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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
rernam/ daß er selbst köstliche Salbe mit von Rom gebracht/ und sie damit verbunden/ auch
keine Schmerzen noch einige Hinderniß daher empfünde/ baht sie umb Verzeihung ihres
nöhtigen Abscheidens/ und brachte ihrem Vater die Antwort; welcher zu ihr sagte: Nun
den Göttern sey Dank/ daß du dergestalt versorget bist/ wiewol ich lieber sehen möchte/ daß
er eines Königes Bruder/ als ein herschender König währe. Befahl hierauff/ daß Mut-
ter/ Sohn und Tochter auff ein Gemach gehen/ und was sie auch vernehmen würden/ von
dannen nit weichen solten/ biß er sie würde fodern lassen; dem sie auch gehorsamlich nach-
kahmen. Er verfügete sich darauf nach einem andern/ von diesem weit abgelegenen Zimmer/
in welchem nichts als die vier Wände/ und oben in der Höhe/ kleine vergitterte Fenster
zu sehen wahren. Auff dieses lies er Ladisla zu sich fodern/ welcher willig erschien/ fand den
Stathalter in tieffen Gedanken gehen/ und in der Hand zwey grosse Schreiben halten mit
dem Käyserlichen Pitschafft. Auff seine Befragung/ was der Herr Stathalter so tieff
nachsinnete/ bekam er zur Antwort: Es währen ihm von seinem allergnädigsten Käyser
Alexander/ etliche Schreiben/ unterschiedliches Inhalts zukommen/ welches er teils ger-
ne/ teils mit höchster Wiederwertigkeit verrichtete/ weil er fürchtete/ es möchte grosse
Unruhe verursachen. O mein Herr/ taht er hinzu/ es ist höchlich zubeklagen/ daß mein al-
lergnädigster Käyser nicht nach seinem Willen schaffen darff/ sondernofftmahl sich von
andern gezwungen muß beherschen und nötigen lassen. Er hatte diese Worte kaum gere-
det/ da erhub sich ein grosses Getümmel auff der Gassen/ und im Plaze des Hoffes/ auch
zugleich ein Geschrey; es hielten sich Römische Feinde in der Stat auff/ welche gegriffen/
und nach Rom zu gebührlicher Straffe solten hingeführet werden. Sie höreten dieses
eigendlich/ aber der Stathalter nam sich dessen gar nicht an/ sondern baht Ladisla umb
verzeihung wegen eines geringen Abtrittes/ daß er vernehmen möchte/ auß was Ursachen
sie bey ihrem Vorhaben so unbendig schriehen; ging hiemit von ihm/ und zog die eiserne
Thür nach sich zu. Nun hörete Ladisla das Geruffe sich stets vermehren/ auch endlich ei-
nen mit harter Stimme sagen; suchet fleissig ihr redlichen Soldaten/ daß wir den an-
dern Schelmen und verrähterischen Bösewicht auch fahen mögen; der eine ist schon auff
dem Bette in seiner ertichteten Krankheit ergriffen/ und solsein Geselle allhie vor einer
Viertelstunde auch gesehen seyn/ daher er ohn zweiffel dieses Orts sich muß verborgen
halten. Hierüber erschrak er so hefftig/ daß ihm das Geblüt zum Herzen lieff: Römische
Feinde? sagte er bey sich selbst; Römische Feinde? und derselben zween? vielleicht bin ich
und Herkules verrahten/ daß man uns wegen der Verstellung vor Feinde oder Kund-
schaffter hält; ja vielleicht ist mein Herkules wol schon gefangen. Lieff hiemit zur Thür/
zu sehen/ wie es seinem Freunde ginge; aber er fand dieselbe so fest versperret/ daß ihm un-
möglich wahr/ sie zu öffnen. Jezt gedachte er/ der Stathalter hätte ihn in diese Gefängnis
gelocket/ daß er ihn den Außspehern lieffern möchte/ und fiel ihm ein/ wie beschweret er sich
befunden/ dem Käyserl. Befehl nachzukommen. Bald hörete er einen zum andern mahl
ruffen; und dauchte ihn des Stathalters Stimme seyn; man solte nur fleissig suchen/ als-
dann würde sich der Verrähter schon finden/ weil sein Geselle selbst Anzeige getahn/ daß er
noch auff dem Hofe seyn müste. Hierauff schlug er allen Zweifel auß/ und machete ihm die
unfehlbare Rechnung/ er und kein ander würde gesuchet; und wie er etwas jachzornig

wahr/
N ij

Erſtes Buch.
rernam/ daß er ſelbſt koͤſtliche Salbe mit von Rom gebracht/ uñ ſie damit verbunden/ auch
keine Schmerzen noch einige Hinderniß daher empfuͤnde/ baht ſie umb Verzeihung ihres
noͤhtigen Abſcheidens/ und brachte ihrem Vater die Antwort; welcher zu ihr ſagte: Nun
den Goͤttern ſey Dank/ daß du dergeſtalt verſorget biſt/ wiewol ich lieber ſehen moͤchte/ daß
er eines Koͤniges Bruder/ als ein herſchender Koͤnig waͤhre. Befahl hierauff/ daß Mut-
ter/ Sohn und Tochter auff ein Gemach gehen/ und was ſie auch vernehmen wuͤrden/ von
dannen nit weichen ſolten/ biß er ſie wuͤrde fodern laſſen; dem ſie auch gehorſamlich nach-
kahmẽ. Er verfuͤgete ſich darauf nach einem andern/ von dieſem weit abgelegenẽ Zim̃er/
in welchem nichts als die vier Waͤnde/ und oben in der Hoͤhe/ kleine vergitterte Fenſter
zu ſehen wahren. Auff dieſes lies er Ladiſla zu ſich fodern/ welcher willig erſchien/ fand den
Stathalter in tieffen Gedanken gehen/ und in der Hand zwey groſſe Schreiben halten mit
dem Kaͤyſerlichen Pitſchafft. Auff ſeine Befragung/ was der Herr Stathalter ſo tieff
nachſinnete/ bekam er zur Antwort: Es waͤhren ihm von ſeinem allergnaͤdigſten Kaͤyſer
Alexander/ etliche Schreiben/ unterſchiedliches Inhalts zukommen/ welches er teils ger-
ne/ teils mit hoͤchſter Wiederwertigkeit verrichtete/ weil er fuͤrchtete/ es moͤchte groſſe
Unruhe verurſachen. O mein Herr/ taht er hinzu/ es iſt hoͤchlich zubeklagen/ daß mein al-
lergnaͤdigſter Kaͤyſer nicht nach ſeinem Willen ſchaffen darff/ ſondernofftmahl ſich von
andern gezwungen muß beherſchen und noͤtigen laſſen. Er hatte dieſe Worte kaum gere-
det/ da erhub ſich ein groſſes Getuͤmmel auff der Gaſſen/ und im Plaze des Hoffes/ auch
zugleich ein Geſchrey; es hielten ſich Roͤmiſche Feinde in der Stat auff/ welche gegriffen/
und nach Rom zu gebuͤhrlicher Straffe ſolten hingefuͤhret werden. Sie hoͤreten dieſes
eigendlich/ aber der Stathalter nam ſich deſſen gar nicht an/ ſondern baht Ladiſla umb
verzeihung wegen eines geringen Abtrittes/ daß er vernehmen moͤchte/ auß was Urſachen
ſie bey ihrem Vorhaben ſo unbendig ſchriehen; ging hiemit von ihm/ und zog die eiſerne
Thuͤr nach ſich zu. Nun hoͤrete Ladiſla das Geruffe ſich ſtets vermehren/ auch endlich ei-
nen mit harter Stimme ſagen; ſuchet fleiſſig ihr redlichen Soldaten/ daß wir den an-
dern Schelmen und verraͤhteriſchen Boͤſewicht auch fahen moͤgen; der eine iſt ſchon auff
dem Bette in ſeiner ertichteten Krankheit ergriffen/ und ſolſein Geſelle allhie vor einer
Viertelſtunde auch geſehen ſeyn/ daher er ohn zweiffel dieſes Orts ſich muß verborgen
halten. Hieruͤber erſchrak er ſo hefftig/ daß ihm das Gebluͤt zum Herzen lieff: Roͤmiſche
Feinde? ſagte er bey ſich ſelbſt; Roͤmiſche Feinde? und derſelben zween? vielleicht bin ich
und Herkules verrahten/ daß man uns wegen der Verſtellung vor Feinde oder Kund-
ſchaffter haͤlt; ja vielleicht iſt mein Herkules wol ſchon gefangen. Lieff hiemit zur Thuͤr/
zu ſehen/ wie es ſeinem Freunde ginge; aber er fand dieſelbe ſo feſt verſperret/ daß ihm un-
moͤglich wahr/ ſie zu oͤffnen. Jezt gedachte er/ der Stathalter haͤtte ihn in dieſe Gefaͤngnis
gelocket/ daß er ihn den Außſpehern lieffern moͤchte/ und fiel ihm ein/ wie beſchweret er ſich
befunden/ dem Kaͤyſerl. Befehl nachzukommen. Bald hoͤrete er einen zum andern mahl
ruffen; und dauchte ihn des Stathalters Stimme ſeyn; man ſolte nur fleiſſig ſuchen/ als-
dann wuͤrde ſich der Verraͤhter ſchon finden/ weil ſein Geſelle ſelbſt Anzeige getahn/ daß er
noch auff dem Hofe ſeyn muͤſte. Hierauff ſchlug er allen Zweifel auß/ und machete ihm die
unfehlbare Rechnung/ er und kein ander wuͤrde geſuchet; und wie er etwas jachzornig

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[99/0137] Erſtes Buch. rernam/ daß er ſelbſt koͤſtliche Salbe mit von Rom gebracht/ uñ ſie damit verbunden/ auch keine Schmerzen noch einige Hinderniß daher empfuͤnde/ baht ſie umb Verzeihung ihres noͤhtigen Abſcheidens/ und brachte ihrem Vater die Antwort; welcher zu ihr ſagte: Nun den Goͤttern ſey Dank/ daß du dergeſtalt verſorget biſt/ wiewol ich lieber ſehen moͤchte/ daß er eines Koͤniges Bruder/ als ein herſchender Koͤnig waͤhre. Befahl hierauff/ daß Mut- ter/ Sohn und Tochter auff ein Gemach gehen/ und was ſie auch vernehmen wuͤrden/ von dannen nit weichen ſolten/ biß er ſie wuͤrde fodern laſſen; dem ſie auch gehorſamlich nach- kahmẽ. Er verfuͤgete ſich darauf nach einem andern/ von dieſem weit abgelegenẽ Zim̃er/ in welchem nichts als die vier Waͤnde/ und oben in der Hoͤhe/ kleine vergitterte Fenſter zu ſehen wahren. Auff dieſes lies er Ladiſla zu ſich fodern/ welcher willig erſchien/ fand den Stathalter in tieffen Gedanken gehen/ und in der Hand zwey groſſe Schreiben halten mit dem Kaͤyſerlichen Pitſchafft. Auff ſeine Befragung/ was der Herr Stathalter ſo tieff nachſinnete/ bekam er zur Antwort: Es waͤhren ihm von ſeinem allergnaͤdigſten Kaͤyſer Alexander/ etliche Schreiben/ unterſchiedliches Inhalts zukommen/ welches er teils ger- ne/ teils mit hoͤchſter Wiederwertigkeit verrichtete/ weil er fuͤrchtete/ es moͤchte groſſe Unruhe verurſachen. O mein Herr/ taht er hinzu/ es iſt hoͤchlich zubeklagen/ daß mein al- lergnaͤdigſter Kaͤyſer nicht nach ſeinem Willen ſchaffen darff/ ſondernofftmahl ſich von andern gezwungen muß beherſchen und noͤtigen laſſen. Er hatte dieſe Worte kaum gere- det/ da erhub ſich ein groſſes Getuͤmmel auff der Gaſſen/ und im Plaze des Hoffes/ auch zugleich ein Geſchrey; es hielten ſich Roͤmiſche Feinde in der Stat auff/ welche gegriffen/ und nach Rom zu gebuͤhrlicher Straffe ſolten hingefuͤhret werden. Sie hoͤreten dieſes eigendlich/ aber der Stathalter nam ſich deſſen gar nicht an/ ſondern baht Ladiſla umb verzeihung wegen eines geringen Abtrittes/ daß er vernehmen moͤchte/ auß was Urſachen ſie bey ihrem Vorhaben ſo unbendig ſchriehen; ging hiemit von ihm/ und zog die eiſerne Thuͤr nach ſich zu. Nun hoͤrete Ladiſla das Geruffe ſich ſtets vermehren/ auch endlich ei- nen mit harter Stimme ſagen; ſuchet fleiſſig ihr redlichen Soldaten/ daß wir den an- dern Schelmen und verraͤhteriſchen Boͤſewicht auch fahen moͤgen; der eine iſt ſchon auff dem Bette in ſeiner ertichteten Krankheit ergriffen/ und ſolſein Geſelle allhie vor einer Viertelſtunde auch geſehen ſeyn/ daher er ohn zweiffel dieſes Orts ſich muß verborgen halten. Hieruͤber erſchrak er ſo hefftig/ daß ihm das Gebluͤt zum Herzen lieff: Roͤmiſche Feinde? ſagte er bey ſich ſelbſt; Roͤmiſche Feinde? und derſelben zween? vielleicht bin ich und Herkules verrahten/ daß man uns wegen der Verſtellung vor Feinde oder Kund- ſchaffter haͤlt; ja vielleicht iſt mein Herkules wol ſchon gefangen. Lieff hiemit zur Thuͤr/ zu ſehen/ wie es ſeinem Freunde ginge; aber er fand dieſelbe ſo feſt verſperret/ daß ihm un- moͤglich wahr/ ſie zu oͤffnen. Jezt gedachte er/ der Stathalter haͤtte ihn in dieſe Gefaͤngnis gelocket/ daß er ihn den Außſpehern lieffern moͤchte/ und fiel ihm ein/ wie beſchweret er ſich befunden/ dem Kaͤyſerl. Befehl nachzukommen. Bald hoͤrete er einen zum andern mahl ruffen; und dauchte ihn des Stathalters Stimme ſeyn; man ſolte nur fleiſſig ſuchen/ als- dann wuͤrde ſich der Verraͤhter ſchon finden/ weil ſein Geſelle ſelbſt Anzeige getahn/ daß er noch auff dem Hofe ſeyn muͤſte. Hierauff ſchlug er allen Zweifel auß/ und machete ihm die unfehlbare Rechnung/ er und kein ander wuͤrde geſuchet; und wie er etwas jachzornig wahr/ N ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/137>, abgerufen am 21.12.2024.