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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
[Beginn Spaltensatz]
1
SO muß ich nun gezwungen frölich seyn/
Ob ich die Lust gleich suche gar zumeiden.
O liebes Herz/ wie offt gedenk ich dein/
Was magstu wol von meinetwegen leiden?
Wo gehestu wol in der Irr' umher?
Und klagest so: sind wir dann gar gescheiden?
2
Bistu hinweg ohn alle Wiederkehr?
Bistu hinweg? O Herkules mein Leben;
Ich singe zwar/ doch kömt es ohngefehr;
Dann niemand kan mir Lust und Freudr geben/
Als einig du. Wie fürcht' ich deiner fast/
Es werde dir schwer seyn/ den Stein zuheben.
3
Der ferne Weg benimt dir Ruh und Rast/
Des Räubers Schwert wird dich rechtschaffen
üben.
Ihr Himmel helfft/ daß unter dieser Last
[Spaltenumbruch] Mein Einig-All nicht gar werd auffgerieben/
Lasst über mich vielmehr das Wetter aus/
Und diesen frey/ den ich ins Herz geschrieben.
4
Du grosser Gott/ der du des Himmels Hauß
Gewölbet hast; sol er mich wieder finden/
So wickel' es nicht gar zubund und krauß/
Und laß viel eh mich armes Kind dahinden/
Ich müste sonst/ wann er solt' untergehn/
Vor Ungemach und Herzensangst verschwinden.
5
Nun Hoffnung nun/ sol ich ihn wieder sehn/
So wil ich mich an seiner Tugend laben;
So wil ich/ was mir Leides ist geschehn/
Als einen Scherz vorüber lassen traben;
Nun Hoffnung nun! sol meine Lust bestehn/
So muß ich ihn doch endlich wieder haben.
[Ende Spaltensatz]

Alle anwesende verwunderten sich der überaus lieblichen Stimme/ welche sie dergestalt zu
zwingen/ und in der Kehle zukräuseln wuste/ daß mans mit keinem Spielwerke ihr nach-
machen kunte/ daher der Groß Fürst hernach zu seinen Leuten sagete: Daran mangelte es
noch/ daß auch meine Spielleute und Sänger vor diesem Jünglinge/ wie Butter an der
Sonne bestehen musten. Niemand aber/ als Pharnabazus/ urteilete daraus ihr weibliches
Geschlecht/ und wunderte sich sehr/ daß niemand einigen Argwohn darauff legete. Das
lohbrennende Feur wuchs in Frl. Barsenen Herzen je mehr und mehr/ ließ auch keine ge-
legenheit vorüber streichen/ da sie ihm dessen Anzeige geben kunte; vor dißmahl aber baht
sie umb Abschrifft der Gesanges-Weise/ dann sie wahr dieser Kunst und des Harffenspiels
zimlich erfahren/ dessen sie einen Beweißtuhm ablegete/ und folgende Reimen dabey in
Persischer Sprache sang:

[Beginn Spaltensatz]
1
IHr meine Gedanken/ wo denket ihr hin?
Seyd nicht zu muhtig;
Es trifft zu blutig/
Wann schwaches Vermögen und kräfftiger Sinn
In einer Geselschafft sich dürffen verparen/
Dann ausser dem können muß wollen sich sparen.
2
Ihr meine Gedanken/ wem ziehet ihr nach?
Last leichtes fliegen/
Und schweres liegen;
Dann beydes gibt schaden und schmerzliches ach;
Diß drücket/ und jenes bringt schnödes verachten;
Hier mustu ersticken/ und dorten verschmachten.
3
Das Mittel geht ohne Gefährligkeit zu;
Scharff ist zu Herrisch/
Und stumpff zu närrisch;
[Spaltenumbruch] Der bleibet ohn fehlen in stetiger Ruh/
Wer immer auff mitteler Strasse sich waget;
Dann niedriges schmähet/ und stoltzer Mut plaget.
4
Dich Ikarus treibet die üppige Lust
Zur Himmels Spitze/
Da du vor Hitze
Verschmelzen/ und nunter in Meeres-grund must.
Wer Fährligkeit liedet/ muß drinnen vergehen/
Und kluge Vorsichtigkeit bleibet bestehen.
5
Drumb endert ihr meine Gedanken euch bald;
Schwingt eur Gefieder
Nicht auff/ nicht nider;
Auff mitteler Strasse wird jederman alt;
Doch gönnet dem besseren dieses zu erben/
Was eure Gebrechen nicht können erwerben.
[Ende Spaltensatz]

Herkuliskus ließ sich nicht merken/ daß es von ihr aus halber Verzweifelung wegen seiner
Liebe gesungen wahr/ lobete beydes den Tichter und die Stimme/ und ward von der Groß-
Fürstin gebehten/ ihr die Harffe zureichen/ damit sie auch ein schlechtes Schuelrecht tuhn/

und
Drittes Buch.
[Beginn Spaltensatz]
1
SO muß ich nun gezwungen froͤlich ſeyn/
Ob ich die Luſt gleich ſuche gar zumeiden.
O liebes Herz/ wie offt gedenk ich dein/
Was magſtu wol von meinetwegen leiden?
Wo geheſtu wol in der Irr’ umher?
Und klageſt ſo: ſind wir dann gar geſcheiden?
2
Biſtu hinweg ohn alle Wiederkehr?
Biſtu hinweg? O Herkules mein Leben;
Ich ſinge zwar/ doch koͤmt es ohngefehr;
Dann niemand kan mir Luſt und Freudr geben/
Als einig du. Wie fuͤrcht’ ich deiner faſt/
Es werde dir ſchwer ſeyn/ den Stein zuheben.
3
Der ferne Weg benimt dir Ruh und Raſt/
Des Raͤubers Schwert wird dich rechtſchaffen
uͤben.
Ihr Himmel helfft/ daß unter dieſer Laſt
[Spaltenumbruch] Mein Einig-All nicht gar werd auffgerieben/
Laſſt uͤber mich vielmehr das Wetter aus/
Und dieſen frey/ den ich ins Herz geſchrieben.
4
Du groſſer Gott/ der du des Himmels Hauß
Gewoͤlbet haſt; ſol er mich wieder finden/
So wickel’ es nicht gar zubund und krauß/
Und laß viel eh mich armes Kind dahinden/
Ich muͤſte ſonſt/ wann er ſolt’ untergehn/
Vor Ungemach und Herzensangſt verſchwindẽ.
5
Nun Hoffnung nun/ ſol ich ihn wieder ſehn/
So wil ich mich an ſeiner Tugend laben;
So wil ich/ was mir Leides iſt geſchehn/
Als einen Scherz voruͤber laſſen traben;
Nun Hoffnung nun! ſol meine Luſt beſtehn/
So muß ich ihn doch endlich wieder haben.
[Ende Spaltensatz]

Alle anweſende verwunderten ſich der uͤberaus lieblichen Stimme/ welche ſie dergeſtalt zu
zwingen/ und in der Kehle zukraͤuſeln wuſte/ daß mans mit keinem Spielwerke ihr nach-
machen kunte/ daher der Groß Fuͤrſt hernach zu ſeinen Leuten ſagete: Daran mangelte es
noch/ daß auch meine Spielleute und Saͤnger vor dieſem Juͤnglinge/ wie Butter an der
Sonne beſtehen muſten. Niemand aber/ als Pharnabazus/ urteilete daraus ihr weibliches
Geſchlecht/ und wunderte ſich ſehr/ daß niemand einigen Argwohn darauff legete. Das
lohbrennende Feur wuchs in Frl. Barſenen Herzen je mehr und mehr/ ließ auch keine ge-
legenheit voruͤber ſtreichen/ da ſie ihm deſſen Anzeige geben kunte; vor dißmahl aber baht
ſie umb Abſchrifft der Geſanges-Weiſe/ dann ſie wahr dieſer Kunſt und des Harffenſpiels
zimlich erfahren/ deſſen ſie einen Beweißtuhm ablegete/ und folgende Reimen dabey in
Perſiſcher Sprache ſang:

[Beginn Spaltensatz]
1
IHr meine Gedanken/ wo denket ihr hin?
Seyd nicht zu muhtig;
Es trifft zu blutig/
Wann ſchwaches Vermoͤgen und kraͤfftigeꝛ Siñ
In einer Geſelſchafft ſich duͤrffen verparen/
Dann auſſer dem koͤnnen muß wollen ſich ſparẽ.
2
Ihr meine Gedanken/ wem ziehet ihr nach?
Laſt leichtes fliegen/
Und ſchweres liegen;
Dann beydes gibt ſchaden uñ ſchmerzliches ach;
Diß druͤcket/ und jenes bringt ſchnoͤdes verachtẽ;
Hier muſtu erſticken/ und dorten verſchmachten.
3
Das Mittel geht ohne Gefaͤhrligkeit zu;
Scharff iſt zu Herriſch/
Und ſtumpff zu naͤrriſch;
[Spaltenumbruch] Der bleibet ohn fehlen in ſtetiger Ruh/
Wer immer auff mitteler Straſſe ſich waget;
Dañ niedriges ſchmaͤhet/ uñ ſtoltzer Mut plaget.
4
Dich Ikarus treibet die uͤppige Luſt
Zur Himmels Spitze/
Da du vor Hitze
Verſchmelzen/ uñ nunteꝛ in Meeres-gꝛund muſt.
Wer Faͤhrligkeit liedet/ muß drinnen vergehen/
Und kluge Vorſichtigkeit bleibet beſtehen.
5
Drumb endert ihr meine Gedanken euch bald;
Schwingt eur Gefieder
Nicht auff/ nicht nider;
Auff mitteler Straſſe wird jederman alt;
Doch goͤnnet dem beſſeren dieſes zu erben/
Was eure Gebrechen nicht koͤnnen erwerben.
[Ende Spaltensatz]

Herkuliſkus ließ ſich nicht merken/ daß es von ihr aus halber Verzweifelung wegen ſeiner
Liebe geſungen wahr/ lobete beydes den Tichter und die Stimme/ und ward von der Groß-
Fuͤrſtin gebehten/ ihr die Harffe zureichen/ damit ſie auch ein ſchlechtes Schuelrecht tuhn/

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[606/0644] Drittes Buch. 1 SO muß ich nun gezwungen froͤlich ſeyn/ Ob ich die Luſt gleich ſuche gar zumeiden. O liebes Herz/ wie offt gedenk ich dein/ Was magſtu wol von meinetwegen leiden? Wo geheſtu wol in der Irr’ umher? Und klageſt ſo: ſind wir dann gar geſcheiden? 2 Biſtu hinweg ohn alle Wiederkehr? Biſtu hinweg? O Herkules mein Leben; Ich ſinge zwar/ doch koͤmt es ohngefehr; Dann niemand kan mir Luſt und Freudr geben/ Als einig du. Wie fuͤrcht’ ich deiner faſt/ Es werde dir ſchwer ſeyn/ den Stein zuheben. 3 Der ferne Weg benimt dir Ruh und Raſt/ Des Raͤubers Schwert wird dich rechtſchaffen uͤben. Ihr Himmel helfft/ daß unter dieſer Laſt Mein Einig-All nicht gar werd auffgerieben/ Laſſt uͤber mich vielmehr das Wetter aus/ Und dieſen frey/ den ich ins Herz geſchrieben. 4 Du groſſer Gott/ der du des Himmels Hauß Gewoͤlbet haſt; ſol er mich wieder finden/ So wickel’ es nicht gar zubund und krauß/ Und laß viel eh mich armes Kind dahinden/ Ich muͤſte ſonſt/ wann er ſolt’ untergehn/ Vor Ungemach und Herzensangſt verſchwindẽ. 5 Nun Hoffnung nun/ ſol ich ihn wieder ſehn/ So wil ich mich an ſeiner Tugend laben; So wil ich/ was mir Leides iſt geſchehn/ Als einen Scherz voruͤber laſſen traben; Nun Hoffnung nun! ſol meine Luſt beſtehn/ So muß ich ihn doch endlich wieder haben. Alle anweſende verwunderten ſich der uͤberaus lieblichen Stimme/ welche ſie dergeſtalt zu zwingen/ und in der Kehle zukraͤuſeln wuſte/ daß mans mit keinem Spielwerke ihr nach- machen kunte/ daher der Groß Fuͤrſt hernach zu ſeinen Leuten ſagete: Daran mangelte es noch/ daß auch meine Spielleute und Saͤnger vor dieſem Juͤnglinge/ wie Butter an der Sonne beſtehen muſten. Niemand aber/ als Pharnabazus/ urteilete daraus ihr weibliches Geſchlecht/ und wunderte ſich ſehr/ daß niemand einigen Argwohn darauff legete. Das lohbrennende Feur wuchs in Frl. Barſenen Herzen je mehr und mehr/ ließ auch keine ge- legenheit voruͤber ſtreichen/ da ſie ihm deſſen Anzeige geben kunte; vor dißmahl aber baht ſie umb Abſchrifft der Geſanges-Weiſe/ dann ſie wahr dieſer Kunſt und des Harffenſpiels zimlich erfahren/ deſſen ſie einen Beweißtuhm ablegete/ und folgende Reimen dabey in Perſiſcher Sprache ſang: 1 IHr meine Gedanken/ wo denket ihr hin? Seyd nicht zu muhtig; Es trifft zu blutig/ Wann ſchwaches Vermoͤgen und kraͤfftigeꝛ Siñ In einer Geſelſchafft ſich duͤrffen verparen/ Dann auſſer dem koͤnnen muß wollen ſich ſparẽ. 2 Ihr meine Gedanken/ wem ziehet ihr nach? Laſt leichtes fliegen/ Und ſchweres liegen; Dann beydes gibt ſchaden uñ ſchmerzliches ach; Diß druͤcket/ und jenes bringt ſchnoͤdes verachtẽ; Hier muſtu erſticken/ und dorten verſchmachten. 3 Das Mittel geht ohne Gefaͤhrligkeit zu; Scharff iſt zu Herriſch/ Und ſtumpff zu naͤrriſch; Der bleibet ohn fehlen in ſtetiger Ruh/ Wer immer auff mitteler Straſſe ſich waget; Dañ niedriges ſchmaͤhet/ uñ ſtoltzer Mut plaget. 4 Dich Ikarus treibet die uͤppige Luſt Zur Himmels Spitze/ Da du vor Hitze Verſchmelzen/ uñ nunteꝛ in Meeres-gꝛund muſt. Wer Faͤhrligkeit liedet/ muß drinnen vergehen/ Und kluge Vorſichtigkeit bleibet beſtehen. 5 Drumb endert ihr meine Gedanken euch bald; Schwingt eur Gefieder Nicht auff/ nicht nider; Auff mitteler Straſſe wird jederman alt; Doch goͤnnet dem beſſeren dieſes zu erben/ Was eure Gebrechen nicht koͤnnen erwerben. Herkuliſkus ließ ſich nicht merken/ daß es von ihr aus halber Verzweifelung wegen ſeiner Liebe geſungen wahr/ lobete beydes den Tichter und die Stimme/ und ward von der Groß- Fuͤrſtin gebehten/ ihr die Harffe zureichen/ damit ſie auch ein ſchlechtes Schuelrecht tuhn/ und

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/644>, abgerufen am 22.12.2024.