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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 61. Titel, Ehrenzeichen und Regierungsantritt.
auf rinderbespanntem Wagen fuhr. Als die Fülle der königlichen
Gewalt auf die Hausmeier übergegangen war, blieben den Merowingern
nur die königlichen Ehrenzeichen und die äusserliche Vertretung der
königlichen Gewalt 12.

Als Insignien der karolingischen Könige 13 erscheinen in den
Quellen Krone und Scepter 14 (mit einem Kreuz an der Spitze), da-
neben das Schwert, damals noch Sinnbild der Heergewalt 15, der
Stab 16, das gemein-germanische Symbol der Gerichtsgewalt, und wie
bei den Merowingern der Königsstuhl oder Thron 17. Dass die Lanze
ihre die Königsherrschaft symbolisierende Bedeutung nicht verloren
hatte 18, dass das uralte Wahrzeichen der Heergewalt, die dem König
vorangetragene Heerfahne (gundfano 19), in fränkischer Zeit nicht in
Vergessenheit gerathen war, wird durch jüngere Quellen sichergestellt.
Das Kreuz ist vermutlich erst in karolingischer Zeit königliches Wahr-
zeichen geworden 20.

Mit der Bedeutung der königlichen Ehrenzeichen hängen die
Förmlichkeiten zusammen, unter welchen der Antritt der Regierung
erfolgte. Entsprechend der germanischen Sitte, nach welcher der Erbe
von der Erbschaft feierlich Besitz ergreift, indem er sich auf den

12 Einhard, Vita Karoli c. 1. Chron. Lauriss. min. MG SS I 116.
13 Waitz, VG III 249 ff. Schröder, RG S. 109.
14 Accipe sceptrum regiae potestatis insigne heisst es in dem Krönungsritual
von 877, Pertz, LL I 544.
15 Schon in spätkarolingischer Zeit wird das Schwert in biblischer Auffassung
auf die Gerichtsgewalt bezogen. Siehe die Stellen aus Hinkmar bei Waitz, VG
III 252, Anm. 5. Placitum spadae ist nachmals Bezeichnung der höheren Gerichts-
barkeit. H. Brunner, Entstehung der Schwurgerichte S. 157.
16 Über Scepter und Stab siehe Maskell, Monumenta ritualia ecclesiae
anglicanae 1882, II 34.
17 Siehe Waitz, VG III 253, Anm. 4. Dazu Ludwigslied, Vers 5 f., wo es
heisst: Gab her imo dugidei Fronisc githigini, Stual hier in Vrankon. Ein Zeugnis
für die karolingische Zeit liefern auch die im neunten Jahrhundert entstandenen
Gesta Dagoberti c. 39: Cumque, ut Francorum regibus moris erat, super solium
aureum coronatus resideret...
18 Über die Lanze der burgundischen und der deutschen Könige Waitz,
VG VI 233 ff. Eine im Auftrage Karls des Kahlen angefertigte Bibel enthält eine
Abbildung, die ihn auf dem Throne sitzend darstellt, neben ihm zur Rechten einen
Speerträger und einen Schwertträger.
19 Von gund, ags. gaud, nord. gunnr bellum und fano Fahne, ags. gaudfana.
Graff, Sprachsch. IV 219. Im Ludwigslied heisst es von Ludwig, als er gegen die
Normannen aufbricht: Huob her gundfanon auf. Vgl. Grimm, RA. S. 241. Schrö-
der,
Weichbild in den historischen Aufsätzen für Waitz; S. 318 f.
20 Schröder, Weichbild a. O. Über das Marktkreuz in fränkischer Zeit
siehe Schröder, Die Rolande Deutschlands, 1890, S. 10.
Binding, Handbuch. II. 1. II: Brunner, Deutsche Rechtsgesch. II. 2

§ 61. Titel, Ehrenzeichen und Regierungsantritt.
auf rinderbespanntem Wagen fuhr. Als die Fülle der königlichen
Gewalt auf die Hausmeier übergegangen war, blieben den Merowingern
nur die königlichen Ehrenzeichen und die äuſserliche Vertretung der
königlichen Gewalt 12.

Als Insignien der karolingischen Könige 13 erscheinen in den
Quellen Krone und Scepter 14 (mit einem Kreuz an der Spitze), da-
neben das Schwert, damals noch Sinnbild der Heergewalt 15, der
Stab 16, das gemein-germanische Symbol der Gerichtsgewalt, und wie
bei den Merowingern der Königsstuhl oder Thron 17. Daſs die Lanze
ihre die Königsherrschaft symbolisierende Bedeutung nicht verloren
hatte 18, daſs das uralte Wahrzeichen der Heergewalt, die dem König
vorangetragene Heerfahne (gundfano 19), in fränkischer Zeit nicht in
Vergessenheit gerathen war, wird durch jüngere Quellen sichergestellt.
Das Kreuz ist vermutlich erst in karolingischer Zeit königliches Wahr-
zeichen geworden 20.

Mit der Bedeutung der königlichen Ehrenzeichen hängen die
Förmlichkeiten zusammen, unter welchen der Antritt der Regierung
erfolgte. Entsprechend der germanischen Sitte, nach welcher der Erbe
von der Erbschaft feierlich Besitz ergreift, indem er sich auf den

12 Einhard, Vita Karoli c. 1. Chron. Lauriss. min. MG SS I 116.
13 Waitz, VG III 249 ff. Schröder, RG S. 109.
14 Accipe sceptrum regiae potestatis insigne heiſst es in dem Krönungsritual
von 877, Pertz, LL I 544.
15 Schon in spätkarolingischer Zeit wird das Schwert in biblischer Auffassung
auf die Gerichtsgewalt bezogen. Siehe die Stellen aus Hinkmar bei Waitz, VG
III 252, Anm. 5. Placitum spadae ist nachmals Bezeichnung der höheren Gerichts-
barkeit. H. Brunner, Entstehung der Schwurgerichte S. 157.
16 Über Scepter und Stab siehe Maskell, Monumenta ritualia ecclesiae
anglicanae 1882, II 34.
17 Siehe Waitz, VG III 253, Anm. 4. Dazu Ludwigslied, Vers 5 f., wo es
heiſst: Gab her imo dugidî Fronisc githigini, Stual hier in Vrankôn. Ein Zeugnis
für die karolingische Zeit liefern auch die im neunten Jahrhundert entstandenen
Gesta Dagoberti c. 39: Cumque, ut Francorum regibus moris erat, super solium
aureum coronatus resideret…
18 Über die Lanze der burgundischen und der deutschen Könige Waitz,
VG VI 233 ff. Eine im Auftrage Karls des Kahlen angefertigte Bibel enthält eine
Abbildung, die ihn auf dem Throne sitzend darstellt, neben ihm zur Rechten einen
Speerträger und einen Schwertträger.
19 Von gund, ags. gûđ, nord. gunnr bellum und fano Fahne, ags. gûđfana.
Graff, Sprachsch. IV 219. Im Ludwigslied heiſst es von Ludwig, als er gegen die
Normannen aufbricht: Huob her gundfanon ûf. Vgl. Grimm, RA. S. 241. Schrö-
der,
Weichbild in den historischen Aufsätzen für Waitz; S. 318 f.
20 Schröder, Weichbild a. O. Über das Marktkreuz in fränkischer Zeit
siehe Schröder, Die Rolande Deutschlands, 1890, S. 10.
Binding, Handbuch. II. 1. II: Brunner, Deutsche Rechtsgesch. II. 2
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[17/0035] § 61. Titel, Ehrenzeichen und Regierungsantritt. auf rinderbespanntem Wagen fuhr. Als die Fülle der königlichen Gewalt auf die Hausmeier übergegangen war, blieben den Merowingern nur die königlichen Ehrenzeichen und die äuſserliche Vertretung der königlichen Gewalt 12. Als Insignien der karolingischen Könige 13 erscheinen in den Quellen Krone und Scepter 14 (mit einem Kreuz an der Spitze), da- neben das Schwert, damals noch Sinnbild der Heergewalt 15, der Stab 16, das gemein-germanische Symbol der Gerichtsgewalt, und wie bei den Merowingern der Königsstuhl oder Thron 17. Daſs die Lanze ihre die Königsherrschaft symbolisierende Bedeutung nicht verloren hatte 18, daſs das uralte Wahrzeichen der Heergewalt, die dem König vorangetragene Heerfahne (gundfano 19), in fränkischer Zeit nicht in Vergessenheit gerathen war, wird durch jüngere Quellen sichergestellt. Das Kreuz ist vermutlich erst in karolingischer Zeit königliches Wahr- zeichen geworden 20. Mit der Bedeutung der königlichen Ehrenzeichen hängen die Förmlichkeiten zusammen, unter welchen der Antritt der Regierung erfolgte. Entsprechend der germanischen Sitte, nach welcher der Erbe von der Erbschaft feierlich Besitz ergreift, indem er sich auf den 12 Einhard, Vita Karoli c. 1. Chron. Lauriss. min. MG SS I 116. 13 Waitz, VG III 249 ff. Schröder, RG S. 109. 14 Accipe sceptrum regiae potestatis insigne heiſst es in dem Krönungsritual von 877, Pertz, LL I 544. 15 Schon in spätkarolingischer Zeit wird das Schwert in biblischer Auffassung auf die Gerichtsgewalt bezogen. Siehe die Stellen aus Hinkmar bei Waitz, VG III 252, Anm. 5. Placitum spadae ist nachmals Bezeichnung der höheren Gerichts- barkeit. H. Brunner, Entstehung der Schwurgerichte S. 157. 16 Über Scepter und Stab siehe Maskell, Monumenta ritualia ecclesiae anglicanae 1882, II 34. 17 Siehe Waitz, VG III 253, Anm. 4. Dazu Ludwigslied, Vers 5 f., wo es heiſst: Gab her imo dugidî Fronisc githigini, Stual hier in Vrankôn. Ein Zeugnis für die karolingische Zeit liefern auch die im neunten Jahrhundert entstandenen Gesta Dagoberti c. 39: Cumque, ut Francorum regibus moris erat, super solium aureum coronatus resideret… 18 Über die Lanze der burgundischen und der deutschen Könige Waitz, VG VI 233 ff. Eine im Auftrage Karls des Kahlen angefertigte Bibel enthält eine Abbildung, die ihn auf dem Throne sitzend darstellt, neben ihm zur Rechten einen Speerträger und einen Schwertträger. 19 Von gund, ags. gûđ, nord. gunnr bellum und fano Fahne, ags. gûđfana. Graff, Sprachsch. IV 219. Im Ludwigslied heiſst es von Ludwig, als er gegen die Normannen aufbricht: Huob her gundfanon ûf. Vgl. Grimm, RA. S. 241. Schrö- der, Weichbild in den historischen Aufsätzen für Waitz; S. 318 f. 20 Schröder, Weichbild a. O. Über das Marktkreuz in fränkischer Zeit siehe Schröder, Die Rolande Deutschlands, 1890, S. 10. Binding, Handbuch. II. 1. II: Brunner, Deutsche Rechtsgesch. II. 2

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/35>, abgerufen am 24.11.2024.