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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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fuhr inzwischen in seiner Erzählung fort/ und sagete: Als wir die letzte Tagesreise nach dem
Flecken fortsetzeten/ ging es uns etliche mahl gar selzam: Ihre Gutsche schlug auff ebener
Erde umb/ daß kein Mensch die Ursach solches Unfals ergründen kunte; und ob gleich dz
Fräulein samt den beyden Jungfern aus dem Wagen über und über tummelten/ bekam
doch ihrer keine einigen Schaden. Kaum hatten sie sich mit lachendem Munde wieder
auffgesetzet/ da wolte unsers Führers Pferd nicht aus der Stelle gehen/ und als es recht-
schaffen gestriegelt ward/ geriet es in ein rasen/ daß es mit ihm querfeld einlieff/ und ers
durchaus nicht zwingen kunte; bald darauff erging es uns ingesamt gleich also/ da wir im
Felde so wunderlich durch einander hersprengeten/ als währen wir alle mit einander toll
gewesen/ und währete solches ohngefehr eine gute Viertelstunde/ da liessen sich die Pferde
wieder nach unsern Willen lenken. Das Fräulein ward froh/ da sie sahe/ daß wir wieder-
umb eine richtige Ordnung schlossen/ und fragete uns/ ob wir oder unsere Pferde vom Tol-
kraut gefressen hätten; aber ein Reuter unsers Mittels rieff überlaut: Ihr Brüder/ schie-
ket euch auff eine redliche Abendteur/ die ohn Blut und Wunden nicht abgehen wird. Wir
gedachten ein jeder das seine/ und zogen fort/ biß wir den Flecken erreicheten/ und wie ob-
erwähnet/ uns daselbst einlegeten. Es wahr die ganze Nacht zimlich stille/ ohn dz die Hun-
de ein erschrekliches Geheule trieben/ wobey sich die Eulen weidlich mit hören liessen/ daß
auch etliche an das Kammerfenster geflogen kahmen/ wo dz Frl. schlief/ und war uns trauen
hiebey nit so gar wol/ dz wir auch die ganze Nacht gewaffnet blieben/ und die Schildwachten
außsetzeten/ welche kurz vor Morgens ein Geschrey machten/ der Flecken währe erstiegen/ und
voller Feinde. So bald das Frl. dessen gewahr ward/ rief sie mir/ weil ich auf ihrer Kammer
wachen muste/ und sagete: Geschwinde auff Neklam/ und trage mir diese Wetscher etwa in
einen Kühe- oder Schweinstall/ verbirge sie unter die Streu oder sonst in heimlichen Win-
keln/ und wann sichs ja zutragen solte/ daß alles über und über ginge/ so bemühe dich/ diese
Sachen nach Padua zu bringen. Gnädigstes Fräulein/ antwortete ich/ die Götter werden
uns behüten/ und alle Feindseligkeit von uns abwenden. Nach weniger Zeit höreten wir
ein mächtiges gestürme und brechen an der Haußtühr/ welche endlich mit Gewalt auffge-
treten ward/ unterdessen ich empfangenem Befehl nach/ die Wetscher hinweg trug/ ohn
einen sehr schweren/ den ich wegen des starken gefechtes im Hause/ nicht fortbringen kunte.
Es funden sich zu unserm Unglük nur XIIX unser Geselschafft bey dem Fräulein/ die übri-
gen wahren in der andern Herberge zur nähesten Wand; noch stritten wir mit den Räu-
bern eine gute Stunde/ und erlegten ihrer etliche und zwanzig/ biß ich sahe daß meine Ge-
selschafft fast alle erschlagen/ und die wenige übrige biß auff den Tod verwundet wahren/
empfing auch meine Wunden in diesem Gefechte/ und hatte mich erkläret/ mit meinen
Brüdern ehrlich zusterben/ biß mir endlich der Fräulein Befehl zu Gedächtnis kam/ da
ich aus der Hintertühr in den Hoff sprang/ nach dem Kuhstalle (in welchen ich mein Pferd
und beyde Maul Esel gezogen hatte) mich zu verbergen/ eilete/ und daselbst alles verneh-
men kunte. Unsere Geselschafft in der nähesten Herberge/ währen dem Fräulein gerne
zu hülffe kommen/ wurden aber von den Räubern so warm gehalten/ daß ihnen unmöglich
wahr durch zubrechen/ und hörete ich ein solches gemätsche und Winseln der Sterbenden/
daß mir die Haar zu berge stunden. Das Fräulein lies ihr anfangs ein Schwert und

Schild/

Anderes Buch.
fuhr inzwiſchen in ſeiner Erzaͤhlung fort/ und ſagete: Als wir die letzte Tagesreiſe nach dem
Flecken fortſetzeten/ ging es uns etliche mahl gar ſelzam: Ihre Gutſche ſchlug auff ebener
Erde umb/ daß kein Menſch die Urſach ſolches Unfals ergruͤnden kunte; und ob gleich dz
Fraͤulein ſamt den beyden Jungfern aus dem Wagen uͤber und uͤber tummelten/ bekam
doch ihrer keine einigen Schaden. Kaum hatten ſie ſich mit lachendem Munde wieder
auffgeſetzet/ da wolte unſers Fuͤhrers Pferd nicht aus der Stelle gehen/ und als es recht-
ſchaffen geſtriegelt ward/ geriet es in ein raſen/ daß es mit ihm querfeld einlieff/ und ers
durchaus nicht zwingen kunte; bald darauff erging es uns ingeſamt gleich alſo/ da wir im
Felde ſo wunderlich durch einander herſprengeten/ als waͤhren wir alle mit einander toll
geweſen/ und waͤhrete ſolches ohngefehr eine gute Viertelſtunde/ da lieſſen ſich die Pferde
wieder nach unſern Willen lenken. Das Fraͤulein ward froh/ da ſie ſahe/ daß wir wieder-
umb eine richtige Ordnung ſchloſſen/ und fragete uns/ ob wir oder unſere Pferde vom Tol-
kraut gefreſſen haͤtten; aber ein Reuter unſers Mittels rieff uͤberlaut: Ihr Bruͤder/ ſchie-
ket euch auff eine redliche Abendteur/ die ohn Blut und Wunden nicht abgehen wird. Wiꝛ
gedachten ein jeder das ſeine/ und zogen fort/ biß wir den Flecken erreicheten/ und wie ob-
erwaͤhnet/ uns daſelbſt einlegeten. Es wahr die ganze Nacht zimlich ſtille/ ohn dz die Hun-
de ein erſchrekliches Geheule trieben/ wobey ſich die Eulen weidlich mit hoͤren lieſſen/ daß
auch etliche an das Kam̃erfenſter geflogen kahmen/ wo dz Frl. ſchlief/ und war uns trauen
hiebey nit ſo gar wol/ dz wir auch die ganze Nacht gewaffnet blieben/ uñ die Schildwachtẽ
außſetzeten/ welche kurz vor Morgens ein Geſchrey machtẽ/ der Flecken waͤhre erſtiegen/ uñ
voller Feinde. So bald das Frl. deſſen gewahr ward/ rief ſie mir/ weil ich auf ihrer Kam̃er
wachen muſte/ und ſagete: Geſchwinde auff Neklam/ und trage mir dieſe Wetſcher etwa in
einen Kuͤhe- oder Schweinſtall/ verbirge ſie unter die Streu oder ſonſt in heimlichen Win-
keln/ und wann ſichs ja zutragen ſolte/ daß alles uͤber und uͤber ginge/ ſo bemuͤhe dich/ dieſe
Sachen nach Padua zu bringen. Gnaͤdigſtes Fraͤulein/ antwortete ich/ die Goͤtter werden
uns behuͤten/ und alle Feindſeligkeit von uns abwenden. Nach weniger Zeit hoͤreten wir
ein maͤchtiges geſtuͤrme und brechen an der Haußtuͤhr/ welche endlich mit Gewalt auffge-
treten ward/ unterdeſſen ich empfangenem Befehl nach/ die Wetſcher hinweg trug/ ohn
einen ſehr ſchweren/ den ich wegen des ſtarken gefechtes im Hauſe/ nicht fortbringen kunte.
Es funden ſich zu unſerm Ungluͤk nur XIIX unſer Geſelſchafft bey dem Fraͤulein/ die uͤbri-
gen wahren in der andern Herberge zur naͤheſten Wand; noch ſtritten wir mit den Raͤu-
bern eine gute Stunde/ und erlegten ihrer etliche und zwanzig/ biß ich ſahe daß meine Ge-
ſelſchafft faſt alle erſchlagen/ und die wenige uͤbrige biß auff den Tod verwundet wahren/
empfing auch meine Wunden in dieſem Gefechte/ und hatte mich erklaͤret/ mit meinen
Bruͤdern ehrlich zuſterben/ biß mir endlich der Fraͤulein Befehl zu Gedaͤchtnis kam/ da
ich aus der Hintertuͤhr in den Hoff ſprang/ nach dem Kuhſtalle (in welchẽ ich mein Pferd
und beyde Maul Eſel gezogen hatte) mich zu verbergen/ eilete/ und daſelbſt alles verneh-
men kunte. Unſere Geſelſchafft in der naͤheſten Herberge/ waͤhren dem Fraͤulein gerne
zu huͤlffe kommen/ wurden aber von den Raͤubern ſo warm gehalten/ daß ihnen unmoͤglich
wahr durch zubrechen/ und hoͤrete ich ein ſolches gemaͤtſche und Winſeln der Sterbendẽ/
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[254/0292] Anderes Buch. fuhr inzwiſchen in ſeiner Erzaͤhlung fort/ und ſagete: Als wir die letzte Tagesreiſe nach dem Flecken fortſetzeten/ ging es uns etliche mahl gar ſelzam: Ihre Gutſche ſchlug auff ebener Erde umb/ daß kein Menſch die Urſach ſolches Unfals ergruͤnden kunte; und ob gleich dz Fraͤulein ſamt den beyden Jungfern aus dem Wagen uͤber und uͤber tummelten/ bekam doch ihrer keine einigen Schaden. Kaum hatten ſie ſich mit lachendem Munde wieder auffgeſetzet/ da wolte unſers Fuͤhrers Pferd nicht aus der Stelle gehen/ und als es recht- ſchaffen geſtriegelt ward/ geriet es in ein raſen/ daß es mit ihm querfeld einlieff/ und ers durchaus nicht zwingen kunte; bald darauff erging es uns ingeſamt gleich alſo/ da wir im Felde ſo wunderlich durch einander herſprengeten/ als waͤhren wir alle mit einander toll geweſen/ und waͤhrete ſolches ohngefehr eine gute Viertelſtunde/ da lieſſen ſich die Pferde wieder nach unſern Willen lenken. Das Fraͤulein ward froh/ da ſie ſahe/ daß wir wieder- umb eine richtige Ordnung ſchloſſen/ und fragete uns/ ob wir oder unſere Pferde vom Tol- kraut gefreſſen haͤtten; aber ein Reuter unſers Mittels rieff uͤberlaut: Ihr Bruͤder/ ſchie- ket euch auff eine redliche Abendteur/ die ohn Blut und Wunden nicht abgehen wird. Wiꝛ gedachten ein jeder das ſeine/ und zogen fort/ biß wir den Flecken erreicheten/ und wie ob- erwaͤhnet/ uns daſelbſt einlegeten. Es wahr die ganze Nacht zimlich ſtille/ ohn dz die Hun- de ein erſchrekliches Geheule trieben/ wobey ſich die Eulen weidlich mit hoͤren lieſſen/ daß auch etliche an das Kam̃erfenſter geflogen kahmen/ wo dz Frl. ſchlief/ und war uns trauen hiebey nit ſo gar wol/ dz wir auch die ganze Nacht gewaffnet blieben/ uñ die Schildwachtẽ außſetzeten/ welche kurz vor Morgens ein Geſchrey machtẽ/ der Flecken waͤhre erſtiegen/ uñ voller Feinde. So bald das Frl. deſſen gewahr ward/ rief ſie mir/ weil ich auf ihrer Kam̃er wachen muſte/ und ſagete: Geſchwinde auff Neklam/ und trage mir dieſe Wetſcher etwa in einen Kuͤhe- oder Schweinſtall/ verbirge ſie unter die Streu oder ſonſt in heimlichen Win- keln/ und wann ſichs ja zutragen ſolte/ daß alles uͤber und uͤber ginge/ ſo bemuͤhe dich/ dieſe Sachen nach Padua zu bringen. Gnaͤdigſtes Fraͤulein/ antwortete ich/ die Goͤtter werden uns behuͤten/ und alle Feindſeligkeit von uns abwenden. Nach weniger Zeit hoͤreten wir ein maͤchtiges geſtuͤrme und brechen an der Haußtuͤhr/ welche endlich mit Gewalt auffge- treten ward/ unterdeſſen ich empfangenem Befehl nach/ die Wetſcher hinweg trug/ ohn einen ſehr ſchweren/ den ich wegen des ſtarken gefechtes im Hauſe/ nicht fortbringen kunte. Es funden ſich zu unſerm Ungluͤk nur XIIX unſer Geſelſchafft bey dem Fraͤulein/ die uͤbri- gen wahren in der andern Herberge zur naͤheſten Wand; noch ſtritten wir mit den Raͤu- bern eine gute Stunde/ und erlegten ihrer etliche und zwanzig/ biß ich ſahe daß meine Ge- ſelſchafft faſt alle erſchlagen/ und die wenige uͤbrige biß auff den Tod verwundet wahren/ empfing auch meine Wunden in dieſem Gefechte/ und hatte mich erklaͤret/ mit meinen Bruͤdern ehrlich zuſterben/ biß mir endlich der Fraͤulein Befehl zu Gedaͤchtnis kam/ da ich aus der Hintertuͤhr in den Hoff ſprang/ nach dem Kuhſtalle (in welchẽ ich mein Pferd und beyde Maul Eſel gezogen hatte) mich zu verbergen/ eilete/ und daſelbſt alles verneh- men kunte. Unſere Geſelſchafft in der naͤheſten Herberge/ waͤhren dem Fraͤulein gerne zu huͤlffe kommen/ wurden aber von den Raͤubern ſo warm gehalten/ daß ihnen unmoͤglich wahr durch zubrechen/ und hoͤrete ich ein ſolches gemaͤtſche und Winſeln der Sterbendẽ/ daß mir die Haar zu berge ſtunden. Das Fraͤulein lies ihr anfangs ein Schwert und Schild/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/292>, abgerufen am 21.12.2024.