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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 91. Das Benefizialwesen.
verhältnisses berechnet. Starb der Verleiher, so erlosch das Dienst-
verhältnis und damit das Leiherecht des Beliehenen. Schon die von
Karlmann versprochene Restitution der Kirchengüter setzte begrifflich
die Anwendung des Herrenfalles voraus45. Von den vassallitischen
Benefizien dürfte dann der Herrenfall auf andere Benefizien aus-
gedehnt worden sein in der Weise, dass er eintrat, wenn nichts an-
deres verabredet war. Übrigens konnte der Verleihungsvertrag den
Herrenfall oder den Mannfall ausschliessen. Ersterer galt für aus-
geschlossen, wenn das Benefizium für die Lebenszeit des Empfängers,
letzterer, wenn es für die Lebenszeit des Verleihers begründet wor-
den war.

Das Benefizium gewährt dem Besitzer nur ein unveräusserliches
Nutzungsrecht. Die merowingische Landschenkung konnte mit ein-
geholter Zustimmung des Schenkers der Besitzer selbst veräussern
und übereignen. Dagegen wird das zu Benefizium verliehene Gut
niemals46, auch dann nicht, wenn der Verleiher der Veräusserung zu-
stimmt, vom Beliehenen, sondern stets nur vom Leiheherrn über-
eignet47. Soll der Erwerber nicht bloss die nuda proprietas, son-
dern auch die Nutzung des Gutes erhalten, so darf es der Leihe-
herr nur mit dem Willen des Besitzers veräussern48. Der Über-
gang des Benefiziums auf einen anderen Benefiziar setzte wohl schon
damals voraus, dass der Leiheherr den neuen Erwerber belieh.

Das Recht des Benefizieninhabers ist an die Bedingung der Treue
gegen den Leiheherrn geknüpft49. Wegen Verletzung dieser Treu-
pflicht kann das Benefizium entzogen werden, ebenso wegen Misswirt-
schaft des Besitzers, die das Leihegut verschlechtert50.


halten, liefern kein sicheres Zeugnis des Heimfalls. Denn die Revestitur erfolgt
auch bei Benefizien, die auf Lebenszeit des Beliehenen verliehen sind; so in Meichel-
beck Nr. 596, v. J. 836. Es handelt sich dabei um eine Revestitur zum Zweck
der firmatio, die das Eigentum des Verleihers zur Anerkennung bringen soll.
Vgl. H. Brunner, RG der Urkunde I 266 ff.
45 Mit Recht bemerkt von Menzel a. O. S. 60.
46 Eine Investitur durch den Benefiziar wird, obwohl auf Grund eines Rechts-
streites vollzogen, als unwirksam behandelt in Meichelbeck Nr. 470 v. J. 822,
H. 238.
47 Über die Fälle, welche Waitz, VG IV 210, Anm. 1, anführt, siehe Berl.
SB 1885, S. 1186, Anm. 2.
48 Beispiele bei Roth, BW S. 426 f.
49 Waitz, VG IV 206, Anm. 1. 226, Anm. 1. 229, Anm. 3. 233, Anm. 3;
Roth, Feudal. S. 50. Vgl. oben S. 245, Anm. 9.
50 Cap. Aquit. v. J. 768, c. 5, I 43. Cap. per se scrib. v. J. 818/9, c. 3,
I 287. Cap. miss. Worm. v. J. 829, c. 1, II 14. Cap. Pap. v. J. 865, c. 4, II 92.

§ 91. Das Benefizialwesen.
verhältnisses berechnet. Starb der Verleiher, so erlosch das Dienst-
verhältnis und damit das Leiherecht des Beliehenen. Schon die von
Karlmann versprochene Restitution der Kirchengüter setzte begrifflich
die Anwendung des Herrenfalles voraus45. Von den vassallitischen
Benefizien dürfte dann der Herrenfall auf andere Benefizien aus-
gedehnt worden sein in der Weise, daſs er eintrat, wenn nichts an-
deres verabredet war. Übrigens konnte der Verleihungsvertrag den
Herrenfall oder den Mannfall ausschlieſsen. Ersterer galt für aus-
geschlossen, wenn das Benefizium für die Lebenszeit des Empfängers,
letzterer, wenn es für die Lebenszeit des Verleihers begründet wor-
den war.

Das Benefizium gewährt dem Besitzer nur ein unveräuſserliches
Nutzungsrecht. Die merowingische Landschenkung konnte mit ein-
geholter Zustimmung des Schenkers der Besitzer selbst veräuſsern
und übereignen. Dagegen wird das zu Benefizium verliehene Gut
niemals46, auch dann nicht, wenn der Verleiher der Veräuſserung zu-
stimmt, vom Beliehenen, sondern stets nur vom Leiheherrn über-
eignet47. Soll der Erwerber nicht bloſs die nuda proprietas, son-
dern auch die Nutzung des Gutes erhalten, so darf es der Leihe-
herr nur mit dem Willen des Besitzers veräuſsern48. Der Über-
gang des Benefiziums auf einen anderen Benefiziar setzte wohl schon
damals voraus, daſs der Leiheherr den neuen Erwerber belieh.

Das Recht des Benefizieninhabers ist an die Bedingung der Treue
gegen den Leiheherrn geknüpft49. Wegen Verletzung dieser Treu-
pflicht kann das Benefizium entzogen werden, ebenso wegen Miſswirt-
schaft des Besitzers, die das Leihegut verschlechtert50.


halten, liefern kein sicheres Zeugnis des Heimfalls. Denn die Revestitur erfolgt
auch bei Benefizien, die auf Lebenszeit des Beliehenen verliehen sind; so in Meichel-
beck Nr. 596, v. J. 836. Es handelt sich dabei um eine Revestitur zum Zweck
der firmatio, die das Eigentum des Verleihers zur Anerkennung bringen soll.
Vgl. H. Brunner, RG der Urkunde I 266 ff.
45 Mit Recht bemerkt von Menzel a. O. S. 60.
46 Eine Investitur durch den Benefiziar wird, obwohl auf Grund eines Rechts-
streites vollzogen, als unwirksam behandelt in Meichelbeck Nr. 470 v. J. 822,
H. 238.
47 Über die Fälle, welche Waitz, VG IV 210, Anm. 1, anführt, siehe Berl.
SB 1885, S. 1186, Anm. 2.
48 Beispiele bei Roth, BW S. 426 f.
49 Waitz, VG IV 206, Anm. 1. 226, Anm. 1. 229, Anm. 3. 233, Anm. 3;
Roth, Feudal. S. 50. Vgl. oben S. 245, Anm. 9.
50 Cap. Aquit. v. J. 768, c. 5, I 43. Cap. per se scrib. v. J. 818/9, c. 3,
I 287. Cap. miss. Worm. v. J. 829, c. 1, II 14. Cap. Pap. v. J. 865, c. 4, II 92.
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[253/0271] § 91. Das Benefizialwesen. verhältnisses berechnet. Starb der Verleiher, so erlosch das Dienst- verhältnis und damit das Leiherecht des Beliehenen. Schon die von Karlmann versprochene Restitution der Kirchengüter setzte begrifflich die Anwendung des Herrenfalles voraus 45. Von den vassallitischen Benefizien dürfte dann der Herrenfall auf andere Benefizien aus- gedehnt worden sein in der Weise, daſs er eintrat, wenn nichts an- deres verabredet war. Übrigens konnte der Verleihungsvertrag den Herrenfall oder den Mannfall ausschlieſsen. Ersterer galt für aus- geschlossen, wenn das Benefizium für die Lebenszeit des Empfängers, letzterer, wenn es für die Lebenszeit des Verleihers begründet wor- den war. Das Benefizium gewährt dem Besitzer nur ein unveräuſserliches Nutzungsrecht. Die merowingische Landschenkung konnte mit ein- geholter Zustimmung des Schenkers der Besitzer selbst veräuſsern und übereignen. Dagegen wird das zu Benefizium verliehene Gut niemals 46, auch dann nicht, wenn der Verleiher der Veräuſserung zu- stimmt, vom Beliehenen, sondern stets nur vom Leiheherrn über- eignet 47. Soll der Erwerber nicht bloſs die nuda proprietas, son- dern auch die Nutzung des Gutes erhalten, so darf es der Leihe- herr nur mit dem Willen des Besitzers veräuſsern 48. Der Über- gang des Benefiziums auf einen anderen Benefiziar setzte wohl schon damals voraus, daſs der Leiheherr den neuen Erwerber belieh. Das Recht des Benefizieninhabers ist an die Bedingung der Treue gegen den Leiheherrn geknüpft 49. Wegen Verletzung dieser Treu- pflicht kann das Benefizium entzogen werden, ebenso wegen Miſswirt- schaft des Besitzers, die das Leihegut verschlechtert 50. 44 45 Mit Recht bemerkt von Menzel a. O. S. 60. 46 Eine Investitur durch den Benefiziar wird, obwohl auf Grund eines Rechts- streites vollzogen, als unwirksam behandelt in Meichelbeck Nr. 470 v. J. 822, H. 238. 47 Über die Fälle, welche Waitz, VG IV 210, Anm. 1, anführt, siehe Berl. SB 1885, S. 1186, Anm. 2. 48 Beispiele bei Roth, BW S. 426 f. 49 Waitz, VG IV 206, Anm. 1. 226, Anm. 1. 229, Anm. 3. 233, Anm. 3; Roth, Feudal. S. 50. Vgl. oben S. 245, Anm. 9. 50 Cap. Aquit. v. J. 768, c. 5, I 43. Cap. per se scrib. v. J. 818/9, c. 3, I 287. Cap. miss. Worm. v. J. 829, c. 1, II 14. Cap. Pap. v. J. 865, c. 4, II 92. 44 halten, liefern kein sicheres Zeugnis des Heimfalls. Denn die Revestitur erfolgt auch bei Benefizien, die auf Lebenszeit des Beliehenen verliehen sind; so in Meichel- beck Nr. 596, v. J. 836. Es handelt sich dabei um eine Revestitur zum Zweck der firmatio, die das Eigentum des Verleihers zur Anerkennung bringen soll. Vgl. H. Brunner, RG der Urkunde I 266 ff.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/271>, abgerufen am 23.11.2024.