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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
Eichen sitzend antraffen/ da sie ein wenig Brod zur Speise/ und einen trunk Wasser aus
einer vorüberflissenden Quelle hatten. So bald Katullus der Reuter inne ward/ fassete er
sein Brodmesser/ und wolte damit vor erst das junge Herrlein/ hernach sich selbst entleiben/
geriet ihm aber durch der Götter abwendung keines; dann Herkules dieses sehend/ wie er
sehr gerader Gliedmassen wahr und noch ist/ da er lebet/ sprang geschwinde auff/ und weich
ihm aus dem Stich/ wiewol er nicht allerdinge unbeschädigt blieb/ sondern ihm das Mes-
ser in das linke Ober bein fuhr/ und weil es vielleicht schon einen Bruch haben muchte/ da-
rinnen gar abbrach/ daß über die helffte drinnen stecken blieb/ und also der Mörder kein
Mittel hatte/ ihm selber Hand anzulegen. Herkules rieff/ ungeachtet aller Schmerzen/ hef-
tig umb Rettung/ welche ihm bald wiederfuhr/ dann die Reuter drungen stark auff sie zu/
sahen dz junge Herrlein bluten/ und zogen ihm die zubrochene Messerklinge aus der Wun-
de/ da inzwischen die anderen sich an die beyden Räuber machten/ ihnen Hände und Füsse
bunden/ und mit sich auff den Pferden forischleppeten/ ritten auch die ganze Nacht/ nach-
dem sie das Herrlein ein wenig mit frischen Kräutern verbunden hatten/ biß sie folgenden
Morgens sehr früh bey dem Groß Fürstlichen Schlosse anlangeten. Der Groß Fürst
samt seinem Gemahl hatten diese Nacht die Kleider nicht abgeleget/ da die Mutter mit
stetem Weinen und Klagen wegen ihres verlohrnen allerliebsten Söhnleins anhielt/ biß
ihnen die fröliche Zeitung kam/ daß das Herrlein gerettet/ doch in etwas von dem Räuber
verwundet währe/ welcher dann alsbald zu seinen lieben Eltern hinauff getragen ward/
durch müdigkeit und verblutung sehr abgemattet; erhohlete sich doch ein wenig/ da er sich
in seiner Fr. Mutter Armen befand/ und sagte mit schwacher Stimme; die Götter haben
mir das Leben erhalten/ sonst würde ich schon erstochen seyn/ muß mich deßwegen nach die-
sem mehr vor Räubern als vor den Wölffen vor sehen/ und hat mir von Anfang her/ wie
ihr wisset vor diesem schlimmen Lehrmeister gegrauet. Die Mutter tröstete ihn/ er solte zu
frieden seyn/ sie wolte nicht gönnen daß ein solcher Räuber ihm nach diesem vor einen Lehr-
meister zugegeben würde; vor dißmahl solte er dem Wund Arzt fein stille halten/ ob die
Verbindung ihn gleich ein wenig schmerzen würde. Verbindet ihr mich nur recht/ sagte
er zu dem Arzt/ ich wil euch gerne stille halten/ nur daß mir der Schenkel nicht krum oder
lahm werde/ dann ich wil lieber sterben/ als undüchtig werden/ dereins Waffen zu führen.
So bald er verbunden wahr/ und der Arzt ihn versicherte/ daß es nur eine Fleischwunde/
und keine Gefahr zubefürchten währe/ lachete er vor freuden/ und sagte zu dem Arzt/ mich
deucht ihr seid gar zu gelinde mit mir umbgangen/ dann mein H. Vater pfleget zu sagen;
Weiche Aerzte machen faule Wunden. Nein Gn. Herrlein/ antwortete er; Eure Gn. ha-
be ich ja so scharff angegriffen/ als wann ein starker Baur die Wunde gehabt hätte/ wie er
dann beteurete/ daß er mit dem Wundeisen die tieffe recht erforschet/ und er sich über des
Herrlein Geduld verwundert hätte/ welche bey vielen erwachsenen nicht währe; welches
das Herrlein hörend/ zur Antwort gab/ ey so tuht die verwund- und Verbindung gleich-
wol so wehe noch nicht/ als ich mir eingebildet hatte; foderte einen Trunk/ und legte sich zur
Ruhe. Inzwischen ward Katullus und sein Miträuber/ der sein leiblicher Bruder wahr/
auff der Folter/ jeder absonderlich befraget/ aus was Ursachen sie das unschuldige from-
me Kind/ welches ihrer keinen jemahls mit einigem Worte oder Augenwink beleidiget/ hin-

weg
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Drittes Buch.
Eichen ſitzend antraffen/ da ſie ein wenig Brod zur Speiſe/ und einen trunk Waſſer aus
einer voruͤberfliſſenden Quelle hatten. So bald Katullus der Reuter inne ward/ faſſete er
ſein Brodmeſſer/ uñ wolte damit vor erſt das junge Herrlein/ hernach ſich ſelbſt entleiben/
geriet ihm aber durch der Goͤtter abwendung keines; dann Herkules dieſes ſehend/ wie er
ſehr gerader Gliedmaſſen wahr und noch iſt/ da er lebet/ ſprang geſchwinde auff/ uñ weich
ihm aus dem Stich/ wiewol er nicht allerdinge unbeſchaͤdigt blieb/ ſondern ihm das Meſ-
ſer in das linke Ober bein fuhr/ und weil es vielleicht ſchon einen Bruch haben muchte/ da-
rinnen gar abbrach/ daß uͤber die helffte drinnen ſtecken blieb/ und alſo der Moͤrder kein
Mittel hatte/ ihm ſelber Hand anzulegen. Herkules rieff/ ungeachtet aller Schmerzen/ hef-
tig umb Rettung/ welche ihm bald wiederfuhr/ dann die Reuter drungen ſtark auff ſie zu/
ſahen dz junge Herrlein bluten/ und zogen ihm die zubrochene Meſſerklinge aus der Wun-
de/ da inzwiſchen die anderen ſich an die beyden Raͤuber machten/ ihnen Haͤnde und Fuͤſſe
bunden/ und mit ſich auff den Pferden foriſchleppeten/ ritten auch die ganze Nacht/ nach-
dem ſie das Herrlein ein wenig mit friſchen Kraͤutern verbunden hatten/ biß ſie folgenden
Morgens ſehr fruͤh bey dem Groß Fuͤrſtlichen Schloſſe anlangeten. Der Groß Fuͤrſt
ſamt ſeinem Gemahl hatten dieſe Nacht die Kleider nicht abgeleget/ da die Mutter mit
ſtetem Weinen und Klagen wegen ihres verlohrnen allerliebſten Soͤhnleins anhielt/ biß
ihnen die froͤliche Zeitung kam/ daß das Herrlein gerettet/ doch in etwas von dem Raͤuber
verwundet waͤhre/ welcher dann alsbald zu ſeinen lieben Eltern hinauff getragen ward/
durch muͤdigkeit und verblutung ſehr abgemattet; erhohlete ſich doch ein wenig/ da er ſich
in ſeiner Fr. Mutter Armen befand/ und ſagte mit ſchwacher Stimme; die Goͤtter haben
mir das Leben erhalten/ ſonſt wuͤrde ich ſchon erſtochen ſeyn/ muß mich deßwegen nach die-
ſem mehr vor Raͤubern als vor den Woͤlffen vor ſehen/ und hat mir von Anfang her/ wie
ihr wiſſet vor dieſem ſchlimmen Lehrmeiſter gegrauet. Die Mutter troͤſtete ihn/ er ſolte zu
frieden ſeyn/ ſie wolte nicht goͤnnen daß ein ſolcher Raͤuber ihm nach dieſem vor einen Lehꝛ-
meiſter zugegeben wuͤrde; vor dißmahl ſolte er dem Wund Arzt fein ſtille halten/ ob die
Verbindung ihn gleich ein wenig ſchmerzen wuͤrde. Verbindet ihr mich nur recht/ ſagte
er zu dem Arzt/ ich wil euch gerne ſtille halten/ nur daß mir der Schenkel nicht krum oder
lahm werde/ dann ich wil lieber ſterben/ als unduͤchtig werden/ dereins Waffen zu fuͤhren.
So bald er verbunden wahr/ und der Arzt ihn verſicherte/ daß es nur eine Fleiſchwunde/
und keine Gefahr zubefuͤrchten waͤhre/ lachete er vor freuden/ und ſagte zu dem Arzt/ mich
deucht ihr ſeid gar zu gelinde mit mir umbgangen/ dann mein H. Vater pfleget zu ſagen;
Weiche Aerzte machen faule Wunden. Nein Gn. Herrlein/ antwortete er; Eure Gn. ha-
be ich ja ſo ſcharff angegriffen/ als wann ein ſtarker Baur die Wunde gehabt haͤtte/ wie er
dann beteurete/ daß er mit dem Wundeiſen die tieffe recht erforſchet/ und er ſich uͤber des
Herꝛlein Geduld verwundert haͤtte/ welche bey vielen erwachſenen nicht waͤhre; welches
das Herrlein hoͤrend/ zur Antwort gab/ ey ſo tuht die verwund- und Verbindung gleich-
wol ſo wehe noch nicht/ als ich mir eingebildet hatte; foderte einen Trunk/ und legte ſich zuꝛ
Ruhe. Inzwiſchen ward Katullus und ſein Mitraͤuber/ der ſein leiblicher Brudeꝛ wahr/
auff der Folter/ jeder abſonderlich befraget/ aus was Urſachen ſie das unſchuldige from-
me Kind/ welches ihrer keinen jemahls mit einigem Worte oder Augenwink beleidiget/ hin-

weg
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[577/0615] Drittes Buch. Eichen ſitzend antraffen/ da ſie ein wenig Brod zur Speiſe/ und einen trunk Waſſer aus einer voruͤberfliſſenden Quelle hatten. So bald Katullus der Reuter inne ward/ faſſete er ſein Brodmeſſer/ uñ wolte damit vor erſt das junge Herrlein/ hernach ſich ſelbſt entleiben/ geriet ihm aber durch der Goͤtter abwendung keines; dann Herkules dieſes ſehend/ wie er ſehr gerader Gliedmaſſen wahr und noch iſt/ da er lebet/ ſprang geſchwinde auff/ uñ weich ihm aus dem Stich/ wiewol er nicht allerdinge unbeſchaͤdigt blieb/ ſondern ihm das Meſ- ſer in das linke Ober bein fuhr/ und weil es vielleicht ſchon einen Bruch haben muchte/ da- rinnen gar abbrach/ daß uͤber die helffte drinnen ſtecken blieb/ und alſo der Moͤrder kein Mittel hatte/ ihm ſelber Hand anzulegen. Herkules rieff/ ungeachtet aller Schmerzen/ hef- tig umb Rettung/ welche ihm bald wiederfuhr/ dann die Reuter drungen ſtark auff ſie zu/ ſahen dz junge Herrlein bluten/ und zogen ihm die zubrochene Meſſerklinge aus der Wun- de/ da inzwiſchen die anderen ſich an die beyden Raͤuber machten/ ihnen Haͤnde und Fuͤſſe bunden/ und mit ſich auff den Pferden foriſchleppeten/ ritten auch die ganze Nacht/ nach- dem ſie das Herrlein ein wenig mit friſchen Kraͤutern verbunden hatten/ biß ſie folgenden Morgens ſehr fruͤh bey dem Groß Fuͤrſtlichen Schloſſe anlangeten. Der Groß Fuͤrſt ſamt ſeinem Gemahl hatten dieſe Nacht die Kleider nicht abgeleget/ da die Mutter mit ſtetem Weinen und Klagen wegen ihres verlohrnen allerliebſten Soͤhnleins anhielt/ biß ihnen die froͤliche Zeitung kam/ daß das Herrlein gerettet/ doch in etwas von dem Raͤuber verwundet waͤhre/ welcher dann alsbald zu ſeinen lieben Eltern hinauff getragen ward/ durch muͤdigkeit und verblutung ſehr abgemattet; erhohlete ſich doch ein wenig/ da er ſich in ſeiner Fr. Mutter Armen befand/ und ſagte mit ſchwacher Stimme; die Goͤtter haben mir das Leben erhalten/ ſonſt wuͤrde ich ſchon erſtochen ſeyn/ muß mich deßwegen nach die- ſem mehr vor Raͤubern als vor den Woͤlffen vor ſehen/ und hat mir von Anfang her/ wie ihr wiſſet vor dieſem ſchlimmen Lehrmeiſter gegrauet. Die Mutter troͤſtete ihn/ er ſolte zu frieden ſeyn/ ſie wolte nicht goͤnnen daß ein ſolcher Raͤuber ihm nach dieſem vor einen Lehꝛ- meiſter zugegeben wuͤrde; vor dißmahl ſolte er dem Wund Arzt fein ſtille halten/ ob die Verbindung ihn gleich ein wenig ſchmerzen wuͤrde. Verbindet ihr mich nur recht/ ſagte er zu dem Arzt/ ich wil euch gerne ſtille halten/ nur daß mir der Schenkel nicht krum oder lahm werde/ dann ich wil lieber ſterben/ als unduͤchtig werden/ dereins Waffen zu fuͤhren. So bald er verbunden wahr/ und der Arzt ihn verſicherte/ daß es nur eine Fleiſchwunde/ und keine Gefahr zubefuͤrchten waͤhre/ lachete er vor freuden/ und ſagte zu dem Arzt/ mich deucht ihr ſeid gar zu gelinde mit mir umbgangen/ dann mein H. Vater pfleget zu ſagen; Weiche Aerzte machen faule Wunden. Nein Gn. Herrlein/ antwortete er; Eure Gn. ha- be ich ja ſo ſcharff angegriffen/ als wann ein ſtarker Baur die Wunde gehabt haͤtte/ wie er dann beteurete/ daß er mit dem Wundeiſen die tieffe recht erforſchet/ und er ſich uͤber des Herꝛlein Geduld verwundert haͤtte/ welche bey vielen erwachſenen nicht waͤhre; welches das Herrlein hoͤrend/ zur Antwort gab/ ey ſo tuht die verwund- und Verbindung gleich- wol ſo wehe noch nicht/ als ich mir eingebildet hatte; foderte einen Trunk/ und legte ſich zuꝛ Ruhe. Inzwiſchen ward Katullus und ſein Mitraͤuber/ der ſein leiblicher Brudeꝛ wahr/ auff der Folter/ jeder abſonderlich befraget/ aus was Urſachen ſie das unſchuldige from- me Kind/ welches ihrer keinen jemahls mit einigem Worte oder Augenwink beleidiget/ hin- weg D d d d

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/615>, abgerufen am 22.12.2024.