/>
der&#x017F;eits merketen/ daß hohe Zeit &#x017F;eyn wu&#x0364;rde/ was no&#x0364;htigers vorzunehmen/ wolte &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;et-<lb/>
zen/ ihre Briefe nach Padua und Prag zuverfertigen/ aber Herkules verhinderte &#x017F;olches/<lb/>
einwendend/ &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;te nicht zu &#x017F;ehr eilen/ noch die gelegenheit/ wieder zu ihr zukommen/ ihm<lb/>
benehmen/ welches &#x017F;ie mit einem &#x017F;chamrohten la&#x0364;cheln beantwortete/ und &#x017F;ich endlich erkla&#x0364;-<lb/>
rete/ wanns ihn al&#x017F;o gut da&#x0364;uchte/ wolte &#x017F;ie nach &#x017F;einem Ab&#x017F;cheide die Feder gebrauchen/<lb/>
&#x017F;pracheten noch ein Stu&#x0364;ndichen zu&#x017F;ammen/ und als Phraortes &#x017F;ie der Zeit erinnerte/ das<lb/>
Fra&#x0364;ulein auch &#x017F;ehr zweifelte/ daß das Glu&#x0364;k vor &#x017F;einem Abzuge &#x017F;ie wieder zu&#x017F;ammen fu&#x0364;gen<lb/>
wu&#x0364;rde/ und deswegen einen ga&#x0364;nzlichen Ab&#x017F;cheid mit Tra&#x0364;hnen von ihm nam/ &#x017F;tellete er &#x017F;ich<lb/>
gleich auch al&#x017F;o/ und &#x017F;agte zu ihr: Mein allerwerde&#x017F;ter Schatz in die&#x017F;er Welt; ich befehle<lb/>
euch der Obhuet und Wache des allma&#x0364;chtigen Gottes/ biß auff meine glu&#x0364;kliche Wieder-<lb/>
kunfft/ der&#x017F;elbe wolle euren Glauben &#x017F;ta&#x0364;rken und mehren/ und in aller Widerwa&#x0364;rtigkeit be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Geduld verleihen; inzwi&#x017F;chen wil in abwe&#x017F;enheit meiner Gemahl (dann davor<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a a a a ij</fw><fw place="bottom" type="catch">halte</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[739/0777] Vierdes Buch. vernehme/ daß eure Reden von herzen gehen/ und ihr aus uͤbermachter Liebe mich ſo hoch ſchaͤtzet/ ich ſelbſt veꝛlangen darnach trage/ daß ihr in euren ehrliebenden Begierden bald be- friediget werdet/ wuͤnſche auch/ daß ihr das eingebildete an mir finden/ und ein voͤlliges ge- nuͤgen an mir haben moͤget. Unvergleichliches Kleinot/ ſagte er hierauff/ warum muß dañ euer herrlicher Verſtand allenthalben durchdringen/ und nur in Erkaͤntniß eurer Seelen- und Leibes-Vollkommenheit blind und unwiſſend ſeyn? Verringert euch nicht/ mein Fraͤu- lein/ und laͤſtert nicht/ was die allgemeine Mutter euch vor andern allen mitgeteilet hat. Und O wie vergnuͤget werde ich ſeyn/ wann ich (Gott gebe/ daß es bald geſchehe) deſſen ge- nieſſen ſol/ worauff Artabanus in raſender Wuht hoffet; dann wie ſchon geſagt/ ehe werde ich weder Ruhe noch ſichern Troſt bey mir empfinden. Er redete dieſes mit ſo traurigen Geberden/ daß ſie gꝛoſſes mitleiden mit ihm trug/ und von herzen wuͤnſchete/ ihn vergnuͤgen zu koͤnnen; fiel ihm auch umb den Hals mit etlichen Kuͤſſen/ und ſagte zu ihm: Troͤſtet euch mein Schatz/ mit der Hoffnung/ vielleicht ſchickets Gott/ daß ich bald euer Ehe Gemahl werde. Gleich dazumahl ward ſie ihres Ringes an ſeinem Finger gewahr/ an welchem ſie inwendig ihrer beyder Nahmen mit durcheinander geſetzeten Buchſtaben hatte eingraben laſſen/ beſahe ihn eigentlich/ und nach gegebenem Handkuſſe fragete ſie/ durch was Gluͤckes- fall ihm dieſer waͤhre zuhanden kommen/ dann ſie erinnerte ſich der ungluͤklichen Herber- ge/ in welcher ſie ihn neben ihren Haaren und lezt empfangenem Brieflein/ auch andern Ringen mehr unter die Betſtat verſtecket haͤtte; und da ſie vernam/ daß ers alles von Ne- klam empfangen/ ſahe auch/ daß er ſeinen Anteil von ihren Haaren hervor zohe/ nam ſie ein kleines Scherichen/ und ſchnitte einen Strang ſeiner Locken von ſeinem Haͤupte/ baht ihn/ die angeſtrichene Farbe davon zumachen/ und erklaͤrete ſich/ ſie wolte ein Armband davon zurichten/ und es zu ſeinem Gedaͤchtniß tragen. Er aber zeigete ihr an/ daß er dieſen Ring nit anders ſchaͤtzete/ als haͤtte er denſelben von ihr ſelbſt bey der Traue empfangen/ ſich auch daher mehr vor ihren Gemahl als Braͤutigam gehalten. Sie ſahe wol/ daß er aus innig- ſter Gewogenheit die Beſchleunigung ihrer Ehe ſuchete/ daher ſie ſich erkuͤhnete/ zu ihm zu ſagen: Damit ſie nicht geringere Liebe gegen ihn/ als er gegen ſie ſpuͤren lieſſe/ wolte ſie bey ſeiner erſten Wiederkunfft ihn vor ihren Herrn und Gemahl halten/ und nur noch dißmal vor ihren Braͤutigam/ welches mit kuͤſſen und umfahen beſtaͤtiget waꝛd. Weil ſie aber bey- derſeits merketen/ daß hohe Zeit ſeyn wuͤrde/ was noͤhtigers vorzunehmen/ wolte ſie ſich ſet- zen/ ihre Briefe nach Padua und Prag zuverfertigen/ aber Herkules verhinderte ſolches/ einwendend/ ſie muͤſte nicht zu ſehr eilen/ noch die gelegenheit/ wieder zu ihr zukommen/ ihm benehmen/ welches ſie mit einem ſchamrohten laͤcheln beantwortete/ und ſich endlich erklaͤ- rete/ wanns ihn alſo gut daͤuchte/ wolte ſie nach ſeinem Abſcheide die Feder gebrauchen/ ſpracheten noch ein Stuͤndichen zuſammen/ und als Phraortes ſie der Zeit erinnerte/ das Fraͤulein auch ſehr zweifelte/ daß das Gluͤk vor ſeinem Abzuge ſie wieder zuſammen fuͤgen wuͤrde/ und deswegen einen gaͤnzlichen Abſcheid mit Traͤhnen von ihm nam/ ſtellete er ſich gleich auch alſo/ und ſagte zu ihr: Mein allerwerdeſter Schatz in dieſer Welt; ich befehle euch der Obhuet und Wache des allmaͤchtigen Gottes/ biß auff meine gluͤkliche Wieder- kunfft/ derſelbe wolle euren Glauben ſtaͤrken und mehren/ und in aller Widerwaͤrtigkeit be- ſtaͤndige Geduld verleihen; inzwiſchen wil in abweſenheit meiner Gemahl (dann davor halte A a a a a ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/777
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 739. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/777>, abgerufen am 26.06.2024.