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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
fahl er den Göttern die Schickung/ weil ihm sein Herz sagete/ es würde viel anders als
nach seinen Gedanken gehen/ ließ die Tochter bey der Mutter/ und ging hin Herkules zu
besuchen. So bald er hinweg wahr/ baht das Fräule in ihre Mutter mit heissen Trähnen/
dem Vater diesen Vorsaz auß dem Sinne zu bringen/ massen sie viel lieber den allergrau-
samsten Tod und alle Pein gedultig angehen/ als diesem filzigen Lügener sich ergeben/ oder
ihm ihr Herz zuwenden wolte. Die Mutter aber gab zur Antwort: Sie wüste nicht viel
gutes Rahts; Ladisla und sie müsten ein gutes Herz und unbewäglichen vorsaz ergreiffen/
daß Fulvius Einbildung den Krebsgang gewünne/ und wann es ja auffs äusserste kom-
men solte/ möchte sie versuchen/ mit Ladisla heimlich davon zuzihen; welches sie vorbrach-
te/ umb zuerforschen/ wie weit sie sich mit ihm eingelassen hätte. Und zwar hiedurch ward
das gute Fräulein gefangen; dann sie fiel der Mutter umb den Halß/ herzete und küssete
sie/ und baht/ in solcher Gewogenheit fortzufahren; daher die Mutter spürete/ dz der Brey
schon versalzen/ und das abmahnen viel zu späte währe; hieß sie deßwegen gutes muhts
seyn/ und daß es alles noch gut werden könte; nur müste sie ihre heutige Lehre in acht neh-
men/ den ohn das argwöhnischen Fulvius zum Widerwillen anzuspornen; würde dann
hiedurch Ladisla mit ins Spiel kommen/ daß es zum Streit geriete/ welches sie doch un-
gerne wolte/ müste er trauen sein bestes wissen/ nachdem sie kein ander Mittel sähe/ und ihr
Vater vor sein Häupt/ wegen getahner Zusage nicht anders könte/ als seiner Ehre durch
die Leistung ein Genügen tuhn. Ey so wollen wir die Sache der himlischen Versehung be-
fehlen/ sagte das Fräulein nach deren Schluß muß es doch den Außschlag nehmen/ wir
sinnen und tichten was wir wollen und können; setzete sich nider/ ließ von der Mutter ihr
die Haar etwas zierlicher auffbinden/ und redete von den hohen Tugenden der beyden
Helden/ mit diesem Schluß/ daß sie sich vor die glükseligste schätzen würde/ wann sie mit
derer einem solte vermählet werden. Ladisla hatte sich zu seinem Herkules verfüget/ zei-
gete ihm Fulvius ansuchen an/ und dz allem ansehen nach er ihn mit dem Schwerte wür-
de abweisen müssen; welches er ihm hefftig wiederriet; er solte der Vernunfft gebrauchen/
und durch morden und todschlagen ein Gemahl zu erwerben sich nicht unterfangen; Es
währe wider die Erbarkeit/ welches Gott nicht gut heissen/ viel weniger Glük und Segen
darzu verleihen könte/ in sonderheit/ wo Fulvius mit ihr schon solte versprochen seyn. La-
disla taht ihm der Fräulein Widerwillen zu wissen/ und daß sie diesem ihr Herz zuzuwen-
den nie währe bedacht gewesen/ noch ihres Vaters Vorhaben gewust hätte. Worauff
ihm Herkules antworten wolte/ sahe aber den Stathalter zur Tühr hinein treten/ und ga-
ben diesem Gespräch Anstand/ weil ohn das derselbe sie erinnerte/ daß des Arztes wolmei-
nung müste in Obacht genommen/ und H. Herkules in der Ruhe gelassen werden. Also
muste nur sein Leibknabe bey ihm bleiben/ da im hingehen der Stathalter zu Ladisla sage-
te: es tuht mir sehr leid/ mein Herr/ dz sein Freund meiner Tochter wegen in diese schwacheit
gerahten ist; iedoch hoffe ich zu den Göttern/ es werde sich mit ihm bald zur Besserung
schicken; bitte unter dessen fleissig/ sie wollen bey mir sich aller Freyheit gebrauchen/ als
ob sie bey den ihren daheim währen. Und weil mir heut ein fremder Gast von Rom/ Herr
Fulvius zusprechen wird/ ich aber wegen einer Unpäßligkeit/ und daß wegen eines ent-
standenen Eckels vor der Fleischspeise/ der Mahlzeit nicht beywohnen kan/ wolle mein Herr

neben
L

Erſtes Buch.
fahl er den Goͤttern die Schickung/ weil ihm ſein Herz ſagete/ es wuͤrde viel anders als
nach ſeinen Gedanken gehen/ ließ die Tochter bey der Mutter/ und ging hin Herkules zu
beſuchen. So bald er hinweg wahr/ baht das Fraͤule in ihre Mutter mit heiſſen Traͤhnen/
dem Vater dieſen Vorſaz auß dem Sinne zu bringen/ maſſen ſie viel lieber den allergrau-
ſamſten Tod und alle Pein gedultig angehen/ als dieſem filzigen Luͤgener ſich ergeben/ oder
ihm ihr Herz zuwenden wolte. Die Mutter aber gab zur Antwort: Sie wuͤſte nicht viel
gutes Rahts; Ladiſla und ſie muͤſten ein gutes Herz uñ unbewaͤglichen vorſaz ergreiffen/
daß Fulvius Einbildung den Krebsgang gewuͤnne/ und wann es ja auffs aͤuſſerſte kom-
men ſolte/ moͤchte ſie verſuchen/ mit Ladiſla heimlich davon zuzihen; welches ſie vorbrach-
te/ umb zuerforſchen/ wie weit ſie ſich mit ihm eingelaſſen haͤtte. Und zwar hiedurch ward
das gute Fraͤulein gefangen; dann ſie fiel der Mutter umb den Halß/ herzete und kuͤſſete
ſie/ und baht/ in ſolcher Gewogenheit fortzufahren; daher die Mutter ſpuͤrete/ dz der Brey
ſchon verſalzen/ und das abmahnen viel zu ſpaͤte waͤhre; hieß ſie deßwegen gutes muhts
ſeyn/ und daß es alles noch gut werden koͤnte; nur muͤſte ſie ihre heutige Lehre in acht neh-
men/ den ohn das argwoͤhniſchen Fulvius zum Widerwillen anzuſpornen; wuͤrde dann
hiedurch Ladiſla mit ins Spiel kommen/ daß es zum Streit geriete/ welches ſie doch un-
gerne wolte/ muͤſte er trauen ſein beſtes wiſſen/ nachdem ſie kein ander Mittel ſaͤhe/ und ihr
Vater vor ſein Haͤupt/ wegen getahner Zuſage nicht anders koͤnte/ als ſeiner Ehre durch
die Leiſtung ein Genuͤgen tuhn. Ey ſo wollen wir die Sache der himliſchen Verſehung be-
fehlen/ ſagte das Fraͤulein nach deren Schluß muß es doch den Außſchlag nehmen/ wir
ſinnen und tichten was wir wollen und koͤnnen; ſetzete ſich nider/ ließ von der Mutter ihr
die Haar etwas zierlicher auffbinden/ und redete von den hohen Tugenden der beyden
Helden/ mit dieſem Schluß/ daß ſie ſich vor die gluͤkſeligſte ſchaͤtzen wuͤrde/ wann ſie mit
derer einem ſolte vermaͤhlet werden. Ladiſla hatte ſich zu ſeinem Herkules verfuͤget/ zei-
gete ihm Fulvius anſuchen an/ und dz allem anſehen nach er ihn mit dem Schwerte wuͤr-
de abweiſen muͤſſen; welches er ihm hefftig wiederriet; er ſolte der Vernunfft gebrauchẽ/
und durch morden und todſchlagen ein Gemahl zu erwerben ſich nicht unterfangen; Es
waͤhre wider die Erbarkeit/ welches Gott nicht gut heiſſen/ viel weniger Gluͤk und Segen
darzu verleihen koͤnte/ in ſonderheit/ wo Fulvius mit ihr ſchon ſolte verſprochen ſeyn. La-
diſla taht ihm der Fraͤulein Widerwillen zu wiſſen/ und daß ſie dieſem ihr Herz zuzuwen-
den nie waͤhre bedacht geweſen/ noch ihres Vaters Vorhaben gewuſt haͤtte. Worauff
ihm Herkules antworten wolte/ ſahe aber den Stathalter zur Tuͤhr hinein treten/ und ga-
ben dieſem Geſpraͤch Anſtand/ weil ohn das derſelbe ſie erinnerte/ daß des Arztes wolmei-
nung muͤſte in Obacht genommen/ und H. Herkules in der Ruhe gelaſſen werden. Alſo
muſte nur ſein Leibknabe bey ihm bleiben/ da im hingehen der Stathalter zu Ladiſla ſage-
te: es tuht mir ſehr leid/ mein Herꝛ/ dz ſein Freund meiner Tochter wegẽ in dieſe ſchwacheit
gerahten iſt; iedoch hoffe ich zu den Goͤttern/ es werde ſich mit ihm bald zur Beſſerung
ſchicken; bitte unter deſſen fleiſſig/ ſie wollen bey mir ſich aller Freyheit gebrauchen/ als
ob ſie bey den ihren daheim waͤhren. Und weil mir heut ein fremder Gaſt von Rom/ Herꝛ
Fulvius zuſprechen wird/ ich aber wegen einer Unpaͤßligkeit/ und daß wegen eines ent-
ſtandenen Eckels vor der Fleiſchſpeiſe/ der Mahlzeit nicht beywohnẽ kan/ wolle mein Herr

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[81/0119] Erſtes Buch. fahl er den Goͤttern die Schickung/ weil ihm ſein Herz ſagete/ es wuͤrde viel anders als nach ſeinen Gedanken gehen/ ließ die Tochter bey der Mutter/ und ging hin Herkules zu beſuchen. So bald er hinweg wahr/ baht das Fraͤule in ihre Mutter mit heiſſen Traͤhnen/ dem Vater dieſen Vorſaz auß dem Sinne zu bringen/ maſſen ſie viel lieber den allergrau- ſamſten Tod und alle Pein gedultig angehen/ als dieſem filzigen Luͤgener ſich ergeben/ oder ihm ihr Herz zuwenden wolte. Die Mutter aber gab zur Antwort: Sie wuͤſte nicht viel gutes Rahts; Ladiſla und ſie muͤſten ein gutes Herz uñ unbewaͤglichen vorſaz ergreiffen/ daß Fulvius Einbildung den Krebsgang gewuͤnne/ und wann es ja auffs aͤuſſerſte kom- men ſolte/ moͤchte ſie verſuchen/ mit Ladiſla heimlich davon zuzihen; welches ſie vorbrach- te/ umb zuerforſchen/ wie weit ſie ſich mit ihm eingelaſſen haͤtte. Und zwar hiedurch ward das gute Fraͤulein gefangen; dann ſie fiel der Mutter umb den Halß/ herzete und kuͤſſete ſie/ und baht/ in ſolcher Gewogenheit fortzufahren; daher die Mutter ſpuͤrete/ dz der Brey ſchon verſalzen/ und das abmahnen viel zu ſpaͤte waͤhre; hieß ſie deßwegen gutes muhts ſeyn/ und daß es alles noch gut werden koͤnte; nur muͤſte ſie ihre heutige Lehre in acht neh- men/ den ohn das argwoͤhniſchen Fulvius zum Widerwillen anzuſpornen; wuͤrde dann hiedurch Ladiſla mit ins Spiel kommen/ daß es zum Streit geriete/ welches ſie doch un- gerne wolte/ muͤſte er trauen ſein beſtes wiſſen/ nachdem ſie kein ander Mittel ſaͤhe/ und ihr Vater vor ſein Haͤupt/ wegen getahner Zuſage nicht anders koͤnte/ als ſeiner Ehre durch die Leiſtung ein Genuͤgen tuhn. Ey ſo wollen wir die Sache der himliſchen Verſehung be- fehlen/ ſagte das Fraͤulein nach deren Schluß muß es doch den Außſchlag nehmen/ wir ſinnen und tichten was wir wollen und koͤnnen; ſetzete ſich nider/ ließ von der Mutter ihr die Haar etwas zierlicher auffbinden/ und redete von den hohen Tugenden der beyden Helden/ mit dieſem Schluß/ daß ſie ſich vor die gluͤkſeligſte ſchaͤtzen wuͤrde/ wann ſie mit derer einem ſolte vermaͤhlet werden. Ladiſla hatte ſich zu ſeinem Herkules verfuͤget/ zei- gete ihm Fulvius anſuchen an/ und dz allem anſehen nach er ihn mit dem Schwerte wuͤr- de abweiſen muͤſſen; welches er ihm hefftig wiederriet; er ſolte der Vernunfft gebrauchẽ/ und durch morden und todſchlagen ein Gemahl zu erwerben ſich nicht unterfangen; Es waͤhre wider die Erbarkeit/ welches Gott nicht gut heiſſen/ viel weniger Gluͤk und Segen darzu verleihen koͤnte/ in ſonderheit/ wo Fulvius mit ihr ſchon ſolte verſprochen ſeyn. La- diſla taht ihm der Fraͤulein Widerwillen zu wiſſen/ und daß ſie dieſem ihr Herz zuzuwen- den nie waͤhre bedacht geweſen/ noch ihres Vaters Vorhaben gewuſt haͤtte. Worauff ihm Herkules antworten wolte/ ſahe aber den Stathalter zur Tuͤhr hinein treten/ und ga- ben dieſem Geſpraͤch Anſtand/ weil ohn das derſelbe ſie erinnerte/ daß des Arztes wolmei- nung muͤſte in Obacht genommen/ und H. Herkules in der Ruhe gelaſſen werden. Alſo muſte nur ſein Leibknabe bey ihm bleiben/ da im hingehen der Stathalter zu Ladiſla ſage- te: es tuht mir ſehr leid/ mein Herꝛ/ dz ſein Freund meiner Tochter wegẽ in dieſe ſchwacheit gerahten iſt; iedoch hoffe ich zu den Goͤttern/ es werde ſich mit ihm bald zur Beſſerung ſchicken; bitte unter deſſen fleiſſig/ ſie wollen bey mir ſich aller Freyheit gebrauchen/ als ob ſie bey den ihren daheim waͤhren. Und weil mir heut ein fremder Gaſt von Rom/ Herꝛ Fulvius zuſprechen wird/ ich aber wegen einer Unpaͤßligkeit/ und daß wegen eines ent- ſtandenen Eckels vor der Fleiſchſpeiſe/ der Mahlzeit nicht beywohnẽ kan/ wolle mein Herr neben L

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/119>, abgerufen am 21.12.2024.