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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
fast eine Stunde mit einander in grosser geheim/ biß nach dessen Endung Arbianes diesen
seinen Vetter gebührlich wilkommen hieß. Nachgehends trat auch Herkuliskus zu ihm
hin/ küssete ihm die Hand/ und baht/ seiner Kühnheit zuverzeihen/ daß er als ein Fremdling
und gefangener einen einheimischen und Fürstlichen Anverwanten zuempfahen sich unter-
stünde. Der fremde Herr sahe jhn als verzucket an/ redete jhm sehr freundlich zu/ und ge-
dauchte ihn/ das Angesicht etweder selbst/ oder doch eines demselben sehr ähnlich/ mehr ge-
sehen haben; endlich fiel ihm das kleine Gemahlde ein/ welches er stets bey sich im Seckel
trug/ besahe es/ und sagete bald darauff: O ihr Götter/ was Bildniß zeiget ihr mir so un-
vermuhtlich? Herkuliskus erschrak dessen sehr/ meynete nicht anders/ er währe erkennet/
und schlug die Augen vor sich nieder; Der fremde aber fuhr fort/ und fragete den Groß-
Fürsten/ von wannen ihm doch dieser vortrefliche Jüngling kähme; worauff er zur Ant-
wort gab: Er ist mir erst heut von Mazeus zugeschicket/ und gibt sich vor einen Teutschen
adelknaben aus/ welcher von unterschiedlichen Räubern gefangen/ und biß in diese Länder
geführet sey. Aus Teutschland? sagte der fremde Herr; kehrete sich hernach zu ihm/ und
sagte: Vortrefflicher junger Herr/ euer Angesicht erinnert mich eines ritterlichen Helden
und grossen Fürsten/ dessen Kundschafft zuhaben/ ist nicht gar lange/ ich gewirdiget bin/
welches ich trauen unter meine höchste glükseligkeiten rechne; reichete ihm hiemit das
Brust Bilde hin/ sprechend: Mein Herr/ ich bitte sehr/ mir zu sagen/ ob ihm dieses Gemähl-
de bekant sey? Herkuliskus empfing es mit besonderer Ehrerbietung/ sahe es an/ und er-
kennete seines herzgeliebten Herkules Angesicht alsbald/ weil noch zum Uberfluß umbher
geschrieben wahr: Hercules, humanigeneris delitiae. Das ist: Herkules des menschlichen Ge-
schlechts belüstigung. Es ward aber hieruber seine Seele mit überschwänklicher Freude er-
füllet/ daß ihm das Blut unter das Gesichte schoß/ stund und wankente als ein taumeln-
der/ daß er in Ohmacht fast niedergesunken währe; dessen Arbianes wahrnehmend/ ihn
fragete/ woher diese schleunige Verenderung kähme; worauff er sich erhohlete und zu dem
fremden sagte: Ach mein Herr/ ich bitte höchlich/ mir zusagen/ ob dieser Ritter annoch im
Leben und guter Gesundheit sey/ von dem dieses Gemählde genommen ist? Ich weiß nicht
anders/ mein Herr/ antwortete er; aber irre ich nicht/ so seyd ihr beyde leibliche Brüder/
massen ihr fast einerley Gesichtes und Schönheit seyd. Ach ja mein Herr/ sagte er/ er ist
mir tausendmahl lieber/ als ein Bruder/ wiewol er nicht mein Bruder/ sondern meiner
Mutter Bruder Sohn ist. Wol mein Herr/ sagte der fremde/ ihm wider seinen
Willen die zarte Hand küssend/ so bin euer Liebe ich mit Gut und Blut zu dienen be-
reit und willig/ deswegen wollen sie sich meiner Dienste frey gebrauchen/ welches mir
die höchste Vergnügung geben wird. Herkuliskus bedankete sich sehr des unverdien-
ten Erbietens/ und verlangete den Groß Fürsten hefftig/ zuerfahren/ aus was Ursachen sein
Oheimb sich gegen diesen Jüngling dermassen dienstbar erzeigete; Derselbe aber sagete
zu ihm: Durchl. Groß Fürst; dieses jungen Herrn Mutter-Brudern Sohn/ ein Herr von
ohngefehr XXI Jahren/ gleicher Schönheit und Antlitzes mit diesem/ wie mein Bildniß
zum Teil aus weiset/ ist der trefflichste Held in ritterlichen übungen und Tapfferkeit/ so je-
mahls gelebet; ganz Italien und die Stad Rom reden von ihm/ und habe ich seine und sei-
nes Gesellen herliche Ehren Säulen zu Rom und Padua gesehen/ halte mich auch inson-

derheit

Drittes Buch.
faſt eine Stunde mit einander in groſſer geheim/ biß nach deſſen Endung Arbianes dieſen
ſeinen Vetter gebührlich wilkommen hieß. Nachgehends trat auch Herkuliſkus zu ihm
hin/ kuͤſſete ihm die Hand/ und baht/ ſeiner Kühnheit zuverzeihen/ daß er als ein Fremdling
und gefangener einen einheimiſchen und Fuͤrſtlichen Anverwanten zuempfahen ſich unter-
ſtuͤnde. Der fremde Herꝛ ſahe jhn als verzucket an/ redete jhm ſehr freundlich zu/ und ge-
dauchte ihn/ das Angeſicht etweder ſelbſt/ odeꝛ doch eines demſelben ſehr aͤhnlich/ mehr ge-
ſehen haben; endlich fiel ihm das kleine Gemåhlde ein/ welches er ſtets bey ſich im Seckel
trug/ beſahe es/ und ſagete bald darauff: O ihr Goͤtter/ was Bildniß zeiget ihr mir ſo un-
vermuhtlich? Herkuliſkus erſchrak deſſen ſehr/ meynete nicht anders/ er waͤhre erkennet/
und ſchlug die Augen vor ſich nieder; Der fremde aber fuhr fort/ und fragete den Groß-
Fuͤrſten/ von wannen ihm doch dieſer vortrefliche Juͤngling kaͤhme; worauff er zur Ant-
wort gab: Er iſt mir erſt heut von Mazeus zugeſchicket/ und gibt ſich vor einen Teutſchen
ådelknaben aus/ welcher von unterſchiedlichen Raͤubern gefangen/ und biß in dieſe Laͤnder
gefuͤhret ſey. Aus Teutſchland? ſagte der fremde Herr; kehrete ſich hernach zu ihm/ und
ſagte: Vortrefflicher junger Herr/ euer Angeſicht erinnert mich eines ritterlichen Helden
und groſſen Fuͤrſten/ deſſen Kundſchafft zuhaben/ iſt nicht gar lange/ ich gewirdiget bin/
welches ich trauen unter meine hoͤchſte gluͤkſeligkeiten rechne; reichete ihm hiemit das
Bruſt Bilde hin/ ſprechend: Mein Herr/ ich bitte ſehr/ mir zu ſagẽ/ ob ihm dieſes Gemaͤhl-
de bekant ſey? Herkuliſkus empfing es mit beſonderer Ehrerbietung/ ſahe es an/ und er-
kennete ſeines herzgeliebten Herkules Angeſicht alsbald/ weil noch zum Uberfluß umbher
geſchrieben wahr: Hercules, humanigeneris delitiæ. Das iſt: Herkules des menſchlichen Ge-
ſchlechts beluͤſtigung. Es ward aber hieruber ſeine Seele mit überſchwaͤnklicher Freude er-
fuͤllet/ daß ihm das Blut unter das Geſichte ſchoß/ ſtund und wankente als ein taumeln-
der/ daß er in Ohmacht faſt niedergeſunken waͤhre; deſſen Arbianes wahrnehmend/ ihn
fragete/ woher dieſe ſchleunige Verenderung kaͤhme; worauff er ſich erhohlete und zu dem
fremden ſagte: Ach mein Herr/ ich bitte hoͤchlich/ mir zuſagen/ ob dieſer Ritter annoch im
Leben und guter Geſundheit ſey/ von dem dieſes Gemaͤhlde genommen iſt? Ich weiß nicht
anders/ mein Herr/ antwortete er; aber irre ich nicht/ ſo ſeyd ihr beyde leibliche Bruͤder/
maſſen ihr faſt einerley Geſichtes und Schoͤnheit ſeyd. Ach ja mein Herr/ ſagte er/ er iſt
mir tauſendmahl lieber/ als ein Bruder/ wiewol er nicht mein Bruder/ ſondern meiner
Mutter Bruder Sohn iſt. Wol mein Herr/ ſagte der fremde/ ihm wider ſeinen
Willen die zarte Hand kuͤſſend/ ſo bin euer Liebe ich mit Gut und Blut zu dienen be-
reit und willig/ deswegen wollen ſie ſich meiner Dienſte frey gebrauchen/ welches mir
die hoͤchſte Vergnuͤgung geben wird. Herkuliſkus bedankete ſich ſehr des unverdien-
ten Erbietens/ und verlangete den Groß Fuͤrſten hefftig/ zuerfahren/ aus was Urſachen ſein
Oheimb ſich gegen dieſen Juͤngling dermaſſen dienſtbar erzeigete; Derſelbe aber ſagete
zu ihm: Durchl. Groß Fuͤrſt; dieſes jungen Herrn Mutter-Brudern Sohn/ ein Herr von
ohngefehr XXI Jahren/ gleicher Schoͤnheit und Antlitzes mit dieſem/ wie mein Bildniß
zum Teil aus weiſet/ iſt der trefflichſte Held in ritterlichen übungen und Tapfferkeit/ ſo je-
mahls gelebet; ganz Italien und die Stad Rom reden von ihm/ und habe ich ſeine und ſei-
nes Geſellen herliche Ehren Saͤulen zu Rom und Padua geſehen/ halte mich auch inſon-

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[570/0608] Drittes Buch. faſt eine Stunde mit einander in groſſer geheim/ biß nach deſſen Endung Arbianes dieſen ſeinen Vetter gebührlich wilkommen hieß. Nachgehends trat auch Herkuliſkus zu ihm hin/ kuͤſſete ihm die Hand/ und baht/ ſeiner Kühnheit zuverzeihen/ daß er als ein Fremdling und gefangener einen einheimiſchen und Fuͤrſtlichen Anverwanten zuempfahen ſich unter- ſtuͤnde. Der fremde Herꝛ ſahe jhn als verzucket an/ redete jhm ſehr freundlich zu/ und ge- dauchte ihn/ das Angeſicht etweder ſelbſt/ odeꝛ doch eines demſelben ſehr aͤhnlich/ mehr ge- ſehen haben; endlich fiel ihm das kleine Gemåhlde ein/ welches er ſtets bey ſich im Seckel trug/ beſahe es/ und ſagete bald darauff: O ihr Goͤtter/ was Bildniß zeiget ihr mir ſo un- vermuhtlich? Herkuliſkus erſchrak deſſen ſehr/ meynete nicht anders/ er waͤhre erkennet/ und ſchlug die Augen vor ſich nieder; Der fremde aber fuhr fort/ und fragete den Groß- Fuͤrſten/ von wannen ihm doch dieſer vortrefliche Juͤngling kaͤhme; worauff er zur Ant- wort gab: Er iſt mir erſt heut von Mazeus zugeſchicket/ und gibt ſich vor einen Teutſchen ådelknaben aus/ welcher von unterſchiedlichen Raͤubern gefangen/ und biß in dieſe Laͤnder gefuͤhret ſey. Aus Teutſchland? ſagte der fremde Herr; kehrete ſich hernach zu ihm/ und ſagte: Vortrefflicher junger Herr/ euer Angeſicht erinnert mich eines ritterlichen Helden und groſſen Fuͤrſten/ deſſen Kundſchafft zuhaben/ iſt nicht gar lange/ ich gewirdiget bin/ welches ich trauen unter meine hoͤchſte gluͤkſeligkeiten rechne; reichete ihm hiemit das Bruſt Bilde hin/ ſprechend: Mein Herr/ ich bitte ſehr/ mir zu ſagẽ/ ob ihm dieſes Gemaͤhl- de bekant ſey? Herkuliſkus empfing es mit beſonderer Ehrerbietung/ ſahe es an/ und er- kennete ſeines herzgeliebten Herkules Angeſicht alsbald/ weil noch zum Uberfluß umbher geſchrieben wahr: Hercules, humanigeneris delitiæ. Das iſt: Herkules des menſchlichen Ge- ſchlechts beluͤſtigung. Es ward aber hieruber ſeine Seele mit überſchwaͤnklicher Freude er- fuͤllet/ daß ihm das Blut unter das Geſichte ſchoß/ ſtund und wankente als ein taumeln- der/ daß er in Ohmacht faſt niedergeſunken waͤhre; deſſen Arbianes wahrnehmend/ ihn fragete/ woher dieſe ſchleunige Verenderung kaͤhme; worauff er ſich erhohlete und zu dem fremden ſagte: Ach mein Herr/ ich bitte hoͤchlich/ mir zuſagen/ ob dieſer Ritter annoch im Leben und guter Geſundheit ſey/ von dem dieſes Gemaͤhlde genommen iſt? Ich weiß nicht anders/ mein Herr/ antwortete er; aber irre ich nicht/ ſo ſeyd ihr beyde leibliche Bruͤder/ maſſen ihr faſt einerley Geſichtes und Schoͤnheit ſeyd. Ach ja mein Herr/ ſagte er/ er iſt mir tauſendmahl lieber/ als ein Bruder/ wiewol er nicht mein Bruder/ ſondern meiner Mutter Bruder Sohn iſt. Wol mein Herr/ ſagte der fremde/ ihm wider ſeinen Willen die zarte Hand kuͤſſend/ ſo bin euer Liebe ich mit Gut und Blut zu dienen be- reit und willig/ deswegen wollen ſie ſich meiner Dienſte frey gebrauchen/ welches mir die hoͤchſte Vergnuͤgung geben wird. Herkuliſkus bedankete ſich ſehr des unverdien- ten Erbietens/ und verlangete den Groß Fuͤrſten hefftig/ zuerfahren/ aus was Urſachen ſein Oheimb ſich gegen dieſen Juͤngling dermaſſen dienſtbar erzeigete; Derſelbe aber ſagete zu ihm: Durchl. Groß Fuͤrſt; dieſes jungen Herrn Mutter-Brudern Sohn/ ein Herr von ohngefehr XXI Jahren/ gleicher Schoͤnheit und Antlitzes mit dieſem/ wie mein Bildniß zum Teil aus weiſet/ iſt der trefflichſte Held in ritterlichen übungen und Tapfferkeit/ ſo je- mahls gelebet; ganz Italien und die Stad Rom reden von ihm/ und habe ich ſeine und ſei- nes Geſellen herliche Ehren Saͤulen zu Rom und Padua geſehen/ halte mich auch inſon- derheit

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/608>, abgerufen am 26.06.2024.