Karolingische Kapitularien drohen den Verlust der Benefizien an, um die Erfüllung allgemeiner Unterthanenpflichten und die Beachtung königlicher Befehle zu erzwingen. Wer sich weigert, Diebe und Räuber an die öffentliche Gewalt auszuliefern51, wer sich beharrlicher Rechts- verweigerung schuldig macht52, wer einen schriftlichen Befehl des Königs missachtet53, wer seine Brünne nicht zur Heerfahrt mitbringt54, soll zur Strafe sein Benefizium verlieren. Ebenso verwirkt man das Benefizium durch unkriegerisches Verhalten im Felde55 und wenn man den von einem Genossen gegen Widersacher des Königs er- betenen Beistand versagt56. Dagegen haben die Karolinger es grund- sätzlich vermieden, auf das Versäumnis der Heerpflicht den Verlust des Benefiziums zu setzen, sondern sich diesfalls mit der allgemeinen Heerbannbusse begnügt, vermutlich, weil sie sich scheuten, durch Ent- ziehung des Benefiziums einen dienstpflichtigen Reiter auf die Dauer zu verlieren57.
Das königliche Benefizium gewährt, weil Eigentum des Königs, dem Inhaber den Genuss der Vorrechte, welche das Königsgut ge- niesst, den höheren Sonderfrieden, das Reklamationsrecht und die Immunität58.
Gegenstand des Benefiziums waren in erster Linie Grundstücke samt Zubehör mit Einschluss der auf den abhängigen Hufen an- gesiedelten Knechte und Hörigen. Wurden abhängige Höfe zu Bene- fizium verliehen, so äusserte sich dieses in den Zinsen und Diensten, welche deren Besitzer dem Benefiziar zu leisten hatten. Auch Kirchen und Klöster, insbesondere königliche Klöster, gelangten als Benefizien in die Hände geistlicher oder weltlicher Personen. Allmählich nahmen auch Reichsämter den Charakter des Benefiziums an. Vermittelt wurde diese Veränderung dadurch, dass der König höhere Ämter mit
Karl d. Gr. sieht Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 6, I 93 in der Verwüstung des Benefiziums eine Verletzung der Treupflicht.
51 Cap. Harist. v. J. 779, c. 9, I 48.
52 Capp. Pipp. 782--786, c. 7, I 192.
53 Cap. legg. add. v. J. 818/9, c. 16, I 284.
54 Cap. Theod. v. J. 805, c. 6, I 123.
55 Cap. Bonon. v. J. 811, c. 5, I 167. Roth, BW S. 425 f.
56 Cap. Aquisgr. 801--813, c. 20, I 172.
57 Die Const. de exped. Benevent. v. J. 866, c. 4, Cap. II 96, macht eine Ausnahme; sie verhängt aber nicht nur den Verlust des Benefiziums, sondern auch den des Eigenguts.
58 Die servi beneficiarii werden den fiscalini gleichgestellt in Cap. legg. add. 818/9, c. 1, I 281, womit Cap. legi Sal. add. v. J. 819, c. 7, I 293 zu ver- gleichen ist.
§ 91. Das Benefizialwesen.
Karolingische Kapitularien drohen den Verlust der Benefizien an, um die Erfüllung allgemeiner Unterthanenpflichten und die Beachtung königlicher Befehle zu erzwingen. Wer sich weigert, Diebe und Räuber an die öffentliche Gewalt auszuliefern51, wer sich beharrlicher Rechts- verweigerung schuldig macht52, wer einen schriftlichen Befehl des Königs miſsachtet53, wer seine Brünne nicht zur Heerfahrt mitbringt54, soll zur Strafe sein Benefizium verlieren. Ebenso verwirkt man das Benefizium durch unkriegerisches Verhalten im Felde55 und wenn man den von einem Genossen gegen Widersacher des Königs er- betenen Beistand versagt56. Dagegen haben die Karolinger es grund- sätzlich vermieden, auf das Versäumnis der Heerpflicht den Verlust des Benefiziums zu setzen, sondern sich diesfalls mit der allgemeinen Heerbannbuſse begnügt, vermutlich, weil sie sich scheuten, durch Ent- ziehung des Benefiziums einen dienstpflichtigen Reiter auf die Dauer zu verlieren57.
Das königliche Benefizium gewährt, weil Eigentum des Königs, dem Inhaber den Genuſs der Vorrechte, welche das Königsgut ge- nieſst, den höheren Sonderfrieden, das Reklamationsrecht und die Immunität58.
Gegenstand des Benefiziums waren in erster Linie Grundstücke samt Zubehör mit Einschluſs der auf den abhängigen Hufen an- gesiedelten Knechte und Hörigen. Wurden abhängige Höfe zu Bene- fizium verliehen, so äuſserte sich dieses in den Zinsen und Diensten, welche deren Besitzer dem Benefiziar zu leisten hatten. Auch Kirchen und Klöster, insbesondere königliche Klöster, gelangten als Benefizien in die Hände geistlicher oder weltlicher Personen. Allmählich nahmen auch Reichsämter den Charakter des Benefiziums an. Vermittelt wurde diese Veränderung dadurch, daſs der König höhere Ämter mit
Karl d. Gr. sieht Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 6, I 93 in der Verwüstung des Benefiziums eine Verletzung der Treupflicht.
51 Cap. Harist. v. J. 779, c. 9, I 48.
52 Capp. Pipp. 782—786, c. 7, I 192.
53 Cap. legg. add. v. J. 818/9, c. 16, I 284.
54 Cap. Theod. v. J. 805, c. 6, I 123.
55 Cap. Bonon. v. J. 811, c. 5, I 167. Roth, BW S. 425 f.
56 Cap. Aquisgr. 801—813, c. 20, I 172.
57 Die Const. de exped. Benevent. v. J. 866, c. 4, Cap. II 96, macht eine Ausnahme; sie verhängt aber nicht nur den Verlust des Benefiziums, sondern auch den des Eigenguts.
58 Die servi beneficiarii werden den fiscalini gleichgestellt in Cap. legg. add. 818/9, c. 1, I 281, womit Cap. legi Sal. add. v. J. 819, c. 7, I 293 zu ver- gleichen ist.
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§ 91. Das Benefizialwesen.
Karolingische Kapitularien drohen den Verlust der Benefizien an,
um die Erfüllung allgemeiner Unterthanenpflichten und die Beachtung
königlicher Befehle zu erzwingen. Wer sich weigert, Diebe und Räuber
an die öffentliche Gewalt auszuliefern 51, wer sich beharrlicher Rechts-
verweigerung schuldig macht 52, wer einen schriftlichen Befehl des
Königs miſsachtet 53, wer seine Brünne nicht zur Heerfahrt mitbringt 54,
soll zur Strafe sein Benefizium verlieren. Ebenso verwirkt man das
Benefizium durch unkriegerisches Verhalten im Felde 55 und wenn
man den von einem Genossen gegen Widersacher des Königs er-
betenen Beistand versagt 56. Dagegen haben die Karolinger es grund-
sätzlich vermieden, auf das Versäumnis der Heerpflicht den Verlust
des Benefiziums zu setzen, sondern sich diesfalls mit der allgemeinen
Heerbannbuſse begnügt, vermutlich, weil sie sich scheuten, durch Ent-
ziehung des Benefiziums einen dienstpflichtigen Reiter auf die Dauer
zu verlieren 57.
Das königliche Benefizium gewährt, weil Eigentum des Königs,
dem Inhaber den Genuſs der Vorrechte, welche das Königsgut ge-
nieſst, den höheren Sonderfrieden, das Reklamationsrecht und die
Immunität 58.
Gegenstand des Benefiziums waren in erster Linie Grundstücke
samt Zubehör mit Einschluſs der auf den abhängigen Hufen an-
gesiedelten Knechte und Hörigen. Wurden abhängige Höfe zu Bene-
fizium verliehen, so äuſserte sich dieses in den Zinsen und Diensten,
welche deren Besitzer dem Benefiziar zu leisten hatten. Auch Kirchen
und Klöster, insbesondere königliche Klöster, gelangten als Benefizien
in die Hände geistlicher oder weltlicher Personen. Allmählich nahmen
auch Reichsämter den Charakter des Benefiziums an. Vermittelt
wurde diese Veränderung dadurch, daſs der König höhere Ämter mit
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51 Cap. Harist. v. J. 779, c. 9, I 48.
52 Capp. Pipp. 782—786, c. 7, I 192.
53 Cap. legg. add. v. J. 818/9, c. 16, I 284.
54 Cap. Theod. v. J. 805, c. 6, I 123.
55 Cap. Bonon. v. J. 811, c. 5, I 167. Roth, BW S. 425 f.
56 Cap. Aquisgr. 801—813, c. 20, I 172.
57 Die Const. de exped. Benevent. v. J. 866, c. 4, Cap. II 96, macht eine
Ausnahme; sie verhängt aber nicht nur den Verlust des Benefiziums, sondern auch
den des Eigenguts.
58 Die servi beneficiarii werden den fiscalini gleichgestellt in Cap. legg. add.
818/9, c. 1, I 281, womit Cap. legi Sal. add. v. J. 819, c. 7, I 293 zu ver-
gleichen ist.
50 Karl d. Gr. sieht Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 6, I 93 in der Verwüstung des
Benefiziums eine Verletzung der Treupflicht.
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/272>, abgerufen am 27.11.2024.
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