Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Vierdes Buch. getzeten sich miteinander in reiner Liebe/ und muste er auff ihr anhalten erzählen/ was ihmauff seiner Reise denkwirdiges begegnet wahr/ da er nicht unberühret ließ/ was vor grosse Freunde er an dem Stathalter zu Jerusalem/ dessen Gemahl und Fräulein Tochter hätte/ rühmete auch Fr. Sophien Tugend/ und Frl. Sibyllen auffrichtige Frömmigkeit. Sie hingegen wolte mit ihm kurzweilen und sagte: Mein trauten Schaz/ ich bin schon in er- fahrung kommen/ daß diese leztgenante sehr schöne Römische Fräulein zu Padua eurer Lie- be hat sollen vermählet werden/ und o wie eine herzbrechende Angst würde mir diese Zei- tung gewesen seyn/ halte auch wol dz bloß nur euer Gewissen euch zurücke gehalten; möch- te doch gerne wissen/ ob ihr auch grössere Kundschaft mit ihr als bißher mit mir gehabt/ welches euch zuverzeihen/ ich hiemit versprechen wil/ wo es sonsten noch bey der Zimligkeit verblieben ist. Sie brachte dieses zwar mit äusserlicher Freundligkeit vor/ welche aber dan- noch den Liebes-Eifer nicht aller dinge bergen kunte. Herkules hingegen lachete dieser Re- den einfältig/ und nach erteiletem herzlichen Kusse antwortete er ihr: Ob ich gleich durch- aus nicht ersinnen kan/ von wannen euer Liebe dieses zukommen sey/ mag sie dannoch sich wol versichert halten/ welches ich auch bey meinem teils des Himmels rede/ das gegen dieses Fräulein noch keine eheliche Liebe/ vielweniger eine unzüchtige in meinem Herzen aufgan- gen ist/ deren keusche Zucht und Tugend doch geliebet zu werden/ wol verdienet/ wird dem- nach mein Schaz mich solches verdachtes/ da einiger bey ihr ist/ wol erlassen; aber wann sie ja alles was mir in solchen sachen begegnet ist/ wissen wil/ ward mir zu Rom in meiner Leibeigenschaft wol anders nachgestellet/ da ich mich kaum der Tochter im Hause durch er- tichtete Lügen erwehret hatte/ als die Stieffmutter mit viel grösser er Frecheit meiner un- zimlichen Liebe begehrete; doch schickete es der fromme Gott/ daß ich auch deren durch ein gefährliches Getichte noch loß wahr/ und ward hohe Zeit/ wie mein Ladisla zu meiner Er- lösung sich einstellete/ massen ich aus unterschiedlichen ihren Reden spürete/ daß sie meine getahne Entschuldigung begunte in zweifel zuzihen/ wiewol ich lieber den Tod würde erlit- ten/ als in ihren gottlosen Willen gehehlet haben. Darff ich nun meinem Seelen-Schatze alles gar vertrauen/ so wisse sie/ daß man mir zu Jerusalem viel näher getreten/ als zu Pa- dua/ wiewol ohn alle Unkeuscheit/ hätte auch schwerlich vorüber gekunt/ wann der ruhm- wirdigste Nahme Valiska nicht so tief in mein Herz gepreget währe/ so daß denselben we- der diese noch einige andere außheben wird; darumb so wolle mein Seelichen festiglich gläuben/ daß/ sint der Zeit ich die Sonne aller Schönheit/ Frl. Valisken gesehen/ und ei- nige Hoffnung deren Gegenliebe gehabt/ ich mich eben so wenig an den Monde oder an- dere Schönheit-Sternen gekehret habe/ als ob sie in der Welt nicht währen. Ach mein allerwerdester Schatz/ antwortete sie/ verzeihet mir/ bitte ich/ den geringen Argwohn/ wel- chen meine Furcht in mir anblasen wollen/ er ist Gott Lob/ durch diesen grossen Strohm eurer Liebe allerdinge ausgelöschet/ sol auch nimmer mehr wieder angezündet werden; aber mässiget euch/ bitte ich sehr/ in den unverdieneten Lobreden meiner Geringfügigkeit, Gott weiß/ daß ich mich noch lange nicht schön genug halte eurer Liebe/ und da ihr die Augen eu- res Verstandes recht würdet aufftuhn/ müsten meine vielfältigen Mängel und Gebrechen bald verrahten werden; war umb mag dann mein Schatz mich einer Sonnen vergleichen/ da ich nicht der geringste Stern bin? versichert euch aber/ mein Seelichen/ daß/ weil ich ver-
Vierdes Buch. getzeten ſich miteinander in reiner Liebe/ und muſte er auff ihr anhalten erzaͤhlen/ was ihmauff ſeiner Reiſe denkwirdiges begegnet wahr/ da er nicht unberuͤhret ließ/ was vor groſſe Freunde er an dem Stathalter zu Jeruſalem/ deſſen Gemahl und Fraͤulein Tochter haͤtte/ ruͤhmete auch Fr. Sophien Tugend/ und Frl. Sibyllen auffrichtige Froͤmmigkeit. Sie hingegen wolte mit ihm kurzweilen und ſagte: Mein trauten Schaz/ ich bin ſchon in er- fahrung kommen/ daß dieſe leztgenante ſehr ſchoͤne Roͤmiſche Fraͤulein zu Padua eurer Lie- be hat ſollen vermaͤhlet werden/ und o wie eine herzbrechende Angſt wuͤrde mir dieſe Zei- tung geweſen ſeyn/ halte auch wol dz bloß nur euer Gewiſſen euch zuruͤcke gehalten; moͤch- te doch gerne wiſſen/ ob ihr auch groͤſſere Kundſchaft mit ihr als bißher mit mir gehabt/ welches euch zuverzeihen/ ich hiemit verſprechen wil/ wo es ſonſten noch bey der Zimligkeit verblieben iſt. Sie brachte dieſes zwar mit aͤuſſerlicher Freundligkeit vor/ welche aber dan- noch den Liebes-Eifer nicht aller dinge bergen kunte. Herkules hingegen lachete dieſer Re- den einfaͤltig/ und nach erteiletem herzlichen Kuſſe antwortete er ihr: Ob ich gleich durch- aus nicht erſinnen kan/ von wañen euer Liebe dieſes zukommen ſey/ mag ſie dañoch ſich wol verſichert halten/ welches ich auch bey meinem teils des Himmels rede/ das gegen dieſes Fraͤulein noch keine eheliche Liebe/ vielweniger eine unzuͤchtige in meinem Herzen aufgan- gen iſt/ deren keuſche Zucht und Tugend doch geliebet zu werden/ wol verdienet/ wird dem- nach mein Schaz mich ſolches verdachtes/ da einiger bey ihr iſt/ wol erlaſſen; aber wann ſie ja alles was mir in ſolchen ſachen begegnet iſt/ wiſſen wil/ ward mir zu Rom in meiner Leibeigenſchaft wol anders nachgeſtellet/ da ich mich kaum der Tochter im Hauſe durch er- tichtete Luͤgen erwehret hatte/ als die Stieffmutter mit viel groͤſſer er Frecheit meiner un- zimlichen Liebe begehrete; doch ſchickete es der fromme Gott/ daß ich auch deren durch ein gefaͤhrliches Getichte noch loß wahr/ und ward hohe Zeit/ wie mein Ladiſla zu meiner Er- loͤſung ſich einſtellete/ maſſen ich aus unterſchiedlichen ihren Reden ſpuͤrete/ daß ſie meine getahne Entſchuldigung begunte in zweifel zuzihen/ wiewol ich lieber den Tod wuͤrde erlit- ten/ als in ihren gottloſen Willen gehehlet haben. Darff ich nun meinem Seelen-Schatze alles gar vertrauen/ ſo wiſſe ſie/ daß man mir zu Jeruſalem viel naͤher getreten/ als zu Pa- dua/ wiewol ohn alle Unkeuſcheit/ haͤtte auch ſchwerlich voruͤber gekunt/ wann der ruhm- wirdigſte Nahme Valiſka nicht ſo tief in mein Herz gepreget waͤhre/ ſo daß denſelben we- der dieſe noch einige andere außheben wird; darumb ſo wolle mein Seelichen feſtiglich glaͤuben/ daß/ ſint der Zeit ich die Sonne aller Schoͤnheit/ Frl. Valiſken geſehen/ und ei- nige Hoffnung deren Gegenliebe gehabt/ ich mich eben ſo wenig an den Monde oder an- dere Schoͤnheit-Sternen gekehret habe/ als ob ſie in der Welt nicht waͤhren. Ach mein allerwerdeſter Schatz/ antwortete ſie/ verzeihet mir/ bitte ich/ den geringen Argwohn/ wel- chen meine Furcht in mir anblaſen wollen/ er iſt Gott Lob/ durch dieſen groſſen Strohm eurer Liebe allerdinge ausgeloͤſchet/ ſol auch nim̃er mehr wieder angezuͤndet werden; aber maͤſſiget euch/ bitte ich ſehr/ in den unverdieneten Lobreden meiner Geringfuͤgigkeit, Gott weiß/ daß ich mich noch lange nicht ſchoͤn genug halte eurer Liebe/ und da ihr die Augen eu- res Verſtandes recht wuͤrdet aufftuhn/ muͤſten meine vielfaͤltigen Maͤngel und Gebrechen bald verrahten werden; war umb mag dann mein Schatz mich einer Sonnen vergleichẽ/ da ich nicht der geringſte Stern bin? verſichert euch aber/ mein Seelichen/ daß/ weil ich ver-
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Vierdes Buch.
getzeten ſich miteinander in reiner Liebe/ und muſte er auff ihr anhalten erzaͤhlen/ was ihm
auff ſeiner Reiſe denkwirdiges begegnet wahr/ da er nicht unberuͤhret ließ/ was vor groſſe
Freunde er an dem Stathalter zu Jeruſalem/ deſſen Gemahl und Fraͤulein Tochter haͤtte/
ruͤhmete auch Fr. Sophien Tugend/ und Frl. Sibyllen auffrichtige Froͤmmigkeit. Sie
hingegen wolte mit ihm kurzweilen und ſagte: Mein trauten Schaz/ ich bin ſchon in er-
fahrung kommen/ daß dieſe leztgenante ſehr ſchoͤne Roͤmiſche Fraͤulein zu Padua eurer Lie-
be hat ſollen vermaͤhlet werden/ und o wie eine herzbrechende Angſt wuͤrde mir dieſe Zei-
tung geweſen ſeyn/ halte auch wol dz bloß nur euer Gewiſſen euch zuruͤcke gehalten; moͤch-
te doch gerne wiſſen/ ob ihr auch groͤſſere Kundſchaft mit ihr als bißher mit mir gehabt/
welches euch zuverzeihen/ ich hiemit verſprechen wil/ wo es ſonſten noch bey der Zimligkeit
verblieben iſt. Sie brachte dieſes zwar mit aͤuſſerlicher Freundligkeit vor/ welche aber dan-
noch den Liebes-Eifer nicht aller dinge bergen kunte. Herkules hingegen lachete dieſer Re-
den einfaͤltig/ und nach erteiletem herzlichen Kuſſe antwortete er ihr: Ob ich gleich durch-
aus nicht erſinnen kan/ von wañen euer Liebe dieſes zukommen ſey/ mag ſie dañoch ſich wol
verſichert halten/ welches ich auch bey meinem teils des Himmels rede/ das gegen dieſes
Fraͤulein noch keine eheliche Liebe/ vielweniger eine unzuͤchtige in meinem Herzen aufgan-
gen iſt/ deren keuſche Zucht und Tugend doch geliebet zu werden/ wol verdienet/ wird dem-
nach mein Schaz mich ſolches verdachtes/ da einiger bey ihr iſt/ wol erlaſſen; aber wann
ſie ja alles was mir in ſolchen ſachen begegnet iſt/ wiſſen wil/ ward mir zu Rom in meiner
Leibeigenſchaft wol anders nachgeſtellet/ da ich mich kaum der Tochter im Hauſe durch er-
tichtete Luͤgen erwehret hatte/ als die Stieffmutter mit viel groͤſſer er Frecheit meiner un-
zimlichen Liebe begehrete; doch ſchickete es der fromme Gott/ daß ich auch deren durch ein
gefaͤhrliches Getichte noch loß wahr/ und ward hohe Zeit/ wie mein Ladiſla zu meiner Er-
loͤſung ſich einſtellete/ maſſen ich aus unterſchiedlichen ihren Reden ſpuͤrete/ daß ſie meine
getahne Entſchuldigung begunte in zweifel zuzihen/ wiewol ich lieber den Tod wuͤrde erlit-
ten/ als in ihren gottloſen Willen gehehlet haben. Darff ich nun meinem Seelen-Schatze
alles gar vertrauen/ ſo wiſſe ſie/ daß man mir zu Jeruſalem viel naͤher getreten/ als zu Pa-
dua/ wiewol ohn alle Unkeuſcheit/ haͤtte auch ſchwerlich voruͤber gekunt/ wann der ruhm-
wirdigſte Nahme Valiſka nicht ſo tief in mein Herz gepreget waͤhre/ ſo daß denſelben we-
der dieſe noch einige andere außheben wird; darumb ſo wolle mein Seelichen feſtiglich
glaͤuben/ daß/ ſint der Zeit ich die Sonne aller Schoͤnheit/ Frl. Valiſken geſehen/ und ei-
nige Hoffnung deren Gegenliebe gehabt/ ich mich eben ſo wenig an den Monde oder an-
dere Schoͤnheit-Sternen gekehret habe/ als ob ſie in der Welt nicht waͤhren. Ach mein
allerwerdeſter Schatz/ antwortete ſie/ verzeihet mir/ bitte ich/ den geringen Argwohn/ wel-
chen meine Furcht in mir anblaſen wollen/ er iſt Gott Lob/ durch dieſen groſſen Strohm
eurer Liebe allerdinge ausgeloͤſchet/ ſol auch nim̃er mehr wieder angezuͤndet werden; aber
maͤſſiget euch/ bitte ich ſehr/ in den unverdieneten Lobreden meiner Geringfuͤgigkeit, Gott
weiß/ daß ich mich noch lange nicht ſchoͤn genug halte eurer Liebe/ und da ihr die Augen eu-
res Verſtandes recht wuͤrdet aufftuhn/ muͤſten meine vielfaͤltigen Maͤngel und Gebrechen
bald verrahten werden; war umb mag dann mein Schatz mich einer Sonnen vergleichẽ/
da ich nicht der geringſte Stern bin? verſichert euch aber/ mein Seelichen/ daß/ weil ich
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 738. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/776>, abgerufen am 26.06.2024. |