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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
zucht sich besudelt/ wovor auch die gebrechliche Menschen abscheu tragen. Eure Gelehrten
wissen und behäupten/ daß der Himmel ein reines Wesen sey/ von allem Unflat gesaubert;
Und in solchem reinen Hause solten so unreine Herren wohnen? Sie wissen und behäupten/
daß die Gottheit alles gute/ alle Vollkommenheit in sich begreiffe; und die Götter solten
solche tugendlose Untiehre seyn? Aber ich weiß deine Entschuldigung wol/ welche du noch
selber nicht weissest. Man müsse der Heydnischen Tichter und Bücherschreiber Reden von
den Göttern nicht nach dem Buchstaben/ sondern nach dem innerlichen Verstande anse-
hen und außdeuten; man müsse durch Saturn die Unvergängligkeit; durch Jupiter die
weit/ breite Lufft; durch sein Weib und Schwester Juno die Erde verstehen/ und durch ih-
ren Beyschlaff oder Vermischung/ die Befruchtung/ welche die Erde von der warmen
Lufft empfähet/ und was dergleichen Auffzüge mehr sind. Höre aber/ mein Bruder/ ist die
Lufft dein Gott? ist die Erde deine Göttin? ie warumb fluchest und speyestu dann alles in
die Lufft hin? je warumb trittestu die Erde mit Füssen/ und besudelst sie mit deinem unflä-
tigen Kote? Ich sage mehr; wann die Lufft vergifftet ist/ daß sie dir die anklebenden Seu-
chen verursachet/ ist dann auch dein höchster Gott vergifftet? Und wann du die Erde mit
dem Pfluge oder Grabeisen umbkehrest/ schneidestu dann der vornehmsten Ober-Göttin
so manniche Wunden? Zum Beschluß/ daß ich dich nicht zu lange auffhalte/ gibstu vor/
die Menschen haben jhnen die Gottheit nach ihrem Tode zugeleget. Ey der schönen Göt-
ter/ die von Menschen darzu gemacht werden! Kan auch der Mensch einem Lebendigen die
unsterbligkeit und Almacht schencken/ die er selber nicht hat? Mein Bruder/ fodere/ bitte ich/
von diesen Göttermachern zum Beweißtuhm ihrer Kunst/ daß sie mir auß einem Baum
einen lebendigen Ochsen/ aus einem Esel einen vernünftigen Menschen/ ja daß sie nur aus
einem vierwöchigem Kalbe/ inwendig solcher Zeit eine erwachsene Kuh machen; fehlen sie
aber hierin/ so gläube ihnen doch nicht/ wann sie rühmen/ sie haben einen verstorbenen Men-
schen mit der Gottheit überkleidet/ und ihn ohn Leitern in den obersten Himmel bracht. Und
gedenkestu/ derselbe sey als bald ein Gott/ der von Menschen davor erkläret wird? Ladisla
antwortete: Du must zu Rom fleissig in die Schuel gangen seyn/ und einen spitzigen Mei-
ster gehabt haben. Ich lasse aber alle deine Einwendungen die Pfaffheit verantworten/ de-
nen solches oblieget/ und könte inzwischen auch sehr viel von deinem Jesus beybringen/ wel-
ches gnug währe/ darzutuhn/ daß derselbe kein Gott sey: Streue immerhin ein/ und brin-
ge alles bey/ was du kanst/ sagte Herkules/ wann es nur nicht mit Unwarheit und Lästerung
geschihet. Jedoch weiß ich vor erst/ daß du ihn keiner Sünde/ oder einiges Unrechts zeihen
kanst. Vors ander gestehe ich/ daß seiner menschlichen Art und Wesen nach/ er nicht ein
Gott und Geist ist/ auch nicht ewig/ noch durch Eigenschafft der Menscheit allmächtig o-
der allenthalben gegenwärtig: son dern/ weil die Göttliche Art oder Natur mit der mensch-
lichen in einem selbständigen vernünfftigen Wesen/ oder/ wie die Gelehrten reden/ in einer
Person verknüpffet und unaussprechlicher unauflößlicher weise vereiniget ist/ so ist er Gott
und Mensch zugleich/ so daß die Gottheit gleichwol der Menschheit ihre Eigenschafften/
so viel sie deren kan fähig seyn/ mitgeteilet hat; wie diß hohe geheimniß ich vor diesem dir ein-
fältig erkläret habe/ als viel menschliche schwachheit begreiffen/ und in diesem tunkeln Lichte
der gebrechlichen Vernunft fassen kan. Behalte dir deinen tunkelen und überverständlichen

Glau-
C iij

Erſtes Buch.
zucht ſich beſudelt/ wovor auch die gebrechliche Menſchen abſcheu tragen. Eure Gelehrtẽ
wiſſen und behaͤupten/ daß der Himmel ein reines Weſen ſey/ von allem Unflat geſaubert;
Und in ſolchem reinen Hauſe ſolten ſo unreine Herren wohnẽ? Sie wiſſen und behaͤuptẽ/
daß die Gottheit alles gute/ alle Vollkommenheit in ſich begreiffe; und die Goͤtter ſolten
ſolche tugendloſe Untiehre ſeyn? Aber ich weiß deine Entſchuldigung wol/ welche du noch
ſelber nicht weiſſeſt. Man muͤſſe der Heydniſchen Tichter uñ Buͤcherſchreiber Reden von
den Goͤttern nicht nach dem Buchſtaben/ ſondern nach dem innerlichen Verſtande anſe-
hen und außdeuten; man muͤſſe durch Saturn die Unvergaͤngligkeit; durch Jupiter die
weit/ breite Lufft; durch ſein Weib und Schweſter Juno die Erde verſtehen/ und durch ih-
ren Beyſchlaff oder Vermiſchung/ die Befruchtung/ welche die Erde von der warmen
Lufft empfaͤhet/ und was dergleichen Auffzuͤge mehr ſind. Hoͤre aber/ mein Bruder/ iſt die
Lufft dein Gott? iſt die Erde deine Goͤttin? ie warumb flucheſt und ſpeyeſtu dann alles in
die Lufft hin? je warumb tritteſtu die Erde mit Fuͤſſen/ und beſudelſt ſie mit deinem unflaͤ-
tigen Kote? Ich ſage mehr; wann die Lufft vergifftet iſt/ daß ſie dir die anklebenden Seu-
chen verurſachet/ iſt dann auch dein hoͤchſter Gott vergifftet? Und wann du die Erde mit
dem Pfluge oder Grabeiſen umbkehreſt/ ſchneideſtu dann der vornehmſten Ober-Goͤttin
ſo manniche Wunden? Zum Beſchluß/ daß ich dich nicht zu lange auffhalte/ gibſtu vor/
die Menſchen haben jhnen die Gottheit nach ihrem Tode zugeleget. Ey der ſchoͤnen Goͤt-
ter/ die von Menſchen darzu gemacht werden! Kan auch der Menſch einem Lebendigen die
unſterbligkeit und Almacht ſchencken/ die er ſelber nicht hat? Mein Bruder/ fodere/ bitte ich/
von dieſen Goͤttermachern zum Beweißtuhm ihrer Kunſt/ daß ſie mir auß einem Baum
einen lebendigen Ochſen/ aus einem Eſel einen vernuͤnftigen Menſchen/ ja daß ſie nur aus
einem vierwoͤchigem Kalbe/ inwendig ſolcher Zeit eine erwachſene Kuh machen; fehlen ſie
aber hierin/ ſo glaͤube ihnen doch nicht/ wann ſie ruͤhmen/ ſie haben einen verſtorbenẽ Men-
ſchen mit der Gottheit uͤberkleidet/ und ihn ohn Leitern in den oberſten Himmel bracht. Uñ
gedenkeſtu/ derſelbe ſey als bald ein Gott/ der von Menſchen davor erklaͤret wird? Ladiſla
antwortete: Du muſt zu Rom fleiſſig in die Schuel gangen ſeyn/ und einen ſpitzigen Mei-
ſter gehabt haben. Ich laſſe aber alle deine Einwendungen die Pfaffheit verantworten/ de-
nen ſolches oblieget/ und koͤnte inzwiſchẽ auch ſehr viel von deinem Jeſus beybringen/ wel-
ches gnug waͤhre/ darzutuhn/ daß derſelbe kein Gott ſey: Streue immerhin ein/ und brin-
ge alles bey/ was du kanſt/ ſagte Herkules/ wann es nur nicht mit Unwarheit und Laͤſterung
geſchihet. Jedoch weiß ich vor erſt/ daß du ihn keiner Suͤnde/ oder einiges Unrechts zeihen
kanſt. Vors ander geſtehe ich/ daß ſeiner menſchlichen Art und Weſen nach/ er nicht ein
Gott und Geiſt iſt/ auch nicht ewig/ noch durch Eigenſchafft der Menſcheit allmaͤchtig o-
der allenthalben gegenwaͤrtig: ſon dern/ weil die Goͤttliche Art oder Natur mit der menſch-
lichen in einem ſelbſtaͤndigen vernuͤnfftigen Weſen/ oder/ wie die Gelehrten reden/ in einer
Perſon verknuͤpffet und unausſprechlicher unaufloͤßlicher weiſe vereiniget iſt/ ſo iſt eꝛ Gott
und Menſch zugleich/ ſo daß die Gottheit gleichwol der Menſchheit ihre Eigenſchafften/
ſo viel ſie derẽ kan faͤhig ſeyn/ mitgeteilet hat; wie diß hohe geheimniß ich vor dieſem dir ein-
faͤltig erklaͤret habe/ als viel menſchliche ſchwachheit begreiffen/ uñ in dieſem tunkeln Lichte
der gebrechlichen Vernunft faſſen kan. Behalte dir deinẽ tunkelen uñ uͤberverſtaͤndlichen

Glau-
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[21/0059] Erſtes Buch. zucht ſich beſudelt/ wovor auch die gebrechliche Menſchen abſcheu tragen. Eure Gelehrtẽ wiſſen und behaͤupten/ daß der Himmel ein reines Weſen ſey/ von allem Unflat geſaubert; Und in ſolchem reinen Hauſe ſolten ſo unreine Herren wohnẽ? Sie wiſſen und behaͤuptẽ/ daß die Gottheit alles gute/ alle Vollkommenheit in ſich begreiffe; und die Goͤtter ſolten ſolche tugendloſe Untiehre ſeyn? Aber ich weiß deine Entſchuldigung wol/ welche du noch ſelber nicht weiſſeſt. Man muͤſſe der Heydniſchen Tichter uñ Buͤcherſchreiber Reden von den Goͤttern nicht nach dem Buchſtaben/ ſondern nach dem innerlichen Verſtande anſe- hen und außdeuten; man muͤſſe durch Saturn die Unvergaͤngligkeit; durch Jupiter die weit/ breite Lufft; durch ſein Weib und Schweſter Juno die Erde verſtehen/ und durch ih- ren Beyſchlaff oder Vermiſchung/ die Befruchtung/ welche die Erde von der warmen Lufft empfaͤhet/ und was dergleichen Auffzuͤge mehr ſind. Hoͤre aber/ mein Bruder/ iſt die Lufft dein Gott? iſt die Erde deine Goͤttin? ie warumb flucheſt und ſpeyeſtu dann alles in die Lufft hin? je warumb tritteſtu die Erde mit Fuͤſſen/ und beſudelſt ſie mit deinem unflaͤ- tigen Kote? Ich ſage mehr; wann die Lufft vergifftet iſt/ daß ſie dir die anklebenden Seu- chen verurſachet/ iſt dann auch dein hoͤchſter Gott vergifftet? Und wann du die Erde mit dem Pfluge oder Grabeiſen umbkehreſt/ ſchneideſtu dann der vornehmſten Ober-Goͤttin ſo manniche Wunden? Zum Beſchluß/ daß ich dich nicht zu lange auffhalte/ gibſtu vor/ die Menſchen haben jhnen die Gottheit nach ihrem Tode zugeleget. Ey der ſchoͤnen Goͤt- ter/ die von Menſchen darzu gemacht werden! Kan auch der Menſch einem Lebendigen die unſterbligkeit und Almacht ſchencken/ die er ſelber nicht hat? Mein Bruder/ fodere/ bitte ich/ von dieſen Goͤttermachern zum Beweißtuhm ihrer Kunſt/ daß ſie mir auß einem Baum einen lebendigen Ochſen/ aus einem Eſel einen vernuͤnftigen Menſchen/ ja daß ſie nur aus einem vierwoͤchigem Kalbe/ inwendig ſolcher Zeit eine erwachſene Kuh machen; fehlen ſie aber hierin/ ſo glaͤube ihnen doch nicht/ wann ſie ruͤhmen/ ſie haben einen verſtorbenẽ Men- ſchen mit der Gottheit uͤberkleidet/ und ihn ohn Leitern in den oberſten Himmel bracht. Uñ gedenkeſtu/ derſelbe ſey als bald ein Gott/ der von Menſchen davor erklaͤret wird? Ladiſla antwortete: Du muſt zu Rom fleiſſig in die Schuel gangen ſeyn/ und einen ſpitzigen Mei- ſter gehabt haben. Ich laſſe aber alle deine Einwendungen die Pfaffheit verantworten/ de- nen ſolches oblieget/ und koͤnte inzwiſchẽ auch ſehr viel von deinem Jeſus beybringen/ wel- ches gnug waͤhre/ darzutuhn/ daß derſelbe kein Gott ſey: Streue immerhin ein/ und brin- ge alles bey/ was du kanſt/ ſagte Herkules/ wann es nur nicht mit Unwarheit und Laͤſterung geſchihet. Jedoch weiß ich vor erſt/ daß du ihn keiner Suͤnde/ oder einiges Unrechts zeihen kanſt. Vors ander geſtehe ich/ daß ſeiner menſchlichen Art und Weſen nach/ er nicht ein Gott und Geiſt iſt/ auch nicht ewig/ noch durch Eigenſchafft der Menſcheit allmaͤchtig o- der allenthalben gegenwaͤrtig: ſon dern/ weil die Goͤttliche Art oder Natur mit der menſch- lichen in einem ſelbſtaͤndigen vernuͤnfftigen Weſen/ oder/ wie die Gelehrten reden/ in einer Perſon verknuͤpffet und unausſprechlicher unaufloͤßlicher weiſe vereiniget iſt/ ſo iſt eꝛ Gott und Menſch zugleich/ ſo daß die Gottheit gleichwol der Menſchheit ihre Eigenſchafften/ ſo viel ſie derẽ kan faͤhig ſeyn/ mitgeteilet hat; wie diß hohe geheimniß ich vor dieſem dir ein- faͤltig erklaͤret habe/ als viel menſchliche ſchwachheit begreiffen/ uñ in dieſem tunkeln Lichte der gebrechlichen Vernunft faſſen kan. Behalte dir deinẽ tunkelen uñ uͤberverſtaͤndlichen Glau- C iij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/59>, abgerufen am 21.12.2024.