Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderes Buch.
Schild/ neben ihren scharffen Pfeilen und Bogen auff die Kammer reichen/ und zohe
nachgehends die angesezte Leiter zu sich hinauff. Die ganze Reise hatte sie Mannskleider
unter ihrem Rok angeleget/ welche sie auch zu Nachtzeit gar selten abzohe. Endlich sahe
ich mit grossem Schrecken/ daß in solchen Manneskleidern sie mit ihren beyden Jungfern
zugleich auff die Gutsche gesetzet und zum Flecken hinaus geführet ward/ nach dem die
Räuber alle unsere Pferde aus den Ställen gezogen/ und mit sich hinweg nahmen. Als
ich nun in meiner Gewarsam merkete/ daß alles stille wahr/ wie sie dann gewaltig hinweg
eileten/ kroch ich hervor/ und hatte mich zimlich verblutet/ wagete mich ins Hauß/ und sa-
he den abscheulichen Anblik der Erschlagenen/ unter denen die unsern mutternacket auß-
gezogen wahren/ welche aber so redlich gefochten hatten/ daß die Räuber etliche siebenzig
in beyden Häusern eingebüsset/ dagegen auch die unsern sämtlich dz Leben zugesetzet hatten.
Zu meinem sonderlichen Glücke wahr ein Pannonischer Knecht in unserm Wirtshause/
mit welchem ich reden kunte/ der zeigete mir an/ daß die Räuber über 100 Mann anfangs
stark/ kaum mit etlichen und zwanzigen wieder abgezogen währen/ zu denen ausserhalb
des Flecken noch XX gestossen/ welche denselben außwendig besetzet gehalten/ hätten den
Einwohnern kein Leid getahn/ noch ihnen einigen Hellerswert entwendet/ und vorgeben/
Sie hätten ihre und des Reichs Feinde zuerschlagen von der Obrigkeit Befehl/ da sie sich
nicht gutwillig ergeben würden; währen sehr betrübet/ wegen des grossen verlustes der
ihrig[e]n/ davon gezogen/ ohn daß über die Gefangene und einen grossen Wetscher/ in dem
viel Gold und etliche Kleider gewesen/ sie sich höchlich erfreuet hätten. Auff mein fleissiges
nachfragen berichtete er mich ferner/ daß wie alle die unsern erschlagen/ währe das Fräu-
lein in Manneskleidern an die Kammertühr getreten/ und mit ihren Pfeilen dermassen
von sich geschossen/ daß fünffe davon niedergefallen und umbkommen/ welche ich auch lie-
gen sahe/ und die Pfeile in ihren Leibern stecken. Die Räuber hierdurch höchlich erzürnet/
hätten eine Leiter angeschlagen/ und zu ihr hinauff klimmen wollen; sie hätte aber dem er-
sten und andern den Weg mit dem Schwerte dergestalt zurük gewiesen/ daß sie Tod hin-
unter gepurzelt/ und sich keiner mehr zu ihr machen dürffen; ja es währe eine solche furcht
unter ihnen entstanden/ da sie die übertrefliche Schönheit dieses vermeyneten Jünglings/
und dessen feur brennende Augen erblicket/ daß der gröste Teil in dem Wahn gestanden/
er währe etwa ein Gott/ biß endlich einer unter ihnen geruffen/ man solte feur herbringen/
und die Kammer anzünden/ dafern er sich nicht ergeben würde; wolte er aber mit seiner
Geselschafft herunter steigen/ solte ihnen sämtlich/ Lebens- und ehren- sicherheit äidlich
versprochen werden. Hierauff währe der trefliche Jüngling in die Kammertühr getre-
ten/ und sie mit herzhafften Worten angeredet; er könte nicht außsinnen/ was Feindselig-
keit man ihm und den seinen angelegt/ und so viel unschuldig Blut vergossen hätte/ da er
doch keine Ursach oder Anlaß darzugegeben/ noch einigen Menschen beleidiget; so währe
er ja kein Feind noch verrähter/ vielweniger ein verurteileter/ sondern ein grosser Herr/
und des Römischen Käysers Anverwanter/ möchten sich demnach wol versichern/ dafern
ihm oder dem bey sich habenden ädlen Frauenzimmer Schimpff angeleget würde/ es an
ihnen sehr schwehr würde gerochen werden. Könte es nun seyn/ daß man ihn mit den sei-
nen nach Padua frey und ungehindert abzihen liesse/ wolte er ihnen hiemit eine hohe An-

zahl

Anderes Buch.
Schild/ neben ihren ſcharffen Pfeilen und Bogen auff die Kammer reichen/ und zohe
nachgehends die angeſezte Leiter zu ſich hinauff. Die ganze Reiſe hatte ſie Mannskleider
unter ihrem Rok angeleget/ welche ſie auch zu Nachtzeit gar ſelten abzohe. Endlich ſahe
ich mit groſſem Schrecken/ daß in ſolchen Manneskleidern ſie mit ihren beyden Jungfeꝛn
zugleich auff die Gutſche geſetzet und zum Flecken hinaus gefuͤhret ward/ nach dem die
Raͤuber alle unſere Pferde aus den Staͤllen gezogen/ und mit ſich hinweg nahmen. Als
ich nun in meiner Gewarſam merkete/ daß alles ſtille wahr/ wie ſie dann gewaltig hinweg
eileten/ kroch ich hervor/ und hatte mich zimlich verblutet/ wagete mich ins Hauß/ und ſa-
he den abſcheulichen Anblik der Erſchlagenen/ unter denen die unſern mutternacket auß-
gezogen wahren/ welche aber ſo redlich gefochten hatten/ daß die Raͤuber etliche ſiebenzig
in beyden Haͤuſern eingebuͤſſet/ dagegen auch die unſern ſaͤmtlich dz Leben zugeſetzet hatten.
Zu meinem ſonderlichen Gluͤcke wahr ein Pannoniſcher Knecht in unſerm Wirtshauſe/
mit welchem ich reden kunte/ der zeigete mir an/ daß die Raͤuber uͤber 100 Mann anfangs
ſtark/ kaum mit etlichen und zwanzigen wieder abgezogen waͤhren/ zu denen auſſerhalb
des Flecken noch XX geſtoſſen/ welche denſelben außwendig beſetzet gehalten/ haͤtten den
Einwohnern kein Leid getahn/ noch ihnen einigen Hellerswert entwendet/ und vorgeben/
Sie haͤtten ihre und des Reichs Feinde zuerſchlagen von der Obrigkeit Befehl/ da ſie ſich
nicht gutwillig ergeben wuͤrden; waͤhren ſehr betruͤbet/ wegen des groſſen verluſtes der
ihrig[e]n/ davon gezogen/ ohn daß uͤber die Gefangene und einen groſſen Wetſcher/ in dem
viel Gold und etliche Kleider geweſen/ ſie ſich hoͤchlich erfreuet haͤtten. Auff mein fleiſſiges
nachfragen berichtete er mich ferner/ daß wie alle die unſern erſchlagen/ waͤhre das Fraͤu-
lein in Manneskleidern an die Kammertuͤhr getreten/ und mit ihren Pfeilen dermaſſen
von ſich geſchoſſen/ daß fuͤnffe davon niedergefallen und umbkommen/ welche ich auch lie-
gen ſahe/ und die Pfeile in ihren Leibern ſtecken. Die Raͤuber hierdurch hoͤchlich erzuͤrnet/
haͤtten eine Leiter angeſchlagen/ und zu ihr hinauff klimmen wollen; ſie haͤtte aber dem er-
ſten und andern den Weg mit dem Schwerte dergeſtalt zuruͤk gewieſen/ daß ſie Tod hin-
unter gepurzelt/ uñ ſich keiner mehr zu ihr machen duͤrffen; ja es waͤhre eine ſolche furcht
unter ihnen entſtanden/ da ſie die uͤbertrefliche Schoͤnheit dieſes vermeyneten Juͤnglings/
und deſſen feur brennende Augen erblicket/ daß der groͤſte Teil in dem Wahn geſtanden/
er waͤhre etwa ein Gott/ biß endlich einer unter ihnen geruffen/ man ſolte feur herbringen/
und die Kammer anzuͤnden/ dafern er ſich nicht ergeben wuͤrde; wolte er aber mit ſeiner
Geſelſchafft herunter ſteigen/ ſolte ihnen ſaͤmtlich/ Lebens- und ehren- ſicherheit aͤidlich
verſprochen werden. Hierauff waͤhre der trefliche Juͤngling in die Kammertuͤhr getre-
ten/ und ſie mit herzhafften Worten angeredet; er koͤnte nicht außſinnen/ was Feindſelig-
keit man ihm und den ſeinen angelegt/ und ſo viel unſchuldig Blut vergoſſen haͤtte/ da er
doch keine Urſach oder Anlaß darzugegeben/ noch einigen Menſchen beleidiget; ſo waͤhre
er ja kein Feind noch verraͤhter/ vielweniger ein verurteileter/ ſondern ein groſſer Herr/
und des Roͤmiſchen Kaͤyſers Anverwanter/ moͤchten ſich demnach wol verſichern/ dafern
ihm oder dem bey ſich habenden aͤdlen Frauenzimmer Schimpff angeleget wuͤrde/ es an
ihnen ſehr ſchwehr wuͤrde gerochen werden. Koͤnte es nun ſeyn/ daß man ihn mit den ſei-
nen nach Padua frey und ungehindert abzihen lieſſe/ wolte er ihnen hiemit eine hohe An-

zahl
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0293" n="255"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderes Buch.</hi></fw><lb/>
Schild/ neben ihren &#x017F;charffen Pfeilen und Bogen auff die Kammer reichen/ und zohe<lb/>
nachgehends die ange&#x017F;ezte Leiter zu &#x017F;ich hinauff. Die ganze Rei&#x017F;e hatte &#x017F;ie Mannskleider<lb/>
unter ihrem Rok angeleget/ welche &#x017F;ie auch zu Nachtzeit gar &#x017F;elten abzohe. Endlich &#x017F;ahe<lb/>
ich mit gro&#x017F;&#x017F;em Schrecken/ daß in &#x017F;olchen Manneskleidern &#x017F;ie mit ihren beyden Jungfe&#xA75B;n<lb/>
zugleich auff die Gut&#x017F;che ge&#x017F;etzet und zum Flecken hinaus gefu&#x0364;hret ward/ nach dem die<lb/>
Ra&#x0364;uber alle un&#x017F;ere Pferde aus den Sta&#x0364;llen gezogen/ und mit &#x017F;ich hinweg nahmen. Als<lb/>
ich nun in meiner Gewar&#x017F;am merkete/ daß alles &#x017F;tille wahr/ wie &#x017F;ie dann gewaltig hinweg<lb/>
eileten/ kroch ich hervor/ und hatte mich zimlich verblutet/ wagete mich ins Hauß/ und &#x017F;a-<lb/>
he den ab&#x017F;cheulichen Anblik der Er&#x017F;chlagenen/ unter denen die un&#x017F;ern mutternacket auß-<lb/>
gezogen wahren/ welche aber &#x017F;o redlich gefochten hatten/ daß die Ra&#x0364;uber etliche &#x017F;iebenzig<lb/>
in beyden Ha&#x0364;u&#x017F;ern eingebu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ dagegen auch die un&#x017F;ern &#x017F;a&#x0364;mtlich dz Leben zuge&#x017F;etzet hatten.<lb/>
Zu meinem &#x017F;onderlichen Glu&#x0364;cke wahr ein Pannoni&#x017F;cher Knecht in un&#x017F;erm Wirtshau&#x017F;e/<lb/>
mit welchem ich reden kunte/ der zeigete mir an/ daß die Ra&#x0364;uber u&#x0364;ber 100 Mann anfangs<lb/>
&#x017F;tark/ kaum mit etlichen und zwanzigen wieder abgezogen wa&#x0364;hren/ zu denen au&#x017F;&#x017F;erhalb<lb/>
des Flecken noch <hi rendition="#aq">XX</hi> ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ welche den&#x017F;elben außwendig be&#x017F;etzet gehalten/ ha&#x0364;tten den<lb/>
Einwohnern kein Leid getahn/ noch ihnen einigen Hellerswert entwendet/ und vorgeben/<lb/>
Sie ha&#x0364;tten ihre und des Reichs Feinde zuer&#x017F;chlagen von der Obrigkeit Befehl/ da &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
nicht gutwillig ergeben wu&#x0364;rden; wa&#x0364;hren &#x017F;ehr betru&#x0364;bet/ wegen des gro&#x017F;&#x017F;en verlu&#x017F;tes der<lb/>
ihrig<supplied>e</supplied>n/ davon gezogen/ ohn daß u&#x0364;ber die Gefangene und einen gro&#x017F;&#x017F;en Wet&#x017F;cher/ in dem<lb/>
viel Gold und etliche Kleider gewe&#x017F;en/ &#x017F;ie &#x017F;ich ho&#x0364;chlich erfreuet ha&#x0364;tten. Auff mein flei&#x017F;&#x017F;iges<lb/>
nachfragen berichtete er mich ferner/ daß wie alle die un&#x017F;ern er&#x017F;chlagen/ wa&#x0364;hre das Fra&#x0364;u-<lb/>
lein in Manneskleidern an die Kammertu&#x0364;hr getreten/ und mit ihren Pfeilen derma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
von &#x017F;ich ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en/ daß fu&#x0364;nffe davon niedergefallen und umbkommen/ welche ich auch lie-<lb/>
gen &#x017F;ahe/ und die Pfeile in ihren Leibern &#x017F;tecken. Die Ra&#x0364;uber hierdurch ho&#x0364;chlich erzu&#x0364;rnet/<lb/>
ha&#x0364;tten eine Leiter ange&#x017F;chlagen/ und zu ihr hinauff klimmen wollen; &#x017F;ie ha&#x0364;tte aber dem er-<lb/>
&#x017F;ten und andern den Weg mit dem Schwerte derge&#x017F;talt zuru&#x0364;k gewie&#x017F;en/ daß &#x017F;ie Tod hin-<lb/>
unter gepurzelt/ un&#x0303; &#x017F;ich keiner mehr zu ihr machen du&#x0364;rffen; ja es wa&#x0364;hre eine &#x017F;olche furcht<lb/>
unter ihnen ent&#x017F;tanden/ da &#x017F;ie die u&#x0364;bertrefliche Scho&#x0364;nheit die&#x017F;es vermeyneten Ju&#x0364;nglings/<lb/>
und de&#x017F;&#x017F;en feur brennende Augen erblicket/ daß der gro&#x0364;&#x017F;te Teil in dem Wahn ge&#x017F;tanden/<lb/>
er wa&#x0364;hre etwa ein Gott/ biß endlich einer unter ihnen geruffen/ man &#x017F;olte feur herbringen/<lb/>
und die Kammer anzu&#x0364;nden/ dafern er &#x017F;ich nicht ergeben wu&#x0364;rde; wolte er aber mit &#x017F;einer<lb/>
Ge&#x017F;el&#x017F;chafft herunter &#x017F;teigen/ &#x017F;olte ihnen &#x017F;a&#x0364;mtlich/ Lebens- und ehren- &#x017F;icherheit a&#x0364;idlich<lb/>
ver&#x017F;prochen werden. Hierauff wa&#x0364;hre der trefliche Ju&#x0364;ngling in die Kammertu&#x0364;hr getre-<lb/>
ten/ und &#x017F;ie mit herzhafften Worten angeredet; er ko&#x0364;nte nicht auß&#x017F;innen/ was Feind&#x017F;elig-<lb/>
keit man ihm und den &#x017F;einen angelegt/ und &#x017F;o viel un&#x017F;chuldig Blut vergo&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte/ da er<lb/>
doch keine Ur&#x017F;ach oder Anlaß darzugegeben/ noch einigen Men&#x017F;chen beleidiget; &#x017F;o wa&#x0364;hre<lb/>
er ja kein Feind noch verra&#x0364;hter/ vielweniger ein verurteileter/ &#x017F;ondern ein gro&#x017F;&#x017F;er Herr/<lb/>
und des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Ka&#x0364;y&#x017F;ers Anverwanter/ mo&#x0364;chten &#x017F;ich demnach wol ver&#x017F;ichern/ dafern<lb/>
ihm oder dem bey &#x017F;ich habenden a&#x0364;dlen Frauenzimmer Schimpff angeleget wu&#x0364;rde/ es an<lb/>
ihnen &#x017F;ehr &#x017F;chwehr wu&#x0364;rde gerochen werden. Ko&#x0364;nte es nun &#x017F;eyn/ daß man ihn mit den &#x017F;ei-<lb/>
nen nach Padua frey und ungehindert abzihen lie&#x017F;&#x017F;e/ wolte er ihnen hiemit eine hohe An-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zahl</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0293] Anderes Buch. Schild/ neben ihren ſcharffen Pfeilen und Bogen auff die Kammer reichen/ und zohe nachgehends die angeſezte Leiter zu ſich hinauff. Die ganze Reiſe hatte ſie Mannskleider unter ihrem Rok angeleget/ welche ſie auch zu Nachtzeit gar ſelten abzohe. Endlich ſahe ich mit groſſem Schrecken/ daß in ſolchen Manneskleidern ſie mit ihren beyden Jungfeꝛn zugleich auff die Gutſche geſetzet und zum Flecken hinaus gefuͤhret ward/ nach dem die Raͤuber alle unſere Pferde aus den Staͤllen gezogen/ und mit ſich hinweg nahmen. Als ich nun in meiner Gewarſam merkete/ daß alles ſtille wahr/ wie ſie dann gewaltig hinweg eileten/ kroch ich hervor/ und hatte mich zimlich verblutet/ wagete mich ins Hauß/ und ſa- he den abſcheulichen Anblik der Erſchlagenen/ unter denen die unſern mutternacket auß- gezogen wahren/ welche aber ſo redlich gefochten hatten/ daß die Raͤuber etliche ſiebenzig in beyden Haͤuſern eingebuͤſſet/ dagegen auch die unſern ſaͤmtlich dz Leben zugeſetzet hatten. Zu meinem ſonderlichen Gluͤcke wahr ein Pannoniſcher Knecht in unſerm Wirtshauſe/ mit welchem ich reden kunte/ der zeigete mir an/ daß die Raͤuber uͤber 100 Mann anfangs ſtark/ kaum mit etlichen und zwanzigen wieder abgezogen waͤhren/ zu denen auſſerhalb des Flecken noch XX geſtoſſen/ welche denſelben außwendig beſetzet gehalten/ haͤtten den Einwohnern kein Leid getahn/ noch ihnen einigen Hellerswert entwendet/ und vorgeben/ Sie haͤtten ihre und des Reichs Feinde zuerſchlagen von der Obrigkeit Befehl/ da ſie ſich nicht gutwillig ergeben wuͤrden; waͤhren ſehr betruͤbet/ wegen des groſſen verluſtes der ihrigen/ davon gezogen/ ohn daß uͤber die Gefangene und einen groſſen Wetſcher/ in dem viel Gold und etliche Kleider geweſen/ ſie ſich hoͤchlich erfreuet haͤtten. Auff mein fleiſſiges nachfragen berichtete er mich ferner/ daß wie alle die unſern erſchlagen/ waͤhre das Fraͤu- lein in Manneskleidern an die Kammertuͤhr getreten/ und mit ihren Pfeilen dermaſſen von ſich geſchoſſen/ daß fuͤnffe davon niedergefallen und umbkommen/ welche ich auch lie- gen ſahe/ und die Pfeile in ihren Leibern ſtecken. Die Raͤuber hierdurch hoͤchlich erzuͤrnet/ haͤtten eine Leiter angeſchlagen/ und zu ihr hinauff klimmen wollen; ſie haͤtte aber dem er- ſten und andern den Weg mit dem Schwerte dergeſtalt zuruͤk gewieſen/ daß ſie Tod hin- unter gepurzelt/ uñ ſich keiner mehr zu ihr machen duͤrffen; ja es waͤhre eine ſolche furcht unter ihnen entſtanden/ da ſie die uͤbertrefliche Schoͤnheit dieſes vermeyneten Juͤnglings/ und deſſen feur brennende Augen erblicket/ daß der groͤſte Teil in dem Wahn geſtanden/ er waͤhre etwa ein Gott/ biß endlich einer unter ihnen geruffen/ man ſolte feur herbringen/ und die Kammer anzuͤnden/ dafern er ſich nicht ergeben wuͤrde; wolte er aber mit ſeiner Geſelſchafft herunter ſteigen/ ſolte ihnen ſaͤmtlich/ Lebens- und ehren- ſicherheit aͤidlich verſprochen werden. Hierauff waͤhre der trefliche Juͤngling in die Kammertuͤhr getre- ten/ und ſie mit herzhafften Worten angeredet; er koͤnte nicht außſinnen/ was Feindſelig- keit man ihm und den ſeinen angelegt/ und ſo viel unſchuldig Blut vergoſſen haͤtte/ da er doch keine Urſach oder Anlaß darzugegeben/ noch einigen Menſchen beleidiget; ſo waͤhre er ja kein Feind noch verraͤhter/ vielweniger ein verurteileter/ ſondern ein groſſer Herr/ und des Roͤmiſchen Kaͤyſers Anverwanter/ moͤchten ſich demnach wol verſichern/ dafern ihm oder dem bey ſich habenden aͤdlen Frauenzimmer Schimpff angeleget wuͤrde/ es an ihnen ſehr ſchwehr wuͤrde gerochen werden. Koͤnte es nun ſeyn/ daß man ihn mit den ſei- nen nach Padua frey und ungehindert abzihen lieſſe/ wolte er ihnen hiemit eine hohe An- zahl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/293
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/293>, abgerufen am 21.12.2024.