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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
derheit glükselig/ daß ich seine Freundschafft erhalten/ und diesen Ring von ihm zum Pfan-
de unbrüchiger Träue empfangen. Der Groß Fürst sagte: Was Standes aber ist er? Da-
von weiß niemand in Italien etwas gewisses zusagen/ antwortete er/ wiewol ausser zweifel
ist/ daß er uhralter Königlicher Wirden seyn muß/ massen sein Geselle/ ein gebohrner und
herschender König in Böhmen ist/ und derselbe doch jenen höchlich ehret. Niemand höre-
te diese Reden lieber als Arbianes/ daher er zu ihm sagete: Warumb wil dann mein wer-
ter Freund und Bruder seinen Hoch Fürstlichen Stand verleugnen/ dessen er doch mehr
als kein ander wirdig ist? Er antwortete: Ach der Himmel ist mein Zeuge/ wie gerne ich
unerkennet in dieser fremde seyn wolte; jedoch ist dieser mein Oheim gleichwol höheres
Standes als ich/ in Betrachtung/ daß meine Fr. Mutter so hoch nicht geheyrahtet/ als ihr
Herkommen ist. Die Groß Fürstin kam auch herzu/ ihren geliebten und einigen Bruder
zuempfahen; Derselbe nun wahr aus Fürstl. Persischen Geblüt entsprossen/ und eben der-
selbe Pharnabazus und unbekante Ritter/ der zu Padua im Turnier mit Ritter Leches umm
den höchsten Preiß stach/ wovon fast am Ende des Ersten Buches meldung geschehen.
Schwester und Bruder empfingen sich überaus freundlich/ weil eine sonderliche Liebe zwi-
schen ihnen wahr/ und als er Frl. Barsenen gewahr ward/ nahete er sich zu ihr/ wie er dann
eine gute Neigung zu ihr trug; welche aber Herkuliskus zu seiner Zeit umb ein grosses be-
foderte/ wie an seinem Orte folgen wird. Weil dann vor dißmahl der Abend einbrach/ und
es Zeit wahr/ das Maal einzunehmen/ gingen sie mit einander nach dem Saal; da Phar-
nabazus unsern Herkuliskus geleitete/ welches er fast mit Ungeduld zugeben muste/ und sich
solcher Ehre nicht entbrechen kunte. Niemand aber von der ganzen Geselschafft wahr mit
empfidlicheren Bewägungen beladen/ als Frl. Barsene/ gestaltsam sie ihren lieben Herku-
liskus ohn unterlaß ansahe/ wodurch das zarte Herz immer weiter eingenommen ward.
Nach auffgehobenen Speisen hielt Pharnabazus bey Herkuliskus an/ er möchte der an-
wesenden Geselschafft zugefallen/ seines Oheims des unvergleichlichen Herkules Leben zu
erzählen unbeschweret seyn/ als welches ihm ohn zweifel nicht unbewust währe. Er weger-
te sich dessen zwar nicht/ entschuldigte sich aber/ dz es von ihm in Morgenländischer Spra-
che nicht geschehen könte/ und fing in Griechischer also an: Hochgebohrner Herr Phar-
nabazus/ Eure Liebe erwecken in mir die Gedachtnis etlicher Wunder-sachen/ welche/ da
sie bey den Römern oder Griechen vorgangen währen/ durch Schrifft und Bücher sie in
alle Welt ausgebreitet werden müsten; nach dem sie aber in Teutschland/ einem verachteten
Winkel der Nordwestischen Länder sich begeben haben/ kommen sie nicht weiter/ als wo
man sie mündlich erzählet. Nun hätte ich zwar ohn eitelen Ruhm zumelden/ ein weitoffe-
nes Feld/ umständlicher Erzählung vor mir/ weil ich aber fürchte/ meinen gnädigsten Her-
ren und Frauen/ auch andern anwesenden wirdigen Freunden/ durch herbeyführung al-
ler ümstande nur verdrießlich zuseyn/ wil ich meines herzgeliebten Oheims und mehr als
Brüderlichen Freundes Zustand und Leben nur Inhaltsweise andeuten. Nicht also/ mein
geliebter Sohn/ sagte der Groß Fürst/ sondern lasset uns dieses teuren Helden Leben und
Tahten völlig kund werden/ so viel euch dessen bewust und zu Gedächtniß komt/ dann durch
Hindansetzung eines liederlichen Umstandes/ wird offt einer Geschichte der beste Schmak
benommen; solte sichs dann gleich in die späte Nacht zihen/ wird dem Frauenzimmer erläu-

bet
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Drittes Buch.
derheit gluͤkſelig/ daß ich ſeine Freundſchafft erhalten/ und dieſen Ring von ihm zum Pfan-
de unbruͤchiger Traͤue empfangen. Der Groß Fuͤrſt ſagte: Was Standes aber iſt er? Da-
von weiß niemand in Italien etwas gewiſſes zuſagen/ antwortete er/ wiewol auſſer zweifel
iſt/ daß er uhralter Koͤniglicher Wirden ſeyn muß/ maſſen ſein Geſelle/ ein gebohrner und
herſchender Koͤnig in Boͤhmen iſt/ und derſelbe doch jenen hoͤchlich ehret. Niemand hoͤre-
te dieſe Reden lieber als Arbianes/ daher er zu ihm ſagete: Warumb wil dann mein wer-
ter Freund und Bruder ſeinen Hoch Fuͤrſtlichen Stand verleugnen/ deſſen er doch mehr
als kein ander wirdig iſt? Er antwortete: Ach der Himmel iſt mein Zeuge/ wie gerne ich
unerkennet in dieſer fremde ſeyn wolte; jedoch iſt dieſer mein Oheim gleichwol hoͤheres
Standes als ich/ in Betrachtung/ daß meine Fr. Mutter ſo hoch nicht geheyrahtet/ als ihr
Herkommen iſt. Die Groß Fuͤrſtin kam auch herzu/ ihren geliebten und einigen Bruder
zuempfahen; Derſelbe nun wahr aus Fuͤrſtl. Perſiſchen Gebluͤt entſproſſen/ und eben deꝛ-
ſelbe Pharnabazus und unbekante Ritter/ der zu Padua im Turnier mit Ritter Leches um̃
den hoͤchſten Preiß ſtach/ wovon faſt am Ende des Erſten Buches meldung geſchehen.
Schweſter und Bruder empfingen ſich uͤberaus freundlich/ weil eine ſonderliche Liebe zwi-
ſchen ihnen wahr/ und als er Frl. Barſenen gewahr ward/ nahete er ſich zu ihr/ wie er dañ
eine gute Neigung zu ihr trug; welche aber Herkuliſkus zu ſeiner Zeit umb ein groſſes be-
foderte/ wie an ſeinem Orte folgen wird. Weil dann vor dißmahl der Abend einbrach/ und
es Zeit wahr/ das Maal einzunehmen/ gingen ſie mit einander nach dem Saal; da Phar-
nabazus unſern Herkuliſkus geleitete/ welches er faſt mit Ungeduld zugeben muſte/ und ſich
ſolcher Ehre nicht entbrechen kunte. Niemand aber von der ganzen Geſelſchafft wahr mit
empfidlicheren Bewaͤgungen beladen/ als Frl. Barſene/ geſtaltſam ſie ihren lieben Herku-
liſkus ohn unterlaß anſahe/ wodurch das zarte Herz immer weiter eingenommen ward.
Nach auffgehobenen Speiſen hielt Pharnabazus bey Herkuliſkus an/ er moͤchte der an-
weſenden Geſelſchafft zugefallen/ ſeines Oheims des unvergleichlichen Herkules Leben zu
erzaͤhlen unbeſchweret ſeyn/ als welches ihm ohn zweifel nicht unbewuſt waͤhre. Er weger-
te ſich deſſen zwar nicht/ entſchuldigte ſich aber/ dz es von ihm in Morgenlaͤndiſcher Spra-
che nicht geſchehen koͤnte/ und fing in Griechiſcher alſo an: Hochgebohrner Herr Phar-
nabazus/ Eure Liebe erwecken in mir die Gedåchtnis etlicher Wunder-ſachen/ welche/ da
ſie bey den Roͤmern oder Griechen vorgangen waͤhren/ durch Schrifft und Buͤcher ſie in
alle Welt ausgebreitet werden muͤſten; nach dem ſie aber in Teutſchland/ einem verachtetẽ
Winkel der Nordweſtiſchen Laͤnder ſich begeben haben/ kommen ſie nicht weiter/ als wo
man ſie muͤndlich erzaͤhlet. Nun haͤtte ich zwar ohn eitelen Ruhm zumelden/ ein weitoffe-
nes Feld/ umſtaͤndlicher Erzaͤhlung vor mir/ weil ich aber fuͤrchte/ meinen gnaͤdigſten Her-
ren und Frauen/ auch andern anweſenden wirdigen Freunden/ durch herbeyfuͤhrung al-
ler uͤmſtånde nur verdrießlich zuſeyn/ wil ich meines herzgeliebten Oheims und mehr als
Bruͤderlichen Freundes Zuſtand und Leben nur Inhaltsweiſe andeuten. Nicht alſo/ mein
geliebter Sohn/ ſagte der Groß Fuͤrſt/ ſondern laſſet uns dieſes teuren Helden Leben und
Tahten voͤllig kund werden/ ſo viel euch deſſen bewuſt und zu Gedaͤchtniß komt/ dann durch
Hindanſetzung eines liederlichen Umſtandes/ wird offt einer Geſchichte der beſte Schmak
benommen; ſolte ſichs dañ gleich in die ſpaͤte Nacht zihen/ wird dem Frauenzimmer erlaͤu-

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[571/0609] Drittes Buch. derheit gluͤkſelig/ daß ich ſeine Freundſchafft erhalten/ und dieſen Ring von ihm zum Pfan- de unbruͤchiger Traͤue empfangen. Der Groß Fuͤrſt ſagte: Was Standes aber iſt er? Da- von weiß niemand in Italien etwas gewiſſes zuſagen/ antwortete er/ wiewol auſſer zweifel iſt/ daß er uhralter Koͤniglicher Wirden ſeyn muß/ maſſen ſein Geſelle/ ein gebohrner und herſchender Koͤnig in Boͤhmen iſt/ und derſelbe doch jenen hoͤchlich ehret. Niemand hoͤre- te dieſe Reden lieber als Arbianes/ daher er zu ihm ſagete: Warumb wil dann mein wer- ter Freund und Bruder ſeinen Hoch Fuͤrſtlichen Stand verleugnen/ deſſen er doch mehr als kein ander wirdig iſt? Er antwortete: Ach der Himmel iſt mein Zeuge/ wie gerne ich unerkennet in dieſer fremde ſeyn wolte; jedoch iſt dieſer mein Oheim gleichwol hoͤheres Standes als ich/ in Betrachtung/ daß meine Fr. Mutter ſo hoch nicht geheyrahtet/ als ihr Herkommen iſt. Die Groß Fuͤrſtin kam auch herzu/ ihren geliebten und einigen Bruder zuempfahen; Derſelbe nun wahr aus Fuͤrſtl. Perſiſchen Gebluͤt entſproſſen/ und eben deꝛ- ſelbe Pharnabazus und unbekante Ritter/ der zu Padua im Turnier mit Ritter Leches um̃ den hoͤchſten Preiß ſtach/ wovon faſt am Ende des Erſten Buches meldung geſchehen. Schweſter und Bruder empfingen ſich uͤberaus freundlich/ weil eine ſonderliche Liebe zwi- ſchen ihnen wahr/ und als er Frl. Barſenen gewahr ward/ nahete er ſich zu ihr/ wie er dañ eine gute Neigung zu ihr trug; welche aber Herkuliſkus zu ſeiner Zeit umb ein groſſes be- foderte/ wie an ſeinem Orte folgen wird. Weil dann vor dißmahl der Abend einbrach/ und es Zeit wahr/ das Maal einzunehmen/ gingen ſie mit einander nach dem Saal; da Phar- nabazus unſern Herkuliſkus geleitete/ welches er faſt mit Ungeduld zugeben muſte/ und ſich ſolcher Ehre nicht entbrechen kunte. Niemand aber von der ganzen Geſelſchafft wahr mit empfidlicheren Bewaͤgungen beladen/ als Frl. Barſene/ geſtaltſam ſie ihren lieben Herku- liſkus ohn unterlaß anſahe/ wodurch das zarte Herz immer weiter eingenommen ward. Nach auffgehobenen Speiſen hielt Pharnabazus bey Herkuliſkus an/ er moͤchte der an- weſenden Geſelſchafft zugefallen/ ſeines Oheims des unvergleichlichen Herkules Leben zu erzaͤhlen unbeſchweret ſeyn/ als welches ihm ohn zweifel nicht unbewuſt waͤhre. Er weger- te ſich deſſen zwar nicht/ entſchuldigte ſich aber/ dz es von ihm in Morgenlaͤndiſcher Spra- che nicht geſchehen koͤnte/ und fing in Griechiſcher alſo an: Hochgebohrner Herr Phar- nabazus/ Eure Liebe erwecken in mir die Gedåchtnis etlicher Wunder-ſachen/ welche/ da ſie bey den Roͤmern oder Griechen vorgangen waͤhren/ durch Schrifft und Buͤcher ſie in alle Welt ausgebreitet werden muͤſten; nach dem ſie aber in Teutſchland/ einem verachtetẽ Winkel der Nordweſtiſchen Laͤnder ſich begeben haben/ kommen ſie nicht weiter/ als wo man ſie muͤndlich erzaͤhlet. Nun haͤtte ich zwar ohn eitelen Ruhm zumelden/ ein weitoffe- nes Feld/ umſtaͤndlicher Erzaͤhlung vor mir/ weil ich aber fuͤrchte/ meinen gnaͤdigſten Her- ren und Frauen/ auch andern anweſenden wirdigen Freunden/ durch herbeyfuͤhrung al- ler uͤmſtånde nur verdrießlich zuſeyn/ wil ich meines herzgeliebten Oheims und mehr als Bruͤderlichen Freundes Zuſtand und Leben nur Inhaltsweiſe andeuten. Nicht alſo/ mein geliebter Sohn/ ſagte der Groß Fuͤrſt/ ſondern laſſet uns dieſes teuren Helden Leben und Tahten voͤllig kund werden/ ſo viel euch deſſen bewuſt und zu Gedaͤchtniß komt/ dann durch Hindanſetzung eines liederlichen Umſtandes/ wird offt einer Geſchichte der beſte Schmak benommen; ſolte ſichs dañ gleich in die ſpaͤte Nacht zihen/ wird dem Frauenzimmer erlaͤu- bet C c c c ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/609>, abgerufen am 22.12.2024.