sondern ihren besonderen Verwaltungsapparat besassen, so war auch im fränkischen Reiche die Verwaltung der Krongüter von der öffent- lichen Verwaltung getrennt. Als der fränkische König in die Rechte des römischen Domänenfiskus succedierte, lag es in seinem Interesse, das römische Vorbild beizubehalten, zumal es die Freiheit des Kron- gutes und seiner Hintersassen von fiskalischen Hebungen und Lasten, welche die ordentliche Grafschaftsverwaltung von den Unterthanen in Anspruch nahm, am einfachsten sicherstellte.
Auch in processrechtlicher und privatrechtlicher Beziehung war das Krongut mit gewissen Vorrechten ausgestattet. Allerdings erweist sich die Behauptung, dass der fränkische Fiskus nicht gerichtlich belangt werden konnte, sondern der Unterthan bei Ansprüchen an den Fiskus auf den Weg der Petition und der königlichen Gnade angewiesen war 35, nach Lage der Quellen als ein Irrtum. Vielmehr beruhte gerade darauf, dass der Rechtsweg nicht ausgeschlossen war, der Fiskus vor Gericht klagen und beklagt werden konnte, jene prozess- rechtliche Sonderstellung des Königsgutes, welche in der Geschichte des Rechtsgangs den Anstoss gab zur Ausbildung bedeutsamer königs- rechtlicher Processinstitutionen: so der gerichtlichen Stellvertretung, des Reklamationsrechtes, des Inquisitionsbeweises.
Der König hatte in Fiskalsachen die Befugnis, sich in unbe- schränkter Weise vertreten zu lassen 36, während sonst die processuali- sche Stellvertretung im allgemeinen unstatthaft war. Wurde die Sache im Volksgerichte anhängig, so konnte der Vertreter des Fiskus sie jederzeit an den Hof des Königs dingen, das Reklamationsrecht aus- üben 37. In jedem Gerichte, in welchem eine Fiskalsache verhandelt wurde, war der Fiskus in beweisrechtlicher Beziehung begünstigt, indem er das ius inquisitionis, das Vorrecht des Inquisitionsbeweises geltend machen konnte 38.
Mitunter kam es vor, dass der König anordnete, es sollten Fiskal- prozesse von vorneherein vor dem Königsgerichte angebracht werden. Doch ist das nicht immer geschehen; vielmehr war die Praxis in dieser Beziehung eine verschiedene 39. So weit es geschah, lag darin nichts
35 Vertreten durch Roth, Beneficialwesen S. 222, Anm. 95, Feudalität S. 225, Sohm, Reichs- und Gerichtsverfassung S. 26, Schröder, RG S. 114. Siehe da- gegen H. Brunner, Zeugen- und Inquisitionsbeweis S. 58--62, Entstehung der Schwurgerichte S. 71, E. Loening, Kirchenrecht II 755.
36 Beispiele bei H. Brunner, Zeugen- und Inquisitionsbeweis S. 58 f. 78 Anm. 2. 3. 4, bei E. Loening, a. O. Siehe unten § 95.
37 Siehe oben S. 50.
38 Siehe unten § 121.
39 H. Brunner a. O. S. 61 ff.
§ 68. Königshort und Königsgut.
sondern ihren besonderen Verwaltungsapparat besaſsen, so war auch im fränkischen Reiche die Verwaltung der Krongüter von der öffent- lichen Verwaltung getrennt. Als der fränkische König in die Rechte des römischen Domänenfiskus succedierte, lag es in seinem Interesse, das römische Vorbild beizubehalten, zumal es die Freiheit des Kron- gutes und seiner Hintersassen von fiskalischen Hebungen und Lasten, welche die ordentliche Grafschaftsverwaltung von den Unterthanen in Anspruch nahm, am einfachsten sicherstellte.
Auch in proceſsrechtlicher und privatrechtlicher Beziehung war das Krongut mit gewissen Vorrechten ausgestattet. Allerdings erweist sich die Behauptung, daſs der fränkische Fiskus nicht gerichtlich belangt werden konnte, sondern der Unterthan bei Ansprüchen an den Fiskus auf den Weg der Petition und der königlichen Gnade angewiesen war 35, nach Lage der Quellen als ein Irrtum. Vielmehr beruhte gerade darauf, daſs der Rechtsweg nicht ausgeschlossen war, der Fiskus vor Gericht klagen und beklagt werden konnte, jene prozeſs- rechtliche Sonderstellung des Königsgutes, welche in der Geschichte des Rechtsgangs den Anstoſs gab zur Ausbildung bedeutsamer königs- rechtlicher Proceſsinstitutionen: so der gerichtlichen Stellvertretung, des Reklamationsrechtes, des Inquisitionsbeweises.
Der König hatte in Fiskalsachen die Befugnis, sich in unbe- schränkter Weise vertreten zu lassen 36, während sonst die processuali- sche Stellvertretung im allgemeinen unstatthaft war. Wurde die Sache im Volksgerichte anhängig, so konnte der Vertreter des Fiskus sie jederzeit an den Hof des Königs dingen, das Reklamationsrecht aus- üben 37. In jedem Gerichte, in welchem eine Fiskalsache verhandelt wurde, war der Fiskus in beweisrechtlicher Beziehung begünstigt, indem er das ius inquisitionis, das Vorrecht des Inquisitionsbeweises geltend machen konnte 38.
Mitunter kam es vor, daſs der König anordnete, es sollten Fiskal- prozesse von vorneherein vor dem Königsgerichte angebracht werden. Doch ist das nicht immer geschehen; vielmehr war die Praxis in dieser Beziehung eine verschiedene 39. So weit es geschah, lag darin nichts
35 Vertreten durch Roth, Beneficialwesen S. 222, Anm. 95, Feudalität S. 225, Sohm, Reichs- und Gerichtsverfassung S. 26, Schröder, RG S. 114. Siehe da- gegen H. Brunner, Zeugen- und Inquisitionsbeweis S. 58—62, Entstehung der Schwurgerichte S. 71, E. Loening, Kirchenrecht II 755.
36 Beispiele bei H. Brunner, Zeugen- und Inquisitionsbeweis S. 58 f. 78 Anm. 2. 3. 4, bei E. Loening, a. O. Siehe unten § 95.
37 Siehe oben S. 50.
38 Siehe unten § 121.
39 H. Brunner a. O. S. 61 ff.
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sondern ihren besonderen Verwaltungsapparat besaſsen, so war auch
im fränkischen Reiche die Verwaltung der Krongüter von der öffent-
lichen Verwaltung getrennt. Als der fränkische König in die Rechte
des römischen Domänenfiskus succedierte, lag es in seinem Interesse,
das römische Vorbild beizubehalten, zumal es die Freiheit des Kron-
gutes und seiner Hintersassen von fiskalischen Hebungen und Lasten,
welche die ordentliche Grafschaftsverwaltung von den Unterthanen in
Anspruch nahm, am einfachsten sicherstellte.
Auch in proceſsrechtlicher und privatrechtlicher Beziehung war
das Krongut mit gewissen Vorrechten ausgestattet. Allerdings erweist
sich die Behauptung, daſs der fränkische Fiskus nicht gerichtlich belangt
werden konnte, sondern der Unterthan bei Ansprüchen an den Fiskus
auf den Weg der Petition und der königlichen Gnade angewiesen
war 35, nach Lage der Quellen als ein Irrtum. Vielmehr beruhte
gerade darauf, daſs der Rechtsweg nicht ausgeschlossen war, der
Fiskus vor Gericht klagen und beklagt werden konnte, jene prozeſs-
rechtliche Sonderstellung des Königsgutes, welche in der Geschichte
des Rechtsgangs den Anstoſs gab zur Ausbildung bedeutsamer königs-
rechtlicher Proceſsinstitutionen: so der gerichtlichen Stellvertretung,
des Reklamationsrechtes, des Inquisitionsbeweises.
Der König hatte in Fiskalsachen die Befugnis, sich in unbe-
schränkter Weise vertreten zu lassen 36, während sonst die processuali-
sche Stellvertretung im allgemeinen unstatthaft war. Wurde die Sache
im Volksgerichte anhängig, so konnte der Vertreter des Fiskus sie
jederzeit an den Hof des Königs dingen, das Reklamationsrecht aus-
üben 37. In jedem Gerichte, in welchem eine Fiskalsache verhandelt
wurde, war der Fiskus in beweisrechtlicher Beziehung begünstigt,
indem er das ius inquisitionis, das Vorrecht des Inquisitionsbeweises
geltend machen konnte 38.
Mitunter kam es vor, daſs der König anordnete, es sollten Fiskal-
prozesse von vorneherein vor dem Königsgerichte angebracht werden.
Doch ist das nicht immer geschehen; vielmehr war die Praxis in dieser
Beziehung eine verschiedene 39. So weit es geschah, lag darin nichts
35 Vertreten durch Roth, Beneficialwesen S. 222, Anm. 95, Feudalität S. 225,
Sohm, Reichs- und Gerichtsverfassung S. 26, Schröder, RG S. 114. Siehe da-
gegen H. Brunner, Zeugen- und Inquisitionsbeweis S. 58—62, Entstehung der
Schwurgerichte S. 71, E. Loening, Kirchenrecht II 755.
36 Beispiele bei H. Brunner, Zeugen- und Inquisitionsbeweis S. 58 f. 78
Anm. 2. 3. 4, bei E. Loening, a. O. Siehe unten § 95.
37 Siehe oben S. 50.
38 Siehe unten § 121.
39 H. Brunner a. O. S. 61 ff.
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/91>, abgerufen am 16.07.2024.
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