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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
Dann hätte der erste Mensch nicht gesündiget/ sondern an Gottes Gebot sich fest gehalten/
würde er nimmermehr in den Tod gerahten seyn/ sondern so lange in dieser jrdischen Welt
gelebet haben/ biß ihn Gott nach seinem gnädigen Willen in die Ewigkeit auffgenommen
hätte. Ist demnach die Unsterbligkeit den Menschen von dem leidigen Teufel durch die
Sünde geraubet und der Tod beygebracht. Doch hat man dieses mit Plinius als einem
Heyden nicht zu streiten/ als welchem diese geoffenbahrete Glaubenslehre/ von des ersten
Menschen anerschaffener Unsterbligkeit unbekant ist. Aber auch/ wann der Mensch den
Vorsatz und Willen nimt/ sich selbst zuermorden/ das rühret trauen nicht her von GOtt/
sondern von des Teuffels eingeben/ als der von Anfang ein Mörder ist. GOtt setzet ja
in seinen heiligen zehen Gebohten/ hat es auch den Menschen ins Herz gepflanzet/
Du solt nicht tödten; so wenig dich selbst als einen andern. Wie solte dann Gott den Men-
schen das heissen oder eingeben/ was Er ihm so ernstlich verbohten hat? Kan die Obrig-
keit ihren Untertahnen auch wol gebieten/ wieder die Gesetze zu sündigen/ welche sie durch-
aus wil gehalten haben? was haben wir dann vor Ursach/ dem allergerechtesten und hei-
ligsten Gott mehr Ungerechtigkeit und Sünde/ als den Menschen anzutichten? Nun
währe es aber Sünde/ wann Gott dem Menschen gäbe was Sünde ist. Aber O nein!
kein witziger Mensch wird Gott einiger Sünde zeihen. Andere vernünfftige Heyden haben
viel heiligere Gedanken von Gott geführet: Plato spricht in seinem Buche von den Gesetzen:
Gott sey eine Ursach alles guten/ und keines bösen. Aristoteles spricht im neunden Buch Meta-
phys:
Bey dem ewigen Wesen ist weder böses/ noch Verderbung/ noch Sünde; Und in seinem sie-
benden Sitten Buche an Nikomachus schreibet er: Gleich wie dem unvernünfftigen Vieh
kein Laster beywohnet/ also auch Gotte nicht. Ja sprichstu; Es hat aber Plinius nach Stoi-
scher Meynung die ansich selbst-Handanlegung vor eine Helden Tugend gehalten/ und da-
her Gott keiner Sünde geziehen/ oder daß er an der Sünde Wolgefallen hätte. Antwort:
Er hat aber daran sehr geirret/ welches er aus anderer Heyden Schrifften/ insonderheit
des Aristoteles herlichen Sittenbuche erlernen sollen/ da er im fünfften Buche schreibet:
Die Gesetze verbieten/ daß jemand sich selbst tödte; dann spricht er; Daß Gemeine Beste werde da-
durch beleidiget/ und werde demnach ein solcher nach seinem Tode billig durch Schmach gezeichnet/
und vor Ehrloß gehalten. Zum wenigsten hätte Plinius von diesem schändlichen Irtuhm
durch die abscheuliche Folge/ so dannenhero entstehet/ sich sollen abschrecken lassen; dann
ist/ sich-selbst-entleiben-können/ eine Krafft/ ein sonderliches Vermögen/ und ein gutes
Ding/ und zwar ein solches/ welches Gott dem Menschen verlihen/ und ers doch selber
nicht hat; je so wird ja folgen müssen 1 das Gott dem Menschen einige Krafft gegeben/
die er selber nicht hat; und also 2 Gott den Menschen mächtiger gemacht habe/ als er sel-
ber ist/ zum wenigsten in diesem Stücke. Worzu 3 noch dieses kömt/ daß des Menschen
Glükseligkeit auch wol in seinem Verderben/ in seinem tode und Untergange bestehen kan.
Wer hat solche unbesonnene Tohrheiten von einem vernünfftigen Menschen je gehöret?
Noch dannoch fähret er fort/ Gottes Allmacht aus einem andern faulen Grunde anzu-
fechten/ nehmlich das er die Sterblichen mit der Ewigkeit nicht begaben könne. Diesen eiteln
Wahn zu hintertreiben/ ist zu merken/ daß die Ewigkeit auff zweyerley Art verstanden wer-
de. Erstlich heisset Ewig; daß ohn Anfang gewesen ist/ und ohn auffhören bleiben wird.

Hernach;

Erſtes Buch.
Dann haͤtte der erſte Menſch nicht geſuͤndiget/ ſondern an Gottes Gebot ſich feſt gehaltẽ/
wuͤrde er nimmermehr in den Tod gerahten ſeyn/ ſondern ſo lange in dieſer jrdiſchen Welt
gelebet haben/ biß ihn Gott nach ſeinem gnaͤdigen Willen in die Ewigkeit auffgenommen
haͤtte. Iſt demnach die Unſterbligkeit den Menſchen von dem leidigen Teufel durch die
Suͤnde geraubet und der Tod beygebracht. Doch hat man dieſes mit Plinius als einem
Heyden nicht zu ſtreiten/ als welchem dieſe geoffenbahrete Glaubenslehre/ von des erſten
Menſchen anerſchaffener Unſterbligkeit unbekant iſt. Aber auch/ wann der Menſch den
Vorſatz und Willen nimt/ ſich ſelbſt zuermorden/ das ruͤhret trauen nicht her von GOtt/
ſondern von des Teuffels eingeben/ als der von Anfang ein Moͤrder iſt. GOtt ſetzet ja
in ſeinen heiligen zehen Gebohten/ hat es auch den Menſchen ins Herz gepflanzet/
Du ſolt nicht toͤdten; ſo wenig dich ſelbſt als einen andern. Wie ſolte dann Gott den Men-
ſchen das heiſſen oder eingeben/ was Er ihm ſo ernſtlich verbohten hat? Kan die Obrig-
keit ihren Untertahnen auch wol gebieten/ wieder die Geſetze zu ſuͤndigen/ welche ſie durch-
aus wil gehalten haben? was haben wir dann vor Urſach/ dem allergerechteſten und hei-
ligſten Gott mehr Ungerechtigkeit und Suͤnde/ als den Menſchen anzutichten? Nun
waͤhre es aber Suͤnde/ wann Gott dem Menſchen gaͤbe was Suͤnde iſt. Aber O nein!
kein witziger Menſch wird Gott einiger Suͤnde zeihen. Andere vernuͤnfftige Heyden haben
viel heiligere Gedankẽ von Gott gefuͤhret: Plato ſpricht in ſeinem Buche von den Geſetzẽ:
Gott ſey eine Urſach alles guten/ und keines boͤſen. Ariſtoteles ſpricht im neunden Buch Meta-
phyſ:
Bey dem ewigen Weſen iſt weder boͤſes/ noch Verderbung/ noch Suͤnde; Und in ſeinem ſie-
benden Sitten Buche an Nikomachus ſchreibet er: Gleich wie dem unvernuͤnfftigen Vieh
kein Laſter beywohnet/ alſo auch Gotte nicht. Ja ſprichſtu; Es hat aber Plinius nach Stoi-
ſcher Meynung die anſich ſelbſt-Handanlegung vor eine Helden Tugend gehalten/ und da-
her Gott keiner Suͤnde geziehen/ oder daß er an der Suͤnde Wolgefallen haͤtte. Antwort:
Er hat aber daran ſehr geirret/ welches er aus anderer Heyden Schrifften/ inſonderheit
des Ariſtoteles herlichen Sittenbuche erlernen ſollen/ da er im fuͤnfften Buche ſchreibet:
Die Geſetze verbieten/ daß jemand ſich ſelbſt toͤdte; dann ſpricht er; Daß Gemeine Beſte werde da-
durch beleidiget/ und werde demnach ein ſolcher nach ſeinem Tode billig durch Schmach gezeichnet/
und vor Ehrloß gehalten. Zum wenigſten haͤtte Plinius von dieſem ſchaͤndlichen Irtuhm
durch die abſcheuliche Folge/ ſo dannenhero entſtehet/ ſich ſollen abſchrecken laſſen; dann
iſt/ ſich-ſelbſt-entleiben-koͤnnen/ eine Krafft/ ein ſonderliches Vermoͤgen/ und ein gutes
Ding/ und zwar ein ſolches/ welches Gott dem Menſchen verlihen/ und ers doch ſelber
nicht hat; je ſo wird ja folgen muͤſſen 1 das Gott dem Menſchen einige Krafft gegeben/
die er ſelber nicht hat; und alſo 2 Gott den Menſchen maͤchtiger gemacht habe/ als er ſel-
ber iſt/ zum wenigſten in dieſem Stuͤcke. Worzu 3 noch dieſes koͤmt/ daß des Menſchen
Gluͤkſeligkeit auch wol in ſeinem Verderben/ in ſeinem tode und Untergange beſtehen kan.
Wer hat ſolche unbeſonnene Tohrheiten von einem vernuͤnfftigen Menſchen je gehoͤret?
Noch dannoch faͤhret er fort/ Gottes Allmacht aus einem andern faulen Grunde anzu-
fechten/ nehmlich das er die Sterblichen mit der Ewigkeit nicht begaben koͤnne. Dieſen eiteln
Wahn zu hintertreiben/ iſt zu merken/ daß die Ewigkeit auff zweyerley Art verſtanden wer-
de. Erſtlich heiſſet Ewig; daß ohn Anfang geweſen iſt/ und ohn auffhoͤren bleiben wird.

Hernach;
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[118/0156] Erſtes Buch. Dann haͤtte der erſte Menſch nicht geſuͤndiget/ ſondern an Gottes Gebot ſich feſt gehaltẽ/ wuͤrde er nimmermehr in den Tod gerahten ſeyn/ ſondern ſo lange in dieſer jrdiſchen Welt gelebet haben/ biß ihn Gott nach ſeinem gnaͤdigen Willen in die Ewigkeit auffgenommen haͤtte. Iſt demnach die Unſterbligkeit den Menſchen von dem leidigen Teufel durch die Suͤnde geraubet und der Tod beygebracht. Doch hat man dieſes mit Plinius als einem Heyden nicht zu ſtreiten/ als welchem dieſe geoffenbahrete Glaubenslehre/ von des erſten Menſchen anerſchaffener Unſterbligkeit unbekant iſt. Aber auch/ wann der Menſch den Vorſatz und Willen nimt/ ſich ſelbſt zuermorden/ das ruͤhret trauen nicht her von GOtt/ ſondern von des Teuffels eingeben/ als der von Anfang ein Moͤrder iſt. GOtt ſetzet ja in ſeinen heiligen zehen Gebohten/ hat es auch den Menſchen ins Herz gepflanzet/ Du ſolt nicht toͤdten; ſo wenig dich ſelbſt als einen andern. Wie ſolte dann Gott den Men- ſchen das heiſſen oder eingeben/ was Er ihm ſo ernſtlich verbohten hat? Kan die Obrig- keit ihren Untertahnen auch wol gebieten/ wieder die Geſetze zu ſuͤndigen/ welche ſie durch- aus wil gehalten haben? was haben wir dann vor Urſach/ dem allergerechteſten und hei- ligſten Gott mehr Ungerechtigkeit und Suͤnde/ als den Menſchen anzutichten? Nun waͤhre es aber Suͤnde/ wann Gott dem Menſchen gaͤbe was Suͤnde iſt. Aber O nein! kein witziger Menſch wird Gott einiger Suͤnde zeihen. Andere vernuͤnfftige Heyden haben viel heiligere Gedankẽ von Gott gefuͤhret: Plato ſpricht in ſeinem Buche von den Geſetzẽ: Gott ſey eine Urſach alles guten/ und keines boͤſen. Ariſtoteles ſpricht im neunden Buch Meta- phyſ: Bey dem ewigen Weſen iſt weder boͤſes/ noch Verderbung/ noch Suͤnde; Und in ſeinem ſie- benden Sitten Buche an Nikomachus ſchreibet er: Gleich wie dem unvernuͤnfftigen Vieh kein Laſter beywohnet/ alſo auch Gotte nicht. Ja ſprichſtu; Es hat aber Plinius nach Stoi- ſcher Meynung die anſich ſelbſt-Handanlegung vor eine Helden Tugend gehalten/ und da- her Gott keiner Suͤnde geziehen/ oder daß er an der Suͤnde Wolgefallen haͤtte. Antwort: Er hat aber daran ſehr geirret/ welches er aus anderer Heyden Schrifften/ inſonderheit des Ariſtoteles herlichen Sittenbuche erlernen ſollen/ da er im fuͤnfften Buche ſchreibet: Die Geſetze verbieten/ daß jemand ſich ſelbſt toͤdte; dann ſpricht er; Daß Gemeine Beſte werde da- durch beleidiget/ und werde demnach ein ſolcher nach ſeinem Tode billig durch Schmach gezeichnet/ und vor Ehrloß gehalten. Zum wenigſten haͤtte Plinius von dieſem ſchaͤndlichen Irtuhm durch die abſcheuliche Folge/ ſo dannenhero entſtehet/ ſich ſollen abſchrecken laſſen; dann iſt/ ſich-ſelbſt-entleiben-koͤnnen/ eine Krafft/ ein ſonderliches Vermoͤgen/ und ein gutes Ding/ und zwar ein ſolches/ welches Gott dem Menſchen verlihen/ und ers doch ſelber nicht hat; je ſo wird ja folgen muͤſſen 1 das Gott dem Menſchen einige Krafft gegeben/ die er ſelber nicht hat; und alſo 2 Gott den Menſchen maͤchtiger gemacht habe/ als er ſel- ber iſt/ zum wenigſten in dieſem Stuͤcke. Worzu 3 noch dieſes koͤmt/ daß des Menſchen Gluͤkſeligkeit auch wol in ſeinem Verderben/ in ſeinem tode und Untergange beſtehen kan. Wer hat ſolche unbeſonnene Tohrheiten von einem vernuͤnfftigen Menſchen je gehoͤret? Noch dannoch faͤhret er fort/ Gottes Allmacht aus einem andern faulen Grunde anzu- fechten/ nehmlich das er die Sterblichen mit der Ewigkeit nicht begaben koͤnne. Dieſen eiteln Wahn zu hintertreiben/ iſt zu merken/ daß die Ewigkeit auff zweyerley Art verſtanden wer- de. Erſtlich heiſſet Ewig; daß ohn Anfang geweſen iſt/ und ohn auffhoͤren bleiben wird. Hernach;

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/156>, abgerufen am 03.10.2024.