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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
der an ihrer Liebe zweifeln machete/ noch zu einiger Begier des reizung gelegenheit gab. Ihr
verbohtenes Gemach wahr Westwerts gelegen/ und kunte sie durchs Erker-Fenster diese
ganze Seite außwendig über sehen/ woselbst Timokles nach ihrem Befehl sich täglich zu-
bestimmeter Zeit anfand/ daß nicht allein sie ihn/ sondern er sie auch im Fenster wol sehen
und erkennen kunte. Uber vorigem anmelden durch die Farben hatte sie ihm noch befehlen
lassen/ da etwas hochwichtiges vorgehen würde/ welches ihr zu wissen nöhtig/ solte er ihr
solches zuschreiben/ und den Brieff in einem hohlen Pfeile überschiessen/ worzu sie ihm
den Ort früh genug bezeichnen wolte. Nachdem sie nun über einen Monat lang nach ih-
rem Herkules umsonst aussahe/ machte diese Verzögerung/ oder vielmehr der Zweifel sei-
ner Ankunfft ihrem Gemüht nicht geringe Sorgen/ welche sich in ihr innerstes senketen/ dz
ihr anfangs die Lust zur Speise vergieng/ und fast einen steten Durst empfand/ welchen sie
auch bißweilen zu Nachtzeiten mit einem Labetrunk stillen muste/ daher ihre Schönheit sich
umb ein grosses ringerte/ welches ihr Frauenzimmer mit höchstem Kummer empfunden/
und sie untertähnigst bahten/ ob sie ein Anliegen oder Leibesschwacheit merkete/ möchte sie
es beyzeiten offenbahren/ daß ihr könte raht geschaffet werden; entstünde es aber aus Be-
trübniß des Gemühts/ würde sie ihrem göttlichen Verstande nach sich dessen schon wissen
zuentschlagen/ und sich dem zu Trost und Ergetzung zuerhalten/ der sie mehr als seine Seele
liebete. Ja/ antwortete sie/ wann ich hierauff nicht bedacht währe/ hätten mich die Wür-
mer schon verzehret; Ihr sollet euch aber meinet wegen nicht bekümmern/ dann ich weiß/
daß es mit mir nicht noht zum Tode hat. Das Frauenzimmer empfand hiedurch etwas
Trostes/ welches doch nicht lange wehrete; dann des folgenden Tages siel sie ein hitziges
Fieber/ welches dem Könige bald kund getahn ward/ welcher dessen heftig erschrak/ und die
vornehmsten Aerzte der Stad versamlen ließ/ mit eiferiger Bedräuung/ dafern sie nit Raht
schaffen/ und dem Fräulein zu voriger Gesundheit verhelffen würden/ müste es ihnen das
Leben kosten. Der erfahrneste unter ihnen gab dem Könige zur Antwort: Er/ neben seinen
zugeordneten wolten allen menschlichen Fleiß anwenden und spüren lassen/ auch verhof-
fentlich mit der Arzney gutes wirken/ dafern ihm und etlichen anderen nur würde vergön-
net seyn/ dem Königlichen Fräulein 24 Stunden aneinander auffzuwarten/ daß man der
Krankheit Art/ Hefftigkeit/ Abwechselung und Ursachen nachsuchen könte. Der König
ließ ihnen solches gerne zu/ und durffte das Fräulein nicht widersprechen/ wiewol sie ihnen
an ihrem Leibe nichts mehr gestattete/ als die Schlag Adern an den Armen zubegreiffen/ und
auff ihren Athem/ Hände- und Angesichts-Hitze zuachten; stellete sich sonsten frisch/ ob em-
pfünde sie weder Anliegen noch Schmerzen/ welches die Aerzte doch aus den Zeichen an-
ders befunden/ die nach verlauff der berahmeten Stunden sich wieder nach dem Könige
verfügeten/ da der vorige also redete: Allergroßmächtigster unüberwindlichster König/
allergnädigster Herr; die gütigen Lebens Götter werden nicht zugeben/ dz die unvergleich-
liche Blume menschliches Geschlechts (billich nenne ich dieses Königliche Fräulein also)
vergehen solte/ noch ehe sie sich recht aufgetahn/ und Ihrer Groß Königl. Hocheit die Nies-
sung eingeliefert hat/ deren sonst kein Mensch dieser Welt fähig ist/ und dahero durch der
Götter Verhängniß nohtwendig hat müssen hieher geführet werden. Sol ich nun mein be-
denken von ihrer Krankheit geben/ so ist dieselbe zwar gefährlich/ jedoch nit verzweifelt-böse/

kan

Drittes Buch.
der an ihrer Liebe zweifeln machete/ noch zu einiger Begier des reizung gelegenheit gab. Ihr
verbohtenes Gemach wahr Weſtwerts gelegen/ und kunte ſie durchs Erker-Fenſter dieſe
ganze Seite außwendig uͤber ſehen/ woſelbſt Timokles nach ihrem Befehl ſich taͤglich zu-
beſtimmeter Zeit anfand/ daß nicht allein ſie ihn/ ſondern er ſie auch im Fenſter wol ſehen
und erkennen kunte. Uber vorigem anmelden durch die Farben hatte ſie ihm noch befehlen
laſſen/ da etwas hochwichtiges vorgehen wuͤrde/ welches ihr zu wiſſen noͤhtig/ ſolte er ihr
ſolches zuſchreiben/ und den Brieff in einem hohlen Pfeile uͤberſchieſſen/ worzu ſie ihm
den Ort fruͤh genug bezeichnen wolte. Nachdem ſie nun uͤber einen Monat lang nach ih-
rem Herkules umſonſt ausſahe/ machte dieſe Verzoͤgerung/ oder vielmehr der Zweifel ſei-
ner Ankunfft ihrem Gemuͤht nicht geringe Sorgen/ welche ſich in ihr innerſtes ſenketen/ dz
ihr anfangs die Luſt zur Speiſe vergieng/ und faſt einen ſteten Durſt empfand/ welchen ſie
auch bißweilen zu Nachtzeiten mit einem Labetrunk ſtillen muſte/ daher ihꝛe Schoͤnheit ſich
umb ein groſſes ringerte/ welches ihr Frauenzimmer mit hoͤchſtem Kummer empfunden/
und ſie untertaͤhnigſt bahten/ ob ſie ein Anliegen oder Leibesſchwacheit merkete/ moͤchte ſie
es beyzeiten offenbahren/ daß ihr koͤnte raht geſchaffet werden; entſtuͤnde es aber aus Be-
truͤbniß des Gemuͤhts/ wuͤrde ſie ihrem goͤttlichen Verſtande nach ſich deſſen ſchon wiſſen
zuentſchlagen/ und ſich dem zu Troſt und Ergetzung zuerhalten/ der ſie mehr als ſeine Seele
liebete. Ja/ antwortete ſie/ wann ich hierauff nicht bedacht waͤhre/ haͤtten mich die Wuͤr-
mer ſchon verzehret; Ihr ſollet euch aber meinet wegen nicht bekuͤmmern/ dann ich weiß/
daß es mit mir nicht noht zum Tode hat. Das Frauenzimmer empfand hiedurch etwas
Troſtes/ welches doch nicht lange wehrete; dann des folgenden Tages ſiel ſie ein hitziges
Fieber/ welches dem Koͤnige bald kund getahn ward/ welcher deſſen heftig erſchrak/ und die
vornehmſten Aerzte der Stad verſamlẽ ließ/ mit eiferiger Bedraͤuung/ dafern ſie nit Raht
ſchaffen/ und dem Fraͤulein zu voriger Geſundheit verhelffen wuͤrden/ muͤſte es ihnen das
Leben koſten. Der erfahrneſte unter ihnen gab dem Koͤnige zur Antwort: Er/ neben ſeinen
zugeordneten wolten allen menſchlichen Fleiß anwenden und ſpuͤren laſſen/ auch verhof-
fentlich mit der Arzney gutes wirken/ dafern ihm und etlichen anderen nur wuͤrde vergoͤn-
net ſeyn/ dem Koͤniglichen Fraͤulein 24 Stunden aneinander auffzuwarten/ daß man der
Krankheit Art/ Hefftigkeit/ Abwechſelung und Urſachen nachſuchen koͤnte. Der Koͤnig
ließ ihnen ſolches gerne zu/ und durffte das Fraͤulein nicht widerſprechen/ wiewol ſie ihnen
an ihrem Leibe nichts mehr geſtattete/ als die Schlag Adern an den Armen zubegreiffen/ uñ
auff ihren Athem/ Haͤnde- und Angeſichts-Hitze zuachten; ſtellete ſich ſonſten friſch/ ob em-
pfuͤnde ſie weder Anliegen noch Schmerzen/ welches die Aerzte doch aus den Zeichen an-
ders befunden/ die nach verlauff der berahmeten Stunden ſich wieder nach dem Koͤnige
verfuͤgeten/ da der vorige alſo redete: Allergroßmaͤchtigſter unuͤberwindlichſter Koͤnig/
allergnaͤdigſter Herr; die guͤtigen Lebens Goͤtter werden nicht zugeben/ dz die unvergleich-
liche Blume menſchliches Geſchlechts (billich nenne ich dieſes Koͤnigliche Fraͤulein alſo)
vergehen ſolte/ noch ehe ſie ſich recht aufgetahn/ und Ihrer Groß Koͤnigl. Hocheit die Nieſ-
ſung eingeliefert hat/ deren ſonſt kein Menſch dieſer Welt faͤhig iſt/ und dahero durch der
Goͤtter Verhaͤngniß nohtwendig hat muͤſſen hieher gefuͤhret werdẽ. Sol ich nun mein be-
denken von ihrer Krankheit geben/ ſo iſt dieſelbe zwar gefaͤhrlich/ jedoch nit verzweifelt-boͤſe/

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[695/0733] Drittes Buch. der an ihrer Liebe zweifeln machete/ noch zu einiger Begier des reizung gelegenheit gab. Ihr verbohtenes Gemach wahr Weſtwerts gelegen/ und kunte ſie durchs Erker-Fenſter dieſe ganze Seite außwendig uͤber ſehen/ woſelbſt Timokles nach ihrem Befehl ſich taͤglich zu- beſtimmeter Zeit anfand/ daß nicht allein ſie ihn/ ſondern er ſie auch im Fenſter wol ſehen und erkennen kunte. Uber vorigem anmelden durch die Farben hatte ſie ihm noch befehlen laſſen/ da etwas hochwichtiges vorgehen wuͤrde/ welches ihr zu wiſſen noͤhtig/ ſolte er ihr ſolches zuſchreiben/ und den Brieff in einem hohlen Pfeile uͤberſchieſſen/ worzu ſie ihm den Ort fruͤh genug bezeichnen wolte. Nachdem ſie nun uͤber einen Monat lang nach ih- rem Herkules umſonſt ausſahe/ machte dieſe Verzoͤgerung/ oder vielmehr der Zweifel ſei- ner Ankunfft ihrem Gemuͤht nicht geringe Sorgen/ welche ſich in ihr innerſtes ſenketen/ dz ihr anfangs die Luſt zur Speiſe vergieng/ und faſt einen ſteten Durſt empfand/ welchen ſie auch bißweilen zu Nachtzeiten mit einem Labetrunk ſtillen muſte/ daher ihꝛe Schoͤnheit ſich umb ein groſſes ringerte/ welches ihr Frauenzimmer mit hoͤchſtem Kummer empfunden/ und ſie untertaͤhnigſt bahten/ ob ſie ein Anliegen oder Leibesſchwacheit merkete/ moͤchte ſie es beyzeiten offenbahren/ daß ihr koͤnte raht geſchaffet werden; entſtuͤnde es aber aus Be- truͤbniß des Gemuͤhts/ wuͤrde ſie ihrem goͤttlichen Verſtande nach ſich deſſen ſchon wiſſen zuentſchlagen/ und ſich dem zu Troſt und Ergetzung zuerhalten/ der ſie mehr als ſeine Seele liebete. Ja/ antwortete ſie/ wann ich hierauff nicht bedacht waͤhre/ haͤtten mich die Wuͤr- mer ſchon verzehret; Ihr ſollet euch aber meinet wegen nicht bekuͤmmern/ dann ich weiß/ daß es mit mir nicht noht zum Tode hat. Das Frauenzimmer empfand hiedurch etwas Troſtes/ welches doch nicht lange wehrete; dann des folgenden Tages ſiel ſie ein hitziges Fieber/ welches dem Koͤnige bald kund getahn ward/ welcher deſſen heftig erſchrak/ und die vornehmſten Aerzte der Stad verſamlẽ ließ/ mit eiferiger Bedraͤuung/ dafern ſie nit Raht ſchaffen/ und dem Fraͤulein zu voriger Geſundheit verhelffen wuͤrden/ muͤſte es ihnen das Leben koſten. Der erfahrneſte unter ihnen gab dem Koͤnige zur Antwort: Er/ neben ſeinen zugeordneten wolten allen menſchlichen Fleiß anwenden und ſpuͤren laſſen/ auch verhof- fentlich mit der Arzney gutes wirken/ dafern ihm und etlichen anderen nur wuͤrde vergoͤn- net ſeyn/ dem Koͤniglichen Fraͤulein 24 Stunden aneinander auffzuwarten/ daß man der Krankheit Art/ Hefftigkeit/ Abwechſelung und Urſachen nachſuchen koͤnte. Der Koͤnig ließ ihnen ſolches gerne zu/ und durffte das Fraͤulein nicht widerſprechen/ wiewol ſie ihnen an ihrem Leibe nichts mehr geſtattete/ als die Schlag Adern an den Armen zubegreiffen/ uñ auff ihren Athem/ Haͤnde- und Angeſichts-Hitze zuachten; ſtellete ſich ſonſten friſch/ ob em- pfuͤnde ſie weder Anliegen noch Schmerzen/ welches die Aerzte doch aus den Zeichen an- ders befunden/ die nach verlauff der berahmeten Stunden ſich wieder nach dem Koͤnige verfuͤgeten/ da der vorige alſo redete: Allergroßmaͤchtigſter unuͤberwindlichſter Koͤnig/ allergnaͤdigſter Herr; die guͤtigen Lebens Goͤtter werden nicht zugeben/ dz die unvergleich- liche Blume menſchliches Geſchlechts (billich nenne ich dieſes Koͤnigliche Fraͤulein alſo) vergehen ſolte/ noch ehe ſie ſich recht aufgetahn/ und Ihrer Groß Koͤnigl. Hocheit die Nieſ- ſung eingeliefert hat/ deren ſonſt kein Menſch dieſer Welt faͤhig iſt/ und dahero durch der Goͤtter Verhaͤngniß nohtwendig hat muͤſſen hieher gefuͤhret werdẽ. Sol ich nun mein be- denken von ihrer Krankheit geben/ ſo iſt dieſelbe zwar gefaͤhrlich/ jedoch nit verzweifelt-boͤſe/ kan

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/733>, abgerufen am 22.12.2024.