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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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und etwa noch acht oder X Tage bey mir verharren/ damit der gar zu schleunige Abscheid
mich nicht zu sehr betrüben möge. Ladisla wuste wol/ daß die Schiffe so geschwinde nicht
kunten zugerichtet werden; versprach deswegen noch IIX Tage zubleiben; dessen sie sich
höchlich bedankete. Gleich nun/ da sie sich bekleideten/ und ihr Gespräch hievon hatten; trat
der junge Fabius zu ihnen ins Gemach/ umb zuvernehmen/ wessen seine Schwester sich
wegen der Reise erkläret hätte. Ladisla fragete die Ursach seiner so frühzeitigen Ankunft/ die
er wegen der Schwester gegenwart nicht melden wolte; welches jener merkend/ zu ihm sa-
gete; da es etwa ihre Reise beträffe/ möchte er kühnlich reden/ nachdem sein liebes Gemahl
schon gerne darein gewilliget hätte. Fabius ward dessen froh/ und sagte: Ey so muß mir
meine Ursul auch heute noch anders reden/ und meiner lieben Schwester den Gehorsam
ablernen; erzählete darauff/ was Mühe er diese Nacht mit ihr gehabt/ daß er schier när-
risch drüber worden; insonderheit hätte sie ihre Wase Sophien beklaget/ als welche keine
Stunde leben würde/ da sie vernehmen solte/ daß Herr Ladisla eine solche Reise auf sich zu-
nehmen gesinner währe; und habe ich mich selber dessen nicht ein geringes befahret; weil
ich aber deren guten Willen vernehme/ wolle dieselbe ihr nur hart gnug zureden/ dann sie
wird sich hieselbst bald anfinden. Kaum wahr dieses geredet/ da trat sie zur Tühr hinein/
und da sie ihrer Wasen nahete/ schossen ihr die Trähnen in die Augen; welche alsbald fra-
gete/ was ihr kümmerliches anliegen währe; Und als sie es nicht bekennen wolte/ sagte sie;
Ich zweifele nicht/ ihr weinet darümb/ daß mein lieber Bruder eine zeitlang von euch hin-
weg zihe wird/ und ihr etliche Wochen oder Monat allein schlaffen sollet; seyd ihr dann in
so kurzer Zeit verwähnet/ daß ihr nicht mehr könnet ohn einen Beyschläffer seyn? Aber dz
ich ernstlich mit euch rede; Ich hätte/ geliebte Schwester/ wol so viel/ wo nicht eine gute
Hand vol mehr Ursachen zu weinen/ als ihr; Wann ich mich aber erinnere/ daß ich mei-
nem allerliebsten Gemahl zu gehorsamen schuldig bin/ muß ich meinen Willen wol in den
seinen schliessen/ unter der Hoffnung/ die Götter werden uns dereins wieder zusammen fü-
gen/ nachdem sie ihrer Versehung nach/ uns gnug werden geprüfet und im Gehorsam be-
wehret haben; inzwischen wollen wir mit den Gedanken und stätem glükwünschen ihnen
alle Tage folgen/ ja ohn unterlaß umb und bey ihnen seyn/ biß wir sie mit den Händen wie-
der erreichen/ und mit beyden Armen umfassen können. Fr. Ursul hörete ihr mit Ver-
wunderung zu/ und entfielen ihr alle Reden/ welche sie (unter der Hoffnung/ diese würde
mit ihr einstimmen) ihr vorgenommen hatte/ ohn alle Scheuh heraus zustossen; endlich
fing sie also an: Geliebte Schwester; ich bin von Jugend auff mit euch umgangen/ aber
in euren Sinn weiß ich mich so wenig zuschicken/ als hätte ich euer gar keine Kundschaft;
Vor X Tagen woltet ihr gar verzweifeln/ daß ihr euren Ladisla in XXIV Stunden nicht
gesehen; jetzo mahnet ihr ihn fast selber an/ daß er von euch zihen sol/ und wisset doch nicht/
ob ihr ihn jemahls werdet wieder zusehen bekommen. Ach Schwester/ antwortete sie/ die
Götter kennen mein Herz/ und wie hoch ich wünsche/ nimmermehr von meinem Liebsten
getrennet zuwerden; aber was seyn muß/ und von dem unwandelbahren Raht der Götter
selbst beschlossen ist/ dawider hilfft alles mein beginnen weniger/ als wolte ich das überlauf-
fende Meer mit einem Strohalm zurücke schlagen; geschweige/ daß ich meinen Liebsten
nur unwillig und betrübt machen würde. Fr. Ursul antwortete: Seyd ihr dann/ Frau

Schwe-

Anderes Buch.
und etwa noch acht oder X Tage bey mir verharren/ damit der gar zu ſchleunige Abſcheid
mich nicht zu ſehr betruͤben moͤge. Ladiſla wuſte wol/ daß die Schiffe ſo geſchwinde nicht
kunten zugerichtet werden; verſprach deswegen noch IIX Tage zubleiben; deſſen ſie ſich
hoͤchlich bedankete. Gleich nun/ da ſie ſich bekleideten/ und ihr Geſpraͤch hievon hatten; trat
der junge Fabius zu ihnen ins Gemach/ umb zuvernehmen/ weſſen ſeine Schweſter ſich
wegen der Reiſe erklaͤret haͤtte. Ladiſla fragete die Urſach ſeiner ſo fruͤhzeitigen Ankunft/ die
er wegen der Schweſter gegenwart nicht melden wolte; welches jener meꝛkend/ zu ihm ſa-
gete; da es etwa ihre Reiſe betraͤffe/ moͤchte er kuͤhnlich reden/ nachdem ſein liebes Gemahl
ſchon gerne darein gewilliget haͤtte. Fabius ward deſſen froh/ und ſagte: Ey ſo muß mir
meine Urſul auch heute noch anders reden/ und meiner lieben Schweſter den Gehorſam
ablernen; erzaͤhlete darauff/ was Muͤhe er dieſe Nacht mit ihr gehabt/ daß er ſchier naͤr-
riſch druͤber worden; inſonderheit haͤtte ſie ihre Waſe Sophien beklaget/ als welche keine
Stunde leben wuͤrde/ da ſie vernehmen ſolte/ daß Herꝛ Ladiſla eine ſolche Reiſe auf ſich zu-
nehmen geſinner waͤhre; und habe ich mich ſelber deſſen nicht ein geringes befahret; weil
ich aber deren guten Willen vernehme/ wolle dieſelbe ihr nur hart gnug zureden/ dann ſie
wird ſich hieſelbſt bald anfinden. Kaum wahr dieſes geredet/ da trat ſie zur Tuͤhr hinein/
und da ſie ihrer Waſen nahete/ ſchoſſen ihr die Traͤhnen in die Augen; welche alsbald fra-
gete/ was ihr kuͤmmerliches anliegen waͤhre; Und als ſie es nicht bekennen wolte/ ſagte ſie;
Ich zweifele nicht/ ihr weinet daruͤmb/ daß mein lieber Bruder eine zeitlang von euch hin-
weg zihe wird/ und ihr etliche Wochen oder Monat allein ſchlaffen ſollet; ſeyd ihr dann in
ſo kurzer Zeit verwaͤhnet/ daß ihr nicht mehr koͤnnet ohn einen Beyſchlaͤffer ſeyn? Aber dz
ich ernſtlich mit euch rede; Ich haͤtte/ geliebte Schweſter/ wol ſo viel/ wo nicht eine gute
Hand vol mehr Urſachen zu weinen/ als ihr; Wann ich mich aber erinnere/ daß ich mei-
nem allerliebſten Gemahl zu gehorſamen ſchuldig bin/ muß ich meinen Willen wol in den
ſeinen ſchlieſſen/ unter der Hoffnung/ die Goͤtter werden uns dereins wieder zuſammen fuͤ-
gen/ nachdem ſie ihrer Verſehung nach/ uns gnug werden gepruͤfet und im Gehorſam be-
wehret haben; inzwiſchen wollen wir mit den Gedanken und ſtaͤtem gluͤkwuͤnſchen ihnen
alle Tage folgen/ ja ohn unterlaß umb und bey ihnen ſeyn/ biß wir ſie mit den Haͤnden wie-
der erreichen/ und mit beyden Armen umfaſſen koͤnnen. Fr. Urſul hoͤrete ihr mit Ver-
wunderung zu/ und entfielen ihr alle Reden/ welche ſie (unter der Hoffnung/ dieſe wuͤrde
mit ihr einſtimmen) ihr vorgenommen hatte/ ohn alle Scheuh heraus zuſtoſſen; endlich
fing ſie alſo an: Geliebte Schweſter; ich bin von Jugend auff mit euch umgangen/ aber
in euren Sinn weiß ich mich ſo wenig zuſchicken/ als haͤtte ich euer gar keine Kundſchaft;
Vor X Tagen woltet ihr gar verzweifeln/ daß ihr euren Ladiſla in XXIV Stunden nicht
geſehen; jetzo mahnet ihr ihn faſt ſelber an/ daß er von euch zihen ſol/ und wiſſet doch nicht/
ob ihr ihn jemahls werdet wieder zuſehen bekommen. Ach Schweſter/ antwortete ſie/ die
Goͤtter kennen mein Herz/ und wie hoch ich wuͤnſche/ nimmermehr von meinem Liebſten
getrennet zuwerden; aber was ſeyn muß/ und von dem unwandelbahren Raht der Goͤtter
ſelbſt beſchloſſen iſt/ dawider hilfft alles mein beginnen weniger/ als wolte ich das uͤbeꝛlauf-
fende Meer mit einem Strohalm zuruͤcke ſchlagen; geſchweige/ daß ich meinen Liebſten
nur unwillig und betruͤbt machen wuͤrde. Fr. Urſul antwortete: Seyd ihr dann/ Frau

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[338/0376] Anderes Buch. und etwa noch acht oder X Tage bey mir verharren/ damit der gar zu ſchleunige Abſcheid mich nicht zu ſehr betruͤben moͤge. Ladiſla wuſte wol/ daß die Schiffe ſo geſchwinde nicht kunten zugerichtet werden; verſprach deswegen noch IIX Tage zubleiben; deſſen ſie ſich hoͤchlich bedankete. Gleich nun/ da ſie ſich bekleideten/ und ihr Geſpraͤch hievon hatten; trat der junge Fabius zu ihnen ins Gemach/ umb zuvernehmen/ weſſen ſeine Schweſter ſich wegen der Reiſe erklaͤret haͤtte. Ladiſla fragete die Urſach ſeiner ſo fruͤhzeitigen Ankunft/ die er wegen der Schweſter gegenwart nicht melden wolte; welches jener meꝛkend/ zu ihm ſa- gete; da es etwa ihre Reiſe betraͤffe/ moͤchte er kuͤhnlich reden/ nachdem ſein liebes Gemahl ſchon gerne darein gewilliget haͤtte. Fabius ward deſſen froh/ und ſagte: Ey ſo muß mir meine Urſul auch heute noch anders reden/ und meiner lieben Schweſter den Gehorſam ablernen; erzaͤhlete darauff/ was Muͤhe er dieſe Nacht mit ihr gehabt/ daß er ſchier naͤr- riſch druͤber worden; inſonderheit haͤtte ſie ihre Waſe Sophien beklaget/ als welche keine Stunde leben wuͤrde/ da ſie vernehmen ſolte/ daß Herꝛ Ladiſla eine ſolche Reiſe auf ſich zu- nehmen geſinner waͤhre; und habe ich mich ſelber deſſen nicht ein geringes befahret; weil ich aber deren guten Willen vernehme/ wolle dieſelbe ihr nur hart gnug zureden/ dann ſie wird ſich hieſelbſt bald anfinden. Kaum wahr dieſes geredet/ da trat ſie zur Tuͤhr hinein/ und da ſie ihrer Waſen nahete/ ſchoſſen ihr die Traͤhnen in die Augen; welche alsbald fra- gete/ was ihr kuͤmmerliches anliegen waͤhre; Und als ſie es nicht bekennen wolte/ ſagte ſie; Ich zweifele nicht/ ihr weinet daruͤmb/ daß mein lieber Bruder eine zeitlang von euch hin- weg zihe wird/ und ihr etliche Wochen oder Monat allein ſchlaffen ſollet; ſeyd ihr dann in ſo kurzer Zeit verwaͤhnet/ daß ihr nicht mehr koͤnnet ohn einen Beyſchlaͤffer ſeyn? Aber dz ich ernſtlich mit euch rede; Ich haͤtte/ geliebte Schweſter/ wol ſo viel/ wo nicht eine gute Hand vol mehr Urſachen zu weinen/ als ihr; Wann ich mich aber erinnere/ daß ich mei- nem allerliebſten Gemahl zu gehorſamen ſchuldig bin/ muß ich meinen Willen wol in den ſeinen ſchlieſſen/ unter der Hoffnung/ die Goͤtter werden uns dereins wieder zuſammen fuͤ- gen/ nachdem ſie ihrer Verſehung nach/ uns gnug werden gepruͤfet und im Gehorſam be- wehret haben; inzwiſchen wollen wir mit den Gedanken und ſtaͤtem gluͤkwuͤnſchen ihnen alle Tage folgen/ ja ohn unterlaß umb und bey ihnen ſeyn/ biß wir ſie mit den Haͤnden wie- der erreichen/ und mit beyden Armen umfaſſen koͤnnen. Fr. Urſul hoͤrete ihr mit Ver- wunderung zu/ und entfielen ihr alle Reden/ welche ſie (unter der Hoffnung/ dieſe wuͤrde mit ihr einſtimmen) ihr vorgenommen hatte/ ohn alle Scheuh heraus zuſtoſſen; endlich fing ſie alſo an: Geliebte Schweſter; ich bin von Jugend auff mit euch umgangen/ aber in euren Sinn weiß ich mich ſo wenig zuſchicken/ als haͤtte ich euer gar keine Kundſchaft; Vor X Tagen woltet ihr gar verzweifeln/ daß ihr euren Ladiſla in XXIV Stunden nicht geſehen; jetzo mahnet ihr ihn faſt ſelber an/ daß er von euch zihen ſol/ und wiſſet doch nicht/ ob ihr ihn jemahls werdet wieder zuſehen bekommen. Ach Schweſter/ antwortete ſie/ die Goͤtter kennen mein Herz/ und wie hoch ich wuͤnſche/ nimmermehr von meinem Liebſten getrennet zuwerden; aber was ſeyn muß/ und von dem unwandelbahren Raht der Goͤtter ſelbſt beſchloſſen iſt/ dawider hilfft alles mein beginnen weniger/ als wolte ich das uͤbeꝛlauf- fende Meer mit einem Strohalm zuruͤcke ſchlagen; geſchweige/ daß ich meinen Liebſten nur unwillig und betruͤbt machen wuͤrde. Fr. Urſul antwortete: Seyd ihr dann/ Frau Schwe-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/376>, abgerufen am 21.12.2024.