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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
durch ihr anschauen in vorige Tohrheit wieder gerahten währe. Neda hatte ihm vorge-
nommen/ sich nichts irren zu lassen/ und sagte im Scherze zu ihr: Ich möchte gerne wissen/
geliebte Schwester/ was dir an dieser Jungfer so hefftig mißfället; an Zucht/ Adel/ und
Schönheit ist sie ja keiner Jungfer dieses Königreichs viel schuldig/ ohn daß sie ein verlas-
senes Wäyselein ist; Woltestu sie nun deswegen verachten/ köntestu dich dadurch versün-
digen/ daß dir dermahleins ein gleiches widerführe. Die Schwester befand sich hiedurch
in etwas verletzet/ und wolte schärffer loßbrechen; aber die Eltern wehreten ihr/ und sageten:
Sie könten selber nicht billichen/ dz man ehrliche Jungfern verachtete; vernähmen gleich-
wol nicht/ daß seine Schwester desgleichen tähte/ sondern es ginge ihr aus Schwesterlicher
Zuneigung zu herzen/ daß ihr Bruder durch Heyraht seine Güter verringern solte/ massen
wo kein Braut Schatz folgete/ müste der weibliche Schmuk von des Mannes Gütern ge-
zeuget werden/ welches nur Schulden verursachete. Geliebete Mutter/ antwortete Neda;
ich stelle dieses an seinen ort/ und wann ich gleich eine arme Jungfer heyrahten würde/ hof-
se ich doch so viel zuerwerben/ daß ich sie ohn mein väterliches Erbe ernehren wolte; solte
man aber einen aus Freundschafft angebohtenen Gruß so höhnisch verwerffen? zwar mei-
ne Eltern höre ich gerne/ aber meiner jüngeren Schwester räume ich diese Macht durch-
aus nicht ein/ über mich zuherschen/ würde auch meinem Ritterstande und tragendem Am-
te sehr schimpflich stehen. Aber lieber saget mir/ habt ihr auch etwz mehr auff Jungfer Bre-
len zusprechen oder an ihr zutadeln/ als daß sie unbegütert ist? Nein/ sagte die Mutter/ wir
halten sie im übrigen wirdig gnug; weil du aber selber bekennest/ daß du den Eltern Gehor-
sam schuldig bist/ wirstu ihnen folgen/ und ihren gemacheten Schluß nicht umstossen. Was
ist das vor ein Schluß? fragete Neda. Je/ antwortete sie; welchen wir mit Herr Vratisla
wegen deiner und seiner Tochter Heyraht getroffen haben. Wie versaget/ oder verkäufft
ihr mich dann/ fragete er/ und forschet nicht zuvor/ ob ich auch einwilligen werde? Ich bin
ja kein gebohrner Sklav/ so kan ich euch auch nicht bergen/ daß ich umb Geldes willen/ Ehr
und Redligkeit hindan zusetzen nicht gemeynet bin/ und wolte den Geizhals Vratisla mit sei-
ner Tochter lieber erwürgen/ als in solche verfluchte Ehe einwilligen. Die gute Mutter
wuste das Gerüchte wol/ entschuldigte es aber bester massen; man müste den Lästermäulern
nicht gläuben; mannicher redlichen Jungfer würde ohn alle schuld eine Klette angeworf-
fen; und was des dinges mehr wahr. Sein Vater Krokus wolte auch länger nit schwei-
gen/ sondern sagete zu dem Sohn: So bin ich gleichwol dein Vater/ und da du mir gehor-
sam versagest/ werde ich mein Recht zugebrauchen wissen. Was vor Recht/ lieber Vater?
antwortete er; ich wüste ja kein Recht in der Welt/ daß mich zwingen könte/ wider meinen
Willen ein Weib zunehmen? Der gute Alte erzürnete sich hierüber/ und dräuete ihn zuent-
erben; aber Neda bewägete sich gar nicht/ sondern fragete nur/ wem er die Güter zuwenden
wolte. Wem sonst/ sagte der Vater/ als deiner einigen Schwester. Ja/ antwortete er/ wann
sie mir davor dankete/ liesse ichs ihr vielleicht mit gutem Willen zu; aber dann müste sie zu-
vor gegen Jungfer Brelen einen bessern Willen fassen; wiewol meine gnädigste Königin-
nen/ so wol die herschende/ als die zu Padua/ mich vor Enterbung schon befreyet haben/ auch
meiner Schwester/ wegen ihrer lieben Brelen Verachtung/ eine schlimme Urtel sprechen
dürfften; Ist demnach diese Bedräuung vergebens/ und weiß ich schon vorhin wol/ daß sie

euch/

Drittes Buch.
durch ihr anſchauen in vorige Tohrheit wieder gerahten waͤhre. Neda hatte ihm vorge-
nommen/ ſich nichts irren zu laſſen/ und ſagte im Scherze zu ihr: Ich moͤchte gerne wiſſen/
geliebte Schweſter/ was dir an dieſer Jungfer ſo hefftig mißfaͤllet; an Zucht/ Adel/ und
Schoͤnheit iſt ſie ja keiner Jungfer dieſes Koͤnigreichs viel ſchuldig/ ohn daß ſie ein verlaſ-
ſenes Waͤyſelein iſt; Wolteſtu ſie nun deswegen verachten/ koͤnteſtu dich dadurch verſuͤn-
digen/ daß dir dermahleins ein gleiches widerfuͤhre. Die Schweſter befand ſich hiedurch
in etwas verletzet/ und wolte ſchaͤrffer loßbrechen; aber die Eltern wehreten ihr/ und ſagetẽ:
Sie koͤnten ſelber nicht billichen/ dz man ehrliche Jungfern verachtete; vernaͤhmen gleich-
wol nicht/ daß ſeine Schweſter desgleichen taͤhte/ ſondern es ginge ihr aus Schweſterlicheꝛ
Zuneigung zu herzen/ daß ihr Bruder durch Heyraht ſeine Guͤter verringern ſolte/ maſſen
wo kein Braut Schatz folgete/ muͤſte der weibliche Schmuk von des Mannes Guͤtern ge-
zeuget werden/ welches nur Schulden verurſachete. Geliebete Mutter/ antwortete Neda;
ich ſtelle dieſes an ſeinen ort/ und wann ich gleich eine arme Jungfer heyrahten wuͤrde/ hof-
ſe ich doch ſo viel zuerwerben/ daß ich ſie ohn mein vaͤterliches Erbe ernehren wolte; ſolte
man aber einen aus Freundſchafft angebohtenen Gruß ſo hoͤhniſch verwerffen? zwar mei-
ne Eltern hoͤre ich gerne/ aber meiner juͤngeren Schweſter raͤume ich dieſe Macht durch-
aus nicht ein/ uͤber mich zuherſchen/ wuͤrde auch meinem Ritterſtande und tꝛagendem Am-
te ſehr ſchimpflich ſtehen. Aber lieber ſaget mir/ habt ihr auch etwz mehr auff Jungfer Bre-
len zuſprechen oder an ihr zutadeln/ als daß ſie unbeguͤtert iſt? Nein/ ſagte die Mutter/ wir
halten ſie im uͤbrigen wirdig gnug; weil du aber ſelber bekenneſt/ daß du den Eltern Gehoꝛ-
ſam ſchuldig biſt/ wirſtu ihnen folgen/ und ihren gemacheten Schluß nicht umſtoſſen. Was
iſt das vor ein Schluß? fragete Neda. Je/ antwortete ſie; welchen wir mit Herr Vratiſla
wegen deiner und ſeiner Tochter Heyraht getroffen haben. Wie verſaget/ oder verkaͤufft
ihr mich dann/ fragete er/ und forſchet nicht zuvor/ ob ich auch einwilligen werde? Ich bin
ja kein gebohrner Sklav/ ſo kan ich euch auch nicht bergen/ daß ich umb Geldes willen/ Ehꝛ
uñ Redligkeit hindan zuſetzen nicht gemeynet bin/ und wolte den Geizhals Vratiſla mit ſei-
ner Tochter lieber erwuͤrgen/ als in ſolche verfluchte Ehe einwilligen. Die gute Mutter
wuſte das Geruͤchte wol/ entſchuldigte es aber beſter maſſen; man muͤſte den Laͤſtermaͤuleꝛn
nicht glaͤuben; mannicher redlichen Jungfer wuͤrde ohn alle ſchuld eine Klette angeworf-
fen; und was des dinges mehr wahr. Sein Vater Krokus wolte auch laͤnger nit ſchwei-
gen/ ſondern ſagete zu dem Sohn: So bin ich gleichwol dein Vater/ und da du mir gehoꝛ-
ſam verſageſt/ werde ich mein Recht zugebrauchen wiſſen. Was vor Recht/ lieber Vater?
antwortete er; ich wuͤſte ja kein Recht in der Welt/ daß mich zwingen koͤnte/ wider meinen
Willen ein Weib zunehmen? Der gute Alte erzuͤrnete ſich hieruͤber/ und draͤuete ihn zuent-
erben; aber Neda bewaͤgete ſich gar nicht/ ſondern fragete nur/ wem er die Guͤter zuwendẽ
wolte. Wem ſonſt/ ſagte der Vater/ als deiner einigen Schweſter. Ja/ antwortete er/ wañ
ſie mir davor dankete/ lieſſe ichs ihr vielleicht mit gutem Willen zu; aber dann muͤſte ſie zu-
vor gegen Jungfer Brelen einen beſſern Willen faſſen; wiewol meine gnaͤdigſte Koͤnigin-
nen/ ſo wol die herſchende/ als die zu Padua/ mich vor Enterbung ſchon befreyet habẽ/ auch
meiner Schweſter/ wegen ihrer lieben Brelen Verachtung/ eine ſchlimme Urtel ſprechen
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/738>, abgerufen am 22.12.2024.