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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
meinem Arzney Buche/ dessen ihr mir zudanken hättet. Ach nein/ antwortete sie; Unmög-
ligkeit ist viel zuschwer; eure Arzneykunst mit allen ihren Kräutern und Wurzeln reichet
noch lange nicht so weit. Es kan seyn/ sagte jene/ daß mein Vermögen geringe ist/ aber der
Wille sol mir nimmer mangeln/ euch zu dienen; und wann ihr mirs nicht vor übel hieltet/
wolte ich euer Gebrechen noch wol errahten. So müstet ihr/ antwortete diese/ sehr gescheid
seyn/ wann ihr wissen köntet/ was ich meinem Herzen selbst nicht offenbahren darff. Da-
her erkenne ichs desto leichter/ sagte Frl. Sophia; und höret nur die rechte reine War-
heit; ihr liebet/ ja ihr liebet was vortreffliches. Ja sagte jene/ den Himmel liebe ich/ oder
vielmehr den allerschönsten Stern des Himmels/ die mit aller klar- und Volkommenheit
angefüllete Sonne; diese behte ich in meinem Herzen an/ und verehre sie mit unablässi-
gem Seuffzen. Ach nein/ antwortete diese; es ist die Sonne nicht; es ist ein vortrefflicher
mit aller Tugend und Schönheit hochbegabter Ritter; der hat euer Herz eingenommen/
mit den Strahlen seiner Volkommenheit mit dem Schein seiner unvergleichlichen Strah-
len. Wie entsetzet ihr euch so/ herzliebe Schwester? was wil die Verenderung eurer Far-
be? habe ich euch am rechten Orte getroffen/ so leugnet mirs nicht/ daß ich Raht schaffe;
wonicht/ so verzeihet meinem wolgemeinten Irthum. O weit weit gefehlet/ herzliebe
Schwester/ antwortete sie; Mannes Liebe hat bißher mein Herz wol müssen unbelästiget
lassen/ an welcher ich mir nichts anmuhtiges einbilden kan. Nein o nein du gifftige Tod-
seuche/ dich wil ich gerne meiden; und was solte mir Mannes Joch? O die Freiheit die
Freiheit ist der Knechtschafft weit weit vorzuzihen; jezt lebe ich meines gefallens; jezt ste-
he ich auff und lege mich nieder/ wie und wann ich wil. Solte ich mich binden lassen/ da
mir aller Wille vergönnet ist? diesen Unsin wird mir kein Mensch beybringen; Frl. So-
phia mag immerhin sich unter das Joch zwingen lassen; Helena wil ihr eigen Herr seyn
und bleiben. Verschonet mich deßwegen herzen Schwester mit dieser Aufflage/ und ver-
sichert euch/ daß Helena viel witziger ist/ als daß sie muhtwillig ins Feuer lauffen/ oder sich
ins Meer stürzen wolte. O Schwester Schwester/ sagte Sophia hierauff; wie kan doch
das Herz der Zungen solchen Muhtwillen übersehen/ daß sie wieder Wissen und Gewissen
reden darff? bedenket/ bitte ich/ wie offt ich und andere an euch dieses Laster gestraffet/ daß
ihr stets widrige Gedanken und reden führet. Meine Last wil ich mit der Götter Hülffe
noch wol tragen/ könte auch vielleicht helffen/ daß eure Seele eben so wol befriediget wür-
de; aber wer seine Krankheit halßstarrig verhehlet/ dem kan nimmermehr geholffen wer-
den. Sie wolte mit dieser Verweißrede fortfahren/ ward aber von Ladisla zum Tanze aus-
gefodert/ nach dessen endigung sie ihm anzeigete/ wie verliebet Frl. Helena sich gegen Her-
kules befünde/ und es gleichwol aus Scham nicht gestehen dürffte; dessen er nicht wenig
betrübt ward/ und sie nach kurzem Bedenken fleissig baht/ ihr diese Gedanken zubenehmen/
dann es wüde zu keiner Wirkung gelangen/ massen ein wichtiges (er verstund aber sein
Christentuhm) im wege läge/ welches solche Heyraht nicht zulassen würde. Worauff sie
auch ihr Vorh aben enderte/ und doch groß Mitleyden mit dem Fräulein hatte. Als nun
die Zeit zur Ruhe verhanden wahr/ wurden die neuen Eheleute zu Bette geführet/ da La-
disla den mehrenteil der Nacht mit seinem Fräulein in freundlichem Gespräch zubrachte/
biß sie gegen den Morgen einschlieffen. Umb sieben Uhr/ da die Sonne ihre helle Strahlen

auff

Erſtes Buch.
meinem Arzney Buche/ deſſen ihr mir zudanken haͤttet. Ach nein/ antwortete ſie; Unmoͤg-
ligkeit iſt viel zuſchwer; eure Arzneykunſt mit allen ihren Kraͤutern und Wurzeln reichet
noch lange nicht ſo weit. Es kan ſeyn/ ſagte jene/ daß mein Vermoͤgen geringe iſt/ aber der
Wille ſol mir nimmer mangeln/ euch zu dienen; und wann ihr mirs nicht vor uͤbel hieltet/
wolte ich euer Gebrechẽ noch wol errahten. So muͤſtet ihr/ antwortete dieſe/ ſehr geſcheid
ſeyn/ wann ihr wiſſen koͤntet/ was ich meinem Herzen ſelbſt nicht offenbahren darff. Da-
her erkenne ichs deſto leichter/ ſagte Frl. Sophia; und hoͤret nur die rechte reine War-
heit; ihr liebet/ ja ihr liebet was vortreffliches. Ja ſagte jene/ den Himmel liebe ich/ oder
vielmehr den allerſchoͤnſten Stern des Himmels/ die mit aller klar- und Volkommenheit
angefuͤllete Sonne; dieſe behte ich in meinem Herzen an/ und verehre ſie mit unablaͤſſi-
gem Seuffzen. Ach nein/ antwortete dieſe; es iſt die Sonne nicht; es iſt ein vortrefflicher
mit aller Tugend und Schoͤnheit hochbegabter Ritter; der hat euer Herz eingenommen/
mit den Strahlen ſeiner Volkom̃enheit mit dem Schein ſeiner unvergleichlichen Strah-
len. Wie entſetzet ihr euch ſo/ herzliebe Schweſter? was wil die Verenderung eurer Far-
be? habe ich euch am rechten Orte getroffen/ ſo leugnet mirs nicht/ daß ich Raht ſchaffe;
wonicht/ ſo verzeihet meinem wolgemeinten Irthum. O weit weit gefehlet/ herzliebe
Schweſter/ antwortete ſie; Mannes Liebe hat bißher mein Herz wol muͤſſen unbelaͤſtiget
laſſen/ an welcher ich mir nichts anmuhtiges einbilden kan. Nein o nein du gifftige Tod-
ſeuche/ dich wil ich gerne meiden; und was ſolte mir Mannes Joch? O die Freiheit die
Freiheit iſt der Knechtſchafft weit weit vorzuzihen; jezt lebe ich meines gefallens; jezt ſte-
he ich auff und lege mich nieder/ wie und wann ich wil. Solte ich mich binden laſſen/ da
mir aller Wille vergoͤnnet iſt? dieſen Unſin wird mir kein Menſch beybringen; Frl. So-
phia mag immerhin ſich unter das Joch zwingen laſſen; Helena wil ihr eigen Herr ſeyn
und bleiben. Verſchonet mich deßwegen herzen Schweſter mit dieſer Aufflage/ und ver-
ſichert euch/ daß Helena viel witziger iſt/ als daß ſie muhtwillig ins Feuer lauffen/ oder ſich
ins Meer ſtuͤrzen wolte. O Schweſter Schweſter/ ſagte Sophia hierauff; wie kan doch
das Herz der Zungen ſolchen Muhtwillen uͤberſehen/ daß ſie wieder Wiſſen und Gewiſſen
reden darff? bedenket/ bitte ich/ wie offt ich und andere an euch dieſes Laſter geſtraffet/ daß
ihr ſtets widrige Gedanken und reden fuͤhret. Meine Laſt wil ich mit der Goͤtter Huͤlffe
noch wol tragen/ koͤnte auch vielleicht helffen/ daß eure Seele eben ſo wol befriediget wuͤr-
de; aber wer ſeine Krankheit halßſtarrig verhehlet/ dem kan nimmermehr geholffen wer-
den. Sie wolte mit dieſer Verweißrede fortfahren/ ward aber von Ladiſla zum Tanze auſ-
gefodert/ nach deſſen endigung ſie ihm anzeigete/ wie verliebet Frl. Helena ſich gegen Her-
kules befuͤnde/ und es gleichwol aus Scham nicht geſtehen duͤrffte; deſſen er nicht wenig
betruͤbt ward/ und ſie nach kurzem Bedenken fleiſſig baht/ ihr dieſe Gedanken zubenehmen/
dann es wuͤde zu keiner Wirkung gelangen/ maſſen ein wichtiges (er verſtund aber ſein
Chriſtentuhm) im wege laͤge/ welches ſolche Heyraht nicht zulaſſen wuͤrde. Worauff ſie
auch ihr Vorh aben enderte/ und doch groß Mitleyden mit dem Fraͤulein hatte. Als nun
die Zeit zur Ruhe verhanden wahr/ wurden die neuen Eheleute zu Bette gefuͤhret/ da La-
diſla den mehrenteil der Nacht mit ſeinem Fraͤulein in freundlichem Geſpraͤch zubrachte/
biß ſie gegen den Morgen einſchlieffen. Umb ſieben Uhr/ da die Sonne ihre helle Strahlen

auff
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[112/0150] Erſtes Buch. meinem Arzney Buche/ deſſen ihr mir zudanken haͤttet. Ach nein/ antwortete ſie; Unmoͤg- ligkeit iſt viel zuſchwer; eure Arzneykunſt mit allen ihren Kraͤutern und Wurzeln reichet noch lange nicht ſo weit. Es kan ſeyn/ ſagte jene/ daß mein Vermoͤgen geringe iſt/ aber der Wille ſol mir nimmer mangeln/ euch zu dienen; und wann ihr mirs nicht vor uͤbel hieltet/ wolte ich euer Gebrechẽ noch wol errahten. So muͤſtet ihr/ antwortete dieſe/ ſehr geſcheid ſeyn/ wann ihr wiſſen koͤntet/ was ich meinem Herzen ſelbſt nicht offenbahren darff. Da- her erkenne ichs deſto leichter/ ſagte Frl. Sophia; und hoͤret nur die rechte reine War- heit; ihr liebet/ ja ihr liebet was vortreffliches. Ja ſagte jene/ den Himmel liebe ich/ oder vielmehr den allerſchoͤnſten Stern des Himmels/ die mit aller klar- und Volkommenheit angefuͤllete Sonne; dieſe behte ich in meinem Herzen an/ und verehre ſie mit unablaͤſſi- gem Seuffzen. Ach nein/ antwortete dieſe; es iſt die Sonne nicht; es iſt ein vortrefflicher mit aller Tugend und Schoͤnheit hochbegabter Ritter; der hat euer Herz eingenommen/ mit den Strahlen ſeiner Volkom̃enheit mit dem Schein ſeiner unvergleichlichen Strah- len. Wie entſetzet ihr euch ſo/ herzliebe Schweſter? was wil die Verenderung eurer Far- be? habe ich euch am rechten Orte getroffen/ ſo leugnet mirs nicht/ daß ich Raht ſchaffe; wonicht/ ſo verzeihet meinem wolgemeinten Irthum. O weit weit gefehlet/ herzliebe Schweſter/ antwortete ſie; Mannes Liebe hat bißher mein Herz wol muͤſſen unbelaͤſtiget laſſen/ an welcher ich mir nichts anmuhtiges einbilden kan. Nein o nein du gifftige Tod- ſeuche/ dich wil ich gerne meiden; und was ſolte mir Mannes Joch? O die Freiheit die Freiheit iſt der Knechtſchafft weit weit vorzuzihen; jezt lebe ich meines gefallens; jezt ſte- he ich auff und lege mich nieder/ wie und wann ich wil. Solte ich mich binden laſſen/ da mir aller Wille vergoͤnnet iſt? dieſen Unſin wird mir kein Menſch beybringen; Frl. So- phia mag immerhin ſich unter das Joch zwingen laſſen; Helena wil ihr eigen Herr ſeyn und bleiben. Verſchonet mich deßwegen herzen Schweſter mit dieſer Aufflage/ und ver- ſichert euch/ daß Helena viel witziger iſt/ als daß ſie muhtwillig ins Feuer lauffen/ oder ſich ins Meer ſtuͤrzen wolte. O Schweſter Schweſter/ ſagte Sophia hierauff; wie kan doch das Herz der Zungen ſolchen Muhtwillen uͤberſehen/ daß ſie wieder Wiſſen und Gewiſſen reden darff? bedenket/ bitte ich/ wie offt ich und andere an euch dieſes Laſter geſtraffet/ daß ihr ſtets widrige Gedanken und reden fuͤhret. Meine Laſt wil ich mit der Goͤtter Huͤlffe noch wol tragen/ koͤnte auch vielleicht helffen/ daß eure Seele eben ſo wol befriediget wuͤr- de; aber wer ſeine Krankheit halßſtarrig verhehlet/ dem kan nimmermehr geholffen wer- den. Sie wolte mit dieſer Verweißrede fortfahren/ ward aber von Ladiſla zum Tanze auſ- gefodert/ nach deſſen endigung ſie ihm anzeigete/ wie verliebet Frl. Helena ſich gegen Her- kules befuͤnde/ und es gleichwol aus Scham nicht geſtehen duͤrffte; deſſen er nicht wenig betruͤbt ward/ und ſie nach kurzem Bedenken fleiſſig baht/ ihr dieſe Gedanken zubenehmen/ dann es wuͤde zu keiner Wirkung gelangen/ maſſen ein wichtiges (er verſtund aber ſein Chriſtentuhm) im wege laͤge/ welches ſolche Heyraht nicht zulaſſen wuͤrde. Worauff ſie auch ihr Vorh aben enderte/ und doch groß Mitleyden mit dem Fraͤulein hatte. Als nun die Zeit zur Ruhe verhanden wahr/ wurden die neuen Eheleute zu Bette gefuͤhret/ da La- diſla den mehrenteil der Nacht mit ſeinem Fraͤulein in freundlichem Geſpraͤch zubrachte/ biß ſie gegen den Morgen einſchlieffen. Umb ſieben Uhr/ da die Sonne ihre helle Strahlen auff

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/150>, abgerufen am 30.12.2024.