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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
brüchigen Gewogenheit und Träue anzumelden/ welches mein Bruder mir nicht ab-
schlagen wird/ und wähle mir hiemit einen schleunigen Tod/ aber von dessen Händen/ der
mir das Leben gegeben hat. Hierauff rieff sie den Himmel an/ er möchte ihrer Seele die
Geselschafft der seligen nicht mißgönnen. Der Vater lies sie gar außreden/ und sagte her-
nach: So wählestu dir den Tod? hastu dann etwa verredet/ ehelich zu werden? dieses
nicht Herr Vater/ antwortete sie. Wie kanstu dann/ fragete er/ dir den Tod schlechter
Dinge wählen/ ehe und bevor du vernimst/ welchen ich dir außersehen habe; jedoch/ da-
mit ich weder dich noch mich länger auffhalte/ sondern die Volstreckung/ wie ich geschwo-
ren ehistes leiste/ wil ich dir den Bräutigam zuvor nahmhafft machen/ dem du diesen A-
bend hättest sollen beygelegt werden/ wie wol ich anfangs nicht bedacht wahr/ dir ihn wis-
sen zu lassen/ welcher gleichwol/ so bald du wegen deines Ungehorsams abgetahn bist/ den
gebührlichen Brautschaz/ und nach meinem Tode die helffte aller meiner Güter heben sol;
dieser nun/ gib acht/ ist eben der/ welcher gestern und heut deiner ehren verfechter gewesen/
Herr Ladisla; trat hiemit nach der Wand/ nam ein Schwert in die Hand/ und stellete sich/
als wolte er ohn Wortsprechen ihr das Häupt herunter schlagen. Das Fräulein/ ihres
Vaters letzten Worte hörend/ fiel vor freuden in Ohmacht/ und lag gestrektauff ihrem An-
gesicht. Der Sohn trat zwischen den Vater und die Schwester/ und sagete: Herr Va-
ter/ ist euch mit meiner Schwester Blute dann so wol gedienet/ wann es durch eure selbst
eigene Hand auff die Erde geschüttet wird/ so vermischet das meine mit dem ihren/ ob eure
Vergnügung hie durch könte vermehret werden; dann ich verschwöre dessen Vaters le-
bendiger Sohn länger zu seyn/ der eine so gehorsame Tochter tödten wil/ und mir viel un-
gehorsamern das Leben lässet; ists aber möglich/ daß meine kindliche Bitte mag angenom-
men werden/ so verzeihet doch mir und ihr diesen fehler/ dessen ursach ich die blosse Unwis-
senheit halte/ weil ich nicht zweifele/ sie werde nunmehr sich dem fchuldigen Gehorsam nit
entbrechen. Der Vater legte das Schwert von sich/ und sagete: So merke ich wol/ daß du
umb ihre Heimligkeit mit weissest/ und hast mir solches verschweigen können? Herr Va-
ter/ antwortete er; ich beruffe mich auch die Götter/ daß ich ausser ungewisser Muhtmas-
sung nicht das allergeringste habe/ wie vielleicht mein Herr Vater auch nicht/ daher ich
wol entschuldiget seyn werde. Das Fräulein lag noch in tieffer Ohmacht/ aber ihr Bru-
der rüttelte sie/ daß sie wieder Lufft bekam/ richtete sich gemehlich auff/ und stritte Schahm
und freude dergestalt in ihrem Herzen/ daß ihr Wiz und Vernunfft/ ja alle Gedanken ste-
hen blieben; endlich/ da der Bruder sie der Dankbarkeit erinnerte/ fiel sie dem Vater mit
unzähligen Küssen und Trähnen umb den Halß/ und fing also an: O mein herzgeliebter
Herr und Vater/ jezt komme ich zur Erkäntniß/ wie hoch ich mich versündiget/ indem ohn
euer Vorwissen ich mir einen zum Bräutigam belieben lassen; ich schwöre aber bey den
himlischen Göttern/ daß weder Vermässenheit noch leichtfertige Bewägungen/ sondern
bloß die vermeynte Schuld der Dankbarkeit mich darzu verleitet hat/ und zwar zu keiner
weiteren Verheissung/ als biß auff das väterliche bewilligen; auff welche Verwegerung
zwar Herrn Ladisla zu meiden/ aber auch keinen andern nimmermehr anzunehmen/ ich mich
bey der Götter Ungnade verlobet habe; Dieses ist meine begangene Sünde/ die hernähst
mit allem kindlichen Gehorsam zu ersetzen/ mich befleissigen wil. Ich könte zwar Herrn

Ladislaen
N

Erſtes Buch.
bruͤchigen Gewogenheit und Traͤue anzumelden/ welches mein Bruder mir nicht ab-
ſchlagen wird/ und waͤhle mir hiemit einen ſchleunigen Tod/ aber von deſſen Haͤnden/ der
mir das Leben gegeben hat. Hierauff rieff ſie den Himmel an/ er moͤchte ihrer Seele die
Geſelſchafft der ſeligen nicht mißgoͤnnen. Der Vater lies ſie gar außreden/ und ſagte her-
nach: So waͤhleſtu dir den Tod? haſtu dann etwa verredet/ ehelich zu werden? dieſes
nicht Herr Vater/ antwortete ſie. Wie kanſtu dann/ fragete er/ dir den Tod ſchlechter
Dinge waͤhlen/ ehe und bevor du vernimſt/ welchen ich dir außerſehen habe; jedoch/ da-
mit ich weder dich noch mich laͤnger auffhalte/ ſondern die Volſtreckung/ wie ich geſchwo-
ren ehiſtes leiſte/ wil ich dir den Braͤutigam zuvor nahmhafft machen/ dem du dieſen A-
bend haͤtteſt ſollen beygelegt werden/ wie wol ich anfangs nicht bedacht wahr/ dir ihn wiſ-
ſen zu laſſen/ welcher gleichwol/ ſo bald du wegen deines Ungehorſams abgetahn biſt/ den
gebuͤhrlichen Brautſchaz/ und nach meinem Tode die helffte aller meiner Guͤter heben ſol;
dieſer nun/ gib acht/ iſt eben der/ welcher geſtern und heut deiner ehren verfechter geweſen/
Herr Ladiſla; trat hiemit nach der Wand/ nam ein Schwert in die Hand/ und ſtellete ſich/
als wolte er ohn Wortſprechen ihr das Haͤupt herunter ſchlagen. Das Fraͤulein/ ihres
Vaters letzten Worte hoͤrend/ fiel vor freuden in Ohmacht/ und lag geſtrektauff ihrem An-
geſicht. Der Sohn trat zwiſchen den Vater und die Schweſter/ und ſagete: Herr Va-
ter/ iſt euch mit meiner Schweſter Blute dann ſo wol gedienet/ wann es durch eure ſelbſt
eigene Hand auff die Erde geſchuͤttet wird/ ſo vermiſchet das meine mit dem ihren/ ob eure
Vergnuͤgung hie durch koͤnte vermehret werden; dann ich verſchwoͤre deſſen Vaters le-
bendiger Sohn laͤnger zu ſeyn/ der eine ſo gehorſame Tochter toͤdten wil/ und mir viel un-
gehorſamern das Leben laͤſſet; iſts aber moͤglich/ daß meine kindliche Bitte mag angenom-
men werden/ ſo verzeihet doch mir und ihr dieſen fehler/ deſſen urſach ich die bloſſe Unwiſ-
ſenheit halte/ weil ich nicht zweifele/ ſie werde nunmehr ſich dem fchuldigen Gehorſam nit
entbrechen. Der Vater legte das Schwert von ſich/ und ſagete: So merke ich wol/ daß du
umb ihre Heimligkeit mit weiſſeſt/ und haſt mir ſolches verſchweigen koͤnnen? Herr Va-
ter/ antwortete er; ich beruffe mich auch die Goͤtter/ daß ich auſſer ungewiſſer Muhtmaſ-
ſung nicht das allergeringſte habe/ wie vielleicht mein Herr Vater auch nicht/ daher ich
wol entſchuldiget ſeyn werde. Das Fraͤulein lag noch in tieffer Ohmacht/ aber ihr Bru-
der ruͤttelte ſie/ daß ſie wieder Lufft bekam/ richtete ſich gemehlich auff/ und ſtritte Schahm
und freude dergeſtalt in ihrem Herzen/ daß ihr Wiz und Vernunfft/ ja alle Gedanken ſte-
hen blieben; endlich/ da der Bruder ſie der Dankbarkeit erinnerte/ fiel ſie dem Vater mit
unzaͤhligen Kuͤſſen und Traͤhnen umb den Halß/ und fing alſo an: O mein herzgeliebter
Herr und Vater/ jezt komme ich zur Erkaͤntniß/ wie hoch ich mich verſuͤndiget/ indem ohn
euer Vorwiſſen ich mir einen zum Braͤutigam belieben laſſen; ich ſchwoͤre aber bey den
himliſchen Goͤttern/ daß weder Vermaͤſſenheit noch leichtfertige Bewaͤgungen/ ſondern
bloß die vermeynte Schuld der Dankbarkeit mich darzu verleitet hat/ und zwar zu keiner
weiteren Verheiſſung/ als biß auff das vaͤterliche bewilligen; auff welche Verwegerung
zwar Herrn Ladiſla zu meiden/ aber auch keinen andern nim̃ermehr anzunehmen/ ich mich
bey der Goͤtter Ungnade verlobet habe; Dieſes iſt meine begangene Suͤnde/ die hernaͤhſt
mit allem kindlichen Gehorſam zu erſetzen/ mich befleiſſigen wil. Ich koͤnte zwar Herrn

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/135>, abgerufen am 21.12.2024.