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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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delung annoch sich erinnerten/ und ihretwegen sich ein gleichmässiges befürchteten; bäh-
te aber sehr/ ein solches aus dem Sinne zuschlagen; dann sie hätte ihrem Liebsten verspro-
chen/ nichts von seinem Tode zu gläuben/ biß sie der ungezweiffelten Warheit gnug wür-
de berichtet seyn; und also wolte sie in Geduld stehen/ biß die Außgeschikten/ Gewißheit
brächten/ alsdann hoffete sie/ ihres liebsten Ladislaen Seele würde die ihre bald abfodern/
und mit sich hinweg nehmen/ daß sie auffs minste im Tode ungeschieden blieben/ wann das
mißgünstige Glük ihnen dieses lebens Freude länger nicht zulassen wolte. Nun meinete
der Stathalter selbst/ Ladisla währe gewißlich hingerichtet/ besinnete sich auch schon auff
eine schwere Rache; doch ward er froh/ daß seine Tochter sich vor erst zur Ruhe begab/
machte auch mit den andern den Schluß/ dafern das außgeschikte Schiff die traurige Zei-
tung bringen würde/ ihr dessen Wiederkunfft/ so lange möglich/ zuverbergen/ auff das die
Zeit ihre hefftige Traurigkeit lindern/ und sie ihres liebesten möchte vergessend machen.
Libussa wahr nicht weniger betrübet/ da sie diese leidige Mähre vernam/ und überdaß we-
der von dem Fräulein noch Herkules einige Zeitung hatte. Sie bemühete sich aber/ Fr.
Sophien zu trösten/ und die Betrübniß ihr auß dem Sinne zuschwatzen; wobey Frl. Si-
bylla sich geträulich mit gebrauchete; aber da halff alles sehr wenig; dann sie aß und trank
des Tages kaum so viel/ als ein Kind/ daß erst von der Brust entwehnet wird/ daß auch der
gröste teil ihrer Schönheit gar verschwand/ und sie innerhalb zwo Wochen fast von allen
Kräfften kam/ daß Libussa sich nicht enthalten kunte/ sie mit harten Worten zustraffen; wie
ungütlich sie nicht allein an ihr selbst/ sondern auch an ihren Eltern und liebstem Gemahl
handelte/ in dem sie durch Betrübnis und Hunger sich gedächte umbs Leben zubringen;
wann sie nun dahin währe/ welches auff solche Weise nicht lange anstehen könte/ was hät-
te sie dann vor eine ruhmwirdige Taht außgerichtet/ als daß sie an ihrem eigenen Leibe
und Leben selbst Mörderin werden/ und ihren Gemahl/ der sie so hefftig liebete/ in den Tod
stürzen würde; sie möchte doch zu anderen Gedanken greiffen/ und nicht so gar die Götter
selbst mit ungeduld trotzen/ welche hiedurch vielmehr erzürnet/ als zur Barmherzigkeit be-
wäget würden. Diese und dergleichen vielfältige Vermahnungen hörete sie zwar mit ge-
duldigen Ohren an/ aber ihre Meinung wahr nicht/ sich zu endern/ sondern antwortete end-
lich; Geliebete Freundin/ ich weiß nicht wie es kömt/ daß ich mich vor eure Straffreden
mehr/ als vor meine Eltern selbst fürchte; doch versichert euch/ daß kein Mensch wieder
meine einmahl gefassete Meinung mich im Leben erhalten wird; ich könte zwar mit einem
Stiche mich der Angst leicht abhelffen/ aber meine Eltern nicht zubeleidigen/ habe ich sol-
ches Mittel verschworen; mus demnach in diesem langwierigen Kummer meine Kräfte
algemach verzehren/ biß sie endlich brechen/ und der Betrübniß entrissen werden. O mein
allerlieblichster Freund/ welche grausame Hand hat dich mir geraubet? O du holdseliges
Angesicht/ welcher Wüterich hat dir die schönen Wangen-Rosen in ein Todtesbleich ver-
kehret? Aber auch du unbarmherzige Seele/ warumb suchestu nicht Gelegenheit/ mich ab-
zufodern? Nun nun/ meines Lebens einiger Trost ist dahin; alle meine Vergnügung ist
verschwunden; währe nur mein Leib so halstarrig nicht/ und liesse den betrübten Geist auß-
fahren/ der wieder seinen Willen verbleiben muß/ alsdann würde ich ja dereins zur ge-
wünschten Ruhe kommen. Fing hernach an/ und wünschete zuwissen/ wie es doch nach dem

Tode
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Anderes Buch.
delung annoch ſich erinnerten/ und ihretwegen ſich ein gleichmaͤſſiges befuͤrchteten; baͤh-
te aber ſehr/ ein ſolches aus dem Sinne zuſchlagen; dann ſie haͤtte ihrem Liebſten verſpro-
chen/ nichts von ſeinem Tode zu glaͤuben/ biß ſie der ungezweiffelten Warheit gnug wuͤr-
de berichtet ſeyn; und alſo wolte ſie in Geduld ſtehen/ biß die Außgeſchikten/ Gewißheit
braͤchten/ alsdann hoffete ſie/ ihres liebſten Ladiſlaen Seele wuͤrde die ihre bald abfodern/
und mit ſich hinweg nehmen/ daß ſie auffs minſte im Tode ungeſchieden blieben/ wañ das
mißguͤnſtige Gluͤk ihnen dieſes lebens Freude laͤnger nicht zulaſſen wolte. Nun meinete
der Stathalter ſelbſt/ Ladiſla waͤhre gewißlich hingerichtet/ beſinnete ſich auch ſchon auff
eine ſchwere Rache; doch ward er froh/ daß ſeine Tochter ſich vor erſt zur Ruhe begab/
machte auch mit den andern den Schluß/ dafern das außgeſchikte Schiff die traurige Zei-
tung bringen wuͤrde/ ihr deſſen Wiederkunfft/ ſo lange moͤglich/ zuveꝛbergen/ auff das die
Zeit ihre hefftige Traurigkeit lindern/ und ſie ihres liebeſten moͤchte vergeſſend machen.
Libuſſa wahr nicht weniger betruͤbet/ da ſie dieſe leidige Maͤhre vernam/ und uͤberdaß we-
der von dem Fraͤulein noch Herkules einige Zeitung hatte. Sie bemuͤhete ſich aber/ Fr.
Sophien zu troͤſten/ und die Betruͤbniß ihr auß dem Sinne zuſchwatzen; wobey Frl. Si-
bylla ſich getraͤulich mit gebrauchete; aber da halff alles ſehr wenig; dann ſie aß und trank
des Tages kaum ſo viel/ als ein Kind/ daß erſt von der Bruſt entwehnet wird/ daß auch deꝛ
groͤſte teil ihrer Schoͤnheit gar verſchwand/ und ſie innerhalb zwo Wochen faſt von allen
Kraͤfften kam/ daß Libuſſa ſich nicht enthalten kunte/ ſie mit harten Worten zuſtraffen; wie
unguͤtlich ſie nicht allein an ihr ſelbſt/ ſondern auch an ihren Eltern und liebſtem Gemahl
handelte/ in dem ſie durch Betruͤbnis und Hunger ſich gedaͤchte umbs Leben zubringen;
wann ſie nun dahin waͤhre/ welches auff ſolche Weiſe nicht lange anſtehen koͤnte/ was haͤt-
te ſie dann vor eine ruhmwirdige Taht außgerichtet/ als daß ſie an ihrem eigenen Leibe
und Leben ſelbſt Moͤrderin werden/ und ihren Gemahl/ der ſie ſo hefftig liebete/ in den Tod
ſtuͤrzen wuͤrde; ſie moͤchte doch zu anderen Gedanken greiffen/ und nicht ſo gar die Goͤtter
ſelbſt mit ungeduld trotzen/ welche hiedurch vielmehr erzuͤrnet/ als zur Barmherzigkeit be-
waͤget wuͤrden. Dieſe und dergleichen vielfaͤltige Vermahnungen hoͤrete ſie zwar mit ge-
duldigen Ohren an/ aber ihre Meinung wahr nicht/ ſich zu endern/ ſondern antwortete end-
lich; Geliebete Freundin/ ich weiß nicht wie es koͤmt/ daß ich mich vor eure Straffreden
mehr/ als vor meine Eltern ſelbſt fuͤrchte; doch verſichert euch/ daß kein Menſch wieder
meine einmahl gefaſſete Meinung mich im Leben erhalten wird; ich koͤnte zwar mit einem
Stiche mich der Angſt leicht abhelffen/ aber meine Eltern nicht zubeleidigen/ habe ich ſol-
ches Mittel veꝛſchworen; mus demnach in dieſem langwierigen Kummer meine Kraͤfte
algemach verzehren/ biß ſie endlich brechen/ und der Betruͤbniß entriſſen werden. O mein
allerlieblichſter Freund/ welche grauſame Hand hat dich mir geraubet? O du holdſeliges
Angeſicht/ welcher Wuͤterich hat dir die ſchoͤnen Wangen-Roſen in ein Todtesbleich ver-
kehret? Aber auch du unbarmherzige Seele/ warumb ſucheſtu nicht Gelegenheit/ mich ab-
zufodern? Nun nun/ meines Lebens einiger Troſt iſt dahin; alle meine Vergnuͤgung iſt
verſchwunden; waͤhre nur mein Leib ſo halſtarrig nicht/ und lieſſe den betruͤbten Geiſt auß-
fahren/ der wieder ſeinen Willen verbleiben muß/ alsdann wuͤrde ich ja dereins zur ge-
wuͤnſchten Ruhe kom̃en. Fing hernach an/ und wuͤnſchete zuwiſſen/ wie es doch nach dem

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[461/0499] Anderes Buch. delung annoch ſich erinnerten/ und ihretwegen ſich ein gleichmaͤſſiges befuͤrchteten; baͤh- te aber ſehr/ ein ſolches aus dem Sinne zuſchlagen; dann ſie haͤtte ihrem Liebſten verſpro- chen/ nichts von ſeinem Tode zu glaͤuben/ biß ſie der ungezweiffelten Warheit gnug wuͤr- de berichtet ſeyn; und alſo wolte ſie in Geduld ſtehen/ biß die Außgeſchikten/ Gewißheit braͤchten/ alsdann hoffete ſie/ ihres liebſten Ladiſlaen Seele wuͤrde die ihre bald abfodern/ und mit ſich hinweg nehmen/ daß ſie auffs minſte im Tode ungeſchieden blieben/ wañ das mißguͤnſtige Gluͤk ihnen dieſes lebens Freude laͤnger nicht zulaſſen wolte. Nun meinete der Stathalter ſelbſt/ Ladiſla waͤhre gewißlich hingerichtet/ beſinnete ſich auch ſchon auff eine ſchwere Rache; doch ward er froh/ daß ſeine Tochter ſich vor erſt zur Ruhe begab/ machte auch mit den andern den Schluß/ dafern das außgeſchikte Schiff die traurige Zei- tung bringen wuͤrde/ ihr deſſen Wiederkunfft/ ſo lange moͤglich/ zuveꝛbergen/ auff das die Zeit ihre hefftige Traurigkeit lindern/ und ſie ihres liebeſten moͤchte vergeſſend machen. Libuſſa wahr nicht weniger betruͤbet/ da ſie dieſe leidige Maͤhre vernam/ und uͤberdaß we- der von dem Fraͤulein noch Herkules einige Zeitung hatte. Sie bemuͤhete ſich aber/ Fr. Sophien zu troͤſten/ und die Betruͤbniß ihr auß dem Sinne zuſchwatzen; wobey Frl. Si- bylla ſich getraͤulich mit gebrauchete; aber da halff alles ſehr wenig; dann ſie aß und trank des Tages kaum ſo viel/ als ein Kind/ daß erſt von der Bruſt entwehnet wird/ daß auch deꝛ groͤſte teil ihrer Schoͤnheit gar verſchwand/ und ſie innerhalb zwo Wochen faſt von allen Kraͤfften kam/ daß Libuſſa ſich nicht enthalten kunte/ ſie mit harten Worten zuſtraffen; wie unguͤtlich ſie nicht allein an ihr ſelbſt/ ſondern auch an ihren Eltern und liebſtem Gemahl handelte/ in dem ſie durch Betruͤbnis und Hunger ſich gedaͤchte umbs Leben zubringen; wann ſie nun dahin waͤhre/ welches auff ſolche Weiſe nicht lange anſtehen koͤnte/ was haͤt- te ſie dann vor eine ruhmwirdige Taht außgerichtet/ als daß ſie an ihrem eigenen Leibe und Leben ſelbſt Moͤrderin werden/ und ihren Gemahl/ der ſie ſo hefftig liebete/ in den Tod ſtuͤrzen wuͤrde; ſie moͤchte doch zu anderen Gedanken greiffen/ und nicht ſo gar die Goͤtter ſelbſt mit ungeduld trotzen/ welche hiedurch vielmehr erzuͤrnet/ als zur Barmherzigkeit be- waͤget wuͤrden. Dieſe und dergleichen vielfaͤltige Vermahnungen hoͤrete ſie zwar mit ge- duldigen Ohren an/ aber ihre Meinung wahr nicht/ ſich zu endern/ ſondern antwortete end- lich; Geliebete Freundin/ ich weiß nicht wie es koͤmt/ daß ich mich vor eure Straffreden mehr/ als vor meine Eltern ſelbſt fuͤrchte; doch verſichert euch/ daß kein Menſch wieder meine einmahl gefaſſete Meinung mich im Leben erhalten wird; ich koͤnte zwar mit einem Stiche mich der Angſt leicht abhelffen/ aber meine Eltern nicht zubeleidigen/ habe ich ſol- ches Mittel veꝛſchworen; mus demnach in dieſem langwierigen Kummer meine Kraͤfte algemach verzehren/ biß ſie endlich brechen/ und der Betruͤbniß entriſſen werden. O mein allerlieblichſter Freund/ welche grauſame Hand hat dich mir geraubet? O du holdſeliges Angeſicht/ welcher Wuͤterich hat dir die ſchoͤnen Wangen-Roſen in ein Todtesbleich ver- kehret? Aber auch du unbarmherzige Seele/ warumb ſucheſtu nicht Gelegenheit/ mich ab- zufodern? Nun nun/ meines Lebens einiger Troſt iſt dahin; alle meine Vergnuͤgung iſt verſchwunden; waͤhre nur mein Leib ſo halſtarrig nicht/ und lieſſe den betruͤbten Geiſt auß- fahren/ der wieder ſeinen Willen verbleiben muß/ alsdann wuͤrde ich ja dereins zur ge- wuͤnſchten Ruhe kom̃en. Fing hernach an/ und wuͤnſchete zuwiſſen/ wie es doch nach dem Tode M m m iij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/499>, abgerufen am 30.12.2024.