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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Anderes Buch.
jungen Ritter führeten. Dieser ward des Bluts auff der Erden gewahr/ daher ihm die hel-
len Zehren aus den Augen schossen/ und des lauten Weinens nebest Leches und Markus
sich nicht enthalten kunte; nachgehends mit wehemühtiger Stimme klagete: O du ädles/
frommes und keusches Blut/ hastu an diesem verfluchten Orte durch Henkers Schwert
müssen vergossen werden? Nun du bist leider dahin/ und lässest allen deinen Freunden ein
immerwehrendes Trauren dahinten; aber ich wil dir alle dieselben zum Opfer schlachten/
die Ursach und Hülffe zu deinem Tode gegeben haben; und müsse diese Gegend ewig ver-
fluchet seyn/ in welcher der ruhmwirdigste Held/ den iemahls die Sonne beschienen/ sein
Leben so elendig hat zu setzen müssen/ dessen die ganze Welt kaum wirdig wahr. Hernach
fing er an/ Ladisla zubeklagen/ und wie derselbe immermehr den Tod seines einiggeliebtesten
Freundes würde erdulden können/ den er weit über seine Seele schätzete.

Charidemus dauchte die Zeit lange/ da seine Schergen über die angesetzete Stunde
ausse blieben/ klagete seinem jungen Gemahl/ wie ihm so angst ümb das Herz währe/ und
befahl/ daß ein Diener hinauslauffen/ und wie es mit dem Gerichte ergangen/ Zeitung ein-
hohlen solte; welcher/ als er anfangs die sechs erschlagenen Diener/ und bald darauff die
vier Schergen entleibet sahe/ bey denen ihre Schwerter lagen; entsetzete er sich/ und wuste
nicht was er gedenken solte; kehrete doch bald wieder ümb/ solches anzumelden; aber wie
er den halben Weg schon zurük gelauffen wahr/ fiel ihm ein/ er wolte wieder ümkehren/
und zusehen/ ob er nicht etliche Gelderchen zur Beute bey den Erschlagenen finden möch-
te/ da er kaum etliche Groschen bekam; in dem er nun fortgehen wolte/ ward er der beyden
Diener von ferne gewahr/ welche nach Valikules Abzug sich nach Mögligkeit erhoben/
und geeilet hatten/ aus Furcht/ es möchte Gallus ümkehren/ und sie erschlagen/ wie er dann
willens gewesen wahr. Der ausgeschikte erwartete ihrer/ machten sich nach Charidemus
Schlosse/ und kahmen üm Abendessenszeit an/ da sie alles ümständlich berichteten/ und wie
sie mit lauffen müssen/ damit ihre Flucht nicht so bald angemeldet würde. Hierüber entset-
zete sich Charidemus so hart/ daß er das Messer aus der Hand fallen ließ/ und den halbge-
schlukten Bissen aus dem Maule speiete/ zu der Frauen sprechend: Nun muß ich mich in
kurzer frist aus dem Staube machen/ oder eines schändlichen Todes sterben/ dafern der
junge Mörder derselbe ist/ vor welchen er sich angegeben hat; O des verfluchten Kleinots/
welches ihm die mörderischen Fäuste hat frey gemacht! Die Frau stellete sich sehr traurig/
aber ihr Herz wahr voller Freude/ als sie vernam/ daß dieser unschuldige Herr das Leben
davon gebracht; daß aber solches an ihr nicht gemerket würde/ fragete sie/ als mit sonderli-
chem Eifer/ wie es dann möglich währe/ daß der junge wehrlose Mensch ein solches hätte
verrichten mögen. Mich dauchte/ antwortete dieser/ daß ich sahe/ wie er den Schergen et-
was schenkete; dann daß sie ihm mit gegebenen Händen danketen/ sahe ich eigentlich. Sie
löseten auch dem andern die Hände auff sein begehren auff/ ehe sie an den Richtplaz kah-
men/ woselbst der Jüngling dem grösten Schergen das Schwert von der seite reiß/ und sie
alle niederhieb/ wie ich schon gemeldet habe. Ja Gn. Frau/ sagte er weiter/ hätten eure Gn.
gesehen/ wie dem jungen Menschen die Augen vor Zorn und Rachgier im Häupte fünkel-
ten/ sie hätte vor Furcht sterben mögen; ich zwar habe mir gänzlich eingebildet/ er müsse ein
Gott/ oder doch ihres Geschlechtes seyn. Die Frau nam aus dieser Erzählung ihr bestes/

und

Anderes Buch.
jungen Ritter fuͤhreten. Dieſer ward des Bluts auff der Erden gewahr/ daher ihm die hel-
len Zehren aus den Augen ſchoſſen/ und des lauten Weinens nebeſt Leches und Markus
ſich nicht enthalten kunte; nachgehends mit wehemuͤhtigeꝛ Stimme klagete: O du aͤdles/
frommes und keuſches Blut/ haſtu an dieſem verfluchten Orte durch Henkers Schwert
muͤſſen vergoſſen werden? Nun du biſt leider dahin/ und laͤſſeſt allen deinen Freunden ein
immerwehrendes Trauren dahinten; aber ich wil dir alle dieſelben zum Opfer ſchlachten/
die Urſach und Huͤlffe zu deinem Tode gegeben haben; und muͤſſe dieſe Gegend ewig ver-
fluchet ſeyn/ in welcher der ruhmwirdigſte Held/ den iemahls die Sonne beſchienen/ ſein
Leben ſo elendig hat zu ſetzen muͤſſen/ deſſen die ganze Welt kaum wirdig wahr. Hernach
fing er an/ Ladiſla zubeklagen/ und wie derſelbe immermehr den Tod ſeines einiggeliebteſten
Freundes wuͤrde erdulden koͤnnen/ den er weit uͤber ſeine Seele ſchaͤtzete.

Charidemus dauchte die Zeit lange/ da ſeine Schergen uͤber die angeſetzete Stunde
auſſe blieben/ klagete ſeinem jungen Gemahl/ wie ihm ſo angſt uͤmb das Herz waͤhre/ und
befahl/ daß ein Diener hinauslauffen/ und wie es mit dem Gerichte ergangen/ Zeitung ein-
hohlen ſolte; welcher/ als er anfangs die ſechs erſchlagenen Diener/ und bald darauff die
vier Schergen entleibet ſahe/ bey denen ihre Schwerter lagen; entſetzete er ſich/ und wuſte
nicht was er gedenken ſolte; kehrete doch bald wieder uͤmb/ ſolches anzumelden; aber wie
er den halben Weg ſchon zuruͤk gelauffen wahr/ fiel ihm ein/ eꝛ wolte wieder uͤmkehren/
und zuſehen/ ob er nicht etliche Gelderchen zur Beute bey den Erſchlagenen finden moͤch-
te/ da er kaum etliche Groſchen bekam; in dem er nun fortgehen wolte/ ward er der beyden
Diener von ferne gewahr/ welche nach Valikules Abzug ſich nach Moͤgligkeit erhoben/
und geeilet hatten/ aus Furcht/ es moͤchte Gallus uͤmkehren/ und ſie erſchlagen/ wie er dañ
willens geweſen wahr. Der ausgeſchikte erwartete ihrer/ machten ſich nach Charidemus
Schloſſe/ und kahmen uͤm Abendeſſenszeit an/ da ſie alles uͤmſtaͤndlich berichteten/ und wie
ſie mit lauffen muͤſſen/ damit ihre Flucht nicht ſo bald angemeldet wuͤrde. Hieruͤber entſet-
zete ſich Charidemus ſo hart/ daß er das Meſſer aus der Hand fallen ließ/ und den halbge-
ſchlukten Biſſen aus dem Maule ſpeiete/ zu der Frauen ſprechend: Nun muß ich mich in
kurzer friſt aus dem Staube machen/ oder eines ſchaͤndlichen Todes ſterben/ dafern der
junge Moͤrder derſelbe iſt/ vor welchen er ſich angegeben hat; O des verfluchten Kleinots/
welches ihm die moͤꝛderiſchen Faͤuſte hat frey gemacht! Die Frau ſtellete ſich ſehr traurig/
aber ihr Herz wahr voller Freude/ als ſie vernam/ daß dieſer unſchuldige Herꝛ das Leben
davon gebracht; daß aber ſolches an ihr nicht gemerket wuͤrde/ fragete ſie/ als mit ſonderli-
chem Eifer/ wie es dann moͤglich waͤhre/ daß der junge wehrloſe Menſch ein ſolches haͤtte
verrichten moͤgen. Mich dauchte/ antwortete dieſer/ daß ich ſahe/ wie er den Schergen et-
was ſchenkete; dann daß ſie ihm mit gegebenen Haͤnden danketen/ ſahe ich eigentlich. Sie
loͤſeten auch dem andern die Haͤnde auff ſein begehren auff/ ehe ſie an den Richtplaz kah-
men/ woſelbſt der Juͤngling dem groͤſten Schergen das Schwert von der ſeite reiß/ und ſie
alle niederhieb/ wie ich ſchon gemeldet habe. Ja Gn. Frau/ ſagte er weiter/ haͤtten eure Gn.
geſehen/ wie dem jungen Menſchen die Augen vor Zorn und Rachgier im Haͤupte fuͤnkel-
ten/ ſie haͤtte vor Furcht ſterben moͤgen; ich zwar habe mir gaͤnzlich eingebildet/ er muͤſſe ein
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/414>, abgerufen am 27.09.2024.