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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
sticket oder genähet hatten/ dann sie wolte ihnen durchaus keinen Müssiggang verstatten.
Weil sie auch etliche etwas leichtsinnig seyn spürete/ gab sie nicht allein jedem Teil Jung-
fern eine Frau zur Auffseherin zu/ sondern versetzete sie stets umb den andern Tag/ welches
sie so bund zu karten wuste/ dz die ganze Zeit über sie nit wieder auff ein Gemach kamen/ die
einmahl beyeinander gewest wahren. Hiedurch erhielt sie ihr Frauenzimm er in gehorsam/
Furcht/ Fleiß und Frömmigkeit/ und daß sie nicht anders als fremde miteinander lebeten;
Ja sie wuste auff Begebenheit sich dergestalt in ihre Gemühter einzuschlingen/ daß sie einer
jeden Art und Begierden völlig erkennete. Inzwischen hielt sie sich gegen alle so züchtig/
daß sie sich von keiner einzigen an etwa ihrem Leibe nacket sehen ließ/ so gar/ das ihr ganzes
Frauenzimmer zweiffelte/ ob sie ein Fräulein oder Jüngling währe/ weil sie anfangs sich
in Mannes Gestalt angegeben hatte. Ihre Ubung wahr mannigfaltig/ vor erst hatte sie
einen kleinen Wagen mit zwey Pferden/ mit welchem sie im Schloßplatze zu rennen pflag/
daß sie den Wagen zu wenden treflich fertig ward. Dabey hatte sie ein Reitpferd/ welches
auch täglich muste getummelt seyn. Unter ihrer Besatzung wahren etliche geunbete Fech-
ter/ die ihr mannichen Streich ablerneten. Pfeil und Bogen gebrauchete sie am meisten;
so erlustigete sie sich nicht wenig mit der Angelruhte/ wann sie auff der hohen Maur mit
verdecketem Angesicht saß/ und aus dem tieffen Graben die köstlichsten Fische fing und zu
ihr hinauff zog. Zu zeiten erzählete sie ihrem Frauenzimmer/ was vor Unglük sie schon er-
lebet und auff der Reise außgestanden/ wodurch sie ihnen manniche mitleidens Trähnen
hervorlockete. Auch muste ihr der König einen Altar bauen lassen/ gab vor/ ihr gelübde er-
foderte solches/ daß sie der Göttin Vesta den täglichen Weihrauch opffern müste. Der
König hingegen wuste seine Freude nit zu mässigen/ dz er ein Fräulein nach allem Wunsch
angetroffen hatte/ rühmete solches so Schrift-als mündlich bey seinen Fürsten und Ge-
waltigen/ und daß ihm ein sonderlich angenehmer Wille geschähe/ wer ihm hülffe sein
Fraulein ehren. Was nun dieses nach sich führete/ wahr leicht außzulegen/ daher fast kein
Beamter wahr/ der nicht ein köstliches Geschenk nach vermögen eingeschikt hätte/ mit un-
tertähnigster Bitte/ ihre Groß Königl. Hocheit möchte durch ihr hochvermögen dem un-
düchtigen Geschenk die Wirdigkeit erteilen/ dz es dem unvergleichlichen Fräulein/ als ihrer
schier-künftigen Groß Königin dürffte eingeliefert werden; und dieses tahten nicht allein
die geträuen Diener/ sondern auch die Fürsten so sich wieder ihn heimlich verbunden hat-
ten/ umb Argwohn zuvermeiden/ triebens am eiferigsten/ daß sie wol aus den abgelegen-
sten Indien die kostbahresten Sachen bringen liessen/ und dem Fräulein zuschicketen/ wel-
ches alles der König zu sich nam/ und hernach durch ihre Hofmeisterin nebest den beyge-
fügeten Schreiben ihr zustellen ließ; daher sie Zeit ihrer Anwesenheit zu Charas einen sol-
chen Schaz samlete/ welcher sich auff viel Tonnen Goldes belieff/ daß wann sie so nidriges
gemühts gewesen/ und durch schenkungen hätte können geblendet werden/ sie ihren Herku-
les wol hätte auffgegeben; aber ihre tugendhafte Seele hielt solches alles vor Koht und
eitel; ja sie hätte es mit keinem Auge angesehen/ noch mit Händen berühret/ da sie des Kö-
niges Ungnade nicht zubefürchten gehabt. Also muste sie sich in die Zeit schicken/ wie ihr
treflicher Verstand sie darzu statlich anführete/ daß sie auff einliefferung dem Könige alle-
mahl einen Dankbrieff zuschickete/ in welchem sie doch so behutsam ging/ daß sie ihn we-

der

Drittes Buch.
ſticket oder genaͤhet hatten/ dann ſie wolte ihnen durchaus keinen Muͤſſiggang verſtatten.
Weil ſie auch etliche etwas leichtſinnig ſeyn ſpuͤrete/ gab ſie nicht allein jedem Teil Jung-
fern eine Frau zur Auffſeherin zu/ ſondern verſetzete ſie ſtets umb den andern Tag/ welches
ſie ſo bund zu karten wuſte/ dz die ganze Zeit uͤber ſie nit wieder auff ein Gemach kamen/ die
einmahl beyeinander geweſt wahren. Hiedurch erhielt ſie ihr Frauenzim̃ er in gehorſam/
Furcht/ Fleiß und Froͤmmigkeit/ und daß ſie nicht anders als fremde miteinander lebeten;
Ja ſie wuſte auff Begebenheit ſich dergeſtalt in ihre Gemuͤhter einzuſchlingen/ daß ſie eineꝛ
jeden Art und Begierden voͤllig erkennete. Inzwiſchen hielt ſie ſich gegen alle ſo zuͤchtig/
daß ſie ſich von keiner einzigen an etwa ihrem Leibe nacket ſehen ließ/ ſo gar/ das ihr ganzes
Frauenzimmer zweiffelte/ ob ſie ein Fraͤulein oder Juͤngling waͤhre/ weil ſie anfangs ſich
in Mannes Geſtalt angegeben hatte. Ihre Ubung wahr mannigfaltig/ vor erſt hatte ſie
einen kleinen Wagen mit zwey Pferden/ mit welchem ſie im Schloßplatze zu rennen pflag/
daß ſie den Wagen zu wenden treflich fertig ward. Dabey hatte ſie ein Reitpferd/ welches
auch taͤglich muſte getummelt ſeyn. Unter ihrer Beſatzung wahren etliche geũbete Fech-
ter/ die ihr mannichen Streich ablerneten. Pfeil und Bogen gebrauchete ſie am meiſten;
ſo erluſtigete ſie ſich nicht wenig mit der Angelruhte/ wann ſie auff der hohen Maur mit
verdecketem Angeſicht ſaß/ und aus dem tieffen Graben die koͤſtlichſten Fiſche fing und zu
ihr hinauff zog. Zu zeiten erzaͤhlete ſie ihrem Frauenzimmer/ was vor Ungluͤk ſie ſchon er-
lebet und auff der Reiſe außgeſtanden/ wodurch ſie ihnen manniche mitleidens Traͤhnen
hervorlockete. Auch muſte ihr der Koͤnig einen Altar bauen laſſen/ gab vor/ ihr geluͤbde er-
foderte ſolches/ daß ſie der Goͤttin Veſta den taͤglichen Weihrauch opffern muͤſte. Der
Koͤnig hingegen wuſte ſeine Freude nit zu maͤſſigen/ dz er ein Fraͤulein nach allem Wunſch
angetroffen hatte/ ruͤhmete ſolches ſo Schrift-als muͤndlich bey ſeinen Fuͤrſten und Ge-
waltigen/ und daß ihm ein ſonderlich angenehmer Wille geſchaͤhe/ wer ihm huͤlffe ſein
Fråulein ehren. Was nun dieſes nach ſich fuͤhrete/ wahr leicht außzulegen/ daher faſt kein
Beamter wahr/ der nicht ein koͤſtliches Geſchenk nach vermoͤgen eingeſchikt haͤtte/ mit un-
tertaͤhnigſter Bitte/ ihre Groß Koͤnigl. Hocheit moͤchte durch ihr hochvermoͤgen dem un-
duͤchtigen Geſchenk die Wirdigkeit erteilen/ dz es dem unvergleichlichẽ Fraͤulein/ als ihrer
ſchier-kuͤnftigen Groß Koͤnigin duͤrffte eingeliefert werden; und dieſes tahten nicht allein
die getraͤuen Diener/ ſondern auch die Fuͤrſten ſo ſich wieder ihn heimlich verbunden hat-
ten/ umb Argwohn zuvermeiden/ triebens am eiferigſten/ daß ſie wol aus den abgelegen-
ſten Indien die koſtbahreſten Sachen bringen lieſſen/ und dem Fraͤulein zuſchicketen/ wel-
ches alles der Koͤnig zu ſich nam/ und hernach durch ihre Hofmeiſterin nebeſt den beyge-
fuͤgeten Schreiben ihr zuſtellen ließ; daher ſie Zeit ihrer Anweſenheit zu Charas einen ſol-
chen Schaz ſamlete/ welcher ſich auff viel Tonnen Goldes belieff/ daß wann ſie ſo nidriges
gemuͤhts geweſen/ und durch ſchenkungen haͤtte koͤnnen geblendet werden/ ſie ihren Herku-
les wol haͤtte auffgegeben; aber ihre tugendhafte Seele hielt ſolches alles vor Koht und
eitel; ja ſie haͤtte es mit keinem Auge angeſehen/ noch mit Haͤnden beruͤhret/ da ſie des Koͤ-
niges Ungnade nicht zubefuͤrchten gehabt. Alſo muſte ſie ſich in die Zeit ſchicken/ wie ihr
treflicher Verſtand ſie darzu ſtatlich anfuͤhrete/ daß ſie auff einliefferung dem Koͤnige alle-
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/732>, abgerufen am 26.06.2024.