Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Anderes Buch. als einen Bürger/ welcher allemahl sich gehorsam bezeiget/ aufffodern lassen? Dieser be-antwortete es mit wenigem; er würde dessen alles vor dem gemeinen Raht gnugsame Ursachen zuvernehmen haben; worauff er ganz vewägen mit ging/ und sich nicht dran kehrete/ daß sein Knecht gefangen geführet/ und in den Turm geleget ward. So bald er vor den Raht trat/ grüssete er sie nicht sonderlich/ stund und schwieg stille/ umb zuverneh- men was man ihm vortragen würde; da der Rahtsmeister ihn freundlich anredete/ sich über so später Vorfoderung nicht zu verwundern/ und nur ein kurzes zu beiten/ biß noch ein oder ander sich einstellen würde/ so der Beredung mit beywohnen müste; worauff er zur Antwort gab; es nehme ihn höchst wunder/ daß man ihm das Verwundern über sol- cher ungewöhnlichen gewaltsamen Vorfoderung noch verbieten wolte; ja daß man ü- berdaß noch seinen Knecht gefänglich hinweg schleppete/ ehe man ihm als dessen Herren einige Ursach anzeigete; doch müste er solches dahin lassen gestellet seyn/ könte auch noch zur Zeit nichts dawieder vornehmen/ als daß er sich durch nohtwendige Bedingung aufs allerbeste verwahrete. Bald ward das ermordete Weib mit Tüchern bedecket/ ihm vor die Füsse gelegt/ welche der Rahtsmeister zuentblössen befahl/ und zu Akusilaus sagete; Guter Freund/ ihr habt euch nicht so hoch zu beschweren/ noch wieder eurer Obrigkeit Vornehmen euch groß zubedingen/ sondern sehet diesen Stummen und Blinden an/ wel- cher ob er gleich kein Wort mehr zu machen weiß/ klaget er euch doch auff Leib und Leben an. Dieser stellete sich ganz fremde/ wüste nit/ was dieses Schauspiel bedeutete/ daß man todte Leichnam daher schleppete; ob er sich mit todten zanken solte oder könte: Aber der Richter redete ihm härter zu; er solte das erschlagene Weibsbild etwas eigentlicher be- trachten/ die aus seinem Keller daher getragen würde/ wovon er ja billich rede und Ant- wort geben müste. Dieser hielt sich noch/ als wolte er vor verwunderung aus der Haut fahren; da jener fortfuhr in seiner rede; es währe umsonst/ dergleichen blinde auffzüge zu- machen/ und viel besser/ die Warheit zu bekennen: Und was wollet ihr viel leugnen/ sagte er; dieser Diener gegenwärtig bringet bericht ein/ daß euer Knecht die mördliche Taht schon gutwillig bekennet hat; wird euch demnach viel zuträglicher seyn/ Gnade zu bitten/ als die Richter zuverbittern. Was höre ich/ ihr meine Herren/ sagte dieser; solte mein Kalli- as wol einen solchen schändlichen Mord begangen haben? Ich habe ja dergleichen Boß- heit noch nie an ihm gespüret; bedachte sich ein wenig/ und sagte weiter; doch ich dürffte schier in den Argwohn gerahten/ massen ich mich erinnere/ daß vor wenig Tagen ich ein frembdes Weib beherberget/ von welcher mein Knecht vorgab/ wie sie des folgen- den Tages sehr früh/ ehe ich auffgestanden/ davon gezogen/ und ihm das verzehrete Geld zugestellet hätte/ welches er mir auch geliefert hat; fuhr darauff fort; es möchten die Herren fleissig nachforschen/ und wann sein Knecht gemordet/ solte man ihn nur ge- schwinde am Leben straffen/ wann man ihn nur aus solchem Laster-Spiele liesse; Er hätte von Jugend auff sich aller Tugend und auffrichtigkeit befliessen/ wie ihm dessen die ganze Stad würde Zeugnis geben müssen; bähte demnach/ ihn des Argwohns zuerlassen/ viel weniger zugläuben/ da etwa über verhoffen sein Knecht zum doppelten Schelm werden/ und wann er schuldig währe/ ihn als einen Mitschuldigen aus Hoffnung gelinderer Straf- fe angeben würde. Die Rahtsherren hiessen ihn darauff einen Abtrit nehmen/ verwunder- ten
Anderes Buch. als einen Buͤrger/ welcher allemahl ſich gehorſam bezeiget/ aufffodern laſſen? Dieſer be-antwortete es mit wenigem; er wuͤrde deſſen alles vor dem gemeinen Raht gnugſame Urſachen zuvernehmen haben; worauff er ganz vewaͤgen mit ging/ und ſich nicht dran kehrete/ daß ſein Knecht gefangen gefuͤhret/ und in den Turm geleget ward. So bald er vor den Raht trat/ gruͤſſete er ſie nicht ſonderlich/ ſtund und ſchwieg ſtille/ umb zuverneh- men was man ihm vortragen wuͤrde; da der Rahtsmeiſter ihn freundlich anredete/ ſich uͤber ſo ſpaͤter Vorfoderung nicht zu verwundern/ und nur ein kurzes zu beiten/ biß noch ein oder ander ſich einſtellen wuͤrde/ ſo der Beredung mit beywohnen muͤſte; worauff er zur Antwort gab; es nehme ihn hoͤchſt wunder/ daß man ihm das Verwundern uͤber ſol- cher ungewoͤhnlichen gewaltſamen Vorfoderung noch verbieten wolte; ja daß man uͤ- berdaß noch ſeinen Knecht gefaͤnglich hinweg ſchleppete/ ehe man ihm als deſſen Herren einige Urſach anzeigete; doch muͤſte er ſolches dahin laſſen geſtellet ſeyn/ koͤnte auch noch zur Zeit nichts dawieder vornehmen/ als daß er ſich durch nohtwendige Bedingung aufs allerbeſte verwahrete. Bald ward das ermordete Weib mit Tuͤchern bedecket/ ihm vor die Fuͤſſe gelegt/ welche der Rahtsmeiſter zuentbloͤſſen befahl/ und zu Akuſilaus ſagete; Guter Freund/ ihr habt euch nicht ſo hoch zu beſchweren/ noch wieder eurer Obrigkeit Vornehmen euch groß zubedingen/ ſondern ſehet dieſen Stummen und Blinden an/ wel- cher ob er gleich kein Wort mehr zu machen weiß/ klaget er euch doch auff Leib und Leben an. Dieſer ſtellete ſich ganz fremde/ wuͤſte nit/ was dieſes Schauſpiel bedeutete/ daß man todte Leichnam daher ſchleppete; ob er ſich mit todten zanken ſolte oder koͤnte: Aber der Richter redete ihm haͤrter zu; er ſolte das erſchlagene Weibsbild etwas eigentlicher be- trachten/ die aus ſeinem Keller daher getragen wuͤrde/ wovon er ja billich rede und Ant- wort geben muͤſte. Dieſer hielt ſich noch/ als wolte er vor verwunderung aus der Haut fahren; da jener fortfuhr in ſeiner rede; es waͤhre umſonſt/ dergleichen blinde auffzuͤge zu- machen/ und viel beſſer/ die Warheit zu bekeñen: Und was wollet ihr viel leugnẽ/ ſagte er; dieſer Diener gegenwaͤrtig bringet bericht ein/ daß euer Knecht die moͤrdliche Taht ſchon gutwillig bekennet hat; wird euch demnach viel zutraͤglicher ſeyn/ Gnade zu bitten/ als die Richter zuverbittern. Was hoͤre ich/ ihr meine Herren/ ſagte dieſer; ſolte mein Kalli- as wol einen ſolchen ſchaͤndlichen Mord begangen haben? Ich habe ja dergleichen Boß- heit noch nie an ihm geſpuͤret; bedachte ſich ein wenig/ und ſagte weiter; doch ich duͤrffte ſchier in den Argwohn gerahten/ maſſen ich mich erinnere/ daß vor wenig Tagen ich ein frembdes Weib beherberget/ von welcher mein Knecht vorgab/ wie ſie des folgen- den Tages ſehr fruͤh/ ehe ich auffgeſtanden/ davon gezogen/ und ihm das verzehrete Geld zugeſtellet haͤtte/ welches er mir auch geliefert hat; fuhr darauff fort; es moͤchten die Herꝛen fleiſſig nachforſchen/ und wann ſein Knecht gemordet/ ſolte man ihn nur ge- ſchwinde am Leben ſtraffen/ wann man ihn nur aus ſolchem Laſter-Spiele lieſſe; Er haͤtte von Jugend auff ſich aller Tugend und auffrichtigkeit beflieſſen/ wie ihm deſſen die ganze Stad wuͤrde Zeugnis geben muͤſſen; baͤhte demnach/ ihn des Argwohns zuerlaſſen/ viel weniger zuglaͤuben/ da etwa uͤber verhoffen ſein Knecht zum doppelten Schelm werden/ und wañ er ſchuldig waͤhre/ ihn als einen Mitſchuldigen aus Hoffnung gelinderer Straf- fe angeben wuͤrde. Die Rahtsherꝛen hieſſen ihn darauff einen Abtrit nehmen/ verwundeꝛ- ten
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Anderes Buch.
als einen Buͤrger/ welcher allemahl ſich gehorſam bezeiget/ aufffodern laſſen? Dieſer be-
antwortete es mit wenigem; er wuͤrde deſſen alles vor dem gemeinen Raht gnugſame
Urſachen zuvernehmen haben; worauff er ganz vewaͤgen mit ging/ und ſich nicht dran
kehrete/ daß ſein Knecht gefangen gefuͤhret/ und in den Turm geleget ward. So bald er
vor den Raht trat/ gruͤſſete er ſie nicht ſonderlich/ ſtund und ſchwieg ſtille/ umb zuverneh-
men was man ihm vortragen wuͤrde; da der Rahtsmeiſter ihn freundlich anredete/ ſich
uͤber ſo ſpaͤter Vorfoderung nicht zu verwundern/ und nur ein kurzes zu beiten/ biß noch
ein oder ander ſich einſtellen wuͤrde/ ſo der Beredung mit beywohnen muͤſte; worauff er
zur Antwort gab; es nehme ihn hoͤchſt wunder/ daß man ihm das Verwundern uͤber ſol-
cher ungewoͤhnlichen gewaltſamen Vorfoderung noch verbieten wolte; ja daß man uͤ-
berdaß noch ſeinen Knecht gefaͤnglich hinweg ſchleppete/ ehe man ihm als deſſen Herren
einige Urſach anzeigete; doch muͤſte er ſolches dahin laſſen geſtellet ſeyn/ koͤnte auch noch
zur Zeit nichts dawieder vornehmen/ als daß er ſich durch nohtwendige Bedingung aufs
allerbeſte verwahrete. Bald ward das ermordete Weib mit Tuͤchern bedecket/ ihm vor
die Fuͤſſe gelegt/ welche der Rahtsmeiſter zuentbloͤſſen befahl/ und zu Akuſilaus ſagete;
Guter Freund/ ihr habt euch nicht ſo hoch zu beſchweren/ noch wieder eurer Obrigkeit
Vornehmen euch groß zubedingen/ ſondern ſehet dieſen Stummen und Blinden an/ wel-
cher ob er gleich kein Wort mehr zu machen weiß/ klaget er euch doch auff Leib und Leben
an. Dieſer ſtellete ſich ganz fremde/ wuͤſte nit/ was dieſes Schauſpiel bedeutete/ daß man
todte Leichnam daher ſchleppete; ob er ſich mit todten zanken ſolte oder koͤnte: Aber der
Richter redete ihm haͤrter zu; er ſolte das erſchlagene Weibsbild etwas eigentlicher be-
trachten/ die aus ſeinem Keller daher getragen wuͤrde/ wovon er ja billich rede und Ant-
wort geben muͤſte. Dieſer hielt ſich noch/ als wolte er vor verwunderung aus der Haut
fahren; da jener fortfuhr in ſeiner rede; es waͤhre umſonſt/ dergleichen blinde auffzuͤge zu-
machen/ und viel beſſer/ die Warheit zu bekeñen: Und was wollet ihr viel leugnẽ/ ſagte er;
dieſer Diener gegenwaͤrtig bringet bericht ein/ daß euer Knecht die moͤrdliche Taht ſchon
gutwillig bekennet hat; wird euch demnach viel zutraͤglicher ſeyn/ Gnade zu bitten/ als die
Richter zuverbittern. Was hoͤre ich/ ihr meine Herren/ ſagte dieſer; ſolte mein Kalli-
as wol einen ſolchen ſchaͤndlichen Mord begangen haben? Ich habe ja dergleichen Boß-
heit noch nie an ihm geſpuͤret; bedachte ſich ein wenig/ und ſagte weiter; doch ich duͤrffte
ſchier in den Argwohn gerahten/ maſſen ich mich erinnere/ daß vor wenig Tagen ich
ein frembdes Weib beherberget/ von welcher mein Knecht vorgab/ wie ſie des folgen-
den Tages ſehr fruͤh/ ehe ich auffgeſtanden/ davon gezogen/ und ihm das verzehrete Geld
zugeſtellet haͤtte/ welches er mir auch geliefert hat; fuhr darauff fort; es moͤchten die
Herꝛen fleiſſig nachforſchen/ und wann ſein Knecht gemordet/ ſolte man ihn nur ge-
ſchwinde am Leben ſtraffen/ wann man ihn nur aus ſolchem Laſter-Spiele lieſſe; Er haͤtte
von Jugend auff ſich aller Tugend und auffrichtigkeit beflieſſen/ wie ihm deſſen die ganze
Stad wuͤrde Zeugnis geben muͤſſen; baͤhte demnach/ ihn des Argwohns zuerlaſſen/ viel
weniger zuglaͤuben/ da etwa uͤber verhoffen ſein Knecht zum doppelten Schelm werden/
und wañ er ſchuldig waͤhre/ ihn als einen Mitſchuldigen aus Hoffnung gelinderer Straf-
fe angeben wuͤrde. Die Rahtsherꝛen hieſſen ihn darauff einen Abtrit nehmen/ verwundeꝛ-
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/348>, abgerufen am 29.06.2024. |