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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
ten aber nicht miteinander in eine Herberge ein/ sondern Herkules/ Ladisla und Tyriotes
blieben beysammen/ die übrigen nahmen fast gegen über ihr Ablager/ nicht gar weit von
Fräulein Valisken Schlosse/ und wahren des ersten tages stille. Des folgenden ging Her-
kules mit Tyriotes hin/ dieses Schloß eigentlich zubesehen/ welches zwar gegen das Groß-
Königliche zu rechnen/ klein/ aber über die masse zierlich gebauet wahr/ auch mit tieffen
Wassergraben und hohen Mauren und Zwängern umbfangen; das Gebäu an sich wahr
von glänzendem weissen Marmel/ mit hangenden Gemächern außwendig Blumwerks-
weise vergüldet; die Fenster von dem lautersten kristallen Glase; das Dach glänzete von
Golde/ daß wann die Sonne darauff schien/ es den Anschauenden die Augen blendete.
Der Graben hielt ein sehr klares Wasser in sich/ welches mit Röhren hinein geleitet wahr/
und wurden die herlichsten Fische drinnen gehäget/ dann der Fräulein höchste Lust wahr
in dieser ihrer Einsamkeit/ daß sie zuzeiten mit einer Angelrute oben von der Maur herni-
der dieselben fing/ und nach sich in die Höhe zog/ und weil man diesen Graben außwendig
gar umbgehen kunte/ besahe Herkules das Schloß rings umbher/ da er eines Obergema-
ches Westwerts gewahr wurde/ an welchem außwendig nähest bey dem Fenster zu beyden
Seiten/ seiner liebsten Fräulein Zeichen @ mit schwarzer Farbe in zimlicher grösse ge-
mahlet stund/ dessen er höchlich erfreuet ward/ unter der Hoffnung/ er würde sie dieser ends
bald zu sehen bekommen/ weil er ungezweiffelt davor hielt/ dieses müste der Fräulein eige-
nes Zimmer seyn/ wie es dann auch wahr; ging deßwegen alsbald wieder nach der Her-
berge/ und erzählete seinem Ladisla was er angetroffen hatte; Sie gingen desselben tages
sechsmahl miteinander dahin/ aber vergebens/ dann es befand sich das Fräulein den gan-
zen Tag über in grosser Traurigkeit und schweren Gedanken/ und solches aus furcht/ daß
ihr Herkules auff der gefährlichen Reise in Unglük gerahten und wol gar umb sein Leben
kommen möchte; Uberdz hatte sie in erfahrung gebracht/ es stünde wegen eines vermuht-
lichen innerlichen Krieges sehr gefährlich im ganzen Parthischen Reiche daraus sie muht-
massete/ daß die Unsicherheit zu reisen ihn gar wieder zurük zihen dürfte/ in welchen Gedan-
ken sie sich so sehr vertieffete/ daß sie vergaß an ihr Fenster zu gehen/ und ihres Timokles
wahrzunehmen/ wie sonsten ihr täglicher brauch wahr. Des andern Morgens gingen sie
zimlich frühe wieder hin/ und nachdem sie etwa eine halbe Stunde sich daselbst auffgehal-
ten hatten/ erblickete Herkules das Fräulein ohngefehr am Fenster/ da er vor freuden sei-
nem Ladisla an der Seite niedersank/ nicht anders als ob die Seele aus ihm gefahren wäh-
re/ auch Ladisla nicht anders meinete/ er währe etwa vom Schlage getroffen und plözliches
todes verblichen/ dessen er so hefftig erschrak/ daß ihm schier ein gleiches begegnet währe/
doch hielt er sich feste/ und schüttelte seinen Freund so lange/ biß er ihn endlich wieder zu
rechte brachte/ weil Timokles/ der seiner Gewohnheit nach sich daselbst von seinem gebie-
tenden Fräulein sehen ließ/ seines Unfals inne ward/ aus mitleiden hinzu trat/ und aus
dem nähesten Brunnen Wasser zutrug/ damit sie ihn wieder erquicketen. Frl. Valiska
sahe dieses an/ und kennete doch ihre liebsten Freunde nicht/ weil sie beyde ihre Angesichter
verstellet hatten. Ladisla hatte ihrer noch nicht wahr genommen/ biß Herkules/ da er sich er-
hohlete/ sie ihm mit beyden Händen zeigete/ und in teutscher Sprache zu ihm sagete: Bru-
der/ sihestu deine Frl. Schwester nicht/ deren Geister die meinen zu sich hinauff gezogen ha-

ben?

Vierdes Buch.
ten aber nicht miteinander in eine Herberge ein/ ſondern Herkules/ Ladiſla und Tyriotes
blieben beyſammen/ die uͤbrigen nahmen faſt gegen uͤber ihr Ablager/ nicht gar weit von
Fraͤulein Valiſken Schloſſe/ und wahren des erſten tages ſtille. Des folgenden ging Her-
kules mit Tyriotes hin/ dieſes Schloß eigentlich zubeſehen/ welches zwar gegen das Groß-
Koͤnigliche zu rechnen/ klein/ aber uͤber die maſſe zierlich gebauet wahr/ auch mit tieffen
Waſſergraben und hohen Mauren und Zwaͤngern umbfangen; das Gebaͤu an ſich wahr
von glaͤnzendem weiſſen Marmel/ mit hangenden Gemaͤchern außwendig Blumwerks-
weiſe verguͤldet; die Fenſter von dem lauterſten kriſtallen Glaſe; das Dach glaͤnzete von
Golde/ daß wann die Sonne darauff ſchien/ es den Anſchauenden die Augen blendete.
Der Graben hielt ein ſehr klares Waſſer in ſich/ welches mit Roͤhren hinein geleitet wahr/
und wurden die herlichſten Fiſche drinnen gehaͤget/ dann der Fraͤulein hoͤchſte Luſt wahr
in dieſer ihrer Einſamkeit/ daß ſie zuzeiten mit einer Angelrute oben von der Maur herni-
der dieſelben fing/ und nach ſich in die Hoͤhe zog/ und weil man dieſen Graben außwendig
gar umbgehen kunte/ beſahe Herkules das Schloß rings umbher/ da er eines Obergema-
ches Weſtwerts gewahr wurde/ an welchem außwendig naͤheſt bey dem Fenſter zu beyden
Seiten/ ſeiner liebſten Fraͤulein Zeichen  mit ſchwarzer Farbe in zimlicher groͤſſe ge-
mahlet ſtund/ deſſen er hoͤchlich erfreuet ward/ unter deꝛ Hoffnung/ er wuͤꝛde ſie dieſer ends
bald zu ſehen bekommen/ weil er ungezweiffelt davor hielt/ dieſes muͤſte der Fraͤulein eige-
nes Zimmer ſeyn/ wie es dann auch wahr; ging deßwegen alsbald wieder nach der Her-
berge/ und erzaͤhlete ſeinem Ladiſla was er angetroffen hatte; Sie gingen deſſelben tages
ſechsmahl miteinander dahin/ aber vergebens/ dann es befand ſich das Fraͤulein den gan-
zen Tag uͤber in groſſer Traurigkeit und ſchweren Gedanken/ und ſolches aus furcht/ daß
ihr Herkules auff der gefaͤhrlichen Reiſe in Ungluͤk gerahten und wol gar umb ſein Leben
kommen moͤchte; Uberdz hatte ſie in erfahrung gebracht/ es ſtuͤnde wegen eines vermuht-
lichen iñerlichen Krieges ſehr gefaͤhrlich im ganzen Parthiſchen Reiche daraus ſie muht-
maſſete/ daß die Unſicherheit zu reiſen ihn gar wieder zuruͤk zihen duͤrfte/ in welchẽ Gedan-
ken ſie ſich ſo ſehr vertieffete/ daß ſie vergaß an ihr Fenſter zu gehen/ und ihres Timokles
wahrzunehmen/ wie ſonſten ihr taͤglicher brauch wahr. Des andern Morgens gingen ſie
zimlich fruͤhe wieder hin/ und nachdem ſie etwa eine halbe Stunde ſich daſelbſt auffgehal-
ten hatten/ erblickete Herkules das Fraͤulein ohngefehr am Fenſter/ da er vor freuden ſei-
nem Ladiſla an der Seite niederſank/ nicht anders als ob die Seele aus ihm gefahꝛen waͤh-
re/ auch Ladiſla nicht anders meinete/ er waͤhre etwa vom Schlage getroffen uñ ploͤzliches
todes verblichen/ deſſen er ſo hefftig erſchrak/ daß ihm ſchier ein gleiches begegnet waͤhre/
doch hielt er ſich feſte/ und ſchuͤttelte ſeinen Freund ſo lange/ biß er ihn endlich wieder zu
rechte brachte/ weil Timokles/ der ſeiner Gewohnheit nach ſich daſelbſt von ſeinem gebie-
tenden Fraͤulein ſehen ließ/ ſeines Unfals inne ward/ aus mitleiden hinzu trat/ und aus
dem naͤheſten Brunnen Waſſer zutrug/ damit ſie ihn wieder erquicketen. Frl. Valiſka
ſahe dieſes an/ und kennete doch ihre liebſten Freunde nicht/ weil ſie beyde ihre Angeſichteꝛ
verſtellet hatten. Ladiſla hatte ihrer noch nicht wahr genommen/ biß Herkules/ da er ſich er-
hohlete/ ſie ihm mit beyden Haͤnden zeigete/ und in teutſcher Sprache zu ihm ſagete: Bru-
der/ ſiheſtu deine Fꝛl. Schweſter nicht/ deren Geiſter die meinen zu ſich hinauff gezogen ha-

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[719/0757] Vierdes Buch. ten aber nicht miteinander in eine Herberge ein/ ſondern Herkules/ Ladiſla und Tyriotes blieben beyſammen/ die uͤbrigen nahmen faſt gegen uͤber ihr Ablager/ nicht gar weit von Fraͤulein Valiſken Schloſſe/ und wahren des erſten tages ſtille. Des folgenden ging Her- kules mit Tyriotes hin/ dieſes Schloß eigentlich zubeſehen/ welches zwar gegen das Groß- Koͤnigliche zu rechnen/ klein/ aber uͤber die maſſe zierlich gebauet wahr/ auch mit tieffen Waſſergraben und hohen Mauren und Zwaͤngern umbfangen; das Gebaͤu an ſich wahr von glaͤnzendem weiſſen Marmel/ mit hangenden Gemaͤchern außwendig Blumwerks- weiſe verguͤldet; die Fenſter von dem lauterſten kriſtallen Glaſe; das Dach glaͤnzete von Golde/ daß wann die Sonne darauff ſchien/ es den Anſchauenden die Augen blendete. Der Graben hielt ein ſehr klares Waſſer in ſich/ welches mit Roͤhren hinein geleitet wahr/ und wurden die herlichſten Fiſche drinnen gehaͤget/ dann der Fraͤulein hoͤchſte Luſt wahr in dieſer ihrer Einſamkeit/ daß ſie zuzeiten mit einer Angelrute oben von der Maur herni- der dieſelben fing/ und nach ſich in die Hoͤhe zog/ und weil man dieſen Graben außwendig gar umbgehen kunte/ beſahe Herkules das Schloß rings umbher/ da er eines Obergema- ches Weſtwerts gewahr wurde/ an welchem außwendig naͤheſt bey dem Fenſter zu beyden Seiten/ ſeiner liebſten Fraͤulein Zeichen  mit ſchwarzer Farbe in zimlicher groͤſſe ge- mahlet ſtund/ deſſen er hoͤchlich erfreuet ward/ unter deꝛ Hoffnung/ er wuͤꝛde ſie dieſer ends bald zu ſehen bekommen/ weil er ungezweiffelt davor hielt/ dieſes muͤſte der Fraͤulein eige- nes Zimmer ſeyn/ wie es dann auch wahr; ging deßwegen alsbald wieder nach der Her- berge/ und erzaͤhlete ſeinem Ladiſla was er angetroffen hatte; Sie gingen deſſelben tages ſechsmahl miteinander dahin/ aber vergebens/ dann es befand ſich das Fraͤulein den gan- zen Tag uͤber in groſſer Traurigkeit und ſchweren Gedanken/ und ſolches aus furcht/ daß ihr Herkules auff der gefaͤhrlichen Reiſe in Ungluͤk gerahten und wol gar umb ſein Leben kommen moͤchte; Uberdz hatte ſie in erfahrung gebracht/ es ſtuͤnde wegen eines vermuht- lichen iñerlichen Krieges ſehr gefaͤhrlich im ganzen Parthiſchen Reiche daraus ſie muht- maſſete/ daß die Unſicherheit zu reiſen ihn gar wieder zuruͤk zihen duͤrfte/ in welchẽ Gedan- ken ſie ſich ſo ſehr vertieffete/ daß ſie vergaß an ihr Fenſter zu gehen/ und ihres Timokles wahrzunehmen/ wie ſonſten ihr taͤglicher brauch wahr. Des andern Morgens gingen ſie zimlich fruͤhe wieder hin/ und nachdem ſie etwa eine halbe Stunde ſich daſelbſt auffgehal- ten hatten/ erblickete Herkules das Fraͤulein ohngefehr am Fenſter/ da er vor freuden ſei- nem Ladiſla an der Seite niederſank/ nicht anders als ob die Seele aus ihm gefahꝛen waͤh- re/ auch Ladiſla nicht anders meinete/ er waͤhre etwa vom Schlage getroffen uñ ploͤzliches todes verblichen/ deſſen er ſo hefftig erſchrak/ daß ihm ſchier ein gleiches begegnet waͤhre/ doch hielt er ſich feſte/ und ſchuͤttelte ſeinen Freund ſo lange/ biß er ihn endlich wieder zu rechte brachte/ weil Timokles/ der ſeiner Gewohnheit nach ſich daſelbſt von ſeinem gebie- tenden Fraͤulein ſehen ließ/ ſeines Unfals inne ward/ aus mitleiden hinzu trat/ und aus dem naͤheſten Brunnen Waſſer zutrug/ damit ſie ihn wieder erquicketen. Frl. Valiſka ſahe dieſes an/ und kennete doch ihre liebſten Freunde nicht/ weil ſie beyde ihre Angeſichteꝛ verſtellet hatten. Ladiſla hatte ihrer noch nicht wahr genommen/ biß Herkules/ da er ſich er- hohlete/ ſie ihm mit beyden Haͤnden zeigete/ und in teutſcher Sprache zu ihm ſagete: Bru- der/ ſiheſtu deine Fꝛl. Schweſter nicht/ deren Geiſter die meinen zu ſich hinauff gezogen ha- ben?

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/757>, abgerufen am 22.12.2024.