Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Anderes Buch. versicherte sie/ sein Herr würde es statlich zuvergelten nicht unterlassen; legte die Gelderauf Maul Esel/ sattelte sein und Herkules Pferd/ und ritte in Geselschafft vier Knechte des nahesten auff Eliß zu/ weil er nicht zweifelte/ sein Herr würde sich daselbst noch auffhalten. Er hatte aber Valikules Waffen angelegt/ und seine eigene dem Diener zu führen gegeben/ ritte damit in die Herberge/ und fand seinen Herrn im Hause allein gehen/ und sich mit ge- danken schlagen/ wie ers am besten machen könte/ wann etwa Gallus wegen widerwärtigen Windes zu lange aussenbleiben würde. Die Zeit hatte ihm sider Gallus Abreise gar lange gewehret/ welche er mit einem fremden Manne vertrieb/ der aus Mazedonien wahr/ und sich eine zeitlang in der Landschafft Karia zu Laodizea auffgehalten hatte; Dieser ließ sich anfangs vernehmen/ daß er ein Christ währe/ da er merkete/ daß Valikules des Glaubens wahr/ der sich gleichwol nicht gegen ihn heraus ließ/ weil er ihm wenig trauete. Zween Ta- ge vor Gallus Wiederkunfft fing dieser fremder/ nahmens Agemachus/ etwas kühner an mit ihm zureden/ da er anfangs beklagete/ daß die Welt so mannicherley Glaubens währe/ und ihrer viel/ ja der mehrer Teil sich so plageten und peinigten/ zu der Volkommenheit zu gelangen/ da doch kein lustiger Weg währe/ als eben dieser/ auff welchem man dahin käh- me/ wiewol niemand/ als welche der wahren Erkäntniß sich gewidmet hätten/ denselben zu finden wüsten/ welche daher Gnostici; das ist/ die Erkennende oder Hochkluge genennet wür- den. Valikules merkete alsbald/ was vor einen schändlichen groben Ketzer er vor sich hät- te/ ließ sich dessen aber nit merken/ sondern fragete/ ob dann dieselben Hochweisen/ der Heyd- nischen/ oder Indischen/ oder Christlichen Lehre zugetahn währen/ und ob man ihrer so hochgerühmten Volkommenheit nicht könte teilhafftig werden; Er währe jung/ aber be- gierig nach der Weißheit/ wolte auch solche Lehre leicht fassen/ wann sie ihm vorgetragen würde/ und zwar so viel leichter/ weil sie einen solchen lustigen Weg zu der Volkommenheit zeigete. Agemachus antwortete ihm: Es währen diese Erkennende weder Heyden noch Juden/ sondern Christen/ wie wol nicht des gemeinen Schlages/ sondern von ihnen/ bey des in der Lehr und im Leben weit abgesondert. Der erste Stifter währe Karpokrates/ welcher vor 100 Jahren den Grund dieser Lehre geleget/ und aus himmlischer Offenbahrung die Erkäntniß erlanget/ daß diese Welt/ Himmel/ Erde/ Meer/ und was drinnen ist/ nicht von dem einigen obersten Gott/ welcher der ungezeugete Vater hiesse/ erschaffen währe/ sond'n von einer gewissen Anzahl gewaltiger Engel/ welche doch viel geringer/ als jener oberste Gott währen. So hätte er auch die Offenbahrung gehabt/ daß JEsus von Nazareth des alten Josephs warhafftiger Sohn währe/ allen andern Menschen gleich/ ohn allein/ daß derselbe eine reine und krafftfeste Seele bekommen/ welche in ihrem Leibe sich dessen alles hätte zuerinnern gewust/ wz sie in dem Kreißlauffe (als sie noch in dem ungezeugete Gotte gewesen) gesehen hatte; und daß weiters seine Seele die Krafft und das Vermögen von vorgedachtem Gotte bekommen/ daß sie der Engel oder Welt-Bauer Gewalt sich entbro- chen/ und durch alle 365 Himmel zu Gott hinauff gestiegen/ auch durch eben dieselben wie- der herunter kommen währe. Und deren Seelen fünden sich bey andern mehr in gleicher Volkommenheit/ ja die noch volkommener als des Jesus seine währen. Herkules hatte von dieser Ketzerey zwar etwas/ aber nichts insonderheit gehöret/ nur daß sie ganz neue Lehre führeten/ und gar ein abscheuhliches Leben trieben; wolte sich aber nicht zur Antwort finden C c c ij
Anderes Buch. verſicherte ſie/ ſein Herr wuͤrde es ſtatlich zuvergelten nicht unterlaſſen; legte die Gelderauf Maul Eſel/ ſattelte ſein und Herkules Pferd/ und ritte in Geſelſchafft vier Knechte des nåheſten auff Eliß zu/ weil er nicht zweifelte/ ſein Herr wuͤrde ſich daſelbſt noch auffhalten. Er hatte aber Valikules Waffen angelegt/ und ſeine eigene dem Diener zu fuͤhren gegebẽ/ ritte damit in die Herberge/ und fand ſeinen Herrn im Hauſe allein gehen/ und ſich mit ge- danken ſchlagen/ wie ers am beſten machen koͤnte/ wann etwa Gallus wegen widerwaͤrtigẽ Windes zu lange auſſenbleiben wuͤrde. Die Zeit hatte ihm ſider Gallus Abreiſe gar lange gewehret/ welche er mit einem fremden Manne vertrieb/ der aus Mazedonien wahr/ und ſich eine zeitlang in der Landſchafft Karia zu Laodizea auffgehalten hatte; Dieſer ließ ſich anfangs vernehmen/ daß er ein Chriſt waͤhre/ da er merkete/ daß Valikules des Glaubens wahr/ der ſich gleichwol nicht gegen ihn heraus ließ/ weil er ihm wenig trauete. Zween Ta- ge vor Gallus Wiederkunfft fing dieſer fremder/ nahmens Agemachus/ etwas kuͤhner an mit ihm zureden/ da er anfangs beklagete/ daß die Welt ſo mannicherley Glaubens waͤhre/ und ihrer viel/ ja der mehrer Teil ſich ſo plageten und peinigten/ zu der Volkommenheit zu gelangen/ da doch kein luſtiger Weg waͤhre/ als eben dieſer/ auff welchem man dahin kaͤh- me/ wiewol niemand/ als welche der wahren Erkaͤntniß ſich gewidmet haͤtten/ denſelben zu finden wuͤſten/ welche daher Gnoſtici; das iſt/ die Erkennende oder Hochkluge geneñet wuͤr- den. Valikules merkete alsbald/ was vor einen ſchaͤndlichen groben Ketzer er vor ſich haͤt- te/ ließ ſich deſſen aber nit merken/ ſondern fragete/ ob dann dieſelbẽ Hochweiſen/ der Heyd- niſchen/ oder Indiſchen/ oder Chriſtlichen Lehre zugetahn waͤhren/ und ob man ihrer ſo hochgeruͤhmten Volkommenheit nicht koͤnte teilhafftig werden; Er waͤhre jung/ aber be- gierig nach der Weißheit/ wolte auch ſolche Lehre leicht faſſen/ wann ſie ihm vorgetragen wuͤrde/ und zwar ſo viel leichter/ weil ſie einen ſolchen luſtigen Weg zu der Volkommenheit zeigete. Agemachus antwortete ihm: Es waͤhren dieſe Erkennende weder Heyden noch Juden/ ſondern Chriſten/ wie wol nicht des gemeinen Schlages/ ſondern von ihnen/ bey des in der Lehr und im Leben weit abgeſondert. Der erſte Stifter waͤhre Karpokrates/ welcheꝛ vor 100 Jahren den Grund dieſer Lehre geleget/ und aus himmliſcher Offenbahrung die Erkaͤntniß erlanget/ daß dieſe Welt/ Himmel/ Erde/ Meer/ und was drinnen iſt/ nicht von dem einigen oberſten Gott/ welcher der ungezeugete Vater hieſſe/ erſchaffen waͤhre/ ſond’n von einer gewiſſen Anzahl gewaltiger Engel/ welche doch viel geringer/ als jener oberſte Gott waͤhren. So haͤtte er auch die Offenbahrung gehabt/ daß JEſus von Nazareth des alten Joſephs warhafftiger Sohn waͤhre/ allen andern Menſchen gleich/ ohn allein/ daß derſelbe eine reine und krafftfeſte Seele bekommen/ welche in ihrem Leibe ſich deſſen alles haͤtte zuerinnern gewuſt/ wz ſie in dem Kreißlauffe (als ſie noch in dem ungezeugete Gotte geweſen) geſehen hatte; und daß weiters ſeine Seele die Krafft und das Vermoͤgen von vorgedachtem Gotte bekommen/ daß ſie der Engel oder Welt-Bauer Gewalt ſich entbro- chen/ und durch alle 365 Himmel zu Gott hinauff geſtiegen/ auch duꝛch eben dieſelben wie- der herunter kommen waͤhre. Und deren Seelen fuͤnden ſich bey andern mehr in gleicher Volkommenheit/ ja die noch volkommener als des Jeſus ſeine waͤhren. Herkules hatte von dieſer Ketzerey zwar etwas/ aber nichts inſonderheit gehoͤret/ nur daß ſie ganz neue Lehre fuͤhreten/ und gar ein abſcheuhliches Leben trieben; wolte ſich aber nicht zur Antwoꝛt finden C c c ij
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Anderes Buch.
verſicherte ſie/ ſein Herr wuͤrde es ſtatlich zuvergelten nicht unterlaſſen; legte die Gelder
auf Maul Eſel/ ſattelte ſein und Herkules Pferd/ und ritte in Geſelſchafft vier Knechte des
nåheſten auff Eliß zu/ weil er nicht zweifelte/ ſein Herr wuͤrde ſich daſelbſt noch auffhalten.
Er hatte aber Valikules Waffen angelegt/ und ſeine eigene dem Diener zu fuͤhren gegebẽ/
ritte damit in die Herberge/ und fand ſeinen Herrn im Hauſe allein gehen/ und ſich mit ge-
danken ſchlagen/ wie ers am beſten machen koͤnte/ wann etwa Gallus wegen widerwaͤrtigẽ
Windes zu lange auſſenbleiben wuͤrde. Die Zeit hatte ihm ſider Gallus Abreiſe gar lange
gewehret/ welche er mit einem fremden Manne vertrieb/ der aus Mazedonien wahr/ und
ſich eine zeitlang in der Landſchafft Karia zu Laodizea auffgehalten hatte; Dieſer ließ ſich
anfangs vernehmen/ daß er ein Chriſt waͤhre/ da er merkete/ daß Valikules des Glaubens
wahr/ der ſich gleichwol nicht gegen ihn heraus ließ/ weil er ihm wenig trauete. Zween Ta-
ge vor Gallus Wiederkunfft fing dieſer fremder/ nahmens Agemachus/ etwas kuͤhner an
mit ihm zureden/ da er anfangs beklagete/ daß die Welt ſo mannicherley Glaubens waͤhre/
und ihrer viel/ ja der mehrer Teil ſich ſo plageten und peinigten/ zu der Volkommenheit zu
gelangen/ da doch kein luſtiger Weg waͤhre/ als eben dieſer/ auff welchem man dahin kaͤh-
me/ wiewol niemand/ als welche der wahren Erkaͤntniß ſich gewidmet haͤtten/ denſelben zu
finden wuͤſten/ welche daher Gnoſtici; das iſt/ die Erkennende oder Hochkluge geneñet wuͤr-
den. Valikules merkete alsbald/ was vor einen ſchaͤndlichen groben Ketzer er vor ſich haͤt-
te/ ließ ſich deſſen aber nit merken/ ſondern fragete/ ob dann dieſelbẽ Hochweiſen/ der Heyd-
niſchen/ oder Indiſchen/ oder Chriſtlichen Lehre zugetahn waͤhren/ und ob man ihrer ſo
hochgeruͤhmten Volkommenheit nicht koͤnte teilhafftig werden; Er waͤhre jung/ aber be-
gierig nach der Weißheit/ wolte auch ſolche Lehre leicht faſſen/ wann ſie ihm vorgetragen
wuͤrde/ und zwar ſo viel leichter/ weil ſie einen ſolchen luſtigen Weg zu der Volkommenheit
zeigete. Agemachus antwortete ihm: Es waͤhren dieſe Erkennende weder Heyden noch
Juden/ ſondern Chriſten/ wie wol nicht des gemeinen Schlages/ ſondern von ihnen/ bey des
in der Lehr und im Leben weit abgeſondert. Der erſte Stifter waͤhre Karpokrates/ welcheꝛ
vor 100 Jahren den Grund dieſer Lehre geleget/ und aus himmliſcher Offenbahrung die
Erkaͤntniß erlanget/ daß dieſe Welt/ Himmel/ Erde/ Meer/ und was drinnen iſt/ nicht von
dem einigen oberſten Gott/ welcher der ungezeugete Vater hieſſe/ erſchaffen waͤhre/ ſond’n
von einer gewiſſen Anzahl gewaltiger Engel/ welche doch viel geringer/ als jener oberſte
Gott waͤhren. So haͤtte er auch die Offenbahrung gehabt/ daß JEſus von Nazareth des
alten Joſephs warhafftiger Sohn waͤhre/ allen andern Menſchen gleich/ ohn allein/ daß
derſelbe eine reine und krafftfeſte Seele bekommen/ welche in ihrem Leibe ſich deſſen alles
haͤtte zuerinnern gewuſt/ wz ſie in dem Kreißlauffe (als ſie noch in dem ungezeugete Gotte
geweſen) geſehen hatte; und daß weiters ſeine Seele die Krafft und das Vermoͤgen von
vorgedachtem Gotte bekommen/ daß ſie der Engel oder Welt-Bauer Gewalt ſich entbro-
chen/ und durch alle 365 Himmel zu Gott hinauff geſtiegen/ auch duꝛch eben dieſelben wie-
der herunter kommen waͤhre. Und deren Seelen fuͤnden ſich bey andern mehr in gleicher
Volkommenheit/ ja die noch volkommener als des Jeſus ſeine waͤhren. Herkules hatte
von dieſer Ketzerey zwar etwas/ aber nichts inſonderheit gehoͤret/ nur daß ſie ganz neue
Lehre fuͤhreten/ und gar ein abſcheuhliches Leben trieben; wolte ſich aber nicht zur Antwoꝛt
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/425>, abgerufen am 26.06.2024. |