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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
Vaterland wieder zusuchen. Neues habe ich sonsten aus Teutschland wenig/ ohn daß in
Italien das Geschrey ging/ meines gewesenen allergnädigsten Königs einzige Frl. Toch-
ter/ Frl. Herkuliska währe gefangen/ und über Meer in Armenien geführet. Der König
verwunderte sich der Reden/ und sagte zu ihm: Melde uns aber/ wer ist derselbige König/
dessen Frl. Tochter geraubet ist? Er antwortete: Er wahr ein mächtiger König der Böh-
men und anderer umligenden Völker/ nahmens Notesterich/ dessen Gemahl/ Frau Hede-
wig/ eine Tochter des Groß Fürsten der unüberwindlichen Teutschen/ anjetzo nach abster-
ben ihres Königes/ die Herschafft verwaltet/ dann ihr Herr Sohn/ der einige Erbe dieses
Reichs/ sol nebest seinem Vettern den jungen Fürsten aus Teutschland/ dem geraubeten
Fräulein gefolget seyn/ ob sie dieselbe entweder mit der Faust/ oder mit Gelde wieder lösen
möchten. Der König fragete weiter: Hastu dann desselbigen Königes Kundschaft gehabt?
Ja/ allergnädigster König/ antwortete er/ ich unwirdiger habe dero Hocheit vier Jahr als
ein ädelknabe auffgewartet/ auch von Ihr den Ritters-Orden empfangen; Der Fräulein
und ihres Herr Bruders Leben ist mir auch nicht unbewust/ welche beyderseits/ ungeachtet
ihrer Jugend/ schon viel Abenteur überstanden haben. Als ihm nun der König zuerzählen
befahl/ was er von dem Fräulein wüste/ strich er ihre Schönheit/ Vernunfft/ Tapfferkeit und
Tugend dermassen heraus/ auch alles wz von ihr im ersten Buche ist aufgezeichnet worden/
daß der König als ein verzükter saß/ und nach geendigter Rede zu ihm sagete: Knabe/ als
viel wir aus deinen Worten merken/ hat der Frl. Bruder ursach/ sie zusuchen; Wir hal-
ten aber gänzlich davor/ da sie in diesen Ländern anlangen/ und etwa einem grossen Fürsten
oder Könige zuteil werden solte/ würde sie ihm nicht wieder zugestellet werden/ weil Schön-
heit und hohe Gaben in dieser Welt auch geliebet werden; Wir vor unser Häupt würden
lieber fünff Fürstentühmer/ als ein solches Fräulein fahren lassen/ und wird daher ihres
Bruders nachsuchen umsonst seyn; Da sie aber zu uns kommen würden/ müste ihnen alles
liebes und gutes widerfahren/ dürften auch bey uns leicht solche Gnade zu ihrer Erhöhung
finden/ daß beydes dem Bruder und Oheim nach ihrem wüsten Vaterlande nicht verlan-
gen würde. Aber woltestu das Fräulein noch kennen/ wann sie dir zu Gesichte kähme? Her-
kules stellete sich/ als hätte er Fürst Vologeses ersten Worte von dem Fräulein nicht gehö-
ret/ und antwortete: Sehr wol/ aller gnädigster König/ dann das Angesicht ist mir gar zu
eigentlich bekant; es wird aber ein solches sich schwerlich zutragen. Der König lächelte/
und sagte zu Phraortes: Mein Fürst besuche nach geendigter Mahlzeit unser wertes Fräu-
lein/ und nehme diesen Teutschen mit sich/ vielleicht ergetzet sie sich darüber/ wann sie in der
abgelegenen fremde einen Landsmann und bekanten antrifft. Der gute Herkules vermey-
nete vor Freuden niderzusinken; Phraortes aber bedankete sich der Königl. Gnade/ mit
vermelden/ er hätte an das Fraulein einen untertähnigen Gruß wegen seiner und Mazeus
Gemahl/ welche zugleich umb Verzeihung bey Ihrer Gn. demühtig anhalten liessen/ daß
sie derselben die gebührliche Ehre nit erwiesen/ noch erweisen können/ nach dem ihr Geschlecht
ihnen ganz verborgen gewesen. Es erzeigete sich der König sehr frölich/ daß von seinem al-
lerliebsten Fräulein er solche ruhmwürdige Zeitung vernehmen solte/ und rühmete sein
Glük/ welches sich ihm nie so gewogen/ als in Zuführung eines solchen unschatzbahren
Schatzes/ erzeiget hätte. Nach gehaltenem Mahl machten sich Phraortes und Herkules

mit

Vierdes Buch.
Vaterland wieder zuſuchen. Neues habe ich ſonſten aus Teutſchland wenig/ ohn daß in
Italien das Geſchrey ging/ meines geweſenen allergnaͤdigſten Koͤnigs einzige Frl. Toch-
ter/ Frl. Herkuliſka waͤhre gefangen/ und uͤber Meer in Armenien gefuͤhret. Der Koͤnig
verwunderte ſich der Reden/ und ſagte zu ihm: Melde uns aber/ wer iſt derſelbige Koͤnig/
deſſen Frl. Tochter geraubet iſt? Er antwortete: Er wahr ein maͤchtiger Koͤnig der Boͤh-
men und anderer umligenden Voͤlker/ nahmens Noteſterich/ deſſen Gemahl/ Frau Hede-
wig/ eine Tochter des Groß Fuͤrſten der unuͤberwindlichen Teutſchen/ anjetzo nach abſter-
ben ihres Koͤniges/ die Herſchafft verwaltet/ dann ihr Herr Sohn/ der einige Erbe dieſes
Reichs/ ſol nebeſt ſeinem Vettern den jungen Fuͤrſten aus Teutſchland/ dem geraubeten
Fraͤulein gefolget ſeyn/ ob ſie dieſelbe entweder mit der Fauſt/ oder mit Gelde wieder loͤſen
moͤchten. Der Koͤnig fragete weiter: Haſtu dann deſſelbigen Koͤniges Kundſchaft gehabt?
Ja/ allergnaͤdigſter Koͤnig/ antwortete er/ ich unwirdiger habe dero Hocheit vier Jahr als
ein aͤdelknabe auffgewartet/ auch von Ihr den Ritters-Orden empfangen; Der Fraͤulein
und ihres Herr Bruders Leben iſt mir auch nicht unbewuſt/ welche beyderſeits/ ungeachtet
ihrer Jugend/ ſchon viel Abenteur uͤberſtanden haben. Als ihm nun der Koͤnig zuerzaͤhlen
befahl/ was er von dem Fraͤulein wuͤſte/ ſtrich er ihꝛe Schoͤnheit/ Vernunfft/ Tapfferkeit uñ
Tugend dermaſſen heraus/ auch alles wz von ihr im erſten Buche iſt aufgezeichnet wordẽ/
daß der Koͤnig als ein verzuͤkter ſaß/ und nach geendigter Rede zu ihm ſagete: Knabe/ als
viel wir aus deinen Worten merken/ hat der Frl. Bruder urſach/ ſie zuſuchen; Wir hal-
ten aber gaͤnzlich davor/ da ſie in dieſen Laͤndern anlangen/ und etwa einem groſſen Fuͤrſten
oder Koͤnige zuteil werden ſolte/ wuͤrde ſie ihm nicht wieder zugeſtellet werden/ weil Schoͤn-
heit und hohe Gaben in dieſer Welt auch geliebet werden; Wir vor unſer Haͤupt wuͤrden
lieber fuͤnff Fuͤrſtentuͤhmer/ als ein ſolches Fraͤulein fahren laſſen/ und wird daher ihres
Bruders nachſuchen umſonſt ſeyn; Da ſie aber zu uns kommen wuͤrden/ muͤſte ihnen alles
liebes und gutes widerfahren/ duͤrften auch bey uns leicht ſolche Gnade zu ihrer Erhoͤhung
finden/ daß beydes dem Bruder und Oheim nach ihrem wuͤſten Vaterlande nicht verlan-
gen wuͤrde. Aber wolteſtu das Fraͤulein noch kennen/ wann ſie dir zu Geſichte kaͤhme? Her-
kules ſtellete ſich/ als haͤtte er Fuͤrſt Vologeſes erſten Worte von dem Fraͤulein nicht gehoͤ-
ret/ und antwortete: Sehr wol/ aller gnaͤdigſter Koͤnig/ dann das Angeſicht iſt mir gar zu
eigentlich bekant; es wird aber ein ſolches ſich ſchwerlich zutragen. Der Koͤnig laͤchelte/
und ſagte zu Phraortes: Mein Fuͤrſt beſuche nach geendigter Mahlzeit unſer weꝛtes Fraͤu-
lein/ und nehme dieſen Teutſchen mit ſich/ vielleicht ergetzet ſie ſich daruͤber/ wann ſie in der
abgelegenen fremde einen Landsmann und bekanten antrifft. Der gute Herkules vermey-
nete vor Freuden niderzuſinken; Phraortes aber bedankete ſich der Koͤnigl. Gnade/ mit
vermelden/ er haͤtte an das Fråulein einen untertaͤhnigen Gruß wegen ſeiner und Mazeus
Gemahl/ welche zugleich umb Verzeihung bey Ihrer Gn. demuͤhtig anhalten lieſſen/ daß
ſie derſelben die gebuͤhrliche Ehre nit erwieſen/ noch erweiſen koͤñen/ nach dem ihꝛ Geſchlecht
ihnen ganz verborgen geweſen. Es erzeigete ſich der Koͤnig ſehr froͤlich/ daß von ſeinem al-
lerliebſten Fraͤulein er ſolche ruhmwuͤrdige Zeitung vernehmen ſolte/ und ruͤhmete ſein
Gluͤk/ welches ſich ihm nie ſo gewogen/ als in Zufuͤhrung eines ſolchen unſchatzbahren
Schatzes/ erzeiget haͤtte. Nach gehaltenem Mahl machten ſich Phraortes und Herkules

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[730/0768] Vierdes Buch. Vaterland wieder zuſuchen. Neues habe ich ſonſten aus Teutſchland wenig/ ohn daß in Italien das Geſchrey ging/ meines geweſenen allergnaͤdigſten Koͤnigs einzige Frl. Toch- ter/ Frl. Herkuliſka waͤhre gefangen/ und uͤber Meer in Armenien gefuͤhret. Der Koͤnig verwunderte ſich der Reden/ und ſagte zu ihm: Melde uns aber/ wer iſt derſelbige Koͤnig/ deſſen Frl. Tochter geraubet iſt? Er antwortete: Er wahr ein maͤchtiger Koͤnig der Boͤh- men und anderer umligenden Voͤlker/ nahmens Noteſterich/ deſſen Gemahl/ Frau Hede- wig/ eine Tochter des Groß Fuͤrſten der unuͤberwindlichen Teutſchen/ anjetzo nach abſter- ben ihres Koͤniges/ die Herſchafft verwaltet/ dann ihr Herr Sohn/ der einige Erbe dieſes Reichs/ ſol nebeſt ſeinem Vettern den jungen Fuͤrſten aus Teutſchland/ dem geraubeten Fraͤulein gefolget ſeyn/ ob ſie dieſelbe entweder mit der Fauſt/ oder mit Gelde wieder loͤſen moͤchten. Der Koͤnig fragete weiter: Haſtu dann deſſelbigen Koͤniges Kundſchaft gehabt? Ja/ allergnaͤdigſter Koͤnig/ antwortete er/ ich unwirdiger habe dero Hocheit vier Jahr als ein aͤdelknabe auffgewartet/ auch von Ihr den Ritters-Orden empfangen; Der Fraͤulein und ihres Herr Bruders Leben iſt mir auch nicht unbewuſt/ welche beyderſeits/ ungeachtet ihrer Jugend/ ſchon viel Abenteur uͤberſtanden haben. Als ihm nun der Koͤnig zuerzaͤhlen befahl/ was er von dem Fraͤulein wuͤſte/ ſtrich er ihꝛe Schoͤnheit/ Vernunfft/ Tapfferkeit uñ Tugend dermaſſen heraus/ auch alles wz von ihr im erſten Buche iſt aufgezeichnet wordẽ/ daß der Koͤnig als ein verzuͤkter ſaß/ und nach geendigter Rede zu ihm ſagete: Knabe/ als viel wir aus deinen Worten merken/ hat der Frl. Bruder urſach/ ſie zuſuchen; Wir hal- ten aber gaͤnzlich davor/ da ſie in dieſen Laͤndern anlangen/ und etwa einem groſſen Fuͤrſten oder Koͤnige zuteil werden ſolte/ wuͤrde ſie ihm nicht wieder zugeſtellet werden/ weil Schoͤn- heit und hohe Gaben in dieſer Welt auch geliebet werden; Wir vor unſer Haͤupt wuͤrden lieber fuͤnff Fuͤrſtentuͤhmer/ als ein ſolches Fraͤulein fahren laſſen/ und wird daher ihres Bruders nachſuchen umſonſt ſeyn; Da ſie aber zu uns kommen wuͤrden/ muͤſte ihnen alles liebes und gutes widerfahren/ duͤrften auch bey uns leicht ſolche Gnade zu ihrer Erhoͤhung finden/ daß beydes dem Bruder und Oheim nach ihrem wuͤſten Vaterlande nicht verlan- gen wuͤrde. Aber wolteſtu das Fraͤulein noch kennen/ wann ſie dir zu Geſichte kaͤhme? Her- kules ſtellete ſich/ als haͤtte er Fuͤrſt Vologeſes erſten Worte von dem Fraͤulein nicht gehoͤ- ret/ und antwortete: Sehr wol/ aller gnaͤdigſter Koͤnig/ dann das Angeſicht iſt mir gar zu eigentlich bekant; es wird aber ein ſolches ſich ſchwerlich zutragen. Der Koͤnig laͤchelte/ und ſagte zu Phraortes: Mein Fuͤrſt beſuche nach geendigter Mahlzeit unſer weꝛtes Fraͤu- lein/ und nehme dieſen Teutſchen mit ſich/ vielleicht ergetzet ſie ſich daruͤber/ wann ſie in der abgelegenen fremde einen Landsmann und bekanten antrifft. Der gute Herkules vermey- nete vor Freuden niderzuſinken; Phraortes aber bedankete ſich der Koͤnigl. Gnade/ mit vermelden/ er haͤtte an das Fråulein einen untertaͤhnigen Gruß wegen ſeiner und Mazeus Gemahl/ welche zugleich umb Verzeihung bey Ihrer Gn. demuͤhtig anhalten lieſſen/ daß ſie derſelben die gebuͤhrliche Ehre nit erwieſen/ noch erweiſen koͤñen/ nach dem ihꝛ Geſchlecht ihnen ganz verborgen geweſen. Es erzeigete ſich der Koͤnig ſehr froͤlich/ daß von ſeinem al- lerliebſten Fraͤulein er ſolche ruhmwuͤrdige Zeitung vernehmen ſolte/ und ruͤhmete ſein Gluͤk/ welches ſich ihm nie ſo gewogen/ als in Zufuͤhrung eines ſolchen unſchatzbahren Schatzes/ erzeiget haͤtte. Nach gehaltenem Mahl machten ſich Phraortes und Herkules mit

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/768>, abgerufen am 26.06.2024.