Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Anderes Buch. te Herberge zuzeigen/ da er um sein baares Geld zehren/ und mit zwey Pferden und einemDiener Unterhalt haben könte. Mein Herr/ antwortete dieser/ ich nehme selber gerne gute Leute ein/ wann ich weiß/ aus was Landes Art sie sind/ und die mit vorlieb nehmen können. Und als Valikules hierauff anzeigete/ daß sie Römisch/ und etliche Tage sich hieselbst auff- zuhalten bedacht währen/ sagete er zu ihnen: So kehren die Herren nur kühnlich bey mir ein/ und nehmen mit andern Gästen vor gut/ da es ihnen beliebet. Führete sie selbst mit sich in sein Hauß/ und hieß sie wilkommen seyn. Es wahren zwölff hübsche Jünglinge alda bey einander/ die in köstlichen Kleidern auffzogen/ und in Höfligkeit wol abgerichtet wahren; Diese verwunderten sich des fremden Gastes/ und woher ein so überaus schöner ausehnli- cher Jüngling kähme; Daß er kein gebohrner Grieche wahr/ gab die Zunge an den Tag; Dann ob er zwar die Sprache fertig und ohn Anstoß redete/ nach Art und Renligkeit der Gelehrten/ so dauchte sie doch die Ausrede etwas schärffer seyn als des Landes Art mit sich brachte. Aus seinen Sitten urteileten sie bald/ daß er nicht unter gemeinen Leuten auffer- zogen wahr/ wiewol seine Kleider etwz geringer/ doch ritterlich schienen; eh[r]eten ihn auch daher nicht umb das geringste minder. Valikules stellete sich gegen sie alle gleiche freund- lich; und gewan ihre Herzen/ daß ein jeder mit ihm sprachen/ und der näheste um ihn seyn wolte. Bey der Mahlzeit huben sie eine gelehrte Unterredung an/ massen sie zu Athen etli- che Jahr den freyen Künsten obgelegen wahren/ und brachte einer diese Frage vor: wie es die Vernunfft-Geister (welche sie intelligentias nenneten) anschlügen/ wann sie die grosse Himmels Kugel umtrieben. Bald ließ ein ander hören/ ob drey unterschiedliche/ oder nur eine einzige Seele in des Menschen Leibe währe. Ein ander stieg mit höhern Sachen auf; Worinnen des Menschen höchstes Gut bestünde; Obs in wolzugelassener Seelen Wol- lust; oder in der Ehre; oder in der Wissenschafft und Fertigkeit/ oder Besitz der Tugend; oder aber im Gebrauch der Tugend zu gründen währe; Und hatten sie von solchen Fragen ein weitläufftiges Geplauder; Dieser foderte von seinem Gegener eine gewisse Schluß- rede; Jener brachte sie auff die Bahn/ und ließ sich verlauten/ sie stünde auff allerdinge ge- wissen Füssen/ so daß sie unhintertrieblich währe. Valikules saß und hörete ihrer Zänke- rey geduldig zu/ sahe wol/ daß sie geschikter wahren von der Tugend zu reden/ als nach de- ren Anweisung zu leben; biß endlich der eine ihn in seiner Streitigkeit zum Scheidsman wählete/ und also anfing: Mein Herr/ ich bitte freundlich/ er wolle sich belieben lassen/ unse- re Uneinigkeit durch einen Vernunfft-Machtspruch beyzulegen/ weil mir nicht zweifelt/ er darzu gnugsam gelehret sey. Mein Herr/ antwortete er; hierzu befinde ich mich nicht ge- schikt genug/ massen ich meine Jugend in dergleichen Sachen nicht angewendet/ sondern/ nachdem ich das XVI de Jahr erreichet/ habe ich das Pferd beschritten und die Waffen an- gelegt/ auch darinnen schon zimliche Püffe ausgehalten; jedoch währe mirs sehr leid ge- wesen/ daß ich die Bücher solte unter die Bank geworffen haben/ ob mir gleich viel Hin- derniß vorgefallen ist/ dieselbe nach willen zugebrauchen; Wann nun meine Herrenleiden können/ daß ich als eine Gans unter den Schwanen/ oder wie ein Sperling bey den Ler- chen mit schnattere oder zwitzere/ wil ich/ umb die Zeit zuvertreiben/ ihnen gerne zu willen seyn. Drey vorgebrachte Fragen habe ich/ wo mir recht ist/ angehöret; Vorerst/ auff was weise die Engel sich mit der Himmelskugel geberden/ wann sie dieselbe umzutreiben bemü- het
Anderes Buch. te Herberge zuzeigen/ da er um ſein baares Geld zehren/ und mit zwey Pferden und einemDiener Unterhalt haben koͤnte. Mein Herr/ antwortete dieſer/ ich nehme ſelber gerne gute Leute ein/ wann ich weiß/ aus was Landes Art ſie ſind/ und die mit vorlieb nehmen koͤnnen. Und als Valikules hierauff anzeigete/ daß ſie Roͤmiſch/ und etliche Tage ſich hieſelbſt auff- zuhalten bedacht waͤhren/ ſagete er zu ihnen: So kehren die Herren nur kuͤhnlich bey mir ein/ und nehmen mit andern Gaͤſten vor gut/ da es ihnen beliebet. Fuͤhrete ſie ſelbſt mit ſich in ſein Hauß/ und hieß ſie wilkommen ſeyn. Es wahren zwoͤlff huͤbſche Juͤnglinge alda bey einander/ die in koͤſtlichen Kleidern auffzogen/ und in Hoͤfligkeit wol abgerichtet wahren; Dieſe verwunderten ſich des fremden Gaſtes/ und woher ein ſo uͤberaus ſchoͤner auſehnli- cher Juͤngling kaͤhme; Daß er kein gebohrner Grieche wahr/ gab die Zunge an den Tag; Dann ob er zwar die Sprache fertig und ohn Anſtoß redete/ nach Art und Renligkeit der Gelehrten/ ſo dauchte ſie doch die Ausrede etwas ſchaͤrffer ſeyn als des Landes Art mit ſich brachte. Aus ſeinen Sitten urteileten ſie bald/ daß er nicht unter gemeinen Leuten auffer- zogen wahr/ wiewol ſeine Kleider etwz geringer/ doch ritterlich ſchienen; eh[r]eten ihn auch daher nicht umb das geringſte minder. Valikules ſtellete ſich gegen ſie alle gleiche freund- lich; und gewan ihre Herzen/ daß ein jeder mit ihm ſprachen/ und der naͤheſte um ihn ſeyn wolte. Bey der Mahlzeit huben ſie eine gelehrte Unterredung an/ maſſen ſie zu Athen etli- che Jahr den freyen Kuͤnſten obgelegen wahren/ und brachte einer dieſe Frage vor: wie es die Vernunfft-Geiſter (welche ſie intelligentias nenneten) anſchluͤgen/ wann ſie die groſſe Himmels Kugel umtrieben. Bald ließ ein ander hoͤren/ ob drey unterſchiedliche/ oder nur eine einzige Seele in des Menſchen Leibe waͤhre. Ein ander ſtieg mit hoͤhern Sachen auf; Worinnen des Menſchen hoͤchſtes Gut beſtuͤnde; Obs in wolzugelaſſener Seelen Wol- luſt; oder in der Ehre; oder in der Wiſſenſchafft und Fertigkeit/ oder Beſitz der Tugend; oder aber im Gebrauch der Tugend zu gruͤnden waͤhre; Und hatten ſie von ſolchen Fragen ein weitlaͤufftiges Geplauder; Dieſer foderte von ſeinem Gegener eine gewiſſe Schluß- rede; Jener brachte ſie auff die Bahn/ und ließ ſich verlauten/ ſie ſtuͤnde auff allerdinge ge- wiſſen Fuͤſſen/ ſo daß ſie unhintertrieblich waͤhre. Valikules ſaß und hoͤrete ihrer Zaͤnke- rey geduldig zu/ ſahe wol/ daß ſie geſchikter wahren von der Tugend zu reden/ als nach de- ren Anweiſung zu leben; biß endlich der eine ihn in ſeiner Streitigkeit zum Scheidsman waͤhlete/ und alſo anfing: Mein Herr/ ich bitte freundlich/ er wolle ſich belieben laſſen/ unſe- re Uneinigkeit durch einen Vernunfft-Machtſpruch beyzulegen/ weil mir nicht zweifelt/ er darzu gnugſam gelehret ſey. Mein Herr/ antwortete er; hierzu befinde ich mich nicht ge- ſchikt genug/ maſſen ich meine Jugend in dergleichen Sachen nicht angewendet/ ſondern/ nachdem ich das XVI de Jahr erreichet/ habe ich das Pferd beſchritten und die Waffen an- gelegt/ auch darinnen ſchon zimliche Puͤffe ausgehalten; jedoch waͤhre mirs ſehr leid ge- weſen/ daß ich die Buͤcher ſolte unter die Bank geworffen haben/ ob mir gleich viel Hin- derniß vorgefallen iſt/ dieſelbe nach willen zugebrauchen; Wann nun meine Herrenleiden koͤnnen/ daß ich als eine Gans unter den Schwanen/ oder wie ein Sperling bey den Ler- chen mit ſchnattere oder zwitzere/ wil ich/ umb die Zeit zuvertreiben/ ihnen gerne zu willen ſeyn. Drey vorgebrachte Fragen habe ich/ wo mir recht iſt/ angehoͤret; Vorerſt/ auff was weiſe die Engel ſich mit der Himmelskugel geberden/ wann ſie dieſelbe umzutreiben bemuͤ- het
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Anderes Buch.
te Herberge zuzeigen/ da er um ſein baares Geld zehren/ und mit zwey Pferden und einem
Diener Unterhalt haben koͤnte. Mein Herr/ antwortete dieſer/ ich nehme ſelber gerne gute
Leute ein/ wann ich weiß/ aus was Landes Art ſie ſind/ und die mit vorlieb nehmen koͤnnen.
Und als Valikules hierauff anzeigete/ daß ſie Roͤmiſch/ und etliche Tage ſich hieſelbſt auff-
zuhalten bedacht waͤhren/ ſagete er zu ihnen: So kehren die Herren nur kuͤhnlich bey mir
ein/ und nehmen mit andern Gaͤſten vor gut/ da es ihnen beliebet. Fuͤhrete ſie ſelbſt mit ſich
in ſein Hauß/ und hieß ſie wilkommen ſeyn. Es wahren zwoͤlff huͤbſche Juͤnglinge alda bey
einander/ die in koͤſtlichen Kleidern auffzogen/ und in Hoͤfligkeit wol abgerichtet wahren;
Dieſe verwunderten ſich des fremden Gaſtes/ und woher ein ſo uͤberaus ſchoͤner auſehnli-
cher Juͤngling kaͤhme; Daß er kein gebohrner Grieche wahr/ gab die Zunge an den Tag;
Dann ob er zwar die Sprache fertig und ohn Anſtoß redete/ nach Art und Renligkeit der
Gelehrten/ ſo dauchte ſie doch die Ausrede etwas ſchaͤrffer ſeyn als des Landes Art mit ſich
brachte. Aus ſeinen Sitten urteileten ſie bald/ daß er nicht unter gemeinen Leuten auffer-
zogen wahr/ wiewol ſeine Kleider etwz geringer/ doch ritterlich ſchienen; ehreten ihn auch
daher nicht umb das geringſte minder. Valikules ſtellete ſich gegen ſie alle gleiche freund-
lich; und gewan ihre Herzen/ daß ein jeder mit ihm ſprachen/ und der naͤheſte um ihn ſeyn
wolte. Bey der Mahlzeit huben ſie eine gelehrte Unterredung an/ maſſen ſie zu Athen etli-
che Jahr den freyen Kuͤnſten obgelegen wahren/ und brachte einer dieſe Frage vor: wie es
die Vernunfft-Geiſter (welche ſie intelligentias nenneten) anſchluͤgen/ wann ſie die groſſe
Himmels Kugel umtrieben. Bald ließ ein ander hoͤren/ ob drey unterſchiedliche/ oder nur
eine einzige Seele in des Menſchen Leibe waͤhre. Ein ander ſtieg mit hoͤhern Sachen auf;
Worinnen des Menſchen hoͤchſtes Gut beſtuͤnde; Obs in wolzugelaſſener Seelen Wol-
luſt; oder in der Ehre; oder in der Wiſſenſchafft und Fertigkeit/ oder Beſitz der Tugend;
oder aber im Gebrauch der Tugend zu gruͤnden waͤhre; Und hatten ſie von ſolchen Fragen
ein weitlaͤufftiges Geplauder; Dieſer foderte von ſeinem Gegener eine gewiſſe Schluß-
rede; Jener brachte ſie auff die Bahn/ und ließ ſich verlauten/ ſie ſtuͤnde auff allerdinge ge-
wiſſen Fuͤſſen/ ſo daß ſie unhintertrieblich waͤhre. Valikules ſaß und hoͤrete ihrer Zaͤnke-
rey geduldig zu/ ſahe wol/ daß ſie geſchikter wahren von der Tugend zu reden/ als nach de-
ren Anweiſung zu leben; biß endlich der eine ihn in ſeiner Streitigkeit zum Scheidsman
waͤhlete/ und alſo anfing: Mein Herr/ ich bitte freundlich/ er wolle ſich belieben laſſen/ unſe-
re Uneinigkeit durch einen Vernunfft-Machtſpruch beyzulegen/ weil mir nicht zweifelt/ er
darzu gnugſam gelehret ſey. Mein Herr/ antwortete er; hierzu befinde ich mich nicht ge-
ſchikt genug/ maſſen ich meine Jugend in dergleichen Sachen nicht angewendet/ ſondern/
nachdem ich das XVI de Jahr erreichet/ habe ich das Pferd beſchritten und die Waffen an-
gelegt/ auch darinnen ſchon zimliche Puͤffe ausgehalten; jedoch waͤhre mirs ſehr leid ge-
weſen/ daß ich die Buͤcher ſolte unter die Bank geworffen haben/ ob mir gleich viel Hin-
derniß vorgefallen iſt/ dieſelbe nach willen zugebrauchen; Wann nun meine Herrenleiden
koͤnnen/ daß ich als eine Gans unter den Schwanen/ oder wie ein Sperling bey den Ler-
chen mit ſchnattere oder zwitzere/ wil ich/ umb die Zeit zuvertreiben/ ihnen gerne zu willen
ſeyn. Drey vorgebrachte Fragen habe ich/ wo mir recht iſt/ angehoͤret; Vorerſt/ auff was
weiſe die Engel ſich mit der Himmelskugel geberden/ wann ſie dieſelbe umzutreiben bemuͤ-
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/344>, abgerufen am 14.06.2024. |